Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2007, Az. VIII ZR 285/06

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 2817

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] ZR 285/06 Verkündet am: 18. Juli 2007 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 558 Bei der Berechnung der Jahresfrist nach § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB bleiben nach Satz 3 auch solche Mieterhöhungen unberücksichtigt, die auf den in § 559 BGB ge-nannten Gründen beruhen, jedoch einvernehmlich von den Parteien vereinbart [X.] sind (im [X.] an [X.], Urteil vom 28. April 2004 - [X.], NJW 2004, 2088). [X.], Urteil vom 18. Juli 2007 - [X.]/06 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2007 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] [X.] sowie die Richterinnen [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] - 2. Zivilkammer - vom 13. Oktober 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten über die Berechtigung eines Mieterhöhungsverlan-gens nach § 558 BGB. 1 Die [X.] haben von der Klägerin eine 58,97 qm große Wohnung in [X.]gemietet. Die Miete betrug zuletzt 252,29 • zuzüglich Nebenkosten. 2 Mit Schreiben vom 25. März 2003 machte die Klägerin wegen im [X.] dargelegter Modernisierungsmaßnahmen eine auf § 559 BGB gestützte Mieterhöhung um monatlich 51,30 • mit Wirkung ab 1. Juni 2003 geltend. Die [X.] zahlten am 21. Juli 2003 einen Betrag von 49,54 • mit der Tilgungs-bestimmung "[X.]" sowie ab August 2003 eine um 3 - 3 - 24,77 • monatlich erhöhte Miete. Auf schriftliche Aufforderungen der Klägerin, die Zuordnung der Zahlung näher zu erläutern oder aufzuschlüsseln, reagierten die [X.] nicht. Sie entrichteten jedoch weiterhin monatliche Mietzahlungen von 277,06 •, also jeweils zusätzlich 24,77 • über die bisherige Miete hinaus. 4 Mit Schreiben vom 25. Mai 2004 teilte die Klägerin den [X.] mit, dass die von ihnen gezahlte Miete unter der ortsüblichen Vergleichsmiete von 5,13 • je qm liege und forderte sie gemäß § 558 BGB auf, einer Erhöhung der Nettomiete um 25,47 • auf nunmehr 302,52 • zuzustimmen. Dabei legte sie - unter Hinweis darauf, dass die [X.] die vorangegangene Mieterhöhung wegen der durchgeführten Modernisierung durch Zahlung teilweise (in Höhe von 24,77 •) anerkannt hätten - eine bisherige Nettomiete von 277,06 • (4,70 • je qm) zugrunde. Die [X.] stimmten der Mieterhöhung nicht zu. Das Amtsgericht hat die auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage abgewiesen, das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückge-wiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klä-gerin ihr Begehren weiter. 5 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: 6 Ein Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zur Mieterhöhung scheitere bereits daran, dass im Zeitpunkt der Geltendmachung des Mieterhöhungsver-langens die letzte Mieterhöhung noch kein Jahr zurückgelegen habe und das 7 - 4 - Mieterhöhungsverlangen deshalb unwirksam sei. Denn die Klägerin habe erst durch das Mieterhöhungsverlangen vom 25. Mai 2004 das in der Zahlung einer um 24,77 • erhöhten Miete liegende Angebot der [X.] auf Erhöhung der Grundmiete um diesen Betrag angenommen; dadurch sei eine übereinstim-mende Änderung der Miethöhe im Sinne von § 557 Abs. 1 BGB eingetreten. Diese Anhebung der Miete durch Änderungsvertrag sei nicht als Mieterhöhung gemäß §§ 559 bis 560 BGB anzusehen und falle deshalb nicht unter die [X.] des § 558 Abs. 1 Satz 3 BGB. Die vom [X.] in seiner Entscheidung vom 28. April 2004 - [X.], NJW 2004, 2088 aufgestellten Rechtsgrundsätze seien wegen der vom Gesetzgeber bei der Neufassung des Mietrechts vorgenommenen [X.] Änderungen nicht mehr anwendbar. Durch den Wortlaut des § 557 Abs. 3 BGB und die systematische Stellung des § 557 Abs. 1 BGB im [X.] zu § 557 Abs. 3 BGB werde klargestellt, dass eine einvernehmliche Ände-rung der Miete etwas grundsätzlich anderes sei als die im Grunde einseitig durchsetzbare Mieterhöhung nach §§ 558 bis 560 BGB. Dies gelte [X.] für die Mieterhöhung wegen Modernisierung nach § 559 BGB; insoweit habe der Gesetzgeber im Rahmen des Mietrechtsreformgesetzes die Befugnis des Vermieters zur einseitigen Mieterhöhung sprachlich klargestellt. Der [X.] habe mithin die einvernehmliche Regelung bei Vergleichsmietenerhöhun-gen durch die Formulierung des § 558 BGB unter voller Beachtung der Schutz-würdigkeit des Vermieters befördern wollen, während er eine solche Vorge-hensweise bei Mieterhöhungen nach § 559 BGB nicht für angebracht erachtet habe. 8 - 5 - I[X.] 9 Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein [X.] auf Zustimmung der [X.] zu der mit Schreiben vom 25. Mai 2004 verlangten Mieterhöhung kann nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden. 10 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Parteien hätten eine Mieterhöhung um 24,77 • durch schlüssiges Verhalten vertraglich vereinbart. Die Auslegung des [X.], in den Teilzahlungen der [X.] im [X.] an das Mieter-höhungsschreiben der Klägerin vom 25. März 2003 liege ein Angebot auf [X.] der Miete um diesen Betrag, das die Klägerin durch ihr Schreiben vom 25. Mai 2004 angenommen habe, ist als tatrichterliche Würdigung einer Indivi-dualvereinbarung in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüfbar. Sie kann nur insoweit nachgeprüft werden, als gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder [X.] verletzt worden sind ([X.], Urteil vom 13. Dezember 1990 - [X.], [X.], 495, unter I 3 a; [X.] 135, 269, 273; 154, 132, 133). [X.] Fehler zeigt die Revision nicht auf. Das vom Tatrichter gefundene Ergebnis ist möglich und daher für die Revisionsinstanz bindend (vgl. [X.], Urteil vom 25. Februar 1992 - [X.], NJW 1992, 1967, unter II 3 a). 2. Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin ist jedoch davon auszugehen, dass die Parteien mit dieser vertragli-chen Regelung Modernisierungsaufwendungen der Klägerin auf die [X.] umgelegt haben, die auch eine entsprechende förmliche Mieterhöhung nach § 559 BGB gerechtfertigt hätten. Entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts gilt die in § 558 Abs. 1 Satz 3 BGB vorgesehene Ausnahme für Mieterhö-11 - 6 - hungen nach §§ 559 bis 560 BGB auch für eine einvernehmliche Mieterhöhung wegen vom Vermieter durchgeführter Modernisierungsmaßnahmen. 12 a) Der Wortlaut des § 558 Abs. 1 Satz 3 BGB, der nicht allgemein auf ei-ne Anhebung der Miete wegen umlegbarer Modernisierungsmaßnahmen, son-dern auf Erhöhungen nach §§ 559 bis 560 BGB Bezug nimmt, könnte zwar [X.] sprechen, dass auf eine Erhöhung aufgrund eines einseitigen Mieterhö-hungsverlangens abzustellen ist. Eine solche allein am Wortlaut orientierte Aus-legung würde aber dem Sinn und Zweck des § 559 BGB nicht gerecht. Diese Vorschrift verfolgt - ebenso wie die frühere entsprechende Regelung in § 3 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe ([X.]) - aus wohnungs-, wirtschafts- und umweltpolitischen Gründen den Zweck, die Modernisierung vorhandenen alten Wohnbestandes zu fördern. Deshalb wird dem Vermieter ein Anreiz zur Vornahme von wünschenswerten Modernisierungsmaßnahmen durch die Privi-legierung der damit zusammenhängenden Kosten gegeben (vgl. Senatsurteil vom 28. April 2004 - [X.], NJW 2004, 2088, unter [X.], zu § 3 [X.]). Mit der im Rahmen des Mietrechtsreformgesetzes erfolgten Eingliede-rung der Bestimmungen des [X.] in das Bürgerliche Gesetzbuch war eine Än-derung der mit § 3 [X.] verfolgten gesetzgeberischen Zielsetzung nicht [X.] (vgl. [X.]. 14/4553 S. 58). Die Privilegierung dieser Kosten hat ihren sachlichen Grund in der erwünschten Modernisierung des Wohnungsbestan-des, nicht in der Art und Weise der rechtlichen Umsetzung - einseitiges Mieter-höhungsverlangen oder vertragliche Regelung - einer hierauf gestützten Miet-erhöhung. Die vom Gesetzgeber als privilegiertes Merkmal für die Bemessung der Miete ausgestatteten Modernisierungskosten sollen deshalb nicht durch die Jahresfrist (§ 558 Abs. 1 Satz 2) oder die Kappungsgrenze (§ 558 Abs. 3 BGB) teilweise wieder "neutralisiert" werden (Senatsurteil vom 28. April 2004, aaO, zu §§ 2, 3 [X.]). - 7 - b) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Gesetzgeber habe durch die im Rahmen des Mietrechtsreformgesetzes vorgenommenen Änderungen die Frage, ob auch eine vertragliche Mieterhöhung wegen umlagefähiger Moderni-sierungskosten die Jahressperrfrist auslöse, im Sinne der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung geregelt, findet im Gesetzgebungsverfahren keine Stüt-ze und lässt sich auch nicht mit der Systematik des Gesetzes begründen. 13 aa) Wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkennt, handelt es sich bei den geringfügigen sprachlichen Anpassungen, die in §§ 558 bis 560 BGB gegenüber den entsprechenden Bestimmungen des Gesetzes zur Rege-lung der Miethöhe vorgenommen wurden, um redaktionelle Änderungen, mit denen eine inhaltliche Umgestaltung nicht beabsichtigt war. Die [X.] beschäftigen sich auch nicht mit der Frage, ob eine einvernehmliche Mieterhöhung wegen Modernisierung im Rahmen der Jahressperrfrist oder der Kappungsgrenze zu berücksichtigen ist (vgl. [X.]. 14/4553 S. 54 und 87 f.). 14 [X.]) Mit der Voranstellung der Mieterhöhungen kraft Parteivereinbarung in § 557 Abs. 1 und Abs. 2 BGB soll nach der Intention des Gesetzgebers das grundsätzlich auch für Mieterhöhungen geltende Prinzip der Vertragsfreiheit und Privatautonomie im Interesse der Streitvermeidung hervorgehoben und einvernehmlichen Vertragsänderungen grundsätzlich der Vorzug eingeräumt werden ([X.]. 14/4553 S. 52). Mit dieser Zielrichtung des Gesetzgebers ist die Auffassung des Berufungsgerichts, auch eine wegen umlagefähiger Moder-nisierungsmaßnahmen des Vermieters einvernehmlich herbeigeführte Mieter-höhung löse die Jahressperrfrist aus, nicht zu vereinbaren. Sie würde den [X.] im Ergebnis dazu zwingen, Mieterhöhungen wegen Modernisierung aus-schließlich auf förmlichem Weg und notfalls gerichtlich durchzusetzen, nur um sich die Möglichkeit einer Anpassung der Miete nach § 558 BGB zu erhalten (vgl. Senatsurteil vom 28. April 2004, aaO). 15 - 8 - 3. Das Urteil des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Entgegen der Auffassung der Revisionserwi-derung kommt es für die Frage, ob eine nicht unter die Jahressperrfrist des § 558 Abs. 1 Satz 2 BGB fallende Vereinbarung einer Mieterhöhung wegen Modernisierung vorliegt, nicht darauf an, ob der Vereinbarung ein formell wirk-sames Mieterhöhungsverlangen gemäß § 559 BGB vorausgegangen ist und ob die Parteien geregelt haben, wie sich der letztlich vereinbarte Erhöhungsbetrag, der hinter dem ursprünglichen Mieterhöhungsverlangen des Vermieters [X.], auf die einzelnen von der Klägerin durchgeführten [X.] verteilt. 16 Erforderlich ist lediglich, dass der Vermieter die wegen der Modernisie-rung vereinbarte Mieterhöhung in dieser Höhe auch einseitig nach § 559 BGB hätte durchsetzen können. Das ist nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin hier der Fall. Dass die einvernehmliche [X.] der Miete wegen der vom Vermieter zuvor durchgeführten Modernisie-rungsmaßnahmen erfolgt ist, wird im Übrigen regelmäßig anzunehmen sein, wenn sich die Parteien - wie hier - im [X.] an ein Mieterhöhungsbegehren nach § 559 BGB auf einen Teilbetrag der zunächst vom Vermieter verlangten Mietsteigerung geeinigt haben. 17 II[X.] Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand ha-ben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur End-entscheidung reif, weil das Berufungsgericht - auf der Grundlage der von ihm vertretenen Auffassung folgerichtig - keine Feststellungen zu der einseitigen Durchsetzbarkeit einer Mieterhöhung in Höhe des vereinbarten Betrags nach § 559 BGB und zu den weiteren Voraussetzungen des § 558 BGB getroffen 18 - 9 - hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Ball [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 30.08.2005 - 1 C 784/04 - [X.], Entscheidung vom 13.10.2006 - 2 S 110/05 -

Meta

VIII ZR 285/06

18.07.2007

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2007, Az. VIII ZR 285/06 (REWIS RS 2007, 2817)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 2817

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