Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.05.2013, Az. 5 AZR 139/12

5. Senat | REWIS RS 2013, 5810

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Gegenstand

Entgeltfortzahlung an Feiertagen - MTV Druck


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 30. November 2011 - 5 Sa 989/11 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte Zinsen aus 309,47 Euro brutto erst ab dem 2. Juli 2011 zu zahlen hat.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Vergütung ausgefallener Arbeitsschichten.

2

Der Kläger ist bei der beklagten Druckerei, die Erzeugnisse der Tagespresse herstellt, als Maschinenführer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der [X.] vom 15. Juli 2005 (im Folgenden: [X.]) Anwendung. In diesem ist ua. bestimmt:

        

„…    

        
        

§ 6     

Gesetzliche Feiertage

        

1.    

Für Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertages ausfällt, ist der entsprechende Lohnausfall zu bezahlen.

        

2.    

[X.] erfolgt in der Weise, dass der Arbeitnehmer für den Tag den gleichen Lohn ohne Zuschlag für Feiertagsarbeit und ohne Antrittsgebühr erhält, den er verdient haben würde, wenn er gearbeitet hätte. Dazu gehören auch etwaige Überstunden, nicht jedoch die durch vor- oder nachgelagerte Arbeit geleisteten Überstunden.

        

3.    

Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach [X.] unentschuldigt der Arbeit fernbleiben, haben keinen Anspruch auf Bezahlung für diese Feiertage.

        

4.    

Wird an einem Feiertag gearbeitet, erhält der Arbeitnehmer die Feiertagsbezahlung gemäß Ziff. 1, jedoch bleibt der Zuschlag für Sonntagsarbeit insoweit unberücksichtigt, als er durch den Zuschlag für die Feiertagsarbeit ersetzt wird. Außerdem wird der für die Feiertagsarbeit zustehende Lohn einschließlich etwaiger Antrittsgebühr bezahlt.

        

§ 7     

Arbeit an Sonntagen oder gesetzlichen [X.], Antrittsgebühr

        

1.    

a)    

Die zuschlagspflichtige Arbeitszeit an Sonntagen oder gesetzlichen [X.] liegt innerhalb der Zeitspanne von 24 Stunden. Ihr Beginn am Sonntag- oder Feiertagmorgen ist derselbe wie der nach § 8 Ziff. 1 a) Abs. 2 vereinbarte Beginn der zuschlagsfreien Tagesarbeitszeit.

        
                 

b)    

Eine am Samstagabend begonnene Nachtschicht ist keine Sonntagsarbeit. Eine am Abend vor einem Feiertag begonnene Nachtschicht ist keine Feiertagsarbeit.

        
                          

Reicht diese Nachtschicht jedoch in den Beginn der Sonntags- oder Feiertagsarbeit hinein, sind die in die Sonntagsarbeitszeit fallenden Stunden mit dem Zuschlag für Sonntagsarbeit bzw. die in die Feiertagsarbeitszeit fallenden Stunden mit dem Zuschlag für Feiertagsarbeit gemäß § 8 Ziff. 1 d) zu bezahlen.

        
                          

Entsprechendes gilt, wenn die dem Sonn- oder gesetzlichen Feiertag folgende Frühschicht noch in der Sonn- oder Feiertagsarbeitszeit beginnt.

        
        

…“    

                          

3

Die Beklagte praktiziert ein Schichtplansystem, das jeweils die Tage Sonntag bis Freitag (einschließlich Feiertage) umfasst. In der am Sonntagabend beginnenden Schicht wird die jeweilige Montagsausgabe hergestellt. Nach dem Schichtplan war der Kläger für die am Ostersonntag, dem 24. April 2011, und am [X.], dem 12. Juni 2011, jeweils um 20:00 Uhr beginnenden und am darauffolgenden Montag um 4:00 Uhr endenden Schichten eingeteilt. Die Beklagte rief mit der Begründung, dass am Oster- und [X.] keine tagesaktuelle Zeitung erscheine und deshalb das Sonntagsarbeitsverbot eingreife, die Arbeitsleistung des [X.] nicht ab und zahlte für diese Schichten keine Vergütung.

4

Der Kläger hat Feiertagsvergütung für diese Schichten in Höhe der Grundvergütung nebst Sonntags- und Nachtarbeitszuschlägen geltend gemacht.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 618,94 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 309,48 Euro seit dem 1. Juni 2011 sowie aus 309,47 Euro seit dem 1. Juli 2011 zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Arbeit sei nicht feiertagsbedingt ausgefallen. Sie habe sich nicht im Annahmeverzug befunden. Der Anspruch folge auch nicht aus dem von ihr zu tragenden Betriebsrisiko.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat gemäß § 2 Abs. 1 [X.] Anspruch auf Vergütung der am Oster- und [X.] 2011 jeweils ab 20:00 Uhr ausgefallenen Arbeitsschichten. Lediglich die Zinsentscheidung des Arbeitsgerichts ist zu korrigieren.

9

I. Nach § 2 Abs. 1 [X.] hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Feiertagsbezahlung besteht dann, wenn der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen ist ([X.] 24. Oktober 2001 - 5 [X.] I 1 der Gründe).

1. Die am Oster- und [X.] beginnenden Arbeitsschichten des [X.] sind wegen des Oster- und Pfingstmontags 2011 ausgefallen. Bei diesen Tagen handelt es sich im [X.] um gesetzliche Feiertage, Art. 1 [X.] Feiertagsgesetz.

2. § 9 Abs. 2 [X.], wonach bei einer Inkongruenz von Feiertag und Schicht, die [X.]zeit jeweils um sechs Stunden nach vorn oder hinten verschoben werden kann, steht dem nicht entgegen. Diese Norm lässt den zivilrechtlichen Vergütungsanspruch gemäß § 2 Abs. 1 [X.] unberührt. § 9 Abs. 2 [X.] ergänzt lediglich die Vorschrift zur öffentlich-rechtlichen [X.], § 9 Abs. 1 [X.].

3. Soweit § 7 Ziff. 1 Buchst. b Satz 2 [X.] Druck bestimmt, dass eine am Abend vor einem Feiertag begonnene Nachtschicht keine Feiertagsarbeit ist, kann offenbleiben, ob damit der Anspruch auf Entgeltfortzahlung an Feiertagen überhaupt geregelt wird. Hiergegen dürfte bereits die Systematik des Tarifvertrags sprechen, wonach § 6 Ziff. 1 und 2 [X.] Druck inhaltsgleich mit § 2 Abs. 1 [X.] auf das [X.] verweist, während § 7 [X.] Druck tarifliche Lohnzuschläge regelt. Jedenfalls kann in einem Tarifvertrag nicht von den Vorschriften des [X.] zu Ungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden, § 12 [X.]. Eine von § 2 Abs. 1 [X.] abweichende tarifliche Bestimmung des Ursachenzusammenhangs zwischen Arbeitsausfall und Feiertag wäre unwirksam. Im Tarifvertrag kann deshalb nicht bestimmt werden, dass die am [X.] ausfallende Nachtschicht bzw. die an den Sonntagen vor den Oster- und Pfingstmontagen beginnenden und in die Feiertage hineinreichenden Schichten keine Feiertagsschichten sind, wenn der Feiertag der alleinige Grund für den Arbeitsausfall ist. An der früheren abweichenden Rechtsprechung (vgl. [X.] 26. Januar 1962 - 1 [X.] - zu 1 der Gründe, [X.]E 12, 216; 23. Januar 2008 - 5 [X.] - Rn. 19) hält der nach dem Geschäftsverteilungsplan des [X.] für Fragen der Entgeltfortzahlung an Feiertagen allein zuständige Fünfte Senat nicht fest.

II. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung der vollen Schichten. Arbeitet ein Betrieb in mehreren Schichten und beginnt eine der Schichten vor 24:00 Uhr des einen Tages und endet sie im Laufe des folgenden Tages, hat der Arbeitgeber auch für eine solche Schicht den vollen Lohnausfall zu tragen, wenn die Schicht wegen der [X.] ausfällt. Sie fällt dann infolge des Feiertags aus, ohne dass es auf die zeitliche Lage der Schicht am Feiertag ankommt ([X.] 26. Januar 1962 - 1 [X.] - [X.]E 12, 216).

III. Der Anspruch ist in der geltend gemachten Höhe begründet, § 2 Abs. 1 [X.], § 6 Ziff. 1 und 2 [X.] Druck. Der Kläger hat lediglich das wegen der [X.] entgangene Entgelt beansprucht.

IV. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB. Die Verzinsungspflicht beginnt entsprechend § 187 Abs. 1 BGB jedoch erst mit Beginn des Tages, der dem Tag folgte, an dem das maßgebliche Ereignis eintrat (vgl. [X.] 8. Oktober 2008 - 5 [X.] - Rn. 27; 19. April 2005 -  9 [X.]  - zu II 2 c der Gründe). Die Vergütung war nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts gemäß § 614 Satz 2 BGB am Ersten des Folgemonats fällig. Verzug trat damit am [X.] ein, hinsichtlich der Entgeltfortzahlung für [X.], den 24. April 2011, somit am 2. Mai 2011. Das Arbeitsgericht hat Zinsen insoweit ohnehin erst ab dem 1. Juni 2011 zugesprochen, so dass diese Zinsentscheidung Bestand hat. Hinsichtlich der Entgeltfortzahlung für [X.], den 12. Juni 2011, trat Verzug jedoch nicht schon am 1. Juli 2011, sondern erst am 2. Juli 2011 ein, so dass die Zinsentscheidung insoweit zu korrigieren ist.

V. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Die Zuvielforderung des [X.] hinsichtlich der Zinsen war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

       

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

       

        

        

    Ilgenfritz-Donné    

        

    A. Christen    

                 

Meta

5 AZR 139/12

15.05.2013

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 26. September 2011, Az: 8 Ca 8466/11, Urteil

§ 2 Abs 1 EntgFG, § 12 EntgFG, § 1 TVG, § 611 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.05.2013, Az. 5 AZR 139/12 (REWIS RS 2013, 5810)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5810

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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