Amtsgericht Köln, Beschluss vom 06.12.2021, Az. 378 III 248/21

Abteilung 378 | REWIS RS 2021, 9944

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Tenor

Das Standesamt wird angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Antragsteller am 00.00.0000 per Videotelefonie die Ehe in R., Bundesstaat A., Vereinigte Staaten von Amerika, geschlossen haben.

Gründe

I.

Die Antragsteller, die nigerianische Staatsangehörige sind, haben am 00.00.0000 per Videotelefonie die Ehe geschlossen. Die Meldebehörde am Wohnort der Antragsteller hat einen Antrag auf Anerkennung der Eheschließung abgelehnt. Nunmehr möchten die Antragsteller die Ehe vor dem Standesamt E. schließen.

Das Standesamt hat den Sachverhalt dem Gericht zur Entscheidung darüber vorgelegt, ob eine erneute Eheschließung möglich ist.

II.

Der Antrag ist begründet.

Gemäß § 49 Abs. 2 PStG ist die Zweifelsvorlage als Ablehnung der Vornahme der begehrten Amtshandlung zu werten.

Selbst wenn die Eheschließung durch Videotelefonie Wirksamkeit entfalten würde, wäre eine erneute Eheschließung bzw. Wiederholung der Eheschließung nicht unzulässig. Unbenommen ist weiterhin die Sanierung einer fehlerhaften Ehe durch Wiederholung der Eheschließung; dies ist sowohl für den Standesbeamten, als auch für die Nicht-Eheleute der sichere Weg, um eine gültige Ehe zu bewirken. Allerdings wirkt diese Eheschließung nicht zurück, sondern erst vom Zeitpunkt der Vornahme an (Staudinger / Coester, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2018), § 1310 Rn. 67). Insbesondere steht dem nicht das Verbot der Doppelehe entgegen, wenn die Ehegatten Zweifel an der Gültigkeit oder an dem Fortbestand ihrer Ehe hegen oder wenn sie mit Sicherheit wissen, dass ihre frühere Ehe nicht gültig ist. Der Standesbeamte hat lediglich zu prüfen, ob ernsthafte Zweifel an der Gültigkeit oder dem Fortbestand der Ehe möglich sind. Nur wenn das nicht der Fall und das Begehren rechtsmissbräuchlich erscheint, kommt eine Wiederholung der Eheschließung nicht in Betracht. Eine Eheschließung ist zudem dann möglich, wenn die Partner bereits im Ausland geheiratet haben, eine Anerkennung dieser Ehe im Inland aber ausscheidet (Kammergericht Berlin, Beschluss vom 3. Januar 2012 – 1 VA 12/11 -, StAZ 2012,107; Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Wellenhofer, § 1306 Rn. 11).

An der Gültigkeit der geschlossenen Ehe bestehen mehr als begründete Zweifel. Denn gemäß Art. 13 Abs. 4 EGBGB kann eine Ehe in Deutschland nur in der hier vorgeschriebenen Form, also vor einem Standesbeamten, oder vor einer von der Regierung des Staates, der einer der Verlobten angehört, ermächtigten Person geschlossen werden. Da sich die Antragsteller bei der Eheschließung in Deutschland aufgehalten haben, ist die Ehe als Inlandsehe zu werten und unterliegt damit den Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 4 EGBGB. Ort der Eheschließung ist der Ort, an dem die Verlobten ihre Willenserklärungen, gerichtet auf die Eingehung der Ehe, abgeben (Andrae in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB Allgemeiner Teil, EGBGB, 4. Aufl. Art. 13 Rn. 100). Da die Antragsteller nicht durch Bevollmächtigte in den Vereinigten Staaten vertreten worden sind, kann als Eheschließungsort nicht der Ort, an dem sich der Standesbeamte aufgehalten hat, angesehen werden. Der Abschluss einer Distanzehe aus Deutschland heraus, d.h. durch Abgabe einer Eheschließungserklärung in Deutschland, ist nicht möglich (Staudinger/Mankowski, Kommentar zum EGBGB (2010), Art. 13 Rn. 486).

Der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. September 2021 - XII ZB 309/21 - zugrunde liegende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.

Verfahrenswert: 5.000,- €

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Köln schriftlich in deutscher Sprache einzulegen. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle des hiesigen oder eines jeden Amtsgerichts abgegeben werden.Die Beschwerde muss spätestens innerhalb von einem Monat nach der Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht Köln eingegangen sein. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Die Beschwerde ist zu unterzeichnen. Die Beschwerde soll begründet werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 14 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

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378 III 248/21

06.12.2021

Amtsgericht Köln Abteilung 378

Beschluss

Sachgebiet: III

Zitier­vorschlag: Amtsgericht Köln, Beschluss vom 06.12.2021, Az. 378 III 248/21 (REWIS RS 2021, 9944)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9944

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