Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.09.2011, Az. II ZR 39/10

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Gegenstand

Kapitalanlageberatung: Aufklärungspflicht des Beraters über die von ihm erwartete Provision


Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 18. Januar 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte, eine Privatbank, beteiligte sich im [X.] mit einem Anteil von rund 8,5 Mio. € an der [X.]“. Sie räumte der Klägerin im Frühjahr 2000 eine Unterbeteiligung in Höhe von 50.000 € ein. Zu diesem Zweck vereinbarten die Parteien in § 1 des [X.] eine [X.] bürgerlichen Rechts; die Klägerin erwarb keine Mitberechtigung an der [X.], sondern nur schuldrechtliche Ansprüche aus dem Vertrag mit der Beklagten. In § 3 des Vertrags verpflichtete sich die Klägerin, zuzüglich zu der Einlage in Höhe von 50.000 € ein Agio in Höhe von 5 % zu leisten. Weiter heißt es dort: „Das Agio dient der Aufbringung des [X.] für die [X.] (…).“

2

Die Unterbeteiligung der Klägerin war auf Empfehlung des Grafen S.     zustande gekommen, der die Klägerin seinerzeit in [X.] unterstützte und der zugleich Geschäftsbeziehungen zu der Beklagten unterhielt. [X.]     stand auch mit weiteren Anlegerinnen in Verbindung, die bei der Beklagten eine Unterbeteiligung an dem genannten Fonds erwarben. Am 31. März 2000 überwies ihm die Beklagte 40.000,01 DM (20.451,68 €) als „Bonifikation bezüglich Ihrer Vermittlungstätigkeit [X.] Zeichnungen“. Hierüber klärte sie die Klägerin nicht auf.

3

Die Klägerin überließ [X.]        den Beteiligungsbetrag zuzüglich Agio in Höhe von insgesamt 52.500 € zur Weiterleitung an die Beklagte. Die Beklagte forderte den Betrag, wie in § 3 des Unterbeteiligungsvertrages optional vorgesehen, erst nach und nach in Teilbeträgen ein, wobei sie ihre Kapitalabrufe an [X.]       richtete, ohne die Klägerin darüber zu informieren. [X.]       kam den Kapitalabrufen nur teilweise nach. Am 16. November 2004 beging er Selbstmord. Der Insolvenzverwalter über seinen Nachlass zahlte am 3. September 2007 an die Klägerin 2.391,79 €.

4

Die auf Rückzahlung des [X.] einschließlich Agio und die Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gerichtete Klage hatte beim [X.]. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten weitgehend bestätigt mit der Einschränkung, dass der nach Abzug der geleisteten Zahlung verbleibende Betrag in Höhe von 50.108,21 € nur Zug um Zug gegen Rückübertragung aller Rechte der Klägerin aus der Unterbeteiligung zu zahlen ist. Dagegen richtet sich die - vom erkennenden Senat zugelassene - Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat im Umfang der Anfechtung Erfolg und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

6

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

7

Der Klägerin stehe gegen die [X.] ein auf Rückabwicklung der Unterbeteiligung gerichteter Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo zu, weil die [X.] zum einen die Klägerin nicht vor Vertragsschluss auf eine mit [X.]     bestehende Provisionsvereinbarung hingewiesen und zum anderen wahrheitswidrig erklärt habe, selbst ein Aufgeld an die [X.] entrichten zu müssen.

8

Nach der Beweisaufnahme vor dem [X.] bestehe kein Zweifel daran, dass die [X.] dem Grafen S.     noch vor dem Vertragsabschluss mit der Klägerin eine Provision für die Vermittlung von [X.] versprochen und in Höhe von 2 % der [X.] gezahlt habe. Durch die Provisionsvereinbarung habe die [X.] das Interesse der Klägerin an einer neutralen und sachgerechten Beratung gefährdet; darüber hätte sie die Klägerin aufklären müssen. Die Aufklärungspflicht bestehe unabhängig davon, ob [X.]     als Vermögensverwalter oder als Anlageberater der Klägerin aufgetreten sei. Die Pflichtverletzung der [X.]n sei auch schuldhaft und für den Schaden der Klägerin ursächlich gewesen. Die Klägerin, der die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zu Gute komme, sei so zu stellen, als wäre sie die streitgegenständliche Unterbeteiligung nicht eingegangen.

9

Eine weitere schuldhafte Pflichtverletzung der [X.]n sei darin zu sehen, dass sie der Klägerin in § 3 des [X.] vorgespiegelt habe, sie habe ihrerseits ein dem Aufgeld der Klägerin entsprechendes [X.] zu tragen gehabt. Tatsächlich sei die [X.], wie die Beweisaufnahme vor dem [X.] ergeben habe, nicht mit einem Aufgeld belastet worden.

II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts bieten keine tragfähige Grundlage für die Annahme, die [X.] habe die Klägerin vorvertraglich über die mit [X.]      getroffene Provisionsvereinbarung aufklären müssen.

a) Die Feststellung des Berufungsgerichts, die [X.] habe [X.]      für die Vermittlung der Unterbeteiligung eine Provision versprochen, lässt allerdings keinen revisionsrechtlich relevanten Fehler erkennen; sie wird von der Revision auch nicht angegriffen.

b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die Annahme zugrunde gelegt, der Vertragspartner des Anlegers (hier: die [X.]) habe diesen grundsätzlich über Provisionszahlungen aufzuklären, die er dem Vermögensverwalter oder Anlageberater des Anlegers gewährt.

aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien mit dem Abschluss des [X.] eine [X.] zustande gekommen ist, an der sich die Klägerin zu Anlagezwecken beteiligt hat. Nach der Rechtsprechung des [X.] kann der Vertragspartner des Anlegers diesem wegen Verschuldens beim Abschluss des mit ihm geschlossenen Gesellschaftsvertrags zum Schadenersatz verpflichtet sein, wenn er den Anleger bei der Vertragsanbahnung nicht über alle für seine Anlageentscheidung wesentlichen Umstände zutreffend, verständlich und vollständig aufklärt (vgl. [X.], Urteil vom 19. Juli 2004 - [X.], [X.], 1706, 1707 f.; Urteil vom 29. November 2004 - [X.], [X.], 254, 256; Urteil vom 21. März 2005 - [X.], [X.], 753, 757; Urteil vom 21. März 2005 - [X.], [X.], 759, 760 f.). Diese Aufklärungspflicht trifft den Vertragspartner des Anlegers unabhängig davon, ob der Gesellschaftsvertrag unter Verwendung eines Prospekts angebahnt wird (vgl. [X.], Urteil vom 2. Juni 2008 - [X.], [X.]Z 177, 25 Rn. 11). Die Klägerin macht allerdings, soweit sie beanstandet, dass die [X.] die an [X.]     gezahlte Provision verschwiegen habe, keinen Aufklärungsmangel geltend, der die Umstände der Hauptbeteiligung betrifft. Daher musste sich das Berufungsgericht auch nicht näher damit befassen, dass der Klägerin nach § 1 Nr. 3 des [X.] der Zeichnungsprospekt der Hauptgesellschaft mit weiteren Unterlagen übergeben und erläutert worden sein soll.

bb) Der Vertragspartner des Anlegers ist jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet, diesen vor Vertragsabschluss über die Zahlung von [X.] aufzuklären, die er an einen (zugleich für den Anleger beratend tätigen) Anlagevermittler leistet (vgl. [X.], Urteil vom 14. März 2003 - [X.], [X.], 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - [X.], [X.], 2140 Rn. 19 f.; s.a. Urteil vom 15. April 2010 - [X.], [X.]Z 185, 185 Rn. 11 ff.). Zwar besteht selbst bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den von ihm verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte ([X.], Urteil vom 4. April 2001 - [X.], [X.], 918, 920; Urteil vom 14. März 2003 - [X.], [X.], 1355, 1357). Diese allgemeinen Voraussetzungen einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht sind aber nicht schon dann erfüllt, wenn der eine Verhandlungspartner dem (auch für den anderen Teil tätigen) Vermittler des Geschäfts eine Provision zahlt.

(1) Nur unter besonderen Voraussetzungen hat der Vertragspartner des Anlegers diesem gegenüber die an einen Vermittler gezahlte Vertriebsprovision offenzulegen. Der [X.] hat eine solche Offenbarungspflicht für den Fall bejaht, dass eine Bank den Vermögensverwalter eines Kunden an ihren Provisionen und Depotgebühren beteiligt ([X.], Urteil vom 19. Dezember 2000 - [X.], [X.]Z 146, 235, 239). Durch die Vereinbarung, dem Vermögensverwalter einen Teil der Provisionen und Depotgebühren zu vergüten, die sie künftig von Kunden erhalte, die er ihr zuführe, schaffe die Bank nämlich für ihn einen Anreiz, sowohl bei der Auswahl der Bankverbindung als auch hinsichtlich der Anzahl und des Umfangs der Geschäfte nicht allein das Interesse des Kunden, sondern auch das eigene Interesse an möglichst umfangreichen Vergütungen der Bank zu berücksichtigen ([X.], aaO). An einer vergleichbaren Interessengefährdung und damit an der Grundlage für die Annahme einer Aufklärungspflicht fehlt es jedoch, wenn zwischen dem Anleger und dem [X.] kein Vertragsverhältnis besteht, aufgrund dessen der [X.] ähnlich einem Vermögensverwalter die Wahrnehmung der Interessen des Anlegers - insbesondere als Hauptleistungspflicht - schuldet (vgl. [X.], Urteil vom 14. März 2003 - [X.], [X.], 1355, 1356; Urteil vom 21. September 2010 - [X.], [X.], 2140 Rn. 20).

(2) Danach kommt eine Pflicht des Vertragspartners des Anlegers, die Bezahlung einer Vertriebsprovision zu offenbaren, lediglich dann in Betracht, wenn der [X.] ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet ist, die Interessen des Anlegers wahrzunehmen und wenn infolgedessen durch die Provisionsvereinbarung das Interesse des Anlegers an einer sachgerechten, durch eigene Erwerbsinteressen seines Vermögensverwalters oder Beraters unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet wird. Eine solche Aufklärungspflicht setzt weiter voraus, dass der Anleger die durch die Provisionsvereinbarung bedingte Gefährdung seiner Interessen ohne zutreffende Aufklärung nicht erkennen würde. Erforderlich ist außerdem, dass die [X.] des Anlegers einschließlich der sie begründenden Vertragsbeziehung zu dem [X.] für den Vertragspartner des Anlegers ersichtlich ist.

cc) Das Berufungsgericht hat die für die Annahme einer [X.] der [X.]n erforderlichen Feststellungen nicht getroffen.

(1) Das Berufungsgericht durfte sich schon im Rahmen der Prüfung, ob zwischen [X.]      und der Klägerin ein Vertragsverhältnis bestand, das als Grundlage für eine Aufklärungspflicht der [X.]n über die Provisionszahlung an [X.]      in Betracht kam, nicht darauf beschränken, offen zu lassen, ob [X.]      als Vermögensverwalter der Klägerin oder als deren Anlageberater tätig geworden ist, ohne nähere Feststellungen zum konkreten Inhalt der Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Grafen S.     zu treffen. Der Auffassung des Berufungsgerichts, der Anlageberater habe (als solcher) seine Vertragspflichten „neutral“, nämlich anleger- und objektgerecht zu erfüllen und dürfe sich dabei nicht von eigenen finanziellen Interessen leiten lassen, und dem vom Berufungsgericht darauf gestützten Schluss, dass schon aus diesem Grund eine Aufklärungspflicht der [X.]n auch dann bestanden habe, wenn [X.]      als Anlageberater für die Klägerin tätig geworden sei, kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Die bloße - nicht näher konkretisierte - Annahme, der [X.] sei (möglicherweise) als Anlageberater für den Anleger tätig geworden, reicht für die Feststellung eines eine Aufklärungspflicht des die Provision zahlenden Vertragspartners des Anlegers begründenden Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und dem [X.] nicht aus. Dem allein lässt sich nicht entnehmen, dass der [X.] ähnlich einem Vermögensverwalter verpflichtet war, die Interessen des Anlegers so wahrzunehmen, dass durch die Provisionsvereinbarung das Interesse des Anlegers an einer sachgerechten, durch eigene Erwerbsinteressen seines Beraters unbeeinflussten Anlageempfehlung erheblich gefährdet war.

(2) Wie der III. Zivilsenat des [X.] - nach Erlass des Berufungsurteils - entschieden hat, besteht für einen nicht bankmäßig gebundenen, freien Anlageberater - soweit nicht § 31d des Wertpapierhandelsgesetzes eingreift - jedenfalls dann keine Verpflichtung gegenüber seinem Kunden, ungefragt über eine von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wenn der Kunde selbst keine Provision an den Berater zahlt und offen ein [X.] oder Kosten für die [X.] ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die [X.] aufgebracht werden ([X.], Urteil vom 15. April 2010 - [X.], [X.]Z 185, 185; Urteil vom 3. März 2011 - [X.], [X.], 607; s.a. [X.], Beschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 855 Rn. 28 ff.). Maßgebend hierfür ist die Erwägung, dass es für einen Anleger, der sich durch einen freien Anlageberater beraten lässt und diesem selbst keinerlei Entgelt oder Provision zahlt, regelmäßig auf der Hand liegt, dass der Anlageberater von der [X.] (gegebenenfalls vermittelt über einen Hauptvertriebsbeauftragten) [X.] erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die [X.] gezahlten Betrag entnommen werden.

(3) Schon aus diesem Grunde genügte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Annahme, [X.]     sei (jedenfalls) als Anlageberater der Klägerin tätig geworden, nicht. Soweit das Berufungsgericht beiläufig auch darauf abstellt, dass [X.]      tatsächlich als von der Klägerin vergüteter Anlageberater tätig geworden sein könne, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Für welche konkreten Leistungen [X.]       etwaige Vergütungen von der Klägerin, für die er nach den tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zum damaligen Zeitpunkt in [X.] unterstützend tätig war, erhalten hat, lässt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Es kann daher hier offen bleiben, unter welchen Voraussetzungen der Umstand, dass der [X.] (hier: [X.]     ) auch von dem Anleger eine Vergütung erhält, eine Aufklärungspflicht des Vertragspartners des Anlegers (hier: der [X.]n) über die von ihm gezahlte Provision begründet oder zu deren Begründung zumindest beitragen kann.

2. Das Berufungsurteil kann auch nicht mit der weiteren Begründung des Berufungsgerichts aufrecht erhalten werden, die [X.] habe ihre vorvertraglichen Pflichten verletzt, indem sie der Klägerin wahrheitswidrig vorgespiegelt habe, sie habe für die Hauptbeteiligung selbst ein [X.] zu tragen.

a) Die Feststellung des Berufungsgerichts, die [X.] sei nicht mit einem [X.] für die Hauptbeteiligung belastet worden, ist allerdings revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

b) Wurde die [X.] von vornherein nicht mit einem [X.] für die Hauptbeteiligung belastet, konnte das von der Klägerin zu zahlende [X.] entgegen § 3 Nr. 1 Satz 2 des [X.] nicht der Aufbringung des [X.] für die Hauptbeteiligung dienen. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen genügen jedoch nicht, um insoweit eine für die Anlageentscheidung der Klägerin ursächliche Pflichtverletzung der [X.]n annehmen zu können.

aa) Das [X.], auf dessen Entscheidung das Berufungsgericht sich bei der Annahme einer Pflichtverletzung bezogen hat, war zu dem Schluss gekommen, die [X.] habe das Aufgeld letztlich nicht anders als eine Eigenprovision behandelt und sei deshalb „als Bank“ gehalten gewesen, den Anleger über selbst vereinnahmte Provisionen zu unterrichten. Diese Auffassung ist rechtsfehlerhaft.

Allerdings ist nach der Rechtsprechung des [X.] eine Bank verpflichtet, einen Anleger über an sie fließende Rückvergütungen aufzuklären, wenn zwischen ihr und dem Kunden ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Diese Aufklärung ist notwendig, um dem Kunden einen insofern bestehenden Interessenkonflikt der Bank offen zu legen und ihm die Beurteilung zu ermöglichen, ob die Bank ihm eine bestimmte Anlage nur deswegen empfiehlt, weil sie selbst daran verdient (vgl. [X.], Urteil vom 19. Dezember 2006 - [X.], [X.]Z 170, 226 Rn. 23; Beschluss vom 20. Januar 2009 - [X.], [X.], 455 Rn. 12 f.; Urteil vom 27. Oktober 2009 - [X.], [X.], 2380 Rn. 31; Beschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 855 Rn. 20). Im Streitfall hat das Berufungsgericht eine Verpflichtung der [X.]n zur Beratung der Klägerin aber nicht festgestellt. Die Revisionserwiderung macht auch nicht geltend, dass eine Beratungspflicht der [X.]n bestanden habe. Die Anlageempfehlung, der die Klägerin gefolgt ist, stammte nicht von der [X.]n, sondern von dem Grafen S.

bb) Das Berufungsgericht hat auch nicht hinreichend berücksichtigt, dass die [X.] eine ihr von der [X.] aus dem [X.] gewährte Vergütung nicht hätte offenlegen müssen. Für die Klägerin war erkennbar, dass das für die Hauptbeteiligung aufzubringende [X.] den Kapitalstock nicht vermehrt und u.a. der Abdeckung von Vertriebskosten dient. Die auf dieser Grundlage einzuschätzenden Erfolgsaussichten der Anlage wurden durch eine auf die [X.] entfallende Vergütung in Höhe des [X.] nicht erkennbar berührt. Aus § 1 Nr. 4 des [X.] konnte die Klägerin im Übrigen entnehmen, dass der [X.]n eine als Platzierungsprovision bezeichnete Vergütung zufließt, die sie nicht an die Klägerin als Unterbeteiligte weiterreichen musste.

Für die Anlageentscheidung der Klägerin hat die zahlungstechnische Unterscheidung danach, ob die [X.] aus dem [X.] für die Hauptbeteiligung (nach dessen Bezahlung) vergütet oder ob sie im Voraus von der Bezahlung des [X.] befreit wird, keine erkennbare Bedeutung. Anders verhielte es sich insbesondere dann, wenn zu der Entlastung der [X.]n Vergütungen hinzukämen, mit denen die Klägerin nach dem Unterbeteiligungsvertrag in der Summe nicht rechnen musste. Derartige Umstände, nach denen der Nachlass des [X.] zu einer mit dem Unterbeteiligungsvertrag nicht mehr zu vereinbarenden Begünstigung der [X.]n führen würde, hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt.

III. [X.] ist danach unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass die [X.] verpflichtet war, die Klägerin über die Provisionsvereinbarung mit [X.]      aufzuklären, so könnte sich die [X.] nicht auf einen unvermeidbaren Rechtsirrtum berufen. Sie musste eine aufgrund ihrer Beteiligung an der Provisionsvereinbarung mit [X.]      möglicherweise bestehende Verpflichtung zur Aufklärung der Klägerin in Betracht ziehen.

2. Ein Verschulden der [X.]n könnte auch nicht mit der Begründung verneint werden, die [X.] habe gemäß § 708 [X.] nur für diejenige Sorgfalt einstehen müssen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflege. Die Haftungsmilderung nach § 708 [X.] gilt im vorvertraglichen Stadium jedenfalls dann nicht, wenn die Pflichtverletzung in einer Fehlinformation oder einer [X.] besteht, die den Geschädigten zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages erst bewogen hat (vgl. [X.]/Habermeier, [X.], Neubearb. 2003, § 708 Rn. 2; [X.]/[X.], 5. Aufl., § 311 Rn. 282; [X.]/[X.], [X.], 70. Auflage, § 708 Rn. 2).

3. Bei erneuter Annahme eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht wird das Berufungsgericht hinsichtlich der Höhe des Schadens folgendes zu beachten haben:

a) Grundsätzlich ist der Schadensersatzanspruch eines unzutreffend oder unzureichend informierten Anlegers aus Verschulden bei Vertragsschluss umfassend darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als hätte er die Anlageentscheidung nicht getroffen. Geschützt wird das Recht des Anlegers, in freier Willensentscheidung zutreffend informiert unter Abwägung der bestehenden Chancen und Risiken über die Verwendung seines Vermögens selbst zu bestimmen. Auf einen Schaden im Sinne fehlender Werthaltigkeit der Beteiligung kommt es nicht an. Der Anleger kann grundsätzlich Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und Ersatz seiner im Zusammenhang mit dem Vertrag stehenden Aufwendungen verlangen ([X.], Urteil vom 5. Juli 1993 - [X.], [X.]Z 123, 106, 111 ff.; Urteil vom 31. Mai 2010 - [X.], [X.], 1397, Rn. 19).

Aus diesen Grundsätzen folgt jedoch nicht, dass der Schadensersatzanspruch des Anlegers auch den Ausgleich von Nachteilen umfasst, die der Anleger erleidet, weil schon der Versuch, den Anlagebetrag dem Partner des [X.] zur Verfügung zu stellen, (teilweise) fehlschlägt. Das Recht des Anlegers, zutreffend informiert in freier Willensentscheidung über die Verwendung seines Vermögens bestimmen zu können, wird durch die Investition in eine Kapitalanlage beeinträchtigt, für die er sich bei zutreffender Information nicht entschieden hätte. Der Schutzzweck der Aufklärungspflicht umfasst nicht den Ersatz von Verlusten, die zwar aus Anlass des [X.] aber unabhängig von seinem Inhalt und Gegenstand im Zuge des Geldtransfers eintreten und auf Umstände zurückzuführen sind, die - wie die Untreuehandlungen eines von dem Anleger beauftragten [X.] - der Sphäre des Anlegers zuzuordnen sind.

b) Nach der für Schadensersatzansprüche aller Art anerkannten Schutzzwecklehre besteht eine Schadensersatzpflicht nur dann, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzten Norm oder Pflicht fällt. Zu ersetzen sind lediglich die Schäden, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, vor denen die betreffende Verhaltenspflicht schützen soll ([X.], Urteil vom 22. April 1958 - [X.],  [X.]Z 27, 137, 143; Urteil vom 6. Mai 1999 - [X.], NJW 1999, 3203, 3204; Urteil vom 6. Juni 2002 - [X.], [X.], 1453, 1454; Urteil vom 11. Januar 2005 - [X.], NJW 2005, 1420, 1421 f.; [X.]/ [X.], [X.], Neubearb. 2005, § 249 Rn. 27; [X.], [X.], 5. Aufl., § 249 Rn. 118; [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., vor § 249 Rn. 29). Dies gilt auch dann, wenn der Schaden letztlich durch das vorsätzliche Fehlverhalten eines [X.] herbeigeführt wurde (vgl. [X.], Urteil vom 3. Oktober 1978 - [X.], NJW 1979, 712 f.; Urteil vom 26. Januar 1989 - [X.], [X.]Z 106, 313, 316 f.; [X.], [X.], 12. Aufl., vor § 249 Rn. 59; [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., vor § 249 Rn. 49; s.a. [X.]/ [X.], [X.], Neubearb. 2005, § 249 Rn. 61: [X.], [X.], 5. Aufl., § 249 Rn. 152). Der Nachteil muss zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang stehen, eine bloß zufällige äußere Verbindung genügt nicht ([X.], Urteil vom 14. März 1985 - [X.], [X.] 1985, 1143, 1148).

Die Pflicht, über eine Provisionsvereinbarung aufzuklären, dient zwar auch dazu, dem Anleger wegen seines Interesses am Erfolg des in Aussicht genommenen [X.] Informationen über die Vertrauenswürdigkeit seines Beraters im Hinblick auf die Qualität der Anlageempfehlung zu vermitteln (vgl. zu diesem Gesichtspunkt [X.], Urteil vom 19. Dezember 2000 - [X.], [X.]Z 146, 235, 240). Ein Schaden, der dem Anleger durch die Veruntreuung der dem Berater zu Anlagezwecken anvertrauten Gelder entsteht, stammt jedoch nicht aus dem Bereich der Gefahren, vor denen die Pflicht zur Aufklärung über eine Provisionszahlung schützen soll.

[X.]                Caliebe                   Drescher

             Born                      Sunder

Meta

II ZR 39/10

20.09.2011

Bundesgerichtshof

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 18. Januar 2010, Az: 19 U 3194/09, Urteil

§ 280 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.09.2011, Az. II ZR 39/10 (REWIS RS 2011, 3268)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3268

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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