Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2005, Az. 5 StR 315/05

5. Strafsenat | REWIS RS 2005, 1374

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5 [X.]/05
BUNDES[X.]ERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
vom 12. Oktober 2005 in der Strafsache gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u. a.

- 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 12. Okto-ber 2005, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende [X.]in [X.],

[X.], [X.], [X.]in [X.], [X.] Dr. Raum

als beisitzende [X.],

Oberstaatsanwältin beim [X.]

als Vertreterin der [X.],

Rechtsanwalt [X.]

als Verteidiger,

Rechtsanwältin [X.]r

als Vertreterin des [X.],

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der [X.]eschäftsstelle,
- 3 - für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 8. März 2005 mit den jeweils zugehöri-gen Feststellungen aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist,

b) soweit der Angeklagte im [X.] 2 der Urteilsgründe ver-urteilt worden ist,
c) im Ausspruch über die [X.]esamtstrafe.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Jugendkammer des [X.] zu-rückverwiesen.

[X.] Von Rechts wegen [X.]

[X.] r ü n d e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in 28 Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in einem Fall ([X.] 2 der Urteilsgründe) unter Freisprechung im Übrigen zu einer [X.]esamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaus-setzung zur Bewährung verurteilt. Die auf die Überprüfung des [X.] und des Teilfreispruchs wirksam beschränkte Revision des [X.] hat mit der Sachrüge Erfolg. - 4 -

1. Nach den Urteilsfeststellungen übte der Angeklagte mit dem am 5. Juni 1988 geborenen Nebenkläger bis zu dessen 14. [X.]eburtstag in [X.] 28 Fällen den Oral- und Analverkehr aus. Danach fanden noch [X.] weitere gleich geartete sexuelle Handlungen zwischen dem Angeklagten und dem Nebenkläger statt, wobei die letzte sexuelle Handlung am 15. [X.] 2002 mit Billigung des Angeklagten von einem zwölfjährigen Freund des [X.] beobachtet wurde.

Das [X.] hat die vor dem 14. [X.]eburtstag des [X.] begangenen sexuellen Aktivitäten zutreffend als schweren sexuellen Miss-brauch eines Kindes und die Vornahme des [X.] vor dem zwölfjäh-rigen Freund des [X.] als sexuellen Missbrauch eines Kindes (§ 176 Abs. 1, § 176a Abs. 1 Nr. 1 St[X.]B und § 176 Abs. 3 Nr. 1 St[X.]B jeweils in der bis zum 31. März 2004 geltenden Fassung) bewertet. Hinsichtlich der sieben nach dem 14. [X.]eburtstag des [X.] erfolgten sexuellen Handlungen hat das [X.] die Annahme des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen im Sinne von § 182 Abs. 2 Nr. 1 St[X.]B (Ausnutzung der Unfähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung) abgelehnt, den Angeklagten insoweit in sechs Fällen freigesprochen und hinsichtlich der Tat vom 15. [X.] eine zusätzliche Strafbarkeit des Angeklagten verneint.

2. Zu Recht beanstandet der Nebenkläger, dass die [X.] die nach seinem 14. [X.]eburtstag erfolgten sexuellen Handlungen entgegen ihrer umfassenden Kognitionspflicht nicht auch unter dem rechtlichen [X.]esichts-punkt des § 182 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. St[X.]B (sexuelle Handlung gegen Entgelt) geprüft hat.

Dass dessen Voraussetzungen gegeben sein können, liegt nach den Urteilsfeststellungen keineswegs fern. Danach hat der Angeklagte deutlich gemacht, dass es bei Ablehnung der sexuellen Kontakte keinerlei gemein-same Freizeitaktivitäten, wie zum Beispiel Zoobesuche, Besuche im - 5 - Schwimmbad, Einladungen zu [X.], mehr geben würde. Ferner er-hielt der Nebenkläger Süßigkeiten, [X.]eschenke und auch kleinere finanzielle Zuwendungen. Die sexuellen Handlungen hatten für den Nebenkläger [X.] so die Urteilsausführungen [X.] keine tiefere Bedeutung, sondern wurden von ihm lediglich als Mittel zum Zweck, Erhalt des väterlichen Freundes, angesehen. —Zudem folgten den sexuellen Handlungen Freizeitaktivitäten und auch klei-nere materielle Zuwendungen, die er gern entgegennahm.fi

Diese Feststellungen legen die Annahme nahe, dass der Angeklagte die sexuellen Handlungen an dem Nebenkläger auch nach dessen 14. [X.]e-burtstag —gegen [X.] vorgenommen hat. Entgelt im Sinne von § 182 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. St[X.]B ist jede in einem Vermögensvorteil bestehende [X.]e-genleistung (§ 11 Abs. 1 Nr. 9 St[X.]B). [X.] sind Vermögens-vorteile jedweder Art. Für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 182 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. St[X.]B reicht es aus, dass sich Täter und Opfer vor oder spätestens während des sexuellen Kontaktes darüber einig sind, dass der Vermögensvorteil die [X.]egenleistung für das Sexualverhalten des [X.] sein soll. Dabei ist es ausreichend, wenn der Jugendliche zur Duldung oder Vornahme der sexuellen Handlung durch die [X.] mitmotiviert wird, da er schon hierdurch die Erfahrung der Käuflich-keit sexueller Handlungen macht, die seine ungestörte sexuelle Entwicklung nachhaltig negativ beeinflussen kann (vgl. B[X.]HR St[X.]B § 182 Abs. 1 Nr. 1 Entgelt 1 m.w.N.).

3. Danach kann die Freisprechung des Angeklagten keinen Bestand haben. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die nicht unbedenkliche Begründung des [X.] zur Verneinung der Voraussetzungen des § 182 Abs. 2 Nr. 1 St[X.]B ([X.] ff.) rechtlicher Überprüfung standhalten würde. Die Sache bedarf ohnehin neuer tatrichterlicher Würdigung.

Soweit der Angeklagte wegen der Tat vom 15. September 2002 nur wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 Abs. 3 Nr. 1 St[X.]B - 6 - und nicht auch wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen gemäß § 182 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. St[X.]B verurteilt worden ist, kann auch der für sich genommen rechtsfehlerfreie Schuldspruch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern nicht bestehen bleiben, da der sexuelle Missbrauch von Jugend-lichen im vorliegenden Fall hierzu in Tateinheit stünde. Dies zieht die Aufhe-bung der [X.]esamtstrafe nach sich.

[X.] Häger Basdorf [X.]erhardt Raum

Meta

5 StR 315/05

12.10.2005

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2005, Az. 5 StR 315/05 (REWIS RS 2005, 1374)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1374

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