Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.02.2011, Az. XII ZR 11/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 9875

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 11/09
Verkündet am:

2. Februar 2011

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§
242
Ba, 313, 1408
Hält ein ehevertraglich vereinbarter Verzicht auf nachehelichen Unterhalt der richter-lichen [X.] nicht stand, so muss die anzuordnende Rechtsfolge im Lichte des Unterhaltsrechts und damit auch der zum 1.
Januar 2008 in [X.] getrete-nen Unterhaltsrechtsreform und deren Änderungen gesehen werden. Deshalb ist zu berücksichtigen, dass §
1570 [X.] nur noch einen auf drei Jahre begrenzten Basis-unterhalt vorsieht, der aus kind-
und elternbezogenen Gründen verlängert werden kann.
[X.], Urteil vom 2. Februar 2011 -
XII ZR 11/09 -
[X.] [X.]

AG -
[X.]-Schöneberg

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 2.
Februar 2011
durch die Vorsitzende [X.]in Dr.
Hahne
und die [X.]
Weber-Monecke,
Dr.
Klinkhammer,
Schilling
und Dr. Günter
für Recht erkannt:
Die Revision der Antragsgegnerin gegen das Urteil des 3.
Zivilsenats -
[X.] für Familiensachen
-
des [X.]s in [X.] vom 20.
August 2008 wird zurückgewiesen.
Auf die Revision des Antragstellers wird das vorgenannte Urteil aufgehoben, soweit der Antragsteller über den 31.
Januar 2012
hinaus zur Zahlung nachehelichen Unterhalts verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur weiteren Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt.
Der 1966 geborene Antragsteller und die 1965 geborene [X.], die beide [X.] Staatsangehörige sind, heirateten am 20.
Mai 1994. Aus der Ehe sind drei Kinder, geboren am 2.
September 1996, 1.
Mai 1998 und 14.
Januar 2002, hervorgegangen, die bei der Mutter leben. Am 19.
Mai 1994 1
2
-
3
-
hatten
die Parteien einen Ehevertrag geschlossen, durch den sie den Güter-stand der Gütertrennung vereinbarten, den Versorgungsausgleich ausschlos-sen und für den Fall der Scheidung wechselseitig auf Unterhalt verzichteten. Für den Scheidungsfall verpflichtete sich der Antragsteller, der Antragsgegnerin das Eigentum an einem Mehrfamilienhaus in [X.] zu übertragen, das er von seiner Großmutter erhalten hatte. Die Pflicht zur Übertragung sollte jedoch nur dann bestehen, wenn die Ehe mindestens vier Kalenderjahre gedauert hatte oder gemeinsame Kinder vorhanden sind. Für den Fall einer früheren Schei-dung verpflichtete sich der Antragsteller zur Zahlung eines Betrages von 60.000
DM.
Der Antragsteller befand sich zur [X.] der Eheschließung noch in der ju-ristischen Referendarausbildung, während die Antragsgegnerin ihr Studium mit dem Abschluss als Diplom-Volkswirtin bereits beendet und zusätzlich einen Magisterabschluss für Europastudien erworben hatte. Seit dem 1.
August 1993 war sie im Außendienst für eine Versicherung tätig. Die Beschäftigung [X.] sie wegen der bevorstehenden Geburt des ersten Kindes. Der [X.] arbeitete nach dem zweiten Staatsexamen zunächst für verschiedene Rechtsanwaltskanzleien und nahm zum 1.
Oktober 1998 eine Stelle als [X.] in [X.] an. Im April 1999 zog die Antragsgegnerin mit den beiden älteren Kindern ebenfalls in die [X.], wo die Parteien nach wie vor leben.
Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden, die Anträge auf Kindes-
und Ehegattenunterhalt abgewiesen und ausgesprochen, dass ein Ver-sorgungsausgleich nicht stattfinde. Auf die Berufung der Antragsgegnerin, mit der sie nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 8.967,70
SFr verlangt hat, hat das [X.] das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und den Antragsteller zur Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente von 650

r-urteilt. Bezüglich des [X.] sowie des Versorgungsausgleichs 3
4
-
4
-
blieb die Berufung dagegen ohne Erfolg. Gegen die Entscheidung zum Unter-halt haben beide Parteien die zugelassene Revision eingelegt. Die Antragsgeg-nerin
verfolgt ihr zweitinstanzliches Begehren weiter, während der Antragsteller nur noch eine Befristung des Unterhalts bis zum 31.
Januar 2012
erstrebt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision des Antragstellers ist begründet, während die Revision der Antragsgegnerin ohne Erfolg bleibt.

I.
Das Berufungsgericht hat den Ehevertrag für wirksam gehalten, im Wege der [X.] aber auf Zahlung nachehelichen Unterhalts erkannt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Antragsgegnerin habe bei Abschluss des Ehevertrages eine im Grundsatz jedenfalls gleichwertige Verhandlungsposition im Verhältnis zum Antragsteller gehabt. Sie habe bereits über eine fundierte Ausbildung verfügt und im Erwerbsleben gestanden. [X.] sei der Antragsteller darauf angewiesen gewesen, dass ihm seine Großmutter das Mehrfamilienhaus, durch das die Antragstellerin im [X.] habe abgesichert werden sollen, überlässt. Es sei nicht dargelegt, dass bereits bei Abschluss des Ehevertrages der spätere berufliche Erfolg des Antragstellers absehbar gewesen sei. Der Ehevertrag enthalte auch keine evi-dent einseitigen Regelungen. Dies gelte mit Rücksicht auf die vorgesehene Kompensationsregelung auch hinsichtlich des Verzichts auf Betreuungsunter-halt. Die vorgesehene Regelung sei zum Ausgleich seinerzeit absehbarer ehe-bedingter Nachteile der Antragsgegnerin ausreichend gewesen, da sie mit den 5
6
-
5
-
ausdrücklich als Vertragsgrundlage angegebenen monatlichen [X.] von ca.
3.800
DM den Lebensstandard, den sie aus eigenen Mitteln habe finan-zieren können, weitgehend hätte absichern können. Ihre eigenen Bruttoeinkünf-te seien kaum höher gewesen. Die Mieteinnahmen hätten ihr überdies bis ins Alter ein beträchtliches [X.] gesichert. Dass die Antragsgegnerin durch den Ehevertrag von einer über die Scheidung hinausreichenden Teilhabe an den später auf Seiten des Antragstellers eingetretenen Verbesserungen der ehelichen Lebensverhältnisse ausgeschlossen worden sei, begründe keine Sit-tenwidrigkeit.
Allerdings erscheine im
Rahmen der [X.] eine Ver-tragsanpassung geboten, weil nachteilige und insgesamt wesentliche Abwei-chungen von der vorgestellten Entwicklung vorlägen. Mit der ehebedingten Übersiedlung in die [X.], die im Interesse der Kinder vorerst nicht rückgän-gig gemacht werden könne, hätten sich die Chancen auf einen beruflichen Wie-dereinstieg der Antragsgegnerin verschlechtert; sie könne ihre volkswirtschaftli-chen und versicherungsrechtlichen Kenntnisse dort nur eingeschränkt verwer-ten. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass das Wohnen in [X.] mit höheren Lebenshaltungskosten verbunden sei. Als weiterer bei Abschluss des Ehevertrages nicht vorhersehbarer Umstand sei in die Prüfung einzubezie-hen, dass sich die Ertragskraft des Mehrfamilienhauses, das zur Kompensation [X.] Nachteile zu übertragen sei, nachhaltig verschlechtert habe. [X.] würde durch die Mieterträge weder der frühere Verdienst der [X.] vollständig ausgeglichen noch seien die Erträge annähernd [X.], ihre weiteren ehebedingten Nachteile zu kompensieren. Jedenfalls in ihrer Summierung begründeten die aufgezeigten Umstände eine ungleiche [X.] der ehebedingten Lasten, die von der Antragsgegnerin nicht hingenom-men werden müsse.
7
-
6
-
Die Höhe der [X.] ehebedingten Nachteile sei
nach der Differenz des Einkommens zu bemessen, das die Antragsgegnerin aus einer ihrer Ausbildung entsprechenden,
kontinuierlich ausgeübten Berufstätigkeit [X.] könnte, und dem Verdienst, den sie aus einer vollen Erwerbstätigkeit zu erwirtschaften in der Lage sei.
Ausgangspunkt für die Vertragsanpassung [X.] daher das zu schätzende Nettoeinkommen der Antragsgegnerin sein, das
sie realistischerweise bei normaler Entwicklung und zu erwartenden beruflichen Aufstiegen erzielen würde, wenn sie ohne Kinder und sonstige ehebedingten Nachteile in ihrem vorehelich angelegten Berufsfeld geblieben wäre. Soweit die Antragsgegnerin ein unter diesen Bedingungen erreichbares Nettoeinkommen von 5.000

s-entwicklung in der Versicherungsbranche, etwa durch Vergleich mit der berufli-chen Entwicklung von Arbeits-
oder
Studienkollegen, nicht dargelegt habe. Eine Vervierfachung ihres damaligen Einkommens, das nach den zum Versorgungs-ausgleich eingeholten Einkünften im Jahr 1994 bei insgesamt 45.618
DM brutto bzw. monatlich 2.400
DM netto gelegen habe, könne nicht ohne weiteren [X.] Vortrag als eine normale Weiterentwicklung festgestellt werden. Bei der gebotenen Schätzung der Erwerbsnachteile sei zu berücksichtigen, dass nach dem [X.] die tarifliche Obergrenze des Bruttoeinkommens in der obersten Gruppe für im Innendienst der [X.] Beschäftigte im Jahr 2000 bei monatlich 3.884

habe. Dass die Antragsgegnerin, selbst wenn sie als im Außendienst eingesetz-te Akademikerin mit einer außertariflichen
Leistung ihres Arbeitgebers habe rechnen können, viel
mehr hätte verdienen können, sei nicht anzunehmen. Die vergleichbaren Zahlen von 1996 wiesen aus, dass der Höchstbetrag für den damals allein ausgewiesenen Westteil des [X.] bei 6.291
DM brutto gelegen habe, was der aus dem Lebenshaltungskostenindex für 1994 bis 2007 ablesbaren Steigerungsrate von 121
% entspreche. Mangels weiterer [X.]
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7
-
ierter Darlegungen der Antragsgegnerin werde allenfalls ein an der angeführten Obergrenze orientiertes Jahresbruttoeinkommen von 46.608

, das einem mo-natlichen Nettoeinkommen von 2.230

als bei normaler Fortent-wicklung ihrer vorehelich erworbenen Qualifikation erzielbar gehalten. Im [X.] auf die höheren
Lebenshaltungskosten in [X.] sei dieses Ein-kommen nach den Tabellen des [X.] zu den Verbrau-chergeldparitäten für Juni 2008 um einen Zuschlag von 10,9
% auf einen Betrag von 2.473

aufzustocken.
Dieser Betrag stelle -
abgesehen von der zu berücksichtigenden Kom-pensation
-
aber nicht in voller Höhe einen ehebedingten Nachteil dar. Der [X.] obliege auch unter Berücksichtigung der Kindesbetreuung die Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Sie habe jedoch bis zuletzt keinerlei nachhal-tige Anstrengungen unternommen,
um sich im Rahmen ihres unbestritten [X.] als Inspektorin bei der S.-I.
Versicherungsgruppe um einen alsbaldigen beruflichen Wiedereinstieg zu bemühen. Da es in [X.] eine im Rückversicherungsgeschäft tätige [X.] der Versicherung gebe und nach entsprechender Einarbeitung qualifizierte Tätigkei-ten über [X.] auch von der Wohnung aus ausgeübt werden könnten, sei nicht auszuschließen, dass die Antragsgegnerin trotz der von ihr betonten hohen Kinderbetreuungsbelastung auch derzeit schon durch eigene [X.] zur Abdeckung eines [X.] beitragen könne. Gesundheitliche Beeinträchtigungen, die sie ernsthaft an der Übernahme einer in Betracht kom-menden Erwerbstätigkeit hindern würden, hätten nicht
festgestellt werden [X.]. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin bei gebotener Anstrengung durch eine zumutbare Teilzeitbeschäftigung 400

r-dienen könne, so dass als [X.] Ausfall des Erwerbseinkommens nur ein Betrag von 2.073

9
-
8
-
Diesem Betrag stehe eine Kompensation durch ehebedingte Vorteile in-folge des [X.] gegenüber, die für 2007 als dem letzten vollständig [X.] Geschäftsjahr bei 1.097

[X.] Nachteil in Höhe von (2.073

-
1.097

975

h-men der [X.] aber nicht jeder Nachteil auszugleichen sei, son-dern ein Ausgleich nur insoweit stattfinde, als dem Benachteiligten das Festhal-ten an dem Ehevertrag unzumutbar sei,
sei ein Anteil von einem Drittel der Nachteile von der Antragsgegnerin
hinzunehmen. Nur hinsichtlich des [X.] 2/3-Anteils, mithin in Höhe von 650

n-tragsteller verlangen. Diesem Nachteil stehe auf Seiten des Antragstellers eine unbestritten ausreichende Leistungsfähigkeit gegenüber, so dass die ausgeur-teilte Zahlung für ihn als durchaus hinnehmbar und insgesamt als billig
erschei-ne. Eine Befristung der [X.] könne nicht erfolgen, da nicht ersichtlich sei, dass die Antragsgegnerin die geringeren Erträge aus dem [X.] durch eine bessere Verwertung der Immobilie ausgleichen könne.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

II.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht die Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers nach dem auf die Scheidung ange-wandten [X.]n Recht beurteilt
(Art.
8 Abs.
1 des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2.
Oktober 1973
[[X.]l
II 1986, 837], für die [X.] in [X.] getreten am 1.
April 1987 [[X.]l
II 1986, 225]).
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12
-
9
-

III. Revision der Antragsgegnerin
Der Antragsgegnerin steht ein weitergehender Unterhaltsanspruch nicht zu.
1.
Die Parteien haben Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt durch den am 19.
Mai 1994 abgeschlossenen Ehevertrag wirksam ausgeschlossen. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s unterliegen die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn-
und Versorgungsausgleich grundsätz-lich der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Die Disponibilität der Schei-dungsfolgen darf allerdings nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der ge-setzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht ge-rechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten -
bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede
-
un-zumutbar erscheint ([X.]surteile [X.]Z
158, 81 =
[X.], 601; vom 25.
Mai 2005 -
XII
ZR
296/01
-
FamRZ 2005, 1444 und vom 17.
Oktober 2007 -
XII
ZR
96/05
-
FamRZ 2008, 386, 387).
Eine solche einseitige Lastenverteilung, der die Anerkennung der Rechtsordnung wegen Verstoßes gegen die guten Sitten zu versagen wäre (§
138 Abs.
1 [X.]), hat das Berufungsgericht
verneint. Ebenso wenig hat es die Überzeugung gewinnen können, dass sich die Antragsgegnerin bei [X.] in einer unterlegenen Verhandlungsposition befunden habe. Diese Würdigungen sind nach den getroffenen Feststellungen
rechtlich nicht zu bean-
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-
10
-
standen. Auch die Revision der Antragsgegnerin erhebt hiergegen keine Ein-wendungen.
2. Soweit ein Ehevertrag im Rahmen der Inhaltskontrolle nicht zu bean-standen und auch nicht aus sonstigen Gründen sittenwidrig ist, muss der [X.] -
im Rahmen einer [X.]
-
prüfen, ob und inwieweit es einem
Ehegatten
nach Treu und Glauben (§
242 [X.]) verwehrt ist, sich auf eine ihn begünstigende Regelung zu berufen. Entscheidend ist insofern, ob sich im [X.]-punkt des Scheiterns der Ehe aus dem vereinbarten Ausschluss der Schei-dungsfolge eine evident einseitige, unzumutbare
Lastenverteilung ergibt.
Hält die Berufung eines Ehegatten auf die getroffene Regelung der [X.] nicht stand, so führt dies weder zur Unwirksamkeit des Ausschlusses der gesetzlichen Scheidungsfolge noch dazu, dass die gesetzliche Regelung in Vollzug gesetzt wird. Der [X.] hat vielmehr diejenige Rechtsfolge anzuord-nen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in der eingetretenen [X.] in ausgewogener Weise Rechnung trägt (vgl. grundlegend
[X.]surteil
[X.]Z
158, 81 =
[X.], 601, 606). Auch die Grundsätze
über den [X.] der Geschäftsgrundlage (§
313 [X.]) finden auf Eheverträge Anwendung, soweit die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen Lebensplanung, die die Ehegatten dem Ehevertrag zugrunde gelegt haben, abweicht. In
diesem Fall kann eine Vertragsanpassung vorzu-nehmen sein ([X.]surteile
vom 17.
Oktober 2007 -
XII
ZB
96/05
-
FamRZ 2008, 386 Rn.
36
und vom 25.
Mai 2005 -
XII
ZR
296/01
-
FamRZ 2005, 1444, 1448).

Das Berufungsgericht hat sich im Rahmen der angestellten Ausübungs-kontrolle veranlasst gesehen, die Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente anzuordnen.
Das wird von der Revision der Antragsgegnerin als ihr günstig nicht angegriffen.
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17
-
11
-
3. Sie wendet
allerdings ein, das Berufungsgericht habe bei der Ermitt-lung der wirtschaftlichen Auswirkungen
der ehebedingten Nachteile allein auf das vor der Ehe erzielte Einkommen der Antragsgegnerin abgestellt, obwohl diese zum damaligen [X.]punkt eine erheblich unter ihrer beruflichen [X.] liegende Stelle angenommen habe. Nach unstreitig gebliebenem Sachvor-trag habe sie diese Stelle allein deshalb angenommen, weil sich zum damaligen [X.]punkt am Ort der gemeinsamen Ehewohnung eine ihrer fachlichen Qualifi-kation entsprechende Arbeit nicht habe finden lassen und sie eine örtliche Trennung von ihrem Ehemann allein zu beruflichen Zwecken
nicht habe in Kauf nehmen wollen. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände sei davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin bei einer Fortführung ihrer Berufstätig-keit ohne Umzug der Familie in die [X.] mittelfristig auch an dem damaligen Wohnort eine ihrer Qualifikation entsprechende Stelle gefunden hätte. Auf der Grundlage des Sachvortrags der Antragsgegnerin zu dem hierdurch erzielbaren Einkommen
von mindestens 96.000

, den das Berufungsgericht in seinem Hinweis als ausreichend erachtet habe, habe es zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die ehebedingten Nachteile weit über dem angenom-menen Betrag von monatlich 650

Damit vermag die Revision
keinen weitergehenden ehebedingten Nach-teil aufzuzeigen.
a) Dass die Antragsgegnerin nach ihrem im Jahr 1992 beendeten [X.] eine Erwerbstätigkeit im Außendienst einer Versicherung aufgenommen hat, ist nicht auf die Ehe der Parteien zurückzuführen. Die Antragsgegnerin hat diese Tätigkeit bereits zum 1.
August 1993 begonnen, um eine räumliche Tren-nung von ihrem späteren Ehemann zu vermeiden. Die Ehe haben die Parteien erst im Mai 1994 geschlossen. Die geraume [X.] vor der Ehe liegende Entwick-lung war deshalb nicht durch die Ehe, sondern durch das bereits länger wäh-18
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-
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-
rende voreheliche Zusammenleben veranlasst, was vom Vertrauen in den [X.] der Ehe nicht umfasst wird und deshalb keinen ehebedingten Nachteil zu begründen vermag (vgl. [X.]surteile vom 26.
Mai 2010 -
XII
ZR
143/08
-
FamRZ
2010, 1238 Rn.
39 und vom 6.
Oktober 2010 -
XII
ZR
202/08
-
FamRZ 2010, 1971 Rn.
25).
b) Abgesehen davon ist das Berufungsgericht aber auch der Frage nachgegangen, welches Einkommen die Antragsgegnerin hätte erzielen [X.], wenn sie ohne Kinder und ohne sonstige ehebedingte Einschränkungen in ihrem vorehelich angelegten Berufsfeld geblieben wäre, um die aufgrund ihrer akademischen Vorbildung mögliche
Karriere zu machen. Es hat allerdings den Vortrag der Antragsgegnerin,
sie hätte ein monatliches
Nettoeinkommen von 5.000

Verfahrensrüge ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat in dem von der Revision in Bezug genommenen Hinweis vom 1.
August 2008 nicht zu erken-nen gegeben,
dass der Vortrag als ausreichend erachtet werde; vielmehr hat es ausgeführt, die Antragsgegnerin habe bisher nur pauschal vorgetragen, dass sie in der Versicherungsbranche oder in der freien Wirtschaft bei [X.] Karriere monatlich mindestens 5.000

weiteren Hinweis bestand kein Anlass, zumal der Antragsteller im Berufungs-verfahren ausdrücklich beanstandet hat, dass der Vortrag unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig sei.
Dass das Berufungsgericht in Ermangelung
ander-weitigen substantiierten Vortrags die Verdienstmöglichkeiten in der [X.] selbst ermittelt und seine Entscheidung darauf gestützt hat, liegt im Rahmen der tatrichterlichen Beurteilung und beschwert die Antragsgegnerin nicht.
c) Soweit die Revision außerdem einwendet, das Berufungsurteil
trage dem Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass ihr [X.] Nachteil auf 21
22
-
13
-
den
Umzug in die [X.] und die dort für sie bestehenden Schwierigkeiten, eine Berufstätigkeit auszuüben, zurückzuführen sei, vermag sie auch damit nicht durchzudringen. Das Berufungsgericht hat bei der Bemessung des von der Antragsgegnerin erlittenen ehebedingten Nachteils darauf abgestellt, was sie ohne Berufspause in [X.] hätte verdienen können
und hat [X.] die in [X.] anfallenden höheren Lebenshaltungskosten berücksich-tigt. Einen darüber hinausgehenden Ausgleich kann die Antragsgegnerin nicht beanspruchen.
d) Die Revision rügt schließlich, das Berufungsgericht habe unberück-sichtigt gelassen, dass
nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Antragstellers bei Abschluss des Ehevertrages von beiden Eheleuten lediglich zwei Kinder geplant gewesen seien. Bei einer Umsetzung dieser Vorstellungen hätte sich für die Antragsgegnerin sehr viel früher die Möglichkeit zur Rückkehr in das Berufsleben ergeben als nach der Geburt des dritten Kindes. Auch damit hat die Revision keinen Erfolg, insbesondere hat das Berufungsgericht nicht den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1
GG) verletzt.
Der Antragsteller hat in dem von der Revision in Bezug genommenen Schriftsatz ausgeführt, "die Parteien hätten zwei Kinder und genau das hätten sie bereits bei Vertragsschluss vorhergesehen."
Da die Parteien tatsächlich drei Kinder haben,
handelt es sich ersichtlich um einen Schreibfehler. Im Beru-fungsverfahren hat der Antragsteller auch ausdrücklich bestritten, dass nur zwei Kinder geplant gewesen seien.
4. Im Übrigen greift die Revision die Bemessung des [X.] ehebedingten Nachteils, insbesondere der gegenzurechnenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, nicht an. Gegen die in objektiv nachprüfbarer und 23
24
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-
14
-
nachvollziehbarer Weise dargestellte tatrichterliche Beurteilung bestehen auch insoweit keine rechtlichen Bedenken.

[X.] Revision des Antragstellers
1. Der Antragsteller wendet sich gegen eine Fortdauer der Unterhalts-verpflichtung über den 31.
Januar 2012
hinaus. Er macht geltend: Die [X.]sgarantie, die das Berufungsgericht der Antragsgegnerin gewähre, hätte sie aufgrund der zum 1.
Januar 2008 in [X.] getretenen Unterhaltsrechtsreform ohne Ehevertrag nicht erhalten. Die [X.] müsse aber die Rege-lung des §
1578
b [X.] einbeziehen. Das habe das Berufungsgericht rechtsfeh-lerhaft versäumt. Ende Januar 2012 seien die Kinder 15
½, fast
14 und 10
Jahre alt, weshalb für die Antragsgegnerin eine weitergehende Erwerbsob-liegenheit bestehe. Mit einem erzielbaren Einkommen von ca.
1.370

sie aber die Differenz zwischen dem ohne die Ehe möglichen Einkommen und den [X.] decken.
Diesem Angriff ist im Ergebnis ein Erfolg nicht zu versagen.
2. Wenn die Berufung eines Ehegatten auf den Ausschluss einer Schei-dungsfolge der [X.] nicht standhält, so wird allerdings nicht notwendigerweise die vom Gesetz vorgesehene, aber vertraglich ausgeschlos-sene Scheidungsfolge in Vollzug gesetzt. Der [X.] hat vielmehr diejenige
Rechtsfolge anzuordnen, die den Belangen beider Parteien in ausgewogener Weise Rechnung trägt ([X.]surteil [X.]Z
158, 81 =
[X.], 601, 606). Dabei darf er den durch den Ehevertrag benachteiligten Ehegatten nicht besser stellen, als dieser ohne die vertragliche Regelung stünde. Die Parteien hatten hier gegenseitig auf Unterhalt verzichtet. Da die von ihnen gewollten Rechtsfol-26
27
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-
15
-
gen -
unter Wahrung des Vertragswillens im Übrigen
-
nur an die veränderte tatsächliche oder rechtliche Lage angepasst werden dürfen, bilden somit die gesetzlichen Kriterien des §
1570 [X.], auf den die Antragsgegnerin ihren Un-terhaltsanspruch auf Grund der Betreuung der Kinder stützt, die Obergrenze. Die im Rahmen der [X.] anzuordnende Rechtsfolge muss des-halb im Lichte des Unterhaltsrechts, damit aber auch der zum 1.
Januar 2008 in [X.] getretenen Unterhaltsrechtsreform und deren Änderungen gesehen wer-den. Dagegen kommt -
entgegen der Auffassung der Revision
-
eine Heranzie-hung des §
1578
b [X.] jedenfalls für die Frage einer Befristung des [X.] nicht
in Betracht, da §
1570 [X.] insoweit eine Sonderregelung für die Billigkeitsabwägung enthält. Nicht ausgeschlossen ist allerdings eine Herabsetzung des Unterhalts auf das Niveau des angemessenen eigenen [X.] nach dem Rechtsgedanken des §
1578
b Abs.
1 [X.]
(vgl. Se-natsurteile
vom 6.
Mai 2009 -
XII
ZR
114/08
-
FamRZ 2009, 1124
Rn.
55
ff., vom 21.
April 2010 -
XII
ZR
134/08
-
FamRZ 2010, 1050 Rn.
50 und vom 15.
September 2010 -
XII
ZR
20/09
-
FamRZ 2010, 1880 Rn.
33
f.).
Von daher steht im Vordergrund, dass der Grundsatz der Eigenverant-wortung (§
1569 Satz
1 [X.]) gestärkt und der Unterhaltsanspruch wegen Be-treuung eines Kindes grundlegend umgestaltet worden ist. §
1570 [X.] sieht nunmehr einen auf drei Jahre befristeten Basisunterhalt vor, der aus kind-
und elternbezogenen Gründen verlängert werden kann, wenn dies der Billigkeit ent-spricht. Für Kinder, die das dritte Lebensjahr vollendet haben, ist der Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungs-möglichkeiten aufgegeben worden. In dem Umfang, in dem das Kind nach Voll-endung des dritten Lebensjahres die Schule oder eine kindgerechte Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes und somit nicht mehr auf kindbezo-29
-
16
-
gene Verlängerungsgründe berufen ([X.]surteil vom 15.
September 2010 -
XII
ZR
20/09
-
FamRZ 2010, 1880 Rn.
24 mwN).
Ob im vorliegenden Fall kind-
oder elternbezogene Gründe vorliegen, die auch nach dem 31.
Januar 2012
eine weitgehende Freistellung der [X.] von einer Erwerbstätigkeit rechtfertigen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Ebenso wenig verhält es sich zu der Frage, ob für die [X.] eine realistische Chance besteht, bei weitergehender Erwerbsob-liegenheit ein höheres Einkommen als die ihr angerechneten 400

zu erzielen. Andererseits hat das Berufungsgericht aber auch nicht zum Aus-druck gebracht, dass es sich nicht in der Lage sieht, den künftigen Umfang der Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin zu beurteilen.
Ohne derartige Fest-stellungen kann die im Wege der [X.] angeordnete Unterhalts-zahlung aber nicht über
den 31.
Januar 2012 hinaus Geltung beanspruchen.

30
-
17
-
V.
Das angefochtene Urteil kann deshalb auf die Revision des [X.]s keinen Bestand haben. Es ist in dem aus der Entscheidungsformel ersicht-lichen Umfang aufzuheben. Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, weil es dazu weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Hahne

Weber-Monecke

Klinkhammer

Schilling

Günter

Vorinstanzen:
AG [X.]-Schöneberg, Entscheidung vom 16.05.2007 -
20 F 145/05 -

KG [X.], Entscheidung vom 20.08.2008 -
3 UF 96/07 -

31

Meta

XII ZR 11/09

02.02.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.02.2011, Az. XII ZR 11/09 (REWIS RS 2011, 9875)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9875

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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