Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.06.2020, Az. 10 C 22/19

10. Senat | REWIS RS 2020, 3993

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Gegenstand

Kein Informationszugangsanspruch zu Rabattvereinbarung nach § 130a Abs. 8 SGB V


Leitsatz

1. § 6 Satz 2 IFG schützt jedenfalls im Sinne eines Mindeststandards Geschäftsgeheimnisse nach § 2 Nr. 1 GeschGehG (Art. 2 Nr. 1 RL (EU) 2016/943).

2. Das Bekanntwerden eines zwischen einer gesetzlichen Krankenkasse und einem pharmazeutischen Unternehmer nach § 130a Abs. 8 SGB V vereinbarten Rabattes wäre geeignet, wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen zu beeinträchtigen (§ 3 Nr. 6 Alt. 2 IFG).

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Apotheker. Gestützt auf das Informationsfreiheitsgesetz fordert er von der [X.], einer gesetzlichen Krankenkasse, ihm die Höhe eines von dieser mit der beigeladenen Arzneimittelherstellerin vereinbarten Rabattes für das Arzneimittel "Prograf 1 mg Kapseln 100 Stück" - Wirkstoff Tacrolimus - mitzuteilen.

2

Am 30. März/2. April 2009 schlossen die Beklagte und die Beigeladene - unter Einschaltung der [X.] - einen [X.] nach § 130a Abs. 8 [X.], dem auch weitere Krankenkassen beitreten konnten. Nach § 4 Abs. 1 des Vertrages unterliegt die Höhe des vereinbarten Rabattes der Geheimhaltung. Am 13./15. März 2013 zeichneten die Beklagte und die Beigeladene die [X.] zu dem [X.] mit einer Laufzeit von zunächst zwei Jahren. Sie wurde in der Folge zweimal verlängert. Seit 1. Oktober 2017 galt zwischen der [X.] und der Beigeladenen (wiederum mit einer zweijährigen Laufzeit) ein neuer [X.], der auf einer EU-weiten Ausschreibung beruht.

3

Den Antrag des [X.] vom 5. August 2014 auf Auskunft über die Höhe des vereinbarten Rabattes lehnte die Beklagte ab. Der nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Auf die Berufungen der [X.] und der Beigeladenen hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des [X.] geändert und die Klage abgewiesen. Bei dem ausgehandelten Rabatt handele es sich um ein durch § 6 Satz 2 IFG geschütztes Geschäftsgeheimnis sowohl der [X.] wie der Beigeladenen. Seine Höhe lasse für Wettbewerber Rückschlüsse auf die Gewinnmarge der Beigeladenen sowie, zusammen mit anderen Erkenntnissen, auf deren kalkulatorische Grundlagen zu. Der Rabatt sei nicht offenkundig. Er sei nur den Vertragsparteien der Rabattvereinbarung bekannt. Eine Offenlegung würde die Wettbewerbsposition der Beigeladenen im Verhältnis zu ihren Wettbewerbern nachteilig beeinflussen. Die [X.] sei nicht im Rahmen eines [X.] geschlossen, sondern besonders ausgehandelt worden. Die [X.] sei damit nicht ohne Wettbewerbsdruck auf eine bloße Vorgabe der [X.] hin zustande gekommen. Die Wettbewerbsrelevanz des Rabattes sei nicht dadurch entfallen, dass der Wirkstoff Tacrolimus seit dem [X.] auf der [X.] nach § 129 Abs. 1a [X.] stehe. Ein Wettbewerb bestehe zumindest im Verhältnis der Beigeladenen zu Reimporteuren fort. Darüber hinaus verlagere sich der Wettbewerb auf [X.] der ärztlichen Verordnung des Wirkstoffes vor. Zudem ergebe sich die Wettbewerbsrelevanz der [X.] im Verhältnis der Beigeladenen zu anderen gesetzlichen Krankenkassen, mit denen sie in Zukunft Rabattvereinbarungen abschließen könnte. Die Wettbewerbsrelevanz der [X.] sei auch nicht durch Zeitablauf erloschen. Der vereinbarte Rabatt sei noch immer marktgerecht. Andere Ausschlussgründe, namentlich derjenige des § 3 Nr. 6 Alt. 2 IFG, seien demgegenüber nicht gegeben. Durch die Offenbarung der [X.] würde der [X.] keine hinreichend gewichtige Interessenbeeinträchtigung drohen. Es handele sich um eine Einzelinformation, die in einer besonderen Vertragskonstellation generiert worden sei.

4

Zur Begründung seiner Revision führt der Kläger aus: Der Informationsanspruch sei nicht durch § 6 Satz 2 IFG ausgeschlossen. Ein geschütztes Geschäftsgeheimnis liege nach der maßgeblichen Begriffsbestimmung der "Know-how-Schutz-Richtlinie" nicht vor, da es an angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen fehle. Zudem seien die Rabattpreise offenkundig. Weitere Krankenkassen könnten dem [X.] jederzeit beitreten. Es fehle auch ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse. Eine gegenwärtige Wettbewerbsrelevanz bestehe nicht. Eine solche scheide bereits deshalb aus, weil der Wirkstoff Tacrolimus seit 2014 auf der [X.] stehe. Die [X.] sei im Wege eines [X.] zustande gekommen, weswegen nicht davon ausgegangen werden könne, dass sie in einem von besonderem Wettbewerbsdruck geprägten Umfeld geschlossen worden sei. Die fehlende Wettbewerbsrelevanz werde durch die Vermutung bekräftigt, dass Angaben, die geheim und vertraulich gewesen, aber mindestens fünf Jahre alt seien, aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr schützenswert seien.

5

Der Kläger beantragt,

das Urteil des [X.] für das [X.] vom 21. November 2018 zu ändern und die Berufungen der [X.] und der Beigeladenen gegen das Urteil des [X.] Minden vom 15. Februar 2017 zurückzuweisen.

6

Die Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie verteidigen das angegriffene Urteil.

8

Der Vertreter des [X.] beteiligt sich am Verfahren und führt unter anderem aus: Es liege auch ein Ausschlussgrund nach § 3 Nr. 6 Alt. 2 IFG vor. Durch eine Pflicht zur [X.] bestehe mittel- und langfristig das Risiko, dass das Steuerungsinstrument der Rabattverträge leerlaufe.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet und deshalb zurü[X.]kzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefo[X.]htene Urteil beruht ni[X.]ht auf einem Verstoß gegen [X.] (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der vom Kläger geltend gema[X.]hte [X.] ist na[X.]h § 6 Satz 2 [X.] sowie außerdem - insoweit entgegen der Auffassung des Berufungsgeri[X.]hts - na[X.]h § 3 Nr. 6 Alt. 2 [X.] ausges[X.]hlossen.

Ein [X.] des [X.] kann si[X.]h grundsätzli[X.]h auf § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] stützen. Die Beklagte ist als bundesweit tätige gesetzli[X.]he Krankenkasse Behörde des Bundes im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] (vgl. nur [X.], [X.], 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 164) und als sol[X.]he anspru[X.]hsverpfli[X.]htet. Der [X.] des [X.] ri[X.]htet si[X.]h auf amtli[X.]he Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 [X.]. Die begehrte Information ist Gegenstand eines [X.]es na[X.]h § 130a Abs. 8 [X.], den die beklagte Krankenkasse im Rahmen der Erfüllung ihrer gesetzli[X.]hen Aufgaben mit dem beigeladenen Pharmaunternehmen ges[X.]hlossen hat.

Dem [X.] stehen jedo[X.]h Auss[X.]hlussgründe entgegen.

1. Der Auss[X.]hluss ergibt si[X.]h zum einen - wie vom Berufungsgeri[X.]ht zu Re[X.]ht angenommen - aus § 6 Satz 2 [X.], wona[X.]h zu Betriebs- und Ges[X.]häftsgeheimnissen Zugang nur gewährt werden darf, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Bei dem begehrten Rabattdatum handelt es si[X.]h um ein Ges[X.]häftsgeheimnis sowohl der Beklagten als au[X.]h der Beigeladenen. Keiner von ihnen hat in eine Zugangsgewährung an den Kläger eingewilligt.

a) aa) Betriebs- und Ges[X.]häftsgeheimnisse im Sinne des § 6 Satz 2 [X.] umfassen na[X.]h dem hergebra[X.]hten öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen Verständnis, das si[X.]h am gewa[X.]hsenen Begriffsverständnis des Wettbewerbsre[X.]hts orientiert ([X.], Bes[X.]hluss vom 25. Juli 2013 - 7 [X.] - juris Rn. 10), alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsa[X.]hen, Umstände und Vorgänge, die ni[X.]ht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugängli[X.]h sind und an deren Ni[X.]htverbreitung der Re[X.]htsträger ein bere[X.]htigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse betreffen dabei im Wesentli[X.]hen te[X.]hnis[X.]hes, Ges[X.]häftsgeheimnisse vornehmli[X.]h kaufmännis[X.]hes Wissen ([X.], Urteil vom 10. April 2019 - 7 [X.] 22.18 - [X.] 404 [X.] Nr. 32 Rn. 19 unter Bezugnahme auf [X.], Bes[X.]hluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. - [X.]E 115, 205 <230 f.>). Ein bere[X.]htigtes Geheimhaltungsinteresse ist anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, den Konkurrenten exklusives te[X.]hnis[X.]hes oder kaufmännis[X.]hes Wissen zugängli[X.]h zu ma[X.]hen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens na[X.]hhaltig zu beeinflussen ([X.]). Der erforderli[X.]he Wettbewerbsbezug kann fehlen, wenn die Informationen abges[X.]hlossene Vorgänge ohne Bezug zum heutigen Ges[X.]häftsbetrieb betreffen ([X.], Urteil vom 17. März 2016 - 7 [X.] 2.15 - [X.]E 154, 231 Rn. 35 m.w.N.).

bb) Ob und in wel[X.]hem Sinne diese Grundsätze mit Bli[X.]k auf § 2 Abs. 1 des Gesetzes zum S[X.]hutz von Ges[X.]häftsgeheimnissen ([X.]) vom 18. April 2019 ([X.]) fortzuentwi[X.]keln sind, bedarf keiner abs[X.]hließenden Ents[X.]heidung.

Gemäß § 1 Abs. 2 [X.] findet das Ges[X.]häftsgeheimnisgesetz auf öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]he Vors[X.]hriften zur Geheimhaltung, Erlangung, Nutzung oder Offenlegung von Ges[X.]häftsgeheimnissen und damit auf das [X.] keine Anwendung; das gilt au[X.]h für die Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 1 [X.] (vgl. BT-Dru[X.]ks. 19/4724, [X.]; ebenso Gu[X.]kelberger, in: [X.] Informations- und Medienre[X.]ht, Stand 1. November 2019, [X.] § 6 Rn. 17.1; no[X.]h offengelassen im [X.], Urteil vom 30. Januar 2020 - 10 [X.] 18.19 - juris Rn. 24). Dies steht mit der ihm zugrundeliegenden Ri[X.]htlinie ([X.]) 2016/943 des [X.] und des Rates vom 8. Juni 2016 über den S[X.]hutz vertrauli[X.]hen Know-hows und vertrauli[X.]her Ges[X.]häftsinformationen (Ges[X.]häftsgeheimnisse) vor re[X.]htswidrigem Erwerb sowie re[X.]htswidriger Nutzung und Offenlegung ([X.] [X.]) im Einklang. Na[X.]h ihrem Art. 1 Abs. 2 Bu[X.]hst. [X.] berührt diese Ri[X.]htlinie ni[X.]ht die Anwendung von Vors[X.]hriften der Mitgliedstaaten, na[X.]h denen es den nationalen Behörden vorges[X.]hrieben oder gestattet ist, von Unternehmen vorgelegte Informationen offenzulegen, die diese Behörden in Einhaltung der Pfli[X.]hten und gemäß den Re[X.]hten, die im nationalen Re[X.]ht niedergelegt sind, besitzen (vgl. au[X.]h die Erwägungsgründe 11 und 18).

Au[X.]h wenn der Begriff des Betriebs- oder Ges[X.]häftsgeheimnisses im Sinne von § 6 Satz 2 [X.] deshalb selbstständig auszulegen ist, so hat si[X.]h die Auslegung na[X.]h der ständigen Re[X.]htspre[X.]hung des Bundesverwaltungsgeri[X.]hts do[X.]h am gewa[X.]hsenen Begriffsverständnis des Wettbewerbsre[X.]hts zu orientieren ([X.], Bes[X.]hluss vom 25. Juli 2013 - 7 [X.] - juris Rn. 10). Sie ist deshalb für eine Fortentwi[X.]klung offen, die si[X.]h an einer Fortentwi[X.]klung des wettbewerbsre[X.]htli[X.]hen Begriffsverständnisses orientiert. Wird dieses nunmehr seinerseits dur[X.]h das Ges[X.]häftsgeheimnisgesetz geprägt, so kann dies au[X.]h auf den öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen Begriff ni[X.]ht ohne Einfluss bleiben. Leitlinie hierfür muss sein, dass der Umfang dessen, was als Betriebs- und Ges[X.]häftsgeheimnis na[X.]h § 6 Satz 2 [X.] ges[X.]hützt ist, jedenfalls ni[X.]ht weniger weit rei[X.]hen darf als dasjenige, was als Ges[X.]häftsgeheimnis dem Ges[X.]häftsgeheimnisgesetz oder der Know-how-S[X.]hutz-Ri[X.]htlinie unterfällt; denn der S[X.]hutz dur[X.]h das Ges[X.]häftsgeheimnisgesetz oder die Know-how-S[X.]hutz-Ri[X.]htlinie darf ni[X.]ht dur[X.]h eine Informationspfli[X.]ht der Behörde unterlaufen werden. Einen weiterrei[X.]henden S[X.]hutz s[X.]hließt diese Leitlinie hingegen ni[X.]ht aus; ob ein sol[X.]her si[X.]h aus anderweitigen Gründen ergibt, bedarf keiner Ents[X.]heidung.

Na[X.]h § 2 Nr. 1 [X.] ist ein Ges[X.]häftsgeheimnis eine Information, die weder insgesamt no[X.]h in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die übli[X.]herweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugängli[X.]h ist und daher von wirts[X.]haftli[X.]hem Wert ist (Bu[X.]hstabe a); sie muss Gegenstand von den Umständen na[X.]h angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen dur[X.]h ihren re[X.]htmäßigen Inhaber sein (Bu[X.]hstabe b), und an der Geheimhaltung muss ein bere[X.]htigtes Interesse bestehen (Bu[X.]hstabe [X.]). Diese Begriffsbestimmung de[X.]kt si[X.]h hinsi[X.]htli[X.]h der Bu[X.]hstaben a und [X.] weitgehend mit dem gewa[X.]hsenen Begriffsverständnis des Wettbewerbsre[X.]hts, an dem si[X.]h au[X.]h das hergebra[X.]hte öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]he Verständnis orientiert. Sie ist ledigli[X.]h insofern enger als dieses, als sie nunmehr zusätzli[X.]h angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen des re[X.]htmäßigen Inhabers der Information voraussetzt (Bu[X.]hstabe b). Ob diese Begriffss[X.]härfung im öffentli[X.]hen Re[X.]ht na[X.]hzuvollziehen ist, kann offenbleiben; wie soglei[X.]h zu zeigen sein wird, wäre au[X.]h dieses Merkmal vorliegend erfüllt.

b) Auf der Grundlage der den Senat bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts handelt es si[X.]h bei dem vom Kläger begehrten Rabattdatum sowohl na[X.]h dem hergebra[X.]hten öffentli[X.]h-re[X.]htli[X.]hen Begriffsverständnis als au[X.]h na[X.]h dem unionsre[X.]htli[X.]h modifizierten wettbewerbsre[X.]htli[X.]hen Verständnis um ein Ges[X.]häftsgeheimnis.

aa) Das Rabattdatum ist ni[X.]ht offenkundig und unterliegt den Umständen na[X.]h angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen.

Ein Ges[X.]häftsgeheimnis ist ni[X.]ht offenkundig, wenn es ni[X.]ht allgemein, sondern nur einem begrenzten Personenkreis bekannt oder jedenfalls lei[X.]ht zugängli[X.]h ist. Ab wel[X.]her Größe ein Personenkreis ni[X.]ht mehr als "begrenzt" anzusehen ist, entzieht si[X.]h einer allgemeinen zahlenmäßigen Festlegung und ri[X.]htet si[X.]h na[X.]h den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls. Der begrenzte Personenkreis ist hierbei ni[X.]ht allein quantitativ zu bestimmen. Ents[X.]heidend ist, ob der Geheimnisträger den Kreis der "Wissenden" unter Kontrolle behält. Dies ist der Fall, wenn Dritte, die über die Information verfügen, zur Vers[X.]hwiegenheit verpfli[X.]htet sind. Eine lei[X.]hte Zugängli[X.]hkeit ist demgegenüber anzunehmen, wenn der Interessierte si[X.]h ohne große S[X.]hwierigkeiten mit lauteren Mitteln davon Kenntnis vers[X.]haffen kann (vgl. [X.], Urteil vom 23. Februar 2017 - 7 [X.] 31.15 - [X.] 406.252 § 2 [X.] Nr. 3 Rn. 95 m.w.N.). Eine Information, die ledigli[X.]h einem zur Vers[X.]hwiegenheit verpfli[X.]hteten begrenzten Personenkreis bekannt oder zugängli[X.]h ist, ist demna[X.]h ni[X.]ht offenkundig (vgl. zum Ganzen au[X.]h Gu[X.]kelberger, in: [X.] Informations- und Medienre[X.]ht, [X.] § 6 Rn. 21 m.w.N. Stand Februar 2020; [X.], [X.], 2. Aufl. 2016, § 6 Rn. 82 ff. m.w.N.).

Na[X.]h den tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts ist das Rabattdatum nur den Vertragsparteien der Rabattvereinbarung bekannt. Na[X.]h § 4 Abs. 1 dieser Vereinbarung trifft die Vertragsparteien eine Pfli[X.]ht zur Geheimhaltung. Die Zugängli[X.]hkeit des Rabattdatums nur für einen begrenzten Personenkreis ist ni[X.]ht deswegen fragli[X.]h, weil weitere Krankenkassen dem [X.] jederzeit beitreten können. Dies zum einen deshalb, weil es si[X.]h bei den zuständigen Mitarbeitern etwaiger beitretender Krankenkassen wiederum um einen begrenzten Personenkreis handelt, und zum anderen mit Bli[X.]k darauf, dass der Rabattvereinbarung beigetretene Krankenkassen ebenfalls der Geheimhaltungspfli[X.]ht unterliegen.

Aus der vertragli[X.]hen Verpfli[X.]htung aller Parteien der Rabattvereinbarung zur Geheimhaltung des vereinbarten [X.] ergibt si[X.]h zuglei[X.]h, dass dieser Gegenstand von den Umständen na[X.]h angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen dur[X.]h den re[X.]htmäßigen Inhaber im Sinne der unionsre[X.]htli[X.]h modifizierten wettbewerbsre[X.]htli[X.]hen Begriffsbestimmung des Ges[X.]häftsgeheimnisses ist (§ 2 Nr. 1 Bu[X.]hst. b [X.] bzw. Art. 2 Nr. 1 Bu[X.]hst. [X.] RL ([X.]) 2016/943).

bb) Dem Rabattdatum fehlt es au[X.]h ni[X.]ht an der [X.]. Na[X.]h den tatsä[X.]hli[X.]hen Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts lässt die Höhe des vereinbarten Rabattes für Wettbewerber Rü[X.]ks[X.]hlüsse auf die Gewinnmarge der Beigeladenen sowie - zusammen mit anderen Erkenntnissen - auf deren kalkulatoris[X.]he Grundlagen zu. Mithin wäre die Offenlegung der begehrten Information geeignet, die Wettbewerbsposition der Beigeladenen na[X.]hhaltig zu beeinflussen (vgl. hierzu au[X.]h Gu[X.]kelberger, in: [X.] Informations- und Medienre[X.]ht, [X.] § 6 Rn. 27 m.w.N.).

Der Einwand des [X.], die [X.] sei im Wege eines sogenannten [X.] zustande gekommen, weshalb ni[X.]ht davon ausgegangen werden könne, dass die Vereinbarung in einem von Wettbewerbsdru[X.]k geprägten Umfeld zustande gekommen sei, stellt einen im Revisionsverfahren unbea[X.]htli[X.]hen Tatsa[X.]henvortrag dar. Das Berufungsgeri[X.]ht hat für das Revisionsgeri[X.]ht bindend festgestellt, dass die [X.] ni[X.]ht im Rahmen eines [X.], sondern losgelöst hiervon in eigenständigen Verhandlungen zwis[X.]hen Beklagter und Beigeladener ges[X.]hlossen wurde.

Die [X.] des Rabattdatums entfällt au[X.]h ni[X.]ht dadur[X.]h, dass der Wirkstoff Ta[X.]rolimus seit dem [X.] auf der so genannten Substitutionsauss[X.]hlussliste na[X.]h § 129 Abs. 1a [X.] steht. Die Substitutionsauss[X.]hlussliste na[X.]h § 129 Abs. 1a [X.] legt fest, für wel[X.]he Wirkstoffe in der jeweils betroffenen Darrei[X.]hungsform ein Austaus[X.]hverbot gegen ein anderes Arzneimittel gilt. Insoweit hat das Berufungsgeri[X.]ht festgestellt, dass zumindest im Verhältnis der Beigeladenen zu Reimporteuren, die das Präparat der Beigeladenen im europäis[X.]hen Ausland zu günstigeren Marktpreisen erwerben und ans[X.]hließend auf den deuts[X.]hen Markt wieder einführen, ein Wettbewerb fortbesteht. Zudem sei der Wettbewerb im Falle eines Substitutionsauss[X.]hlusses auf [X.] der ärztli[X.]hen Verordnung des Wirkstoffes vorverlagert. So sei in den gängigen Arzneiverordnungsprogrammen für Ärzte hinterlegt, wel[X.]he Arzneimittel rabattiert seien und wel[X.]he ni[X.]ht (§ 73 Abs. 9 Nr. 2 [X.]). Um dem Wirts[X.]haftli[X.]hkeitsgebot des § 12 [X.] zu genügen und sein eigenes Budget ni[X.]ht zu belasten, werde si[X.]h der verordnende Arzt typis[X.]herweise für das rabattierte Arzneimittel ents[X.]heiden.

Na[X.]h weiteren Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts ist der Rabatt au[X.]h im Verhältnis der Beigeladenen zu anderen gesetzli[X.]hen Krankenkassen, mit denen diese in Zukunft Rabattvereinbarungen na[X.]h § 130a Abs. 8 [X.] abs[X.]hließen könnte, von wirts[X.]haftli[X.]her Bedeutung. Hätten dritte Krankenkassen Kenntnis von der vereinbarten [X.], wüssten sie, zu wel[X.]hen Konditionen die Beigeladene bereit gewesen sei, eine individuell ausgehandelte Rabattvereinbarung abzus[X.]hließen.

Die [X.] des Rabattdatums bestand na[X.]h den Feststellungen des Berufungsgeri[X.]hts au[X.]h zum maßgebli[X.]hen Zeitpunkt seiner Ents[X.]heidung fort (vgl. hierzu näher [X.], Urteil vom 10. April 2019 - 7 [X.] 22.18 - [X.] 404 [X.] Nr. 32 Rn. 45 ff.). Hierna[X.]h war die [X.] der [X.] zu diesem Zeitpunkt no[X.]h immer marktgere[X.]ht. Diese habe na[X.]h der Verlängerung des [X.]es von 2013 bis 2017 Geltung gehabt und sei mit einer nur unwesentli[X.]hen Abwei[X.]hung Grundlage für ein neues Angebot vom 10. August 2017 gewesen, auf das die Beigeladene den Zus[X.]hlag für den ab dem 1. Oktober 2017 gültigen [X.] erhalten habe. Die vom Kläger begehrte Information betrifft demna[X.]h ni[X.]ht ledigli[X.]h abges[X.]hlossene Vorgänge ohne Bezug zum aktuellen Ges[X.]häftsbetrieb der Beigeladenen, so dass der Zeitablauf unbea[X.]htli[X.]h ist (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 17. März 2016 - 7 [X.] 2.15 - [X.]E 154, 231 Rn. 35 f. und vom 30. Januar 2020 - 10 [X.] 18.19 - juris Rn. 23 jeweils m.w.N.).

2. Mit der Verwirkli[X.]hung des Auss[X.]hlusstatbestands na[X.]h § 6 Satz 2 [X.] wird im vorliegenden Fall zuglei[X.]h der Auss[X.]hlusstatbestand na[X.]h § 3 Nr. 6 Alt. 2 [X.] erfüllt (vgl. zum Verhältnis von § 6 Satz 2 zu § 3 Nr. 6 [X.] au[X.]h [X.], Urteil vom 27. November 2014 - 7 [X.] 12.13 - [X.]E 150, 383 Rn. 30). Das Bekanntwerden des vereinbarten Rabattdatums wäre geeignet, wirts[X.]haftli[X.]he Interessen der Sozialversi[X.]herungen zu beeinträ[X.]htigen. Müsste die na[X.]h § 130a Abs. 8 [X.] zwis[X.]hen einer gesetzli[X.]hen Krankenkasse und einem Arzneimittelhersteller vereinbarte [X.] auf der Grundlage des [X.] preisgegeben werden, stellte dies die Funktionsfähigkeit des Systems von Rabattvereinbarungen zwis[X.]hen gesetzli[X.]hen Krankenkassen und pharmazeutis[X.]hen Unternehmen insgesamt in Frage. Insoweit ist der Bli[X.]k allein auf den zur Ents[X.]heidung gestellten Einzelfall unzurei[X.]hend (vgl. au[X.]h [X.], Urteil vom 25. Juni 2015 - 7 [X.] 1.14 - [X.]E 152, 241 Rn. 37).

Die Kostenents[X.]heidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Meta

10 C 22/19

17.06.2020

Bundesverwaltungsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 21. November 2018, Az: 15 A 861/17, Urteil

§ 1 Abs 1 S 1 IFG, § 2 Nr 1 IFG, § 3 Nr 6 Alt 2 IFG, § 6 S 2 IFG, § 12 SGB 5, § 73 Abs 9 Nr 2 SGB 5, § 129 Abs 1a SGB 5, § 130a Abs 8 SGB 5, § 1 Abs 2 GeschGehG, § 2 Nr 1 Buchst b GeschGehG, Art 1 Abs 2 Buchst c EURL 2016/943, Art 2 Nr 1 Buchst c EURL 2016/943

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.06.2020, Az. 10 C 22/19 (REWIS RS 2020, 3993)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3993

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10 C 18/19 (Bundesverwaltungsgericht)

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