Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.12.2010, Az. IV ZR 211/07

4. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 603

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Gegenstand

Vermögensschadenhaftpflichtversicherung des Notars: Bindungswirkung des Urteils im Haftpflichtprozess für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit


Leitsatz

Der für den Deckungsprozess bindende Haftungstatbestand umfasst lediglich die vom Tatrichter des Haftpflichtprozesses festgestellten und seiner Entscheidung zugrunde gelegten tatsächlichen Elemente; seine rechtliche Einordnung ist dagegen ohne Belang .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des [X.] vom 13. Juli 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte war [X.] eines früheren Rechtsanwalts und Notars (im Folgenden auch: Schädiger). Versichert war nach § 1 Satz 1 der zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden ([X.]) die Ersatzpflicht für Vermögensschäden "wegen eines bei der Ausübung beruflicher Tätigkeit … begangenen Verstoßes".

2

Der Notar ist durch rechtskräftiges Urteil des [X.] vom 10. August 2001 verurteilt worden, an die Klägerin 144.596,70 DM nebst Zinsen als Schadensersatz aufgrund der Verletzung eines [X.] zu zahlen, der eine Kapitalanlage in [X.] zum Gegenstand hatte. In diesem Urteil ist festgestellt, dass der Schädiger entgegen seiner Verpflichtung aus dem Treuhandvertrag einen erhaltenen Scheckbetrag nicht unverzüglich der Gesellschaft, deren Obligationen die Klägerin zu erwerben beabsichtigte, zur Verfügung gestellt habe, weshalb diese die entsprechende Stückzahl an Obligationen auch nicht erworben habe; daher hafte der Schädiger gemäß "§ 280 BGB - hilfsweise: [X.] des Treuhandvertrags" auf Schadensersatz.

3

Die Klägerin nimmt nunmehr, nachdem sie den vermeintlichen Deckungsanspruch des Schädigers gegen die Beklagte gepfändet und sich zur Einziehung hat überweisen lassen, die Beklagte auf Zahlung des im [X.] zuerkannten Betrages in Anspruch.

4

In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr ursprüngliches Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

6

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass nicht von notarieller Tätigkeit auszugehen sei; damit liege eine versicherte berufliche Tätigkeit des Schädigers nicht vor. Dies folge mit Bindungswirkung für den [X.] daraus, dass die Verurteilung im [X.] auf "§ 280 BGB - hilfsweise [X.] des [X.] -" gestützt worden sei. Auf weitere streitige Fragen wie die Klagefrist nach § 12 Abs. 3 [X.] und das Vorliegen einer wissentlichen Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers komme es danach nicht mehr an.

7

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

8

1. Das Berufungsgericht hat bereits die Reichweite der Bindungswirkung des Haftpflichturteils verkannt.

9

a) Allerdings ist es zutreffend davon ausgegangen, dass § 19 [X.] die ausschließliche Anspruchsgrundlage für die Haftung eines Notars wegen Amtspflichtverletzungen bei Ausübung seiner notariellen Tätigkeit darstellt ([X.], Urteil vom 21. November 1996 - [X.], [X.]Z 134, 100, 106). Damit scheiden § 280 BGB bzw. - nach dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Recht - positive Vertragsverletzung als Anspruchsgrundlagen bei pflichtwidrigem notariellen Handeln aus.

b) Richtig ist auch, dass sich aus dem rechtskräftigen Haftpflichturteil Bindungswirkung für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit ergibt, soweit es um den dort festgestellten [X.] geht. Dies ist eine notwendige Ergänzung des in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungsprinzips, wonach grundsätzlich im [X.] zu entscheiden ist, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem geschädigten [X.] gegenüber haftet. Damit wird verhindert, dass die im [X.] getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im [X.] erneut in Frage gestellt werden können (Senatsurteil vom 30. September 1992 - [X.], [X.]Z 119, 276, 278).

Die Bindungswirkung geht aber nicht weiter, als eine für die Entscheidung im [X.] maßgebliche Frage sich auch im [X.] nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begründungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als entscheidungserheblich erweist, also Voraussetzungsidentität vorliegt. Nur dann ist es gerechtfertigt anzunehmen, eine Feststellung sei Grundlage für die Entscheidung im [X.]. Die Begrenzung der Bindungswirkung auf die Fälle der Voraussetzungsidentität ist insbesondere deshalb geboten, weil der Versicherungsnehmer und der Versicherer keinen Einfluss darauf haben, dass der [X.] "überschießende", nicht entscheidungserhebliche Feststellungen trifft oder nicht entscheidungserhebliche Rechtsausführungen macht (Senatsurteile vom 24. Januar 2007 - [X.] , [X.], 641 und vom 18. Februar 2004 - [X.], [X.], 590).

Die Bindung an eine im [X.] festgestellte schadenverursachende Pflichtverletzung ist auch dann gegeben, wenn daneben noch andere Pflichtverletzungen bestehen mögen; dem Haftpflichtversicherer ist es verwehrt, sich zur Begründung eines Ausschlusstatbestands auf eine andere als die festgestellte Pflichtverletzung zu berufen (Senatsurteile vom 19. März 2003 - [X.], [X.], 635; vom 17. Juli 2002 - [X.], [X.], 1141 = NJW-RR 2002, 1539; vom 20. Juni 2001 - [X.], [X.], 1103).

c) Aus alldem folgt, dass der für den [X.] bindende [X.] lediglich die vom Tatrichter des [X.]es festgestellten und seiner Entscheidung zugrunde gelegten tatsächlichen Elemente umfasst (Senatsurteil vom 20. Juni 2001 aaO unter [X.]). Maßgeblich ist der äußere Tatbestand der Pflichtwidrigkeit, nicht dessen rechtliche Einordnung. Dies muss auch deshalb gelten, weil sich beide Parteien des [X.]es nicht mit einem Rechtsmittel allein gegen eine fehlerhafte rechtliche Begründung des ergangenen Urteils wehren können. Ein Rechtsmittel, mit dem bei gleichem Ergebnis nur eine andere Entscheidungsbegründung erstrebt würde, wäre mangels Beschwer unzulässig (vgl. [X.], Urteil vom 2. März 1994 - [X.], NJW 1994, 2697 unter 2 a aa).

Anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Berufungsgericht zitierten Senatsurteil vom 28. September 2005 ([X.], [X.], 289). Auch dort ist bei Rn. 20 der Entscheidungsgründe zur Reichweite der Bindungswirkung ausdrücklich auf die der Haftung des Versicherungsnehmers im Haftpflichturteil zugrunde gelegten tatsächlichen Elemente abgestellt. Soweit der dem Versicherungsnehmer anzulastende Pflichtenverstoß anschließend gesondert genannt ist, ging es im dort entschiedenen Fall nicht um die rechtliche Einordnung unter eine von mehreren möglichen Anspruchsgrundlagen, sondern allein um die Abgrenzung, ob dem Versicherungsnehmer überhaupt ein derartiger, einen Schadensersatzanspruch und damit einen Haftpflichtfall auslösender Verstoß zur Last zu legen war oder ob in Wahrheit ein vertraglicher Erfüllungsanspruch geltend gemacht wurde. Insoweit nimmt die tatsächliche Feststellung, dass in dem Handeln des Versicherungsnehmers eine Pflichtverletzung lag, an der Bindungswirkung teil.

d) Danach steht auch im Streitfall mit Bindungswirkung fest, dass der Versicherungsnehmer der Beklagten eine Pflichtverletzung begangen hat, indem er den erhaltenen Scheck nicht rechtzeitig weiterleitete. Tatsächliche Feststellungen, aus denen sich ergeben könnte, dass der Schädiger hierbei nicht als Notar gehandelt hat, sind im Haftpflichturteil dagegen nicht getroffen. Die festgestellte Pflichtverletzung bleibt vielmehr unabhängig von einer solchen rechtlichen Einordnung im Tatsächlichen gleich. Zur Entscheidung des [X.]es bedurfte es nicht der Klärung, ob notarielle Tätigkeit vorlag.

aa) Auf Grundlage der Annahme pflichtwidrigen Verhaltens waren sowohl die Voraussetzungen des § 280 BGB bzw. der positiven Vertragsverletzung erfüllt, wenn nicht von notarieller Tätigkeit auszugehen ist, als auch diejenigen des § 19 [X.], wenn notarielle Tätigkeit anzunehmen ist, weil der Schädiger in beiden Fällen zur unverzüglichen Weiterleitung des ihm zugegangenen Schecks verpflichtet gewesen wäre. Insbesondere wäre eine Haftung aus § 19 [X.] nicht am Bestehen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit im Hinblick auf eine Haftung des Schecküberbringers gescheitert. Denn die Klägerin macht nur noch die Beträge geltend, die beim Schecküberbringer trotz eines rechtskräftigen [X.] mangels pfändbaren Vermögens nicht realisiert werden konnten. Ein Rechtsanspruch, bei dem keine Aussicht auf baldige wirtschaftliche Durchsetzung besteht, stellt keine anderweitige Ersatzmöglichkeit i.S. von § 19 Abs. 1 Satz 2 [X.] dar (vgl. [X.], Urteile vom 5. November 1992 - [X.], [X.]Z 120, 124, 126 zu § 839 BGB; vom 2. Juli 1996 - [X.], NJW 1996, 3009 unter III 1 b). Außerdem gilt die unbeschränkte Subsidiärhaftung des Notars gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. [X.] nur bei [X.] (§§ 20-22 [X.]), nicht aber bei (selbständigen) Betreuungsgeschäften i.S. der §§ 23, 24 [X.]. Eine [X.] wurde jedoch vom Schädiger nicht vorgenommen.

bb) Ebenso ist eine Bindungswirkung bezüglich der rechtlichen Qualifikation des Anspruchs gegen den Schädiger nicht deshalb gegeben, weil es sich bei der vom [X.] angenommenen vertraglichen Haftung sowie der Haftung aufgrund notarieller Amtspflichtverletzung um unterschiedliche Streitgegenstände handeln würde. Der zur Begründung des Klageantrags unterbreitete Lebenssachverhalt bleibt derselbe, gleich ob die Haftung aus § 280 BGB, positiver Vertragsverletzung oder § 19 [X.] hergeleitet wird; dies ist nur eine Frage der rechtlichen Einordnung. Es kommt hinzu, dass die Klägerin sich schon in der Klageschrift im Ausgangsverfahren gegen den Schädiger darauf berufen hat, dass sich im Verfahren gegen den Schecküberbringer herausgestellt habe, "dass der Beklagte, Treuhänder und Notar, schadensersatzpflichtig ist". Das Vortragen solcher Umstände unter Vorlage der maßgeblichen Urkunden gibt dem Gericht in jedem Fall ausreichenden Anlass zur Prüfung, ob der Beklagte Amtspflichten als Notar verletzt hat (vgl. [X.], Urteil vom 29. März 2001 - [X.], NJW-RR 2001, 1639 unter B I 1 a aa).

2. Das angefochtene Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO).

a) Der Schädiger hat den im Haftpflichturteil festgestellten Pflichtverstoß im Rahmen der Ausübung notarieller und somit nach § 1 Satz 1 [X.] versicherter beruflicher Tätigkeit begangen.

aa) Nach § 23 [X.] können auch die treuhänderische Aufbewahrung von Geld und Wertpapieren und ihre Ablieferung an Dritte mögliche Amtsgeschäfte eines Notars sein; eine notarielle Zuständigkeit zur Übernahme von Treuhandtätigkeiten folgt allgemein aus § 24 [X.] (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.] 8. Aufl. § 23 Rn. 1). Daraus ergibt sich zwar noch nicht, dass jedes Treuhandgeschäft, das ein Notar (insbesondere ein Anwaltsnotar) vornimmt, von ihm auch in dieser Eigenschaft getätigt wird, vor allem wenn es sich um eine isolierte Treuhand ohne Zusammenhang mit einer Beurkundung handelt.

Gerade bei [X.], bei denen der Kunde typischerweise einem unter der Bezeichnung als Notar auftretenden Treuhänder einen besonderen Vertrauensvorschuss entgegenbringt, liegt jedoch die Annahme notarieller Amtsgeschäfte bei einem [X.] nahe (vgl. dazu die Fälle in [X.], Urteile vom 21. November 1996 und vom 29. März 2001 jeweils aaO; [X.], Urteil vom 17. September 2003 - 4 U 150/02, juris; [X.], [X.] 1997, 228). Lässt der [X.] erkennen, dass eine neutrale unparteiische Berücksichtigung der Belange sämtlicher Beteiligter in Rede steht, so ist dies schon unabhängig von der Vermutung des § 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] anzunehmen, weil Zweifel im Sinne dieser Norm nicht bestehen ([X.], Urteil vom 21. November 1996 aaO m.w.N. in [X.]Z 134, 100, 104).

bb) So liegt der Fall hier. Der Schädiger war nach dem Inhalt des Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrages (im Folgenden: [X.]) kein einseitiger Interessenvertreter der Klägerin. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass er neben den Belangen sämtlicher Anleger bei der Abwicklung der Beteiligung auch die Interessen der [X.] zu beachten hatte, die ihm die auszugebenden Obligationen ebenfalls treuhänderisch übertragen hatte (siehe § 1 Abs. 4 [X.]), so dass er bei der weiteren Abwicklung der Transaktion entsprechend dem [X.] erkennbar beiderseitige [X.]n im Auge behalten musste. Das wird bestätigt durch sein Schreiben an die Beklagte vom 17. August 2000, dem sich ebenfalls entnehmen lässt, dass er (auch) im Auftrag der Kapital suchenden Initiatoren des Geschäfts tätig war.

Zur Wahrung der [X.]n der Klägerin hat der Schädiger im Vertrag bestimmte Versicherungen und Erklärungen abgegeben. So hat er in § 3 Abs. 1 [X.] versichert, dass der Nennwert der Obligationen durch auf ihn übertragene Grundpfandrechte abgesichert sei, in § 5 [X.] vereinbart, den auf dem Treuhandkonto eingezahlten Investitionsbetrag erst freizugeben, wenn er von diesen Grundpfandrechten einen bestimmten Betrag zugunsten der Klägerin "blockiert" hat, und in § 7 Abs. 3 [X.] versprochen, diese von ihm blockierte Sicherheit - oder gegebenenfalls eine zugelassene Austauschsicherheit - so lange zu verwahren, bis die Obligationen nach Beendigung des Vertrages eingelöst wurden. Alle diese Erklärungen hat er als "Rechtsanwalt und Notar" abgegeben und den [X.] unterzeichnet. Gleiches gilt für das Anschreiben, mit dem er diesen Vertrag an die Klägerin übersandte. Danach scheidet die Annahme, dass er hier außerhalb seiner beruflichen Stellung tätig wurde, von vornherein aus. Dem steht nicht entgegen, dass derartige Treuhandtätigkeiten grundsätzlich auch von anderen Personen als Anwälten und Notaren übernommen werden könnten (vgl. [X.], Urteil vom 29. März 2001 aaO unter B I 1 a dd).

Notarielle Tätigkeit des Schädigers ist damit ebenso anzunehmen wie in den Fällen, die den Urteilen des [X.] vom 21. November 1996 und vom 29. März 2001 (aaO) zugrunde lagen. Für die Feststellung, dass der Treuhänder dem Treugeber als unparteiischer Betreuer aller Beteiligten (§ 14 Abs. 1 Satz 2 [X.]) gegenübergetreten ist, macht es keinen maßgeblichen Unterschied, ob er das [X.] des Beteiligten dadurch zu gewährleisten scheint, dass er (wie in [X.], Urteil vom 21. November 1996, aaO) bestätigt, es seien ausreichende Sicherheiten hinterlegt worden, oder dadurch, dass er - wie hier - erklärt, selbst als Grundpfandgläubiger Inhaber solcher Sicherheiten zu sein, um diese zugunsten des Anlegers zu "blockieren". Dass er nach der Anweisung in § 6 [X.] bei einer etwaigen Verwertung der Grundpfandrechte zugunsten des Anlegers als "Kommissar" im Sinne des [X.] Aktiengesetzes tätig werden soll, mag für einen [X.] Notar untypisch sein, ändert aber nichts daran, dass es auch dabei letztlich nur um die Sicherung des Anlegers geht, die der Notar als neutraler Interessenverwalter versprochen hat.

Angesichts des Inhalts der vom Versicherungsnehmer geschuldeten Tätigkeit kann es keine entscheidende Rolle spielen, dass er sich in § 8 [X.] eine Honorierung nicht nach der Kostenordnung, sondern in Form einer [X.] versprechen ließ und in § 9 [X.] eine mit notarieller Amtstätigkeit unvereinbare Haftungsbeschränkung aufnahm. Durch derartige Klauseln können der Inhalt von Amtspflichten und eine Haftung nach § 19 [X.] nicht umgangen werden.

b) Eine etwaige Leistungsfreiheit gegenüber dem Schädiger gemäß § 12 Abs. 3 [X.] in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (im Folgenden: [X.] a.F.) kann die Beklagte der Klägerin nach § 158c Abs. 1 [X.] a.F. nicht entgegenhalten. Für Notare besteht eine Pflichtversicherung i.S. von § 158b Abs. 1 [X.] a.F. gemäß § 19a Abs. 1 [X.]. Die gemäß § 158c Abs. 3 [X.] a.F. zu beachtende Mindestversicherungssumme des § 19a Abs. 3 Satz 1 [X.] wird nicht erreicht.

c) Offen geblieben ist jedoch, ob die Haftung der Beklagten wegen einer wissentlichen Pflichtverletzung des Schädigers entfallen ist. Derartige Verstöße sind nach § 4 Nr. 5 der Versicherungsbedingungen vom Versicherungsschutz ausgenommen. Dies gilt auch gegenüber dem geschädigten [X.], da es sich insoweit nicht um eine Leistungsfreiheit i.S. von § 158c Abs. 1 [X.] a.F. handelt, sondern weil bei Eingreifen des Risikoausschlusses von vornherein kein Versicherungsschutz besteht ([X.], Urteil vom 15. Dezember 1970 - [X.], [X.], 239 unter [X.]). Schließlich erstreckt sich auch die Pflichtversicherung gemäß § 19a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] nicht auf Ersatzansprüche wegen wissentlicher Pflichtverletzung. Zwar hat nach § 19a Abs. 2 Satz 2 [X.] in der aktuell gültigen Fassung der Versicherer an den [X.] zu leisten, wenn nur dieser Ausschlussgrund streitig ist, und kann dann lediglich gemäß § 19a Abs. 2 Satz 3 [X.] beim Notar Regress nehmen. Diese Bestimmungen sind aber erst durch das [X.] und anderer Gesetze vom 31. August 1998 ([X.] I S. 2585 ff.) mit Wirkung zum 1. März 1999 in die [X.] eingefügt worden. Sie gelten damit nicht für den hier zu entscheidenden Versicherungsfall aus dem Jahre 1996.

Zur Frage der wissentlichen Pflichtverletzung haben die Vorinstanzen bislang keine Feststellungen getroffen. Eine Bindungswirkung des Haftpflichturteils ist auch in diesem Punkt nicht gegeben. Der Entscheidung des Berufungsgerichts im [X.] lässt sich lediglich entnehmen, dass es von einer schwerwiegenden Vertragsverletzung und damit von "mehr" als einfacher Fahrlässigkeit i.S. von § 9 [X.] ausgegangen ist. Im Übrigen hat sich das Urteil zum [X.] nicht festgelegt. Der Rechtsstreit ist deshalb zur Klärung dieses Ausschlussgrundes an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 ZPO.

Wendt                                                 Dr. [X.]

                      Dr. Karczewski                                                    [X.]

Meta

IV ZR 211/07

08.12.2010

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 13. Juli 2007, Az: 25 U 5397/06, Urteil

§ 276 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 19 BNotO, § 1 Nr 1 Abs 1 VermSchAVB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.12.2010, Az. IV ZR 211/07 (REWIS RS 2010, 603)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 603

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