Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2013, Az. VIII ZR 280/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2450

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 280/12
Verkündet am:

25. September 2013

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 558b Abs. 1, § 561 Abs. 1
a)
Der Vermieter ist nicht gehindert, eine Mieterhöhung erst mit Wirkung zu einem späteren als dem in § 558b Abs. 1 BGB bestimmten Zeitraum geltend zu machen (Bestätigung von [X.], Urteil vom 8. Juni 2011 -
[X.], NJW-RR 2011, 1382 Rn. 11).
b)
Geht dem Mieter ein Mieterhöhungsverlangen zu, in dem der Vermieter einen spä-teren als den sich aus § 558b Abs. 1 BGB ergebenden Wirksamkeitszeitpunkt [X.], kann sich der Mieter bis unmittelbar vor dem Zeitpunkt des Eintritts der Mieterhöhung vom Mietverhältnis durch außerordentliche Kündigung nach § 561 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ende des übernächsten Monats lösen mit der sich an-schließenden Rechtsfolge, dass dem Mieter bis zum Ende des Mietverhältnisses die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung gegen Zahlung der nicht erhöhten Miete verbleibt (§ 561 Abs. 1 Satz 2 BGB).
[X.], Urteil vom 25. September 2013 -
VIII ZR 280/12 -
LG [X.]

AG [X.]-Charlottenburg

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2013 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin
[X.] sowie [X.], [X.] und Dr. Bünger
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 7. August 2012 in der Fassung des [X.] vom 6. November 2012 wird [X.].
Die Beklagten
haben
die Kosten des
Revisionsverfahrens zu tra-gen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagten sind Mieter
einer Wohnung in [X.].
Mit Schreiben vom
7. Januar 2011
wurden sie seitens des Vermieters aufgefordert, der Erhöhung der bisherigen Nettokalt

r-kung zum 1. August 2011 zuzustimmen. Die Beklagten
stimmten nicht zu.
Mit der Klage nimmt der
Kläger die Beklagten auf Zustimmung zur
be-gehrten Mieterhöhung in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr auf die Berufung des [X.] stattgegeben. Mit ihrer 1
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vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die [X.] des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat -
soweit für das Revisionsverfahren von [X.] -
zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Das Mieterhöhungsverlangen des [X.] entspreche den formellen An-forderungen und sei auch materiell berechtigt.
Insbesondere stehe der Wirk-samkeit des [X.] nicht entgegen, dass die Erhöhung erst zu einem späteren Zeitpunkt (1. August 2011) begehrt worden sei, als er sich bei Anwendung des § 558b Abs. 1 BGB ergebe (1. April
2011). Der Bundesge-richtshof habe in seiner Entscheidung vom 8. Juni 2011 ([X.]) ausge-führt, dass sich der Wirksamkeitszeitpunkt aus der gesetzlichen Regelung er-gebe, wenn die Parteien nicht ausdrücklich eine spätere Geltung vereinbarten. Diese Formulierung lasse erkennen, dass auch ein späterer als der sich aus
§ 558b Abs. 1 BGB ergebende
Zeitpunkt von den Parteien wirksam vereinbart werden könne.
Die Benennung
eines späteren Zeitpunkts benachteilige den Mieter auch nicht (§ 558b Abs. 4 BGB), denn die Mieterhöhung trete dann nur später ein als in § 558b Abs. 1 BGB bestimmt.
Ein Verstoß gegen § 561 BGB liege ebenfalls nicht vor. Zwar würde die den Beklagten
zustehende Frist zur Ausübung des ihnen zustehenden
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kündigungsrechts nach § 561 Abs. 1 Satz 1 BGB
erst am 31. Juli 2011 enden, wenn ihnen das Mieterhöhungsverlangen, § 558b Abs. 1 BGB folgend,
erst im Mai 2011 zugegangen wäre, während die Frist im Streitfall mit Ablauf des
31. März 2011 ende, da das Mieterhöhungsverlangen bereits im Januar
2011
zugegangen sei. Darin liege jedoch kein Nachteil, denn den Beklagten habe auch im Streitfall die volle Frist zur Ausübung ihres Kündigungsrechts zur [X.] gestanden, so dass sie sich -
ohne dass sie die verlangte
Mieterhöhung getroffen hätte -
von dem Mietverhältnis hätten lösen können.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass
im Streitfall eine Mieterhöhungsmöglichkeit vor dem 1. August 2011 wegen Berücksichtigung der Kappungsgrenze nicht bestanden habe. Die Kappungsgrenze stelle keine [X.] für Mieterhöhungsverlangen dar, sondern solle
den Anstieg der Mieten begrenzen. Sie könne daher nicht als Begründung dafür herangezogen werden, dass der Vermieter mit der Mieterhöhungserklärung bis zum Eintritt der Mieter-höhungsvoraussetzungen warten müsse und ein früheres
Verlangen deshalb unwirksam sei.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch des [X.] auf [X.] zu der begehrten Mieterhöhung zum 1. August 2011 bejaht.
1. Nach den insoweit von der
Revision nicht angegriffenen
Feststellun-gen
des Berufungsgerichts liegen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für [X.] nichts zu erinnern.
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2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass der Vermieter nach der Rechtsprechung des Senats nicht gehindert ist, eine Miet-erhöhung erst mit Wirkung zu einem späteren als dem in § 558b BGB bestimm-ten Zeitpunkt geltend zu machen (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 -
[X.], NJW-RR 2011, 1382 [X.]). Ein derartiger Fall liegt hier vor, denn bei einer § 558b Abs. 1 BGB folgenden Mieterhöhung
hätten die Beklagten bei [X.] die erhöhte Miete grundsätzlich mit Beginn des dritten Kalendermo-nats nach Zugang des [X.] (Januar 2011), mithin ab 1. April 2011 und nicht erst ab 1. August 2011 geschuldet. Die Revision ist jedoch der Auffassung, das Mieterhöhungsverlangen des [X.] sei im Streitfall deshalb unwirksam, weil ein Anspruch auf Zahlung der erhöhten Miete nicht schon zum 1. April 2011, sondern
erst zum 1. August 2011 bestehe.
a) Die Revision meint, die Nennung eines späteren als des
sich aus
§ 558b Abs. 1 BGB ergebenden Wirksamkeitszeitpunkts sei nur in den Fällen zulässig, in denen
dem
Vermieter auch bereits zu dem sich aus § 558b Abs. 1
BGB ergebenden früheren Zeitpunkt ein Anspruch auf die erhöhte Miete zuste-he. Nur dann wirke sich die Nennung eines späteren Wirksamkeitszeitpunkts ausschließlich zugunsten des Mieters aus. Anders sei dies zu beurteilen, wenn dem Vermieter erst ab
dem von
ihm genannten späteren Zeitpunkt ein [X.] auf die erhöhte Miete zustehe. In einem derartigen Fall sei das
verfrühte Erhöhungsverlangen unwirksam, da es die Rechte des Mieters
aus § 561 Abs.
1 BGB unzulässig beschneide.
So verhalte es sich im Streitfall. Dem Kläger
habe erst ab 1. August ein Anspruch auf die erhöhte Miete zugestanden. Durch den bereits im Januar 2011 erfolgten Zugang des [X.] zum 1. August 2011 hätte es den Beklagten -
wenn sie denn der Mieterhöhung hätten entgehen wollen -
nach § 561 Abs. 1 Satz 1 BGB oblegen, das Mietverhältnis bis spätestens
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31. März 2011 zum 31. Mai 2011 zu kündigen; wäre das Mieterhöhungsverlan-gen hingegen
erst im Mai 2011 zugegangen,
hätten die Beklagten das Mietver-hältnis spätestens am 31. Juli
2011 erst zum 30. September 2011 kündigen müssen. Rechtsfolge einer zum 30. September 2011 ausgesprochenen Kündi-gung wäre es aber gewesen, dass die Beklagten die Wohnung bis zu diesem Zeitpunkt gegen Zahlung der nicht erhöhten Miete hätten nutzen können (§ 561 Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Möglichkeit sei den Beklagten durch den verfrühten
Zugang des [X.] genommen worden.
b) Diese Auffassung
der Revision trifft indes bei der gebotenen,
sich an dem Zweck der Vorschrift orientierenden Auslegung
des § 561 Abs. 1 BGB nicht zu.
aa) Nach § 558b Abs. 1 BGB schuldet der Mieter, soweit er der Erhö-hung zustimmt, die erhöhte Miete mit Beginn des dritten Kalendermonats nach dem Zugang des [X.]. Macht der Vermieter eine Mieterhö-hung nach
§ 558 BGB oder § 559 BGB geltend, so kann der Mieter bis zum Ablauf des zweiten Monats nach dem Zugang der Erklärung des Vermieters das Mietverhältnis außerordentlich zum
Ablauf des übernächsten Monats kün-digen (§ 561 Abs. 1 Satz 1 BGB). Kündigt der Mieter, so tritt die Mieterhöhung nicht
ein
(§ 561 Abs. 1 Satz 2 BGB).
[X.]) § 558b Abs. 1
BGB und § 561 Abs. 1 BGB sind aufeinander abge-stimmte Regelungen, deren Verständnis sich nur aus einer Zusammenschau erschließt. Erreicht den Mieter das Verlangen des Vermieters, einer Mieterhö-hung zuzustimmen, stehen ihm
grundsätzlich zwei
Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung:
Er
kann
der
Mieterhöhung
nach
§
558b
Abs. 1 BGB zustimmen
be-ziehungsweise sich auf Zustimmung verklagen lassen
(§ 558b Abs. 2 BGB),
oder er kann das Mietverhältnis nach § 561 Abs. 1 Satz 1 BGB kündigen, wenn 15
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er der Mieterhöhung (sicher)
entgehen will.
Der Zeitpunkt, zu dem die Mieter-höhung
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von deren materiell-rechtlicher Wirksamkeit das Gesetz ausgeht -
ge-mäß
§ 558b Abs. 1 BGB
nach Zustimmung des
Mieters wirksam wird ("

zu Beginn des dritten Kalendermonats nach dem Zugang des [X.]."), folgt unmittelbar auf den Zeitpunkt, zu dem
der Mieter nach
§ 561 Abs. 1 Satz 1 BGB spätestens kündigen muss, wenn er der Mieterhöhung entgehen will ("des Vermieters..."). Zweck des § 561 Abs. 1 Satz 1 BGB ist es mithin, dem [X.] bis unmittelbar vor dem
Zeitpunkt des Eintritts
der Mieterhöhung (hier 31.
Juli 2011) die Möglichkeit offen zu lassen, sich vom Mietverhältnis durch außerordentliche Kündigung zum Ende des übernächsten Monats (hier 30.
September 2011) zu lösen
mit der sich anschließenden Rechtsfolge, dass dem Mieter noch weitere zwei Monate die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung gegen Zahlung der nicht erhöhten Miete verbleibt (§ 561 Abs.1 Satz 2 BGB). Entgegen der Auffassung der Revision wird der Mieter durch ein verfrühtes Mieterhöhungsverlangen somit nicht benachteiligt.
[X.]) Im Streitfall wurde von den Beklagten die Zustimmung zu einer Miet-erhöhung zum 1. August 2011 erbeten. Hierfür wäre es ausreichend gewesen, wenn das Mieterhöhungsverlangen den Beklagten (erst) im Mai 2011
zugegan-gen wäre. Bei einem Zugang im Mai
2011
hätte es den Beklagten offen gestan-den, das
Mietverhältnis
bis spätestens 31. Juli 2011 zum
30.
September
2011 zu
kündigen. Nach dem oben dargestellten Norminhalt des § 561 Abs. 1 BGB hätten die Beklagten
das Mietverhältnis auch in dieser Weise wirksam kündigen

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können. Da eine Kündigung nicht erfolgt ist, sondern das Mietverhältnis fortbe-steht, schulden die Beklagten die erhöhte Miete ab 1. August 2011.
Ball
[X.]
[X.]

[X.]
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG [X.]-Charlottenburg, Entscheidung vom 07.11.2011 -
237 C 126/11 -

LG [X.], Entscheidung vom 07.08.2012 -
65 [X.]/11 -

Meta

VIII ZR 280/12

25.09.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2013, Az. VIII ZR 280/12 (REWIS RS 2013, 2450)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2450

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 280/12

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