Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.05.2020, Az. 2 ARs 121/20

2. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1758

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Gegenstand

Ablehnung einer Gerichtsstandsbestimmung durch den Bundesgerichtshof: Zuständigkeit des Ermittlungsrichters eines Amtsgerichts für ein Ermittlungsverfahren wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bei Auslandsberührung


Tenor

Der Antrag, gemäß § 13a StPO das zuständige Gericht zu bestimmen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Staatsanwaltschaft [X.] führt ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Sie ermittelt gegen eine im Grenzgebiet zwischen [X.] und [X.] tätige Organisation, die im Verdacht steht, in [X.] Grundstoffe für die Herstellung von Heroin im Ausland anzukaufen, um dann mit Unterstützung bestechlicher Zollbeamter tonnenweise Rauschgift nach [X.], insbesondere [X.] zu liefern.

2

Die Generalstaatsanwaltschaft [X.] hat beantragt, gemäß § 13a [X.] das zuständige Gericht zu bestimmen.

II.

3

Der Antrag ist zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung durch den [X.] gemäß § 13a [X.] liegen nicht vor. Der [X.] hat dazu zutreffend ausgeführt:

„1. § 13a [X.] ermöglicht eine Bestimmung des Gerichtsstands, d.h. der örtlichen Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszugs für die Untersuchung und Entscheidung einer Strafsache, wenn es im Geltungsbereich der Strafprozessordnung an einem zuständigen Gericht (§§ 7 ff. [X.]) fehlt oder ein solcher nicht ermittelt ist und [X.] Strafrecht nicht offenkundig unanwendbar ist. Die Regelung setzt - ebenso wie die sonstigen Vorschriften über den Gerichtsstand - eine durch Sachverhaltsmerkmale wie Ort, Zeit und Art der Ausführung sowie durch Bezeichnung eines bestimmten Täters konkretisierte und individualisierte Tat im prozessualen Sinne als Bezugsgegenstand des Verfahrens voraus (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Oktober 1993 - 2 [X.] -, juris, Rn. 7; Beschluss vom 12. Februar 1997 - 2 [X.] -, juris Rn. 1; Beschluss vom 12. August 1999 - 3 [X.] -, juris Rn. 7 f.; Beschluss vom 28. März 2018 - 2 ARs 97/18 -, juris Rn. 2). Die pauschale Schilderung eines Gesamtkomplexes, der eine Vielzahl lediglich allgemein umschriebener Straftaten umfasst (z.B. ‚Kriegsverbrechen im [X.]‘), ist insofern ebenso wenig ausreichend wie die nur abstrakte Bezeichnung eines möglichen Täterkreises (z.B. ‚die [X.]‘, vgl. [X.], Beschluss vom 27. Oktober 1993 - 2 [X.] -, juris Rn. 9; Beschluss vom 12. August 1999 - 3 [X.] -, juris, Rn. 7 f.). In vorliegender Sache ist demnach eine Gerichtsstandsbestimmung durch den [X.] gemäß § 13a [X.] nicht zulässig. Das gegen Unbekannt geführte Ermittlungsverfahren betrifft nicht eine bestimmte - hinreichend konkretisierte und individualisierte - Tat im prozessualen Sinne, sondern eine unbestimmte Vielzahl lediglich ihrer Art nach eingegrenzten Straftaten eines abstrakt umschriebenen Täterkreises, nämlich nicht näher konkretisierte Planungen unbekannter Mitglieder der [X.], zum Zwecke der gewinnbringenden Veräußerung Heroin in nicht geringer Menge herzustellen und hierfür in [X.] Essigsäureanhydrid zu erwerben und Zollbeamte zu bestechen.

2. Eine Gerichtsstandsbestimmung ist auch nicht erforderlich, um die Ermittlungen fortführen zu können. Gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG in der Fassung des Gesetzes für einen Gerichtsstand bei besonderer Auslandsverwendung der [X.] vom 21. Januar 2013 ([X.]) ist die zuerst mit der Sache befasste Staatsanwaltschaft zuständig, wenn es im Geltungsbereich der Strafprozessordnung an einem zuständigen Gericht fehlt oder ein solches nicht ermittelt ist. Diese Vorschrift ist ungeachtet ihres mit § 13a [X.] übereinstimmenden Wortlauts ihrem Sinn und Zweck entsprechend weiter auszulegen. Denn der Gesetzgeber wollte mit ihr eine Regelung der staatsanwaltschaftlichen Zuständigkeit ausdrücklich auch für solche Fälle treffen, in denen - wie hier - eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 13a [X.] ausscheidet (vgl. [X.], Beschluss vom 28. März 2018 - 2 ARs 97/18 -, juris Rn. 2; [X.]. 17/9694, S. 8). Soweit gerichtliche Untersuchungshandlungen erforderlich werden, ist gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 [X.] der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts zuständig, in dem die nach § 143 Abs. 1 Satz 2 GVG zuständige Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat. Für das vorliegende Ermittlungsverfahren ist somit die Staatsanwaltschaft [X.] als erstbefasste Staatsanwaltschaft zuständig.“

Franke     

        

Appl     

        

Zeng   

        

Grube     

        

Schmidt     

        

Meta

2 ARs 121/20

12.05.2020

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 7 StPO, §§ 7ff StPO, § 13a StPO, § 162 Abs 1 S 1 StPO, § 143 Abs 1 S 2 GVG, AuslVGerStG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.05.2020, Az. 2 ARs 121/20 (REWIS RS 2020, 1758)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1758

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