Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2003, Az. NotSt (Brfg) 3/02

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2003, 4059

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[X.] DES VOLKESURTEILNotSt ([X.]) 3/02Verkündet am:10. März [X.] Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.], [X.], hat in der Sitzung [X.], an der teilgenommen haben:[X.] am [X.] [X.] Vorsitzender,[X.] am [X.] [X.] und [X.] die Notare [X.] und [X.] beisitzende [X.] Dr. Schnarrals Vertreter der [X.],Rechtsanwalt [X.] aus [X.],Rechtsanwalt Dr. Bracher aus [X.] undRechtsanwalt [X.] aus [X.] Verteidiger,Justizamtsinspektor [X.] der Geschäftsstellefür Recht erkannt:1.Auf die Berufung des Notars wird das Urteil des [X.] vom [X.] im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und wie folgt [X.] ist eines (einheitlichen) Dienstvergehens schuldig.Gegen ihn werden ein Verweis und eine Geldbuße von15.000,00 2.Der Notar hat die Kosten des Disziplinarverfahrens erster In-stanz einschließlich derjenigen des behördlichen Verfahrens zutragen.3.Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Notar [X.] notwendigen Auslagen fallen der [X.] dem Notar je zur Hälfte zur Last.Von Rechts wegenGründe:[X.] hat den Notar wegen mehrfacher Verletzungdienstlicher Pflichten eines - einheitlichen - Dienstvergehens für schuldig [X.] und gegen ihn auf Entfernung aus dem Amt erkannt. Dagegen richtet sichdie gemäß § 105 [X.] i.V.m. §§ 80 ff. [X.] zulässige, zunächst unbeschränkteingelegte Berufung des Notars, mit der er die Einstellung des [X.], hilfsweise einen Freispruch erstrebt hat. In der [X.] -handlung hat der Notar sodann mit Zustimmung des Vertreters der [X.] seine Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Das sol-chermaßen beschränkte Rechtsmittel hat dahingehend Erfolg, daß nicht [X.] aus dem Amt, sondern lediglich auf Verweis und Geldbuße zu er-kennen ist.[X.] Die Beschränkung der Berufung ist - was von Amts wegen zu [X.] - wirksam. Insbesondere besteht ein zur Einstellung des Disziplinarverfah-rens zwingendes Verfahrenshindernis gemäß §§ 109 [X.], 76 Abs. 3, 64Abs. 1 Nr. 1 [X.] nicht.a) Die Disziplinarklage in Verbindung mit dem [X.] vom13. Juli 2001 genügt den an eine ordnungsgemäße Anschuldigungsschrift zustellenden Anforderungen (§ 109 [X.] i.V.m. § 65 [X.] bzw. § 61 Abs. 2LDG). Zumindest nach der Präzisierung im [X.], der entgegender Ansicht des Notars keine Nachtragsanklage darstellt, ist das dem [X.], "in täglicher Praxis begangene Fehlverhalten" in den Ämtern[X.] und [X.]zeitlich und örtlich begrenzt und bezüglich der Artder fehlerhaften Dienstverrichtung ausreichend präzise dargelegt.b) Der strafgerichtliche Freispruch des [X.](Urt. v.21. Dezember 2000 - 1 KLs - 5470 Js 14560/97) stellt ebenfalls kein Prozeß-hindernis für das Disziplinarverfahren dar, weil ein sog. disziplinarischer Über-hang besteht (vgl. § 17 Abs. 5 [X.]). Das gilt - abgesehen davon, daß [X.] die Vorfälle im [X.]aufgrund der dortigen [X.] auf die Vorgänge in [X.]nicht betraf - für sämtliche [X.] -schuldigungen im Disziplinarverfahren, weil die danach in Betracht kommendenetwaigen Verstöße gegen § 30 Abs. 3 [X.] a.F., § 25 Abs. 1 [X.] a.F. und§ 44 BeurkG sich im Verhältnis zu dem Gegenstand des Strafverfahrens [X.] bewegen; derartige disziplinarrechtliche Verstöße [X.] nicht zwangsläufig eine Strafbarkeit nach §§ 348, 267, 274, 133 StGB.2. Infolge der wirksamen Berufungsbeschränkung sind der Schuldspruchund die diesem zugrundeliegenden - die Bindungswirkung des freisprechendenStrafurteils gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 LDG/§ 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] berücksich-tigenden - Feststellungen des Urteils des [X.]. Der Senat hatte daher von folgendem auszugehen:a) Nach den Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil verfuhr der [X.] bei den Beurkundungen im Notariat [X.]in der Regel in der Weise,daß er die vorbereiteten Entwürfe der Niederschrift mit den Mandanten [X.] und sie - falls notwendig - inhaltlich, stilistisch und orthographisch hand-schriftlich änderte, ohne aber [X.] über die Abänderungen anzubrin-gen. Danach verlas er die Entwürfe und ließ die Mandanten auf einem [X.] Blatt unterschreiben, das den Vermerk trug: "Vorgelesen vom Notar, vonden Beteiligten genehmigt und eigenhändig unterschrieben". Seine eigene Un-terschrift setzte er unter die Unterschriften der Mandanten, woraufhin er sie ent-ließ. Bevor er die Entwürfe mit den [X.] in den Geschäftsganggab, ließ er von den Banddiktaten der Entwürfe [X.] ausdrucken, [X.] mit den Entwürfen verglich. Es kam vor, daß er die [X.] abermalsverbesserte und sie dann nochmals ausdrucken ließ, bis sie seine Zufriedenheitgefunden hatten. Die Entwürfe wurden mit den Ausdrucken ("[X.]")sowie mit den [X.] durch eine Büroklammer verbunden undden Sachbearbeitern übergeben, die ihre Begleitverfügungen anhefteten. [X.] verbanden mittels Heftrücken die Ausdrucke mit den Unterschrif-tenblättern und legten die Entwürfe daneben in der Aktenmappe ab. Die [X.] und Abschriften wurden aus den [X.] und den Unter-schriftenblättern gefertigt und abgesandt. Nach Anfertigung oder auch erst nachAbsendung der Ausfertigungen und Abschriften wurden die [X.] ge-siegelt und mit den [X.] vernäht. Die Entwürfe wurden in [X.] abgelegt. In den Fällen, in denen noch Zustimmungserklärungenund Unbedenklichkeitsbescheinigungen einzuholen waren, geschah die Siege-lung und Vernähung erst, wenn die Erklärungen und Bescheinigungen [X.] waren. Wenn ausnahmsweise - wie z.B. bei kurzen Beurkundungen -die Ausdrucke aus den Entwürfen schon vorlagen, bevor die Mandanten diebeurkundeten Erklärungen genehmigten und unterschrieben, wurden die [X.] sogleich vernichtet. Das [X.] der nicht vorgelesenen undgenehmigten, sondern erst später erstellten [X.] mit den Unterschrif-tenblättern, das Vernähen der [X.] mit den [X.] unddas Ablegen der vorgelesenen und von den Mandanten genehmigten Entwürfein den [X.] geschah auf allgemeine Weisung des Notars. Am [X.] führte der Landgerichtspräsident eine Geschäftsprüfung im [X.]durch und beanstandete die bisherige [X.] des [X.], daß es nicht angehe, die [X.] mit den "[X.]" zuverbinden und die handschriftlich verbesserten Entwürfe ("[X.]") getrenntund in den [X.] zu verwahren. Auf Veranlassung des Notars wurden [X.] Fällen die mit den [X.] vernähten [X.]durch die Schreibkräfte von den [X.] wieder getrennt und statt dessenmit den [X.], die zu diesem Zweck aus den [X.] herausgenom-men wurden, mitsamt den [X.] neu vernäht und gesiegelt. Die [X.] wurden mit dem eigens angefertigten Stempel "maschinelle [X.] 7 -schrift" und die [X.] mit dem ebenfalls eigens angefertigten Stempel"Urschrift" versehen.Insgesamt konnte nicht festgestellt werden, daß die mit den Unterschrif-tenblättern verbundenen, nicht vorgelesenen und von den Mandanten nicht ge-nehmigten [X.] inhaltlich etwas anderes besagten, als die vom [X.] verbesserten und von den Mandanten genehmigten und auf ge-sonderten Seiten unterschriebenen [X.]) Die Vorgehensweise des Notars bei seinen Beurkundungen im Amt[X.]entsprach seiner zuvor im [X.] praktizierten Handha-bung. Auch während der Tätigkeit des Notars in [X.]wurde nicht nur ineinzelnen Fällen, sondern in großer Zahl regelmäßig wiederkehrend die jeweili-ge gesiegelte und mit den gesonderten Unterschriftsblättern vernähte Rein-schrift erst nach Unterschriftsleistung hergestellt, während der jeweilige tat-sächlich verlesene und bei Unterzeichnung vorhandene, handschriftlich geän-derte Entwurf nicht Bestandteil der gesiegelten und vernähten Urkunde wurde.Während der sog. "[X.]" vor der Geschäftsprüfung vom27. November 1996 wurden derartige in den [X.] abgelegten Teile der"[X.]" mit den handschriftlichen Änderungen - sofern dies nicht zum Teilschon zuvor alsbald nach dem Vollzug der Urkunde geschehen war - vernichtet,so daß bei der anschließenden Geschäftsprüfung die Geschäftsvorgänge schonäußerlich keinen Anlaß zu Beanstandungen gaben.3. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Notar zumindest grobfahrlässig gegen § 30 Abs. 3 [X.] a.F. (Fassung v. 20. Dezember 1984) [X.] verstoßen, daß er bei seinen Beurkundungen sowohl in [X.]alsauch in [X.] in großem Umfang handschriftliche Zusätze und erhebliche- 8 -Änderungen vorgenommen hat, ohne diese am Ende der Urkunde vor den Un-terschriften oder am Rande zu vermerken und besonders zu unterzeichnen. [X.] auch fortlaufend grob fahrlässig und leichtfertig gegen die Sollvorschrift des§ 44 Satz 1 BeurkG verstoßen, indem er nicht die jeweils aus mehreren Blätternbestehende Urschrift der Niederschrift (Originaltext mit handschriftlichen Ände-rungen sowie Unterschriftsblatt), sondern die erst nach [X.] maschinellen [X.] und das Originalunterschriftsblatt [X.] und [X.] verbunden und in die Verwahrung genommen hat.Zugleich hat er dadurch gegen die ihm obliegende Verpflichtung aus § 25Abs. 1 [X.] a.F. (jetzt: § 45 Abs. 1 BeurkG) verstoßen, die Urschrift der vonihm errichteten notariellen Urkunden zu verwahren.Der Notar hat auch schuldhaft gehandelt. Wenn er etwa unzutreffendsubsumiert oder sich aufgrund unzureichender Auseinandersetzung mit denseine Amtspflichten regelnden Vorschriften zu seiner Handlungsweise für [X.] gehalten haben sollte, so würde das sein Verschulden nicht entfallenlassen. Bei gehörigem Nachdenken oder auch der gebotenen Nachfrage beider zuständigen Notarkammer hätte er ohne weiteres zu der Erkenntnis gelan-gen können und müssen, daß er durch seine Handlungsweise die ihm gemäߧ 30 [X.] a.F., § 44 BeurkG und § 25 [X.] a.F. obliegenden Amtspflichtenverletzte.[X.] den persönlichen Verhältnissen und zum beruflichen Werdegang [X.] sowie zum bisherigen Verfahrensablauf - insbesondere auch hinsichtlichder seit dem 24. Juni 1997 andauernden vorläufigen Amtsenthebung des [X.]s - und zu dem gegen ihn geführten, mit einem Freispruch rechtskräftig ab-- 9 -geschlossenen Strafverfahren hat die Berufungshauptverhandlung im wesentli-chen zu denselben Feststellungen wie in erster Instanz geführt; auf die [X.] unter [X.] der Gründe des angefochtenen Urteils wird daher Bezug ge-nommen. Ergänzend hat die Anhörung des Notars in der Berufungshauptver-handlung ergeben, daß er während der Dauer der vorläufigen Amtsenthebungeinen monatlichen Unterhaltsbeitrag (80 % des [X.] der [X.]) von der Notarkasse erhalten hat; ansonsten haben ihm und seinerEhefrau lediglich noch das von dieser als Lehrerin verdiente Gehalt für die [X.] zur Verfügung gestanden. Sie wohnen in einer ihnen zu [X.] Wohnung und haben - trotz hoher Anwaltskosten - bislang keineSchulden.IV.Die festgestellten Dienstpflichtverletzungen des Notars sind als einheitli-ches Dienstvergehen zu ahnden (§ 95 [X.]).Nachdem der Notar wegen der ihm angelasteten [X.] Strafverfahren von dem Vorwurf der Falschbeurkundung im Amt gemäߧ 348 StGB - und damit zugleich von den ebenfalls in Betracht kommendenVorwürfen der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB und der Urkundenver-nichtung gemäß § 274 StGB - freigesprochen worden ist, hält der [X.] des verbliebenen disziplinarischen Überhangs in Form schuldhafterVerstöße gegen § 30 Abs. 3 [X.] a.F., § 44 BeurkG und § 25 [X.] a.F.unter Berücksichtigung der Gesamtumstände - anders als das Oberlandesge-richt - die Entfernung des Notars aus dem Amt als schwerste Disziplinarmaß-nahme gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1, 3. Variante [X.] nicht für [X.] ist die aufgezeigte [X.] des Notars alsschwerwiegendes Dienstvergehen zu bewerten. Sie ist nicht lediglich ein "for-maler" Rechtsverstoß, sondern betrifft einen Bereich, der wegen der [X.] die vorsorgende Rechtspflege die uneingeschränkte Korrektheit der Amts-führung, insbesondere die strikte Beachtung der für das Beurkundungswesengeltenden Vorschriften erfordert. Durch das vom Notar praktizierte [X.] zwar nicht die Wirksamkeit der errichteten Urkunden, wohl aber deren [X.] in Frage gestellt. Hinsichtlich des Amtes in [X.] läßt sich nichtsicher ohne weiteres feststellen, ob die gesiegelten und vernähten Texte in [X.] die vorgelesenen und unterschriebenen Niederschriften,also die [X.], darstellen oder ob es sich um eine nachträglich erstellteReinschrift, nur verbunden mit dem Original des Unterschriftsblattes handelt. Imletztgenannten Fall ist zudem ein Vergleich mit den eigentlichen [X.]nicht mehr möglich, da diese zumindest zum überwiegenden Teil aus den [X.] entfernt worden sind. Ähnliches gilt aber auch für die Amtsführungdes Notars in [X.]. Insoweit hat er zwar versucht, durch die [X.] sog. Doppelpacks seinen Fehler zu korrigieren. Das ist ihm im [X.] nicht vollständig gelungen, weil nach seiner eigenen zuletzt vorge-brachten Darstellung auch in manchen Fällen die Reinschrift bereits vor [X.] durch die Beteiligten erstellt gewesen sein soll. [X.] sich in den [X.] zwangsläufig nur die Konzepte neben solchenNiederschriften befunden haben, die den Beteiligten zur Unterschrift vorgelegtworden waren. Beide Arten sind äußerlich nicht voneinander zu unterscheiden.Es ist daher nicht auszuschließen, daß bei der Herstellung der sog. Doppel-packs auch Urkunden erfaßt worden sind, bei denen in Wahrheit die Reinschriftbereits vor der Unterzeichnung vorlag. Danach hat der Notar in solchen Fällen[X.] aufgelöst und zu "maschinellen" [X.] gemacht. Berück-sichtigt man zudem, daß die Vorschrift des § 30 Abs. 3 [X.] a.F. nicht be-- 11 -achtet wurde, so hat die Herstellung der Doppelpacks keineswegs dazu geführt,die volle Beweiskraft der Urkunden wieder herzustellen; vielmehr sind auchordnungsgemäß zustande gekommene Urkunden nachträglich hinsichtlich [X.] in Frage gestellt worden. Durch seine Art der Behandlung der vonihm errichteten Urkunden hat der Notar zwar nicht gegen § 13 Abs. 1 [X.], jedoch ist als verschuldete Auswirkung seiner Handlungsweisedurch Anheften der gesonderten Unterschriftsblätter an die maschinellen [X.] der Anschein erweckt worden, daß den Beteiligten diese Niederschrift(nämlich die Reinschrift) als körperliches Schriftstück vorgelesen, von [X.] und eigenhändig unterschrieben worden sei, obwohl nicht dieseReinschrift, sondern der handschriftlich geänderte Entwurf hierzu den Beteilig-ten in der Regel vorgelesen worden war und bei Genehmigung und Unterzeich-nung körperlich vorgelegen hat. Durch das vom Notar gewählte Verfahren sinddaher die Unterschrift der Beteiligten und der Beweiswert der [X.] in einer ganz erheblichen Anzahl von Einzelfällen - selbst wenn [X.] auf der Grundlage des [X.] nur von einer geschätzten [X.] von ¼ aller Beurkundungen ausgeht - beeinträchtigt worden. Die [X.]e Erwartung der [X.], daß die ihnen vorgelegten, von ih-nen genehmigten und unterschriebenen Schriftstücke vom Notar aufbewahrtund zur Sammlung genommen werden, - mithin das Vertrauen in die [X.] der Amtsführung des Notars - ist in erheblicher Weise beein-trächtigt worden.Trotz dieses beträchtlichen Verschuldens sprechen andererseits gewich-tige - und letztlich durchgreifende - Umstände dafür, von der Entfernung [X.] aus dem Amt als schwerstwiegender Disziplinarmaßnahme [X.] 12 -Der Notar hat - formal gesehen - nur gegen eine Mußvorschrift (§ 25[X.] a.F.) verstoßen, während es sich bei den Tatbeständen der §§ 30[X.] a.F. und 44 BeurkG "lediglich" um [X.] handelt. [X.] liegt - wie ausgeführt - ein Verstoß gegen die zentrale Beurkundungsvor-schrift des § 13 BeurkG nicht vor; die Vorschrift ist durch die [X.] Notars lediglich in bezug auf ihren Abs. 1 Satz 2 mittelbar im Sinne ver-schuldeter Auswirkungen der Tat betroffen. Auch konnte letztlich keine vorsätz-liche, sondern nur eine grobfahrlässige, leichtfertige Dienstpflichtverletzungfestgestellt werden. Zudem wird die Vielzahl der von dem Notar begangenenEinzelverstöße dadurch relativiert, daß sie im Sinne eines Dauerdeliktszwangsläufig durch die einmal getroffene Fehlbewertung des Notars hinsichtlichder Zulässigkeit seiner Vorgehensweise faktisch vorgezeichnet war. Sein Fehl-verhalten beruht auch nicht auf einer Gleichgültigkeit gegenüber den [X.] seines Amtes, sondern auf einer - wenn auch gravierenden - Fehlein-schätzung des Umfangs und der Grenzen der Zulässigkeit der Amtsführung inbezug auf die Behandlung der von ihm errichteten Urkunden. Zu seinen Guns-ten ist zudem zu berücksichtigen, daß - soweit ersichtlich - ein meßbarer Scha-den für die [X.] zumindest bislang nicht entstanden ist, da [X.] bekannt geworden ist, in dem Beteiligte über den materiellen Inhalt dervor dem Notar errichteten Urkunde streiten. Der Notar hat auch sogleich, nach-dem anläßlich der Geschäftsprüfung in [X.] seine Verfah-rensweise von der Dienstaufsicht beanstandet worden war, sich einsichtig ge-zeigt und erklärt, sich selbstverständlich künftig nach der von der Dienstaufsichtals korrekt angesehenen Behandlungsweise der Urkunden zu richten. [X.] ist die von ihm sogleich in die Wege geleitete sog. [X.] zu sehen. Es handelte sich nicht etwa - wie offenbar die Einleitungsbehördeausweislich der Disziplinarklage gemeint hat - um einen Vertuschungsversuch,sondern um das im Schreiben vom 28. April 1997 an die Dienstaufsicht offen- 13 -angekündigte Bemühen, die Fehler nachträglich zu beheben; daß dies [X.] unvollkommen gelungen ist, steht einer grundsätzlich positiven Bewertungseines Bemühens um Schadensbegrenzung nicht entgegen. Auch die sog.[X.] in [X.] konnte dem Notar - unabhängig davon, ob [X.] die Anordnung dazu gegeben hat - nicht im Sinne einer bewußten [X.] von Beweismitteln angelastet werden; gegen eine derartige Absichtspricht bereits der - im bisherigen Verfahren - offenbar nur unvollkommen [X.] gezogene Umstand, daß der Notar seine langjährige Beurkundungs-praxis auch in [X.] - selbst gegen die Bedenken des dortigen [X.] - fortgesetzt hat. Hätte er seinerzeit bereits das Fehlverhalten [X.] deshalb Bedarf für die sog. [X.] gesehen, so hätte er [X.] nicht seine bisherige [X.] in [X.] fortgeführt. [X.] der Notar im Verlaufe des Verfahrens "prozeßtaktisch" verhalten, insbe-sondere sich zur Rechtfertigung seines Verhaltens auf angebliche Irrtümer usw.berufen hat, und soweit er sich gute Leumundszeugnisse von Urkundsbeteilig-ten hat ausstellen lassen, kann ihm dies im Rahmen der Maßnahmenzumes-sung nicht zum Nachteil gereichen. Für den Notar steht in dem vorliegendenDisziplinarverfahren seine berufliche Existenz auf dem Spiel. Gerade deshalbdarf er sich gegen die erhobenen Vorwürfe mit allen (erlaubten) Mitteln ener-gisch verteidigen. Es kann nicht festgestellt werden, daß der Notar die Grenzenzulässiger Verteidigung überschritten hätte, selbst wenn sein Verhalten gegen-über früheren Mitarbeitern - insbesondere deren Befragung durch einen Anwaltund ihre Veranlassung zur Abgabe notarieller eidesstattlicher Versicherungen -nicht gerade von Zurückhaltung geprägt gewesen sein mag. Zugunsten [X.] konnte vor allem nicht unberücksichtigt bleiben, daß er durch das Straf-verfahren - auch wenn es mit einem Freispruch beendet wurde - und die langeDauer der Vorermittlungen und des förmlichen Disziplinarverfahrens bereitserheblich belastet worden ist. Dabei konnten insbesondere die [X.] -der seit dem 24. Juni 1997 - also nahezu sechs Jahre - andauernden vorläufi-gen Amtsenthebung im förmlichen Disziplinarverfahren bei der Bemessung [X.] nicht außer Betracht gelassen werden. Gerade vor [X.] dieser Belastungen hat der Senat aufgrund der [X.] den Eindruck gewonnen, daß der Notar, selbst wenn er sich über dielange Dauer des Disziplinarverfahrens hinweg in permanenter Verteidigungs-haltung befunden hat, letztlich das Unrecht seines Verhaltens einsieht - wie [X.] vor dem Senat glaubhaft bekundet hat - und künftig zu einer bean-standungsfreien Amtsführung zurückkehren wird. Unter Berücksichtigung dieserUmstände ist dem Pflichtenverstoß kein derartiges Gewicht beizumessen, daßdas Verbleiben des Notars im Amt untragbar wäre.Von den danach in Betracht kommenden Disziplinarmaßnahmen ist einbloßer Verweis als geringste nach § 97 Abs. 1 [X.] überhaupt zulässige Dis-ziplinarmaßnahme nicht hinreichend, weil er allein der Schwere der von [X.] begangenen Pflichtwidrigkeit und dem Maß seines Verschuldens nichtgerecht würde; ein Verweis allein würde auch nicht genügend dazu beitragen,ihn vor weiteren Verfehlungen nachhaltig zu warnen. Es ist vielmehr geboten,neben dem Verweis zugleich auch eine Geldbuße zu verhängen (§ 97 Abs. 1Satz 2 [X.]). Dabei darf die Geldbuße nicht gering bemessen werden, weildies mit Rücksicht auf das Ausmaß der Pflichtwidrigkeit und die Höhe des [X.] nicht angemessen [X.] 15 -Der Senat hält deshalb - auch unter Berücksichtigung der derzeitigen [X.] Situation des Notars - innerhalb des zur Verfügung stehenden [X.] gemäß § 97 Abs. 4 [X.] neben dem Verweis eine Geldbuße von15.000,00 ichend.Rinne[X.]KurzwellyLintzEule

Meta

NotSt (Brfg) 3/02

10.03.2003

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2003, Az. NotSt (Brfg) 3/02 (REWIS RS 2003, 4059)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4059

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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