Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.10.2011, Az. VIII ZR 125/11

8. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2031

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MIETSACHEN SUBSTANTIIERUNG ANSPRUCH AUF RECHTLICHES GEHÖR WAHRUNTERSTELLUNG

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Gegenstand

Wohnraummiete: Substantiierungsanforderungen bei der Geltendmachung von Mietmängeln


Leitsatz

Zu den Substantiierungsanforderungen bei der Geltendmachung von Mängeln am Mietobjekt .

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 11. März 2011 in der Fassung des [X.] vom 1. April 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an eine andere Kammer des [X.] zurückverwiesen.

Der Streitwert für das [X.] wird auf 9.146,85 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der [X.] ist Mieter einer in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung der Klägerin in [X.]. Die Nettomiete beläuft sich auf 496,11 € im Monat. Zusätzlich monatlicher Vorauszahlungen in Höhe von 131 € auf die Heizkosten und in Höhe von 176 € auf die Betriebskosten ergibt sich eine Bruttomiete von 803,11 € monatlich. Die Klägerin nimmt den [X.]n auf Zahlung rückständiger Mieten und Nebenkostennachforderungen aus den Betriebs- und Heizkostenabrechnungen für das [X.] sowie auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung in Anspruch.

2

Der [X.] zahlte in den Monaten Juli und August 2009 jeweils nur eine um 142,47 € verringerte Miete und behielt auch im September 2009 einen Betrag von 120,47 € ein. Im Zeitraum von Oktober 2009 bis einschließlich Februar 2010 nahm er keine Mietkürzungen vor, wies allerdings mit E-Mail vom 1. Oktober 2009 darauf hin, dass Zahlungen nur unter Vorbehalt erfolgten. Im März 2010 entrichtete der [X.] keine Miete. Insoweit hat er später die Aufrechnung mit einem Rückzahlungsanspruch wegen Mietminderungen in den Monaten Oktober 2009 bis einschließlich Februar 2010 erklärt. Im April 2010 entrichtete der [X.] lediglich eine um 124,50 € verringerte Miete; die Miete für den Monat Mai 2010 kürzte er um 294,59 €. Auf die ihm in Rechnung gestellten Nachzahlungsbeträge aus den Heiz- und Betriebskostenabrechnungen für das [X.] in Höhe von 478,28 € und von 120,43 € erbrachte der [X.] keine Zahlungen.

3

Die Klägerin kündigte über ihre Hausverwaltung wegen der sich hieraus ergebenden Zahlungsdifferenz von 2.226,32 € das Mietverhältnis mit Schreiben vom 12. Mai 2010 fristlos, hilfsweise ordentlich.

4

Das Amtsgericht hat den [X.]n zur Zahlung von 1.784,56 [X.] um Zug gegen Beseitigung eines Mangels hinsichtlich der Wasserzähler in [X.] und WC verurteilt und die weitergehende Zahlungsklage sowie die Räumungsklage abgewiesen. Auf die beiderseitigen Berufungen der [X.]en und unter Berücksichtigung einer in zweiter Instanz erfolgten Klageerweiterung um 967,21 € (Mietrückstände von Juni 2010 bis einschließlich November 2010) hat das [X.] den [X.]n unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und unter Abweisung der weitergehenden Klage und Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen zur Zahlung von 2.728,52 € nebst Zinsen sowie zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt. Hinsichtlich eines Betrages von 236,43 € hat es die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt, nachdem die Klägerin in diesem Umfang gegen [X.] des [X.]n aus den Heiz- und Betriebskostenabrechnungen für das [X.] die Aufrechnung erklärt hatte.

5

Die Revision hat das [X.] nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der [X.] mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt, das Berufungsgericht habe den Anspruch des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch verletzt, dass es die [X.] an den Vortrag des [X.]n zu den von ihm gerügten Mängeln überspannt und infolgedessen von der gebotenen Beweiserhebung abgesehen habe.

[X.]

6

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist der [X.] nach § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO erreicht. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).

7

1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

8

Die vom [X.]n geschuldete Miete von 803,11 € monatlich sei wegen der bis zum 4. Oktober 2010 vorhanden gewesenen bedienungsunfreundlichen Anbringung von Wasserzählern in den betroffenen Monaten um 2 %, also um 16,06 €, gemindert. Hinsichtlich der weiteren vom [X.]n gerügten Mängel fehle es - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt habe - an einem ausreichend substantiierten Sachvortrag zum Vorhandensein von Mängeln oder jedenfalls zu deren Erheblichkeit. Den Beweisantritten des [X.]n sei daher nicht nachzugehen gewesen.

9

Bei seiner Rüge, der [X.]ewannenabfluss sei offen im Fliesenboden verlegt, weswegen nach Benutzung des [X.]ezimmers unangenehme Fäkalgerüche entstünden, habe der [X.] bereits einen Zusammenhang zwischen der Verlegung des [X.]ewannenabflusses und dem Entstehen der Gerüche nicht dargelegt. Zudem weise sein Vortrag auch hinsichtlich Zeitpunkt, Häufigkeit und Intensität der beanstandeten Gerüche nicht die erforderliche Substanz auf. Auch sein Sachvortrag zum Vorhandensein eines durchgerosteten und undichten Zuleitungsrohrs zum WC genüge nicht den [X.]. Ohne eine konkrete Zustandsbeschreibung könne sich das Gericht kein Bild von einer möglichen Beeinträchtigung des Mieters und der Erheblichkeit des Mangels machen. Dies gelte sowohl für den Umfang des Rostbefalls als auch hinsichtlich der gerügten Undichtigkeit. Der [X.] hätte im Einzelnen dartun müssen, was mit dem Vortrag "Undichtigkeit des Zuleitungsrohrs" gemeint sei. Auch dem Vorbringen des [X.]n, der Heizkörper in der Küche funktioniere nicht, fehle die notwendige Substanz. Da die Klägerin eine Fehlfunktion bestritten habe, hätte der [X.] seinen Vortrag insoweit präzisieren müssen. In erster Instanz sei offen geblieben, ob ein Totalausfall des Heizkörpers vorgelegen habe oder nicht; der [X.] habe es auch versäumt, unter Vorlage eines Protokolls konkret vorzutragen, welche Temperaturen innerhalb welcher Zeiträume hätten erreicht werden können. Der erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte Vortrag, der Heizkörper habe "gänzlich" nicht funktioniert, bleibe nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO unberücksichtigt.

Soweit der [X.] rüge, die Klägerin habe ihn vertragswidrig an der Nutzung des [X.] gehindert, lasse sein Vortrag über die Mitvermietung eines Gartenanteils ebenfalls die notwendige Substanz vermissen. Da eine Mitvermietung des [X.] im schriftlichen Mietvertrag keine Erwähnung gefunden habe und diese Urkunde die Vermutung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der darin getroffenen Regelungen begründe, hätte der [X.] zum einen dartun müssen, wann und mit wem er eine hiervon abweichende Vereinbarung getroffen habe, und zum anderen darlegen müssen, weshalb diese Abrede keinen Eingang in die Vertragsurkunde gefunden habe.

Der Vortrag des [X.]n, im Winter 2009/2010 sei kein Winterdienst erfolgt, sei nur durch zwei Lichtbilder belegt worden. Diese seien als Momentaufnahmen nicht geeignet, seinen auf drei Monate bezogenen Sachvortrag zu substantiieren. Komme es innerhalb eines solchen Zeitraums in Anbetracht der bekannten Witterungsverhältnisse zu zwei Zeitpunkten zu einer verzögerten Schneeräumung, stelle dies noch keine erhebliche Beeinträchtigung des Mieters dar. Zudem habe die nicht im Mietobjekt ansässige Klägerin unstreitig ein anderes Unternehmen mit der Verrichtung des Winterdienstes betraut. Falls dieses Unternehmen seine Pflichten unzureichend erfüllt haben sollte, wäre der [X.] daher gehalten gewesen, der Klägerin hiervon rechtzeitig Anzeige zu machen.

Der weiter vom [X.]n beschriebene vernachlässigte Zustand des [X.] stelle keine erhebliche Beeinträchtigung des Mietgebrauchs dar. Gleiches gelte für die unstreitig defekte Gartentorbeleuchtung. Die nach dem Vorbringen des [X.]n unterlassene Regenrinnenreinigung lasse ebenfalls keine erhebliche Beeinträchtigung des Mietgebrauchs erkennen. Der [X.] habe keinen konkreten Wassereintritt im Bereich der Fenster geschildert, sondern halte einen solchen nur für möglich. Hinsichtlich der aus [X.] dringenden, von einer defekten Toilette ausgehenden Fäkalgerüche lasse der Vortrag des [X.]n offen, wie lange die Gerüche andauerten und ob auch die vom [X.]n bewohnte Wohnung im ersten Obergeschoss hiervon tangiert worden sei.

2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch des [X.]n auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, weil es den von ihm gerügten Zustand des [X.]ezimmerabflusses, des Zuleitungsrohrs zum WC und des Heizkörpers in der Küche, die von ihm beanstandete Verweigerung der Gartenmitbenutzung sowie die behauptete Geruchsbelästigung durch eine defekte Toilette im [X.] mit der Begründung unberücksichtigt gelassen hat, ein zur Minderung berechtigender Mangel sei in diesen Fällen nicht substantiiert dargelegt worden. Das Berufungsgericht hat insoweit die [X.] offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den entscheidungserheblichen Sachvortrag des [X.]n in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (vgl. auch [X.], Beschlüsse vom 1. Juni 2005 - [X.], NJW 2005, 2710 unter [X.]; vom 2. Juni 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 1311 Rn. 2; vom 19. Juni 2008 - [X.], [X.], 644 Rn. 7 f.; vom 20. Mai 2010 - [X.], juris Rn. 6)

a) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn die [X.] Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der [X.] entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (vgl. [X.], Urteile vom 12. Juli 1984 - [X.], NJW 1984, 2888 unter II 1 a; vom 21. Januar 1999 - [X.], NJW 1999, 1859 unter [X.] a mwN; Beschlüsse vom 1. Juni 2005 - [X.], aaO unter [X.] a; vom 21. Mai 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1409 Rn. 8; vom 12. Juni 2008 - [X.], juris Rn. 6 f.). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der [X.] zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen ([X.], Urteile vom 12. Juli 1984 - [X.], aaO mwN; vom 13. Dezember 2002 - [X.], NJW-RR 2003, 491 unter [X.] a). Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende [X.] nach weiteren Einzelheiten zu befragen oder einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (vgl. [X.], Urteile vom 12. Juli 1984 - [X.], aaO unter II 1 b; vom 21. Januar 1999 - [X.], aaO unter [X.] b; Beschlüsse vom 21. Mai 2007 - [X.], aaO; vom 12. Juni 2008 - [X.], aaO Rn. 7).

b) Den beschriebenen Anforderungen werden die Mängelrügen des [X.]n hinsichtlich des [X.]ezimmerabflusses, des Zuleitungsrohrs zum WC, des Heizkörpers in der Küche, der verweigerten Gartenmitbenutzung sowie der Geruchsbelästigung durch eine defekte Toilette im [X.] gerecht. Die gegenteilige Beurteilung des Berufungsgerichts beruht auf einem gravierenden Fehlverständnis der Substantiierungslast des [X.]n.

Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht vorzutragen (vgl. [X.], Urteil vom 27. Februar 1991 - [X.], NJW-RR 1991, 779 unter 2 c; [X.], Beschluss vom 11. Juni 1997 - [X.], [X.], 488 unter [X.]; jeweils zu § 537 BGB aF). Von ihm ist auch nicht zu fordern, dass er über eine hinreichend genaue Beschreibung der Mangelerscheinungen ("Mangelsymptome") hinaus die - ihm häufig nicht bekannte - Ursache dieser Symptome bezeichnet (vgl. [X.], Urteile vom 3. Juli 1997 - [X.], NJW-RR 1997, 1376 unter II 1; vom 3. Dezember 1998 - [X.], NJW 1999, 1330 unter II 1; jeweils zum Beseitigungsverlangen von Baumängeln).

Gemessen an diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht die Anforderungen an einen substantiierten und schlüssigen Sachvortrag in mehrfacher Weise überspannt. Es hat abweichend von den beschriebenen Grundsätzen (weiteren) Vortrag des [X.]n zum Umfang und zur Intensität der Gebrauchsbeeinträchtigungen verlangt. Außerdem hat es unter Missachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine konkrete Darlegung der Mängelursachen (Art der Fehlfunktion bei der Heizung; Zusammenhang zwischen [X.]ezimmerabfluss und gerügten Fäkalgerüchen) oder jedenfalls eine detaillierte Beschreibung der Mängel (Umfang der Durchrostung und Undichtigkeit des Zuleitungsrohrs zum WC; Umstände des Vertragsschlusses über ein Recht zur Gartenmitbenutzung) für erforderlich gehalten.

aa) Das Berufungsgericht hätte dem unter Beweis gestellten Vorbringen des [X.]n zu dem offen im Fliesenboden verlegten [X.]ewannenabfluss und dem Entstehen von Fäkalgerüchen bei Benutzung des [X.]ezimmers nachgehen müssen. Der [X.] hat unter Vorlage eines Lichtbilds dargelegt, der [X.]ewannenabfluss sei offen im Fliesenboden verlegt, weswegen nach Benutzung des [X.]ezimmers unangenehme Fäkalgerüche entstünden. Zum Nachweis dieser Mängelrüge hat er sich auf die Einnahme eines Augenscheins und auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens berufen. Der [X.] hat damit ausreichend eine unsachgemäße Installation des [X.]ewannenabflusses und ein damit nach seiner Auffassung verbundenes Auftreten von unangenehmen Gerüchen dargetan. Weitere Einzelheiten, wie etwa die Schilderung der Intensität und der Häufigkeit entstehender Gerüche und die Darlegung eines Zusammenhangs zwischen Geruchsbildung und offener Verlegung des Abflusses, sind von ihm nicht zu fordern. Diese Fragen sind im Rahmen der Beweisaufnahme zu klären.

bb) Auch über den vom [X.]n beanstandeten Zustand des Zuleitungsrohrs zum WC, den der [X.] als "durchgerostet und undicht" beschrieben hat, hätte das Berufungsgericht Beweis erheben müssen. Es hat zu Unrecht konkrete Angaben über den Umfang der Roststelle und darüber vermisst, was mit der behaupteten Undichtigkeit des Zuleitungsrohrs gemeint sei. Wie die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend anführt, finden die spekulativen Erwägungen des Berufungsgerichts über den Umfang der Korrosion ("kleine oder größere Roststelle") und der Undichtigkeit des Rohrs ("ganz oder teilweise undicht") im Sachvortrag keine Stütze. Nach dem Vorbringen des [X.]n ist das Rohr "durchrostet", weist also nicht nur eine kleinere Roststelle auf, sondern hat seine ursprüngliche Materialfestigkeit eingebüßt. Außerdem ist es "undicht", was bedeutet, dass Wasser austritt. Für seine Behauptungen hat der [X.] in der Berufungsbegründung rechtzeitig Beweis durch Einnahme eines Augenscheins und Einholung eines Sachverständigengutachtens angetreten. Diese Beweismittel sind nicht nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO in der Berufungsinstanz ausgeschlossen, denn der [X.] hat nach Zugang des das Vorliegen eines Mangels bestreitenden Schriftsatzes der Klägerin vom 28. Juli 2010 in erster Instanz keine Gelegenheit mehr erhalten, sein Vorbringen unter Beweis zu stellen. Der zu den Mängelrügen des [X.]n Stellung nehmende Schriftsatz der Klägerin vom 28. Juli 2010 wurde dem [X.]nvertreter erst in der mündlichen Verhandlung vom 3. August 2010 übergeben; das von ihm hierauf beantragte [X.] (§ 283 ZPO) wurde nicht gewährt.

cc) Das unter Beweis gestellte Vorbringen des [X.]n zum Defekt des Heizkörpers in der Küche hat das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerhaft und gehörswidrig zurückgewiesen. Mit seinem Vorbringen, der Heizkörper funktioniere nicht, hat der [X.] bereits in erster Instanz seiner Darlegungslast genügt. Von ihm war nicht zu fordern, dass er die Art der Fehlfunktion oder gar die erzielten Temperaturen näher darlegt. Die Rüge, der Heizkörper funktioniere nicht, ist bei verständiger Würdigung gleichbedeutend mit der Aussage, das Gerät gebe keine Heizwärme ab. Das Berufungsgericht verkennt die Anforderungen an die Darlegungslast eines Mieters, wenn es zusätzlich Angaben darüber verlangt, ob ein Totalausfall des Heizkörpers vorgelegen habe oder ob und in welchem Umfang und über welchen Zeitraum hinweg die Heizleistung reduziert gewesen sei. Der [X.] war auch nicht - anders als das Berufungsgericht meint - deswegen gehalten, sein Vorbringen zu ergänzen, weil die Klägerin einen Defekt des Heizkörpers bestritten hat. Denn eine [X.], die ein Recht beansprucht, ist nicht schon deshalb, weil der Gegner ihr Vorbringen bestreitet, gezwungen, den behaupteten Sachverhalt in allen Einzelheiten wiederzugeben ([X.], Urteil vom 12. Juli 1984 - [X.], aaO unter II 1 a; Beschlüsse vom 1. Juni 2005 - [X.], aaO; vom 12. Juni 2008 - [X.], aaO Rn. 8).

Bei den Angaben in der Berufungsbegründung, der Heizkörper "funktioniere gänzlich nicht" handelt es sich nach alledem nicht um einen neuen Tatsachenvortrag, der nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen wäre, sondern nur um eine jederzeit zulässige Klarstellung (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Dezember 2006 - [X.], NJW 2007, 1531 Rn. 7 mwN). Das Berufungsgericht hätte daher die angebotenen Beweise (Augenschein bzw. Sachverständigengutachten) erheben müssen.

dd) Ebenfalls zu Unrecht hat das Berufungsgericht substantiierten Vortrag des [X.]n zu der von ihm behaupteten mündlichen Abrede über die Nutzung der Gartenfläche vermisst. Dem schriftlichen Mietvertrag vom 26. Februar/1. März 2004, in dem keine Regelung über eine Gartennutzung getroffen worden ist, kommt zwar als eine über ein Rechtsgeschäft errichtete Privaturkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zu (vgl. [X.], Urteil vom 5. Juli 2002 - [X.], [X.], 3164 unter II 1 a mwN; KG, [X.] 2002, 930). Dies bedeutet aber nicht, dass sich der [X.] nicht darauf berufen könnte, er habe mit der ursprünglichen Vermieterin bei Abschluss des [X.] eine mündliche [X.] über die Nutzung der Gartenfläche getroffen.

Das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung hat der [X.] ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Er hat vorgetragen, dass ihm - wie allen anderen Mietern auch - bei Vertragsschluss das Recht zur Nutzung der Gartenfläche eingeräumt worden sei, ohne dass dies schriftlich fixiert worden sei, und hat dies in das Wissen der Zeugin P.    gestellt, die nach seinem Vorbringen bei den Vertragsverhandlungen zugegen war. Soweit zusätzlich zur Darlegung einer Willensübereinstimmung bei Vertragsschluss (vgl. hierzu [X.], [X.], 1298, 1301) in der obergerichtlichen Rechtsprechung eine Erklärung dafür gefordert wird, weshalb die [X.]en davon abgesehen haben, eine behauptete mündliche [X.] in die Vertragsurkunde aufzunehmen (vgl. KG, aaO mwN), stehen diese Anforderungen in Widerspruch dazu, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Grad der Wahrscheinlichkeit der Sachverhaltsschilderung für den Umfang der Darlegungslast regelmäßig ohne Bedeutung ist (vgl. [X.], Urteile vom 13. Dezember 2002 - [X.], aaO; vom 12. Juni 2008 - [X.], aaO Rn. 7; jeweils mwN). Unabhängig davon genügt das Vorbringen des [X.]n selbst diesen strengen [X.], denn er hat dargetan, dass die ursprüngliche Vermieterin auch mit den übrigen Mietern des Anwesens entsprechende mündliche [X.]n über die Gartennutzung getroffen habe. Dieser Vortrag enthält bei vernünftiger Betrachtung die die unterbliebene Aufnahme der [X.] in den Vertragstext erklärende Aussage, das von den Vertragsparteien gewählte Vorgehen habe der üblichen Handhabung entsprochen. Das Berufungsgericht hat somit rechtsfehlerhaft und gehörswidrig von der Vernehmung der Zeugin P.   abgesehen.

ee) Weiter hat das Berufungsgericht die [X.] überspannt, soweit es den Vortrag des [X.]n als unzureichend bewertet hat, aus einer alten, defekten Toilette im [X.] mache sich durchdringender Fäkalgeruch im Haus breit. Anders als das Berufungsgericht meint, ist es für einen substantiierten Vortrag nicht erforderlich, dass der [X.] die Dauer der Gerüche im Einzelnen schildert und zudem darlegt, ob von der Geruchsentwicklung auch die von ihm genutzte Wohnung betroffen war. Durch den beschriebenen und mit Lichtbildern belegten Zustand der Toilette im [X.] hat er den in den hiervon ausgehenden Geruchsbeeinträchtigungen liegenden Sachmangel hinreichend dargelegt. Seinem Vortrag ist zu entnehmen, dass der beanstandete Zustand der Toilette erstmals mit E-Mail vom 22. Juni 2009 gerügt worden und im Juli 2010 noch - durch Lichtbilder belegt - vorhanden war. Sein Vorbringen ist auch nicht deswegen unbeachtlich, weil er eine Beeinträchtigung seiner im ersten Obergeschoss gelegenen Wohnung nicht dargetan hat. Denn wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht geltend macht, müssen auch bei der Benutzung des Treppenhauses und des [X.]s Fäkalgerüche von Mietern nicht hingenommen werden.

3. Soweit das Berufungsgericht dagegen den vom [X.]n beschriebenen Zustand des [X.] und das unstreitig defekte Gartentorlicht als unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigungen gewertet hat, lässt dies Rechtsfehler nicht erkennen. Gleiches gilt für die vom [X.]n geschilderten Beeinträchtigungen durch verstopfte Regenrinnen. Die Würdigung des Berufungsgerichts, dass die vom [X.]n befürchtete, sich aber bislang nicht verwirklichte Gefahr von Wassereintritten im Bereich der Fenster keine erhebliche Beeinträchtigung des Mietgebrauchs darstellt, hält sich im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung. Dies gilt auch, wenn man zusätzlich die vom [X.]n gerügte Verschmutzung der angrenzenden Fensterscheiben berücksichtigt. Soweit der [X.] eine unzureichende Ausführung des an ein Fremdunternehmen übertragenen Winterdiensts im Zeitraum von Dezember 2009 bis Februar 2010 rügt, hat das Berufungsgericht ein Minderungsrecht des [X.]n rechtsfehlerfrei am Unterlassen einer nach § 536c Abs. 1 BGB gebotenen Anzeige dieses Mangels scheitern lassen (vgl. § 536c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB).

4. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens des [X.]n zu den unter [X.] 2 aufgeführten Mängeln der Mietsache zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre, ist das Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.

Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 12. Mai 2010 der [X.] für die Monate Juli, August und September 2009 Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von jeweils 131 € schuldete, denn die Klägerin hat im Berufungsverfahren die auf den 4. März 2010 datierte Heizkostenabrechnung für das [X.] vorlegt. War diese Abrechnung dem [X.]n vor der Kündigung zugegangen, sind nur noch die sich aus der Abrechnung ergebenden Beträge maßgebend; ein Anspruch auf Vorauszahlungen besteht dann nicht mehr (vgl. Senatsurteile vom 16. Juni 2010 - [X.], [X.], 145 Rn. 22; vom 30. März 2011 - [X.], [X.], 1957 Rn. 14 für den Fall des Eintritts der Abrechnungsreife).

Sollte sich nach Durchführung einer Beweisaufnahme kein höherer Minderungsbetrag als der vom Berufungsgericht bereits berücksichtigte ergeben, wird dieses im Rahmen der Räumungsklage zu prüfen haben, ob der zum Zeitpunkt der Kündigung aufgelaufene Zahlungsrückstand auch angesichts der bestehenden Schätzungsunsicherheiten bei der Bemessung der Minderung für die bedienungsunfreundliche Anbringung von Wasserzählern (das Amtsgericht hat 5 % angesetzt, das Berufungsgericht 2 %), und im Hinblick auf das erst mit Behebung dieses Mangels am 4. Oktober 2010 erloschene Zurückbehaltungsrecht (vgl. auch Senatsurteil vom 3. November 2010 - [X.], NJW-RR 2011, 447 Rn. 11 f.) des [X.]n als schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu werten ist.

[X.]                                               Dr. Milger                                            Dr. Achilles

                    Dr. Schneider                                            Dr. Fetzer

Meta

VIII ZR 125/11

25.10.2011

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 11. März 2011, Az: 65 S 357/10, Urteil

§ 544 Abs 7 ZPO, § 536 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.10.2011, Az. VIII ZR 125/11 (REWIS RS 2011, 2031)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2031

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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