Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2015, Az. V ZB 201/14

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 2060

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

V [X.]
vom
19. November 2015
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 727 Abs. 1; § 1148 Satz 1; ZPO § 727 Abs. 1
Bei der Vollstreckung in das Grundstück einer [X.] gelten die (noch) im Grundbuch eingetragenen (bisherigen) Gesellschafter grundsätzlich auch dann in entsprechender Anwendung von §
1148 Satz 1, §
1192 Abs. 1 [X.] als Gesellschafter der Schuldnerin, wenn diese durch den Tod eines eingetragenen Gesellschafters aufgelöst worden ist (im [X.] an Senat, Beschluss vom 2.
Dezember 2010 -
V [X.], [X.], 344 ff.; Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 -
V [X.], NJW 2011, 1449 ff.).
[X.], Beschluss vom 19. November 2015 -
V [X.] -
LG [X.]

[X.]

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2
-

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. November 2015
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, [X.]
Czub
und
die Richterinnen Dr.
Brückner,
Weinland und
Haberkamp

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde
gegen den Beschluss der Zivilkammer 82 des [X.] vom 29. Oktober 2014 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt .

Gründe:
I.

Im Jahr 1987 erwarben
W. [X.]

, [X.] [X.] , C. [X.] und M. [X.] in [X.] das im Eingang dieses Beschlusses genannte Grundstück.
Mit Urkunde vom 2. Oktober 1987
bestellten die genannten
Gesellschafter eine Grundschuld in Höhe von 975.000 DM zugunsten der Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 2 (Gläubigerin)
und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise, dass die Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer zulässig ist.
[X.] [X.] verstarb im Jahr
2009 und wurde von M. [X.] beerbt. Besondere Vereinbarungen hatten die Gesellschafter für die GbR nicht getroffen.

Als Eigentümer des Grundstücks sind derzeit K

. [X.] , C. [X.] und M. [X.] in [X.] im Grundbuch eingetragen. Im 1
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Jahr 2013 wurde die Vollstreckungsklausel auf die jetzige
Gläubigerin umgeschrieben und unter Aufrechterhaltung der persönlichen Haftung gegen die aus [X.] [X.] , C. [X.] und M. [X.] bestehende GbR
erteilt. [X.] ordnete das Amtsgericht
die Zwangsversteigerung des Grundstücks mit Beschluss vom 9. April 2014 wegen der dinglichen Ansprüche aus der Grundschuld zunächst an,
stellte sie aber mit Beschluss vom 17. April 2014 gemäß §
28 [X.] unter Hinweis auf die Auflösung der GbR
durch den Tod von [X.] [X.] wieder ein.

Mit Beschluss vom 31. Juli 2014 hat das Amtsgericht
den Ein-stellungsbeschluss vom 17. April 2014 auf die Erinnerung der Gläubigerin [X.]. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der GbR (Schuldnerin)
hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Schuldnerin die Zurückweisung der Erinnerung erreichen. Die Gläubigerin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

II.

Das [X.] verneint ein Vollstreckungshindernis im Sinne
von
§
28 [X.]. Obwohl der Titel die bereits verstorbene [X.] [X.] als Gesellschafterin aufführe, müsse er nicht analog §
727 ZPO auf die jetzigen Gesellschafter umgeschrieben
und diesen zugestellt werden. Da das Grundbuch noch nicht berichtigt worden sei, stimme der in der [X.] aufgeführte Gesellschafterbestand mit den im Grundbuch aufgeführten Gesellschaftern überein. Die eingetragenen Gesellschafter gälten in entsprechender Anwendung von
§
1148 Satz 1, § 1192 Abs. 2 [X.] im Verhältnis zu der Gläubigerin als Gesellschafter der Schuldnerin. Hieran ändere die durch den Tod von [X.] [X.] gemäß §
727 Abs. 1 [X.] eingetretene Auflösung der
GbR nichts. Als Liquidationsgesellschaft sei diese
weiterhin 3
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existent (§ 730 Abs. 2 [X.]). Eine
vollständige
Auseinandersetzung und Abwicklung sei noch nicht erfolgt.
III.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Zu Recht nimmt
das Beschwerdegericht an, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsversteigerung bei Erlass des [X.] vorgelegen haben.

a) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist der Antrag der Gläubigerin auf Anordnung der Zwangsversteigerung nicht gegen die Gesellschafter C. [X.] und M. [X.] , sondern ausdrücklich gegen die GbR
gerichtet; die Gläubigerin hat lediglich bezogen auf die zu dieser gehörenden Gesellschafter mitgeteilt, dass [X.] [X.] verstorben sei.

b) [X.] vom 2. Oktober 1987 erlaubt die Vollstreckung in das Vermögen der GbR als Schuldnerin. Die Grundschuld, die die Schuldnerin darin der Gläubigerin bestellt hat, ist nach
§ 800 ZPO
vollstreckbar. Ob die erforderliche Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz von der Schuldnerin als Verband oder von den für sie handelnden
(sämtlichen)
Gesellschaftern persönlich erklärt worden ist, ist ohne Bedeutung. Die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ist auch auf Grund einer durch diese
persönlich erklärten Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen möglich (näher Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 -
V
[X.], [X.], 344 Rn. 6
mwN).

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bedarf es einer Rechtsnachfolgeklausel aufgrund des Todes von [X.] [X.] nicht.
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aa) Nach der Rechtsprechung des Senats gelten bei der Vollstreckung in das Grundstück einer GbR in entsprechender Anwendung von § 1148 Satz 1, §
1192 Abs. 2 [X.] die eingetragenen Gesellschafter zugunsten des Gläubigers als Gesellschafter der Schuldnerin, wenn ein Gesellschafterwechsel noch nicht in das Grundbuch eingetragen worden ist. Einer Rechtsnachfolgeklausel analog §
727 ZPO bedarf es nicht, wenn die in dem Titel aufgeführten Gesellschafter der GbR bei Anordnung der Zwangsversteigerung mit den im Grundbuch eingetragenen Gesellschaftern übereinstimmen (näher zum
Ganzen Senat, Beschluss vom 2.
Dezember 2010 -
V [X.], [X.]Z
187,
344
Rn.
21; Beschluss vom 24.
Februar
2011 -
V [X.], NJW 2011, 1449
Rn. 14
ff.). Dies hat der Senat jedenfalls unter der Voraussetzung angenommen, dass die GbR
weiterhin besteht (Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 -
V
[X.]
253/10, NJW 2011, 1449 Rn.
16, 18
a.E.).

bb)
Die (noch)
im Grundbuch
eingetragenen (bisherigen) Gesellschafter gelten grundsätzlich auch dann
in entsprechender Anwendung von
§ 1148 Satz 1, §
1192 Abs. 1
[X.]
als Gesellschafter der Schulderin, wenn diese
durch den Tod eines eingetragenen Gesellschafters gemäß §
727 Abs. 1 [X.] aufgelöst worden ist.

(1) Die Folgen einer Auflösung der GbR gemäß § 727 Abs.
1 [X.] richten sich nach den §§ 730 ff. [X.]. Gemäß § 730 Abs. 2 Satz 1 [X.] gilt die Gesellschaft
bis zum Abschluss der Liquidation als fortbestehend. Entgegen dem Wortlaut der Norm handelt es sich nicht lediglich um eine Fiktion (Henssler/Strohn/Kilian, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 730 [X.] Rn.
6; Soergel/[X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., § 730 Rn. 1). Vielmehr bewahrt die [X.] in personen-
und vermögensrechtlicher Hinsicht. Auch ihre Rechtsfähigkeit als Außengesellschaft besteht unverändert fort
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(MüKo[X.]-Schäfer, 6. Aufl., § 730 Rn. 24). Lediglich der Gesellschaftszweck verändert sich, da er
nunmehr auf Auseinandersetzung gerichtet
ist (vgl. Senat, Urteil vom 8. März 1966 -
V [X.], [X.], 639, 640).
Im Verhältnis zu Dritten treten deshalb, abgesehen von den Auswirkungen auf Geschäftsführung und Vertretung, keine Änderungen durch die Auflösung ein (vgl. MüKo[X.]-Schäfer, 6.
Aufl., § 730 Rn. 24; Soergel/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 730 Rn. 18).

(2) Da die GbR fortbesteht, verändern sich die Anforderungen an den Nachweis ihrer Identität nicht. Es geht nicht um den Nachweis ihrer
Existenz; nur insoweit hat der Senat die entsprechende Anwendung von §
1148 Satz 1, §
1192 Abs. 2 [X.] zugunsten des Gläubigers als zweifelhaft bezeichnet, ohne dies
jedoch abschließend zu entscheiden
(vgl. Senat, Beschluss vom 24.
Februar 2011 -
V [X.], NJW
2011, 1449 Rn. 16, 18 a.E.).

(3) Daran gemessen ist hier die Identität der Gesellschaft nachgewiesen, weil der aus dem Grundbuch ersichtliche Gesellschafterbestand mit demjenigen übereinstimmt, der aus dem Titel
hervorgeht, und zwei Gesellschafter verblieben sind.
Wie es sich bei einer nur aus zwei Personen bestehenden GbR verhielte, wenn der verstorbene von dem verbliebenen Gesellschafter beerbt wird und infolgedessen die Gesellschaft beendet wird
(vgl. Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 -
V [X.], NJW 2011, 1449 Rn. 13; Soergel/[X.]/[X.], [X.], 13.
Aufl., § 727 Rn.
1), bedarf keiner Entscheidung; dies gilt auch für die Frage,
wie zu verfahren wäre, wenn das Grundbuch den früheren und der Titel den aktuellen Gesellschafterbestand auswiese (offen gelassen in dem
Beschluss des Senats vom 23. Oktober 2013 -
V [X.] 166/11, juris).

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2. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde
ferner, dass der am 30.
September 2013 auf die Gläubigerin umgeschriebene Titel nicht gemäß §
750 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß zugestellt worden
sei. Die Zustellung ist an
C. [X.] sowie an M. [X.] erfolgt, der zugleich Gesamtrechtsnachfolger
von [X.]

[X.] ist. Mangels
besonderer
vertraglicher
Vereinbarungen
waren sowohl vor (§ 709 Satz
1 [X.]) als auch nach der Auflösung (§ 730 Abs. 2 Satz
2 Halbsatz 2 [X.]) der GbR alle Gesellschafter
geschäftsführungsbefugt. Infolgedessen
genügte gemäß §
170 Abs.
3 ZPO jedenfalls die Zustellung an M. [X.] (vgl. Senat, Beschluss vom 6.
April 2006 -
V [X.] 158/05, [X.] 2006, 777, 778).

3. Aus denselben Gründen ist auch der [X.] wirksam zugestellt worden.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Diese Norm ist hier anwendbar, weil sich die Beteiligten bei dem Streit um die Fortsetzung der Zwangsversteigerung ähnlich wie in einem kontradiktorischen Verfahren

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gegenüberstehen (Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 -
V [X.] 125/05, [X.]Z 170, 378 Rn. 8).

Stresemann

Czub

Brückner

Weinland

Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.07.2014 -
76 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 29.10.2014 -
82 [X.] -

Meta

V ZB 201/14

19.11.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2015, Az. V ZB 201/14 (REWIS RS 2015, 2060)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2060

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZB 201/14

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