Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.12.2018, Az. 4 AZR 271/18

4. Senat | REWIS RS 2018, 558

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Gegenstand

Bezugnahmeklausel - Günstigkeitsvergleich - Darlegungslast


Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 18. April 2018 - 2 [X.]/17 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 11. Oktober 2017 - 22 [X.]/17 - abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 1. April 2017 ein Tarifgehalt der Gehaltsgruppe 2b „nach dem 5. Berufsjahr“ des Gehaltstarifvertrags für den [X.] Einzelhandel in seiner jeweiligen Fassung sowie jährlich eine tarifliche Sonderzuwendung und ein Urlaubsgeld nach Maßgabe des Manteltarifvertrags für den [X.] Einzelhandel vom 12. September 2008 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags auf das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis und darüber, ob dessen Entgeltregelungen gegenüber einem unmittelbar und zwingend geltenden Haustarifvertrag günstiger sind.

2

Die Beklagte betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit Filialen im ganzen [X.]. Der Kläger, Mitglied der [X.] ([X.]), ist bei der [X.] und deren [X.] seit dem 1. Mai 1989 als Verkäufer beschäftigt.

3

Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 1. November 2005 heißt es [X.].:

        

„2.     

Sie erhalten für Ihre Tätigkeit eine Vergütung von [X.]  2.037,13 brutto für 163,00 Std./monatlich = 100 % der tariflichen Monatsarbeitszeit.

                 

Im vorstehenden Betrag sind enthalten:

                 

nach Tarifgruppe GB 2b [X.] 2.037,13 brutto

        

3.    

Etwaige die tariflichen Ansprüche übersteigende Mehrbezüge werden bei einer Veränderung der tariflichen Ansprüche verrechnet, es sei denn, dass ausdrücklich eine andere Vereinbarung getroffen wird.

        

…       

        
        

14.     

Die Bedingungen dieses Anstellungsvertrages behalten ihre Gültigkeit auch dann, wenn eine Änderung der bisherigen Tätigkeit und / oder eine Änderung des Entgeltes - bei Teilzeitbeschäftigung auch der Arbeitszeit - eintritt. Im übrigen gelten die Tarifverträge für den [X.] Einzelhandel , die Gesamtbetriebsvereinbarungen der [X.], sowie die Betriebsordnung der o.g. Betriebsstelle in ihrer jeweiligen Fassung.“

4

Die Beklagte war tarifgebundenes Mitglied im Landesverband des [X.] Einzelhandels e.V. Sie beendete ihre Mitgliedschaft mit dem 6. Mai 2013. In der Folgezeit schloss der Landesverband des [X.] Einzelhandels e.V. mit der [X.] [X.] weitere Tarifverträge, die [X.]. die Erhöhung des Entgelts vorsahen.

5

Seit April 2017 zahlt die Beklagte an den Kläger nur noch ein Entgelt auf Basis des am 6. Mai 2013 geltenden Gehaltstarifvertrags für den [X.] Einzelhandel zuzüglich einer - im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs vereinbarten - übertariflichen Zulage iHv. 116,00 Euro brutto. Nachfolgende tarifliche [X.] gab sie nicht mehr weiter.

6

Die Beklagte und die [X.] [X.] vereinbarten mit Wirkung zum 2. Dezember 2016 einen „[X.] [X.] [X.]“ ([X.]). Dieser sieht [X.]. vor, dass [X.] durch die Tarifabschlüsse des [X.] Einzelhandels für die Jahre 2013 bis 2016 ausgesetzt werden und regelt die „Zukünftigen Erhöhungen des [X.]-Tarifentgelts“.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei nach dem Gehaltstarifvertrag für den [X.] Einzelhandel in seiner jeweiligen Fassung sowie dem Manteltarifvertrag für den [X.] Einzelhandel vom 12. September 2008 ([X.]) zu vergüten. Diese fänden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung. Der [X.] werde hingegen nicht von der Klausel in Nr. 14 des Arbeitsvertrags erfasst. Aufgrund des Günstigkeitsprinzips hätte die Anwendung der [X.] hinsichtlich der Vergütung Vorrang vor der Geltung des [X.].

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ab dem 1. April 2017 die Tarifverträge für den Einzelhandel in [X.] in ihrer jeweils geltenden Fassung anwendbar sind und deshalb die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger neben einem Tarifgehalt der Gehaltsgruppe 2b „nach dem 5. Berufsjahr“ des Gehaltstarifvertrags für den [X.] Einzelhandel in seiner jeweiligen Fassung sowie ein Urlaubsgeld und eine tarifliche Sonderzuwendung nach Maßgabe des Manteltarifvertrags für den [X.] Einzelhandel vom 12. September 2008 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, Nr. 14 des Arbeitsvertrags beziehe sich auch auf den [X.]. Das ergebe sich insbesondere aus dem Verweis auf die betrieblichen Regelungen. Wollte man dieser Abrede keine Bezugnahme auf die Haustarifverträge der [X.] entnehmen, sei die dann bestehende Lücke im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Im Übrigen gehe der Kläger selbst davon aus, dass der [X.] für ihn gelte. Soweit dieser günstigere Leistungen, wie etwa eine erhöhte Sonderzahlung für [X.]smitglieder und einen Warengutschein vorsehe, habe er diese in Anspruch genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist begründet. Das [X.] hat dessen Berufung rechtsfehlerhaft zurückgewiesen. Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.

I. Die Klage ist als sog. Elementenfeststellungsklage ([X.]. nur [X.] 6. Juli 2011 - 4 [X.] 706/09 - Rn. 15, [X.]E 138, 269) zulässig, insbesondere besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche und noch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (st. Rspr., zB [X.] 25. Jan[X.]r 2017 - 4 [X.] 520/15 - Rn. 16) besondere Feststellungsinteresse. Durch die gerichtliche Entscheidung kann der Streit der [X.]en über die - dynamische - Anwendbarkeit der Gehaltstarifverträge und des Manteltarifvertrags für den [X.] Einzelhandel auf ihr Arbeitsverhältnis geklärt werden (zu diesem Erfordernis zB [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] 587/13 - Rn. 16, [X.]E 151, 221).

II. Die Klage ist auch begründet. Die [X.] ist verpflichtet, den Kläger nach den Bestimmungen des Gehaltstarifvertrags für den [X.] Einzelhandel in seiner jeweiligen Fassung zu vergüten und ihm jährlich eine tarifliche Sonderzuwendung und ein Urlaubsgeld nach Maßgabe des [X.] zu zahlen. Deren Regelungen sind gegenüber denen des unmittelbar und zwingend (§ 4 Abs. 1 [X.]) geltenden [X.] günstiger.

1. Auf das Arbeitsverhältnis der [X.]en finden [X.] nicht die Entgeltregelungen des [X.], sondern nur diejenigen des Gehaltstarifvertrags in seiner jeweiligen Fassung sowie des [X.] Anwendung. Das ergibt die Auslegung der [X.] im Arbeitsvertrag (zur Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen vgl. [X.] 19. Mai 2010 - 4 [X.] 796/08 - Rn. 15, [X.]E 134, 283).

a) Nr. 2 des Arbeitsvertrags sieht ein beziffertes Monatsentgelt unter Verweis auf die „tarifliche Monatsarbeitszeit“ und eine bestimmte Tarifgruppe vor. Die Angabe bezieht sich, wie sich aus der insoweit ergänzenden Regelung in Nr. 14 des Arbeitsvertrags ergibt, auf die Tarifverträge für den [X.] Einzelhandel und damit auf den entsprechenden Flächentarifvertrag (vgl. insoweit [X.] 11. Juli 2018 - 4 [X.] 533/17 - Rn. 23), dh. den Gehaltstarifvertrag für den [X.] Einzelhandel. Eine solche Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifgehalt darf ein Arbeitnehmer redlicherweise dahingehend verstehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde für die Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht statisch sein, sondern solle sich entsprechend den Entwicklungen des maßgebenden Tarifvertrags verändern ([X.] 25. Jan[X.]r 2017 - 4 [X.] 520/15 - Rn. 46; 8. Juli 2015 - 4 [X.] 51/14 - Rn. 16 [X.]). Für dieses Verständnis spricht auch Nr. 3 des Arbeitsvertrags. Der Regelung liegt sowohl die Annahme zugrunde, bei dem vereinbarten Arbeitsentgelt handele es sich um ein Tarifgehalt, als auch die Möglichkeit, dass sich die tariflichen Ansprüche verändern können, also einer Dynamik unterliegen. Anhaltspunkte für die gegenteilige Annahme, als Arbeitsentgelt sei lediglich der konkret bezifferte Betrag vereinbart, haben im Arbeitsvertrag keinen Niederschlag gefunden. Nr. 14 des Arbeitsvertrags verweist schließlich auf den jeweiligen [X.].

b) Eine Bezugnahme auf den [X.] enthält der Arbeitsvertrag nicht.

aa) Ein solcher Verweis ergibt sich weder aus Nr. 2 noch aus Nr. 14 des Arbeitsvertrags. Die Klausel in Nr. 14 nimmt Bezug auf die Tarifverträge einer bestimmten Branche, dh. eines bestimmten Wirtschaftszweigs. Da eine Branche regelmäßig eine Vielzahl von Unternehmen umfasst, ist unter einem Branchentarifvertrag üblicherweise ein Flächentarifvertrag zu verstehen ([X.] 11. Juli 2018 - 4 [X.] 533/17 - Rn. 23). Das gilt im Streitfall umso mehr, als der Zusatz „[X.]“ Einzelhandel den Bezug zur „Fläche“ unterstreicht.

[X.]) Entgegen der Auffassung der [X.]n lässt der Verweis auf die „[X.] ... sowie die Betriebsordnung ... in ihrer jeweiligen Fassung“ in Nr. 14 des Arbeitsvertrags keinen Rückschluss auf den Willen der [X.]en betreffend die in Bezug genommenen Tarifverträge zu. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf Tarifverträge einerseits und Betriebsvereinbarungen andererseits betrifft unterschiedliche Normenwerke mit grundlegend verschiedenen Wirkungen. Während Betriebsvereinbarungen nach § 77 Abs. 4 Satz 1 [X.] „automatisch“ unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis gelten, erfassen die Normen von Tarifverträgen grundsätzlich nur die kongruent tarifgebundenen Arbeitsvertragsparteien. Dem Umstand, dass die Arbeitsvertragsparteien die - räumlich einschlägigen - Betriebsvereinbarungen und [X.] in Bezug genommen haben, kommt de[X.]alb für die Auslegung der Verweisung auf Tarifverträge keine Bedeutung zu. Soweit vereinzelt gebliebenen Entscheidungen des [X.]s ([X.] 23. Jan[X.]r 2008 - 4 [X.] 602/06 - Rn. 24; 23. März 2005 - 4 [X.] 203/04 - zu I 1 b [X.] (2) (a) der Gründe, [X.]E 114, 186) Gegenteiliges zu entnehmen sein sollte, hat der [X.] daran ausdrücklich nicht mehr festgehalten ([X.] 11. Juli 2018 - 4 [X.] 533/17 - Rn. 27).

[X.]) Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt insoweit - anders als die [X.] meint - nicht in Betracht. Es fehlt an einer Regelungslücke.

(1) Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit. Allein der Umstand, dass ein Vertrag für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält, bedeutet noch nicht, dass es sich um eine planwidrige Lücke handelt ([X.] Jan[X.]r 2012 - [X.]/10 - Rn. 24). Von einer Planwidrigkeit kann nur dann die Rede sein, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich wäre, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist ([X.] 24. August 2011 - 4 [X.] 683/09 - Rn. 24; 6. Juli 2011 - 4 [X.] 706/09 - Rn. 27 [X.], [X.]E 138, 269).

(2) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

(a) Eine Bezugnahmeklausel, die - zeitdynamisch - auf konkret bezeichnete Flächentarifverträge verweist, mag im Falle des späteren Abschlusses eines [X.] aus Sicht einer der Vertragsparteien als „lückenhaft“ empfunden werden (so etwa [X.] in [X.]/Moll/[X.] Der Tarifvertrag 2. Aufl. Teil 10 Rn. 81). Diese Regelungslücke ist jedoch nicht planwidrig. [X.] im Allgemeinen und auch Sanierungstarifverträge im Speziellen sind - wie auch im Streitfall zum maßgebenden Zeitpunkt des Vertragsschlusses - nicht unüblich. Ein möglicherweise entstehendes Bedürfnis zum Abschluss solcher Tarifverträge ist im Arbeitsleben auch nicht unvorhersehbar. Hätten die [X.]en deren Anwendbarkeit sicherstellen wollen, wäre ihnen eine entsprechende Formulierung unbenommen gewesen.

(b) Die Erstreckung der zeitdynamischen, auf die Anwendung der Flächentarifverträge gerichteten Bezugnahmeklausel auf [X.] ist auch nicht erforderlich, um den Regelungsplan der [X.]en zu verwirklichen (aA [X.] in [X.]/Moll/[X.] Der Tarifvertrag 2. Aufl. Teil 10 Rn. 81). Die in Nr. 14 des Arbeitsvertrags genannten Flächentarifverträge finden entsprechend dem von den [X.]en zum Ausdruck gebrachten Willen auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung. Deren ergänzende Auslegung dahingehend, dass auch [X.] erfasst würden, hätte zur Folge, dass der Vertragsinhalt über seinen Wortlaut hinaus erweitert würde. Es würden dadurch nicht nur Tarifverträge zur Anwendung gelangen, die einen anderen Geltungsbereich haben, sondern auch solche, die - anders als bei verbandsbezogenen [X.] - von anderen Tarifvertragsparteien geschlossen worden sind. Dies ist vom erkennbaren Willen der Arbeitsvertragsparteien nicht erfasst ([X.]. [X.] 11. Juli 2018 - 4 [X.] 443/17 - Rn. 22; 16. Mai 2018 - 4 [X.] 209/15 - Rn. 19 [X.]).

(3) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der [X.]n schließlich nicht aus dem Umstand, dass der Kläger im [X.] geregelte Einmalzahlungen entgegengenommen haben soll.

(a) Ein späteres Verhalten des [X.] kann nicht zur Auslegung des Arbeitsvertrags herangezogen werden, weil es keine Rückschlüsse auf den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden [X.] der [X.]en zulässt (vgl. zu diesem Erfordernis [X.] 16. Juni 2010 - 4 [X.] 924/08 - Rn. 18; 15. März 2006 - 4 [X.] 132/05 - Rn. 38 [X.]). Zum damaligen Zeitpunkt bestand bei der [X.]n kein [X.]. Zudem gilt der [X.] für das Arbeitsverhältnis der [X.]en jedenfalls aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit. Das von der [X.]n angeführte Verhalten des [X.] kann de[X.]alb - was ohne Hinzutreten weiterer Umstände zudem naheliegt - auch allein darin seinen Grund haben.

(b) Weiterhin ist es durch die Entgegennahme von Leistungen aus dem [X.] nicht zu einer konkludenten Vertragsänderung gekommen. Dazu hätte es eines Antrags und einer Annahme iSv. §§ 145 ff. BGB bedurft. Daran fehlt es. Der Kläger hat kein Vertragsangebot abgegeben. Es ist auch weder festgestellt noch behauptet, dass er Leistungen nach dem [X.] verlangt hätte, die ihm nach dem Flächentarifvertrag nicht zustanden. Die bloße Gewährung von Leistungen nach dem [X.] durch die [X.] musste der Kläger auch nicht als einen Antrag auf Änderung der vertraglichen Bezugnahmeklausel verstehen. Er konnte aufgrund der beiderseitigen Tarifgebundenheit davon ausgehen, die Leistung erfolge in Vollzug der sich daraus ergebenden Verpflichtung.

2. Die Entgeltregelungen des arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Gehaltstarifvertrags für den [X.] Einzelhandel in seiner jeweiligen Fassung sowie die des gleichfalls zu berücksichtigenden [X.] sind gegenüber den Vergütungsregelungen des unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis der [X.]en geltenden [X.] günstiger iSd. § 4 Abs. 3 [X.].

a) Der [X.] lautet auszugsweise:

        

A.    

Tarifliche Rahmenbestimmungen

                 

I.    

Geltungsbereich

                          

Dieser Tarifvertrag gilt räumlich für alle bestehenden Betriebe des Unternehmens in der [X.]. …

                 

II.     

Anerkennung der Tarifverträge

                          

[X.] [X.] erkennt alle gültigen regionalen Tarifverträge des Einzelhandels an. Diese Tarifverträge gelten dynamisch, das heißt für den jeweiligen räumlichen Geltungsbereich in ihrer jeweiligen (auch ersetzenden) Fassung und mit ihrem jeweiligen Rechtsstatus. Ausnahmen von der Anerkennung sind in diesem Tarifvertrag abschließend vereinbart.

                 

III.   

Ausnahmen von der Geltung der Flächentarifverträge

                          

Zur Anpassung der seit dem Austritt von [X.] [X.] aus der tarifgebundenen [X.] im Frühjahr 2013 entstandenen Lücke zwischen dem damaligen und dem gegenwärtigen [X.] werden unter Berücksichtigung der dadurch entstehenden wirtschaftlichen Belastungen für das Unternehmen folgende Abweichungen von den Flächentarifverträgen vereinbart:

                          

1.    

Aktuelles [X.]-[X.]

                                   

Mit Inkrafttreten dieses Tarifvertrages besteht ein Anspruch auf [X.] gemäß Tarifabschluss für die Tarifjahre 2011 bis 2013. Die zwischen den Tarifvertragsparteien in den Ländern vereinbarten Entgelterhöhungen aus den Tarifabschlüssen 2013 für die Tarifjahre 2013 und 2014 sowie 2015 für die Tarifjahre 2015 und 2016 werden ausgesetzt. …

                          

2.    

Zukünftige Erhöhungen des [X.]-[X.]s

                                   

a)    

Kennzahlenabhängige Steigerungen in den Jahren 2017-2020 unter Beteiligung einer [X.], Mindesterhöhungen in den Jahren 2018, 2019 und 2020

                                            

In den Jahren 2017, 2018, 2019 und 2020 erfolgen anstelle der Entgeltsteigerungen der regionalen Flächentarifverträge jeweils kennzahlenabhängige Entgelterhöhungen.

                                            

In den Jahren 2018, 2019 und 2020 muss mindestens eine Erhöhung von 1,25% jeweils zum 1.3. eines Jahres festgelegt und gezahlt werden.

                                            

Die Entgeltsteigerungen werden von einer [X.] mit Vertretern beider Seiten nach folgenden Maßgaben kennzahlenabhängig festgelegt:

                                   

…       

        
                 

IV.     

Einmalzahlungen

                          

Die Einmalzahlungen (tarifliche Sonderzuwendung / ‚Weihnachtsgeld‘; Urlaubsgeld) werden wie folgt gewährt:

                          

Abweichend von den jeweiligen tariflichen Bestimmungen erhalten

                          

a)    

alle Mitarbeiter zum Fälligkeitszeitpunkt 60% des ihnen zustehenden [X.]; zusätzlich erhalten sie 52% des ihnen zustehenden [X.] in Form eines Warengutscheins; …

                          

b)    

Mitarbeiter, die zum Stichtag 01.04. eines Jahres eine ver.di-Mitgliedschaft nachweisen, erhalten zum Fälligkeitszeitpunkt 80% des ihnen zustehenden [X.]; zusätzlich erhalten sie 52% des ihnen zustehenden [X.] in Form eines Warengutscheins. ...

                 

…       

        
        

B.    

Bestimmungen zur Standort- und Beschäftigungssicherung

                 

I.    

Es besteht Einigkeit, dass bestehende Filialen bis zum Ablauf des 31.03.2021 oder bis zur Kündigung des Tarifvertrags nicht geschlossen werden. [X.] verzichtet daher bzgl. der bestehenden Filialen bis zum Ablauf des 31.03.2021 oder bis zur Kündigung des Tarifvertrags auf Betriebsschließungen und Entlassungen durch betriebsbedingte Beendigungskündigungen.

                 

…       

        
                                   
                 

III.   

Bestimmungen zur Beschäftigungssicherung

                          

…       

                          

3.    

Die Beschäftigungssicherung steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Absenkung der [X.]e im Sinne von Ziff. A. dieser Vereinbarung. Auf die Beschäftigungssicherung können sich de[X.]alb solche Mitarbeiter nicht berufen, die geltend machen, an die Regelungen über abgesenkte [X.]e im Sinne von Ziff. A. dieser Vereinbarung nicht gebunden zu sein.

                 

…“    

        

b) Eine Kollision zwischen [X.] beiderseitiger Tarifgebundenheit für das Arbeitsverhältnis der [X.]en normativ geltenden und den aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbaren Tarifvorschriften ist nach dem Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 [X.]) zu lösen ([X.] 11. Juli 2018 - 4 [X.] 533/17 - Rn. 30; 15. April 2015 - 4 [X.] 587/13 - Rn. 27, [X.]E 151, 221). Hiernach treten unmittelbar und zwingend geltende Tarifbestimmungen hinter einzelvertraglichen Vereinbarungen mit für den Arbeitnehmer günstigeren Bedingungen zurück. Ob ein Arbeitsvertrag abweichende günstigere Regelungen gegenüber dem Tarifvertrag enthält, ergibt sich aus einem Vergleich zwischen der tarifvertraglichen und der arbeitsvertraglichen Regelung. Bei diesem sog. Günstigkeitsvergleich sind die durch Auslegung zu ermittelnden Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen gegenüberzustellen, die in einem inneren Zusammenhang stehen (sog. [X.]). Für dessen Durchführung sind die abstrakten Regelungen maßgebend, nicht das Ergebnis ihrer Anwendung im konkreten Einzelfall. Hängt es von dessen Umständen ab, ob die betreffende Regelung günstiger ist oder nicht (sog. ambivalente Regelung), ist keine „Günstigkeit“ iSv. § 4 Abs. 3 [X.] gegeben ([X.]. nur [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] 587/13 - Rn. 27 ff., aaO).

c) Nach den allgemeinen zivilprozess[X.]len Grundsätzen trägt die [X.], die geltend macht, die arbeitsvertragliche Regelung sei günstiger als die tarifvertragliche, die entsprechende Darlegungslast. Handelt es sich bei der arbeitsvertraglichen Regelung um eine Bezugnahmeklausel, ist nicht nur der Inhalt der Klausel selbst darzulegen, vielmehr sind auch die in Bezug genommenen Tarifverträge konkret zu bezeichnen sowie deren Inhalt vorzutragen, damit das Gericht in die Lage versetzt wird, den erforderlichen Günstigkeitsvergleich vorzunehmen. Den Inhalt von Tarifverträgen, die „nur“ arbeitsvertraglich in Bezug genommen worden sind, ermitteln die Gerichte für Arbeitssachen nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] nicht selbst ([X.] 25. Oktober 2017 - 4 [X.] 375/16 - Rn. 46; 8. Juli 2015 - 4 [X.] 51/14 - Rn. 25). Hingegen sind die unmittelbar und zwingend geltenden Tarifverträge „Normen“, deren Inhalt nach § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln ist.

d) Nach diesen Maßstäben sind die aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme anwendbaren Tarifverträge für den [X.] Einzelhandel entgegen der Auffassung des [X.]s hinsichtlich der [X.] günstiger als die unmittelbar und zwingend geltenden Regelungen des [X.].

aa) Im Streitfall ist der Günstigkeitsvergleich bezogen auf die Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“ durchzuführen. Die Dauer der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Arbeitsleistung und das ihm dafür zustehende Arbeitsentgelt stehen als Teile der arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten in einem engen, inneren sachlichen Zusammenhang ([X.] 15. April 2015 - 4 [X.] 587/13 - Rn. 35 [X.], [X.]E 151, 221). Dabei sind alle Entgeltbestandteile von Bedeutung, die sich als Gegenleistung zu der zu erbringenden Arbeitsleistung darstellen ([X.] 12. Dezember 2012 - 4 [X.] 328/11 - Rn. 46).

(1) Grundlage für den Günstigkeitsvergleich sind der [X.] als unmittelbar und zwingend geltender Tarifvertrag auf der einen und die Flächentarifverträge des [X.] Einzelhandels auf der anderen Seite (Nr. 2 und Nr. 14 des Arbeitsvertrags). Zwar hat der Kläger den Inhalt der letzteren - soweit für den Günstigkeitsvergleich von Belang - nicht detailliert dargelegt. Der für die [X.]en normativ geltende [X.] inkorporiert jedoch durch die dynamische Verweisung in [X.] im Wege der grundsätzlichen Anerkennung und Regelung bestimmter Ausnahmen die Flächentarifverträge des [X.] Einzelhandels. Deren Entgeltregelungen können daher im Rahmen des erforderlichen Günstigkeitsvergleichs berücksichtigt werden. Das gilt sowohl für die Gehaltstarifverträge von 2013 und 2015, die Erhöhungen des [X.]s vorsahen, als auch für den [X.], aus welchem sich die durch [X.] [X.] abgesenkten Ansprüche auf eine tarifliche Sonderzuwendung und ein Urlaubsgeld ergeben.

(2) In den [X.] einzubeziehen ist zunächst das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt, dh. das jeweilige Tabellenentgelt des Gehaltstarifvertrags für den [X.] Einzelhandel auf der einen und des [X.] auf der anderen Seite. Nicht zu berücksichtigen sind mögliche kennzahlenabhängige Steigerungen in den Jahren 2017 - 2020 nach [X.]I 2 Buchst. a [X.]. Zwar können die tarifvertraglich dem Grunde nach zugesicherten kennzahlenabhängigen Steigerungen zu einem Gehaltsanspruch nach dem [X.] führen, der denjenigen aus dem Gehaltstarifvertrag für den [X.] Einzelhandel übersteigt. Die Einbeziehung künftiger Entwicklungen in den Günstigkeitsvergleich ist jedoch nur dann möglich, wenn diese im Tarifvertrag bereits konkret geregelt sind. Das ist bei den kennzahlenabhängigen Steigerungen nicht der Fall. Sie erfolgen - ebenso wie die vorgesehenen [X.] von [X.] in den Jahren 2018 bis 2020, die [X.]I 2 Buchst. a Abs. 3 [X.] vorsieht - erst durch eine in der Zukunft liegende Festsetzung durch die zuständige [X.] ([X.]I 2 Buchst. a Abs. 4 [X.]).

(3) Überdies sind die dem Kläger nach den beiden zu vergleichenden Tarifwerken zustehenden jährlichen Einmalzahlungen in den Günstigkeitsvergleich im Rahmen der Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“ einzubeziehen.

(a) Ob diese Sonderzahlungen als „Entgelt“ zu bewerten sind, hängt von ihrem Zweck ab. Dabei ist durch Auslegung zu ermitteln, ob mit der tariflichen Sonderzahlung erbrachte Arbeitsleistung zusätzlich vergütet werden soll, vergangenheits- und zukunftsbezogene Zwecke verknüpft werden ([X.] 27. Juni 2018 - 10 [X.] 290/17 - Rn. 25; 12. Dezember 2012 - 10 [X.] 718/11 - Rn. 36 [zur Einordnung von § 20 [X.]]) oder ausschließlich arbeitsleistungsunabhängige Zwecke verfolgt werden (vgl. zu Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch [X.] 13. Mai 2015 - 10 [X.] 266/14 - Rn. 12 ff.; 14. November 2012 - 10 [X.] 3/12 - Rn. 18, 21). Sonderzahlungen dienen in aller Regel - zumindest auch - der Vergütung erbrachter Arbeitsleistung ([X.] 18. Jan[X.]r 2012 - 10 [X.] 612/10 - Rn. 16, 28, [X.]E 140, 231). Sollen (nur) andere Zwecke als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgt werden, muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden Regelung ergeben ([X.] 27. Juni 2018 - 10 [X.] 290/17 - Rn. 27 [X.]).

(b) Danach handelt es sich im Streitfall sowohl beim tariflichen Urlaubsgeld als auch bei der tariflichen Sonderzahlung um Arbeitsentgelt. Nach den tariflichen Regelungen bezwecken beide Zahlungen jedenfalls auch die Vergütung erbrachter Arbeitsleistung.

(aa) Der - in A IV [X.] modifizierte - Anspruch auf Urlaubsgeld ergibt sich aus § 12 [X.]. Das Urlaubsgeld knüpft danach im [X.] weder dem Grunde noch der Höhe nach akzessorisch an die Gewährung von Urlaub an (vgl. dazu [X.] 22. Juli 2014 - 9 [X.] 981/12 - Rn. 26 f.), sondern ist - abgesehen von der Normierung einer Wartezeit von sechs Monaten - als hiervon unabhängiger Anspruch ausgestaltet. Danach hat das Urlaubsgeld jedenfalls auch Entgeltcharakter. Dieses Verständnis wird durch § 12 C 1 [X.] bestätigt, wonach es bei Ausscheiden während des Urlaubsjahres anteilig für jeden vollen Monat (pro rata temporis) gewährt wird. Entsprechend haben die Tarifvertragsparteien zu viel gezahltes Urlaubsgeld als „Gehalts- bzw. Lohnvorschuss“ bezeichnet, der ggf. zurückzugewähren ist.

([X.]) Auch die tarifliche Sonderzuwendung nach § 13 [X.] ist Teil des Arbeitsentgelts. Dies folgt aus § 13 A 3 [X.], wonach der Anspruch [X.]. entfällt, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt ist und kein Entgeltfortzahlungsanspruch (mehr) besteht oder ihm eine unbezahlte Freistellung gewährt wurde. Bei unterjährigem Ausscheiden entsteht der Anspruch auf die Sonderzuwendung nach § 13 A 2 [X.] nur pro rata temporis und zu viel gezahlte Beträge sind als Vorschuss zurückzuzahlen. Dass - wie aus der Stichtagsregelung des § 13 A 1 [X.] erkennbar ist - auch Betriebstreue honoriert werden soll, steht dem nicht entgegen (vgl. für § 20 [X.] [X.] 12. Dezember 2012 - 10 [X.] 718/11 - Rn. 36).

([X.]) Schließlich sind die ausschließlich in A IV [X.] vorgesehenen Warengutscheine ein Sachbezug und damit ebenfalls als Arbeitsentgelt zu q[X.]lifizieren (vgl. [X.] 14. November 2012 - 5 [X.] 815/11 - Rn. 16).

(4) Die Regelungen zur Standort- und Beschäftigungssicherung (B [X.]) gehören hingegen nicht zur Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“.

(a) Zwischen Ansprüchen auf Arbeitsentgelt als Hauptleistungspflichten und einer Beschäftigungssicherung besteht nach ständiger Rechtsprechung nicht der erforderliche innere Zusammenhang ([X.]. nur [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] 587/13 - Rn. 40, [X.]E 151, 221; 20. April 1999 - 1 [X.] - zu [X.] 1 b aa der Gründe, [X.]E 91, 210).

(b) Nichts anderes ergibt sich für den Streitfall aus [X.] [X.].

(aa) Dabei kann dahinstehen, ob es Tarifvertragsparteien rechtlich möglich ist, Regelungen, die nicht in dem erforderlichen inneren Zusammenhang stehen, zu einer Sachgruppe zusammenzufassen und damit abweichende Vergleichsmaßstäbe für einen Günstigkeitsvergleich festzulegen ([X.]. zB Kempen/[X.]/[X.]/[X.] 5. Aufl. [X.] § 4 Rn. 413; [X.]/Wank [X.] 7. Aufl. § 4 Rn. 471 ff.; [X.]/Rieble [X.] 4. Aufl. § 4 Rn. 615; [X.] als kollektiv ausgeübte Privatautonomie S. 694 ff.; offengelassen in [X.] 17. April 2013 - 4 [X.] 592/11 - Rn. 18, [X.]E 145, 37).

([X.]) Eine solche Vereinbarung haben die Tarifvertragsparteien vorliegend nicht getroffen. Zwar haben sie im [X.] unter [X.] 3 Satz 1 geregelt, dass die „Beschäftigungssicherung im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Absenkung der [X.]e“ stehe. Dies könnte die tarifvertragliche Bestimmung einer Sachgruppe nahelegen. Hätten die Tarifvertragsparteien dies gewollt, wäre allerdings der nachfolgende Satz 2 überflüssig. Die darin enthaltene Erläuterung „de[X.]alb“ macht deutlich, dass die Tarifvertragsparteien in Satz 1 nicht die Kriterien für einen [X.] festlegen, sondern an die Geltendmachung eines höheren Arbeitsentgelts eine bestimmte Rechtsfolge knüpfen wollten. Der tariflich geregelte Sonderkündigungsschutz nach [X.] [X.] soll - möglicherweise im Sinne einer Geltungsbereichsbeschränkung für die Beschäftigungssicherung - nur für diejenigen Mitarbeiter eingreifen, die davon absehen, einen ihnen aus anderen Gründen zustehenden höheren Entgeltanspruch erfolgreich durchzusetzen. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags (zu den Maßstäben etwa [X.] 20. Juni 2018 - 4 [X.] 339/17 - Rn. 19 [X.] ).

([X.]) Die Regelung in [X.] 3 Satz 2 [X.] setzt, worauf der verwendete Rechtsbegriff „gebunden“ hindeuten könnte, nicht voraus, dass es an einer Tarifgebundenheit des Mitarbeiters an die Entgeltbestimmungen des [X.] fehlt. [X.]smitglieder - für die allein die Tarifvertragsparteien Inhaltsnormen iSd. § 1 Abs. 1 [X.] vereinbaren können ([X.] 15. April 2015 - 4 [X.] 796/13 - Rn. 27 [X.], [X.]E 151, 235) - sind nach § 3 Abs. 1 [X.] stets an die Normen eines für sie unmittelbar und zwingend geltenden Tarifvertrags (§ 4 Abs. 1 Satz 1 [X.]) „gebunden“. Sie können nicht „geltend machen“, an die „Regelungen über abgesenkte [X.]e … nicht gebunden zu sein“. Nach diesem [X.] bliebe die Regelung ohne Bedeutung.

([X.]b) Die Verwendung des Begriffs „nicht gebunden“ ist vielmehr dahin zu verstehen, dass der betreffende Mitarbeiter hinsichtlich seiner [X.] auf die [X.]regelungen des [X.] nicht „festgelegt“ oder allein diesen „verpflichtet“ ist (zu dieser Bedeutung von „gebunden“ [X.]. [X.] 8. Aufl. „binden“). Ausreichend ist es, wenn das [X.]smitglied - mit Erfolg - geltend machen kann, dass die nach dem [X.] gegenüber dem Flächentarifvertrag abgesenkten [X.]e für die Durchführung seines Arbeitsverhältnisses nicht allein maßgebend sind, weil ihm aus einem anderen Rechtsgrund ein anderer, gegenüber den tariflichen Entgeltregelungen günstigerer Vergütungsanspruch zusteht.

([X.]c) Für ein solches Verständnis sprechen auch Sinn und Zweck der Regelung. Bei sog. Sanierungstarifverträgen wie dem vorliegenden [X.] handelt es sich um Vereinbarungen, die auf eine atypische, insbesondere wirtschaftlich schwierige Sit[X.]tion reagieren (vgl. [X.] 5. April 2006 - 4 [X.] 390/05 - Rn. 39). Die Tarifvertragsparteien einigen sich in den Verhandlungen über einen Haussanierungstarifvertrag, die von widerstreitenden Interessen bestimmt sind, regelmäßig im Wege eines Kompromisses (vgl. [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] 796/13 - Rn. 42, 44, [X.]E 151, 235). Als „Kompensation“ für die Zustimmung einer [X.] zu den gegenüber dem Flächentarifvertrag abgesenkten [X.]en durch einen [X.] (hier: [X.] und IV [X.]) stimmt der Arbeitgeber einem zeitweiligen Verzicht auf die Erklärung betriebsbedingter Kündigungen zu (hier: [X.] [X.]). Allerdings ist es nach der Rechtsprechung des [X.]s auch einem [X.]smitglied möglich, aufgrund einer im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahmeregelung, die sich nicht auf den [X.] erstreckt, sondern allein die maßgebenden Flächentarifverträge erfasst, dort geregelte günstigere Entgeltregelungen nach § 4 Abs. 3 [X.] „trotz“ normativer Geltung des [X.] zu beanspruchen (zuletzt [X.] 11. Juli 2018 - 4 [X.] 533/17 - Rn. 21 ff., 28 ff. [X.]). Mit der Verknüpfung der Beschäftigungssicherung an die Nichtinanspruchnahme einer aus anderen Rechtsgründen zu leistenden (höheren) Vergütung („Gegenseitigkeitsverhältnis“) soll erreicht werden, dass die Beschäftigungssicherung nur für diejenigen Mitarbeiter eingreift, die entsprechend dem tarifvertraglich gefundenen „Kompromiss“ der tarifschließenden [X.]en „lediglich“ die abgesenkten [X.]e beanspruchen. Im anderen Fall soll nach [X.] 3 Satz 2 die in [X.] [X.] vereinbarte Beschäftigungssicherung entfallen. Der [X.] muss vorliegend jedoch nicht entscheiden, ob und ggf. unter welchen Bedingungen eine solche Verknüpfung Geltung beanspruchen kann.

[X.]) Unter Zugrundelegung sämtlicher vorgenannter Entgeltbestandteile sind die Regelungen der Flächentarifverträge für die Sachgruppe „Arbeitszeit und Arbeitsentgelt“ in den jeweiligen Vergleichszeiträumen günstiger als diejenigen des [X.]. Deren Höhe bleibt selbst bei Berücksichtigung des erhöhten Anspruchs auf tarifliche Sonderzuwendung und Urlaubsgeld für [X.]smitglieder nach [X.] Abs. 2 Buchst. b [X.] (dazu [X.] 15. April 2015 - 4 [X.] 796/13 - Rn. 28 ff. [X.], [X.]E 151, 235; [X.] 14. November 2018 - 1 BvR 1278/16 -) sowie dem zusätzlichen Warengutschein, den der [X.] nicht vorsieht, auf das jeweilige Jahr bezogen hinter derjenigen nach den [X.] für den [X.] Einzelhandel zurück.

III. Die [X.] hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Treber    

        

    [X.]    

        

    Rinck    

        

        

        

    Steding    

        

    A. Wedepohl    

                 

Meta

4 AZR 271/18

12.12.2018

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 11. Oktober 2017, Az: 22 Ca 126/17, Urteil

§ 4 Abs 1 TVG, § 4 Abs 3 TVG, § 1 TVG, § 611 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.12.2018, Az. 4 AZR 271/18 (REWIS RS 2018, 558)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 558

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Referenzen
Wird zitiert von

5 Sa 656/22

Zitiert

4 AZR 706/09

10 AZR 718/11

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