Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2013, Az. IX ZB 300/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6581

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX
ZB 300/11

vom

17. April
2013

in der Zwangsvollstreckungssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 89; ZPO § 900 Abs. 4 Satz 1 aF

Der Widerspruch des Schuldners gegen die Anordnung der Abgabe der [X.] darf nicht zurückgewiesen werden, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und noch andauert, selbst wenn die Eröffnung erst nach Erhe-bung des Widerspruchs erfolgt ist.

[X.], Beschluss vom 17. April 2013 -
IX ZB 300/11 -
LG [X.] am Main

AG [X.] am Main

-

2

-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, [X.],
Grupp
und die Richterin Möhring

am 17. April
2013
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 9.
Zivilkammer des Landgerichts [X.] am Main vom 31.
Oktober 2011 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.732,88

festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung. Die Schuldnerin gab im August 2010 durch den im Handelsregister nicht mehr eingetragenen Geschäftsführer die eidesstattliche
Versicherung ab.
Im November 2010 beantragte die Gläubigerin, die [X.] möge durch ihren im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer die eidesstattliche Versicherung abgeben. Im Termin
am 4.
Januar 2011 bestritt die Schuldnerin ihre Verpflichtung zur erneuten Abgabe der eidesstattlichen Versi-cherung. Der Gerichtsvollzieher legte deswegen
die Akte dem zuständigen [X.]
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streckungsgericht zur Entscheidung vor. Am 7.
Februar 2011 wurde das Insol-venzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet.

Durch Beschluss vom 9.
März 2011 hat das Vollstreckungsgericht ohne Kenntnis von der Insolvenzeröffnung den Widerspruch der Schuldnerin für [X.] erklärt.
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat keinen Erfolg [X.]. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde er-strebt sie die Zurückweisung des Widerspruchs der Schuldnerin gegen die Ver-pflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht im voll-streckungsrechtlichen Rechtszug nach §
567 Abs.
1, §
793 ZPO entschieden und die Rechtsbeschwerde zugelassen hat (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, Abs.
3 Satz
2 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig (§
575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Das Amtsgericht habe dem
Widerspruch der Schuldnerin gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eides-stattlichen Versicherung im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Zwar sei der [X.] der Schuldnerin am 4.
Januar 2011 gemäß §
807 Abs.
1 Nr.
1, §
900 ZPO zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet gewesen. Doch könne die Gläubigerin als [X.] nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin die Abgabe der ei-desstattlichen
Versicherung nicht mehr verlangen.
Das Vollstreckungsverbot des §
89 Abs.
1 [X.] erfasse auch diesen Fall und sei von Amts wegen zu be-2
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achten. [X.] Zeitpunkt sei insoweit der Zeitpunkt der Be-schwerdeentscheidung.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Das Verfahren war durch die Insolvenzeröffnung nicht gemäß §
240 ZPO unterbrochen (vgl. [X.], Beschluss vom 28.
März 2007 -
VII
ZB 25/05, [X.]Z
172, 16 Rn.

8 ff; vom 24.
Mai 2012 -
IX
ZB 275/10, WM
2012, 1307
Rn.
5
ff).

b) Zutreffend
hat das Beschwerdegericht die Begründetheit des Wider-spruchs der Schuldnerin gegen die Verpflichtung zur Abgabe der [X.] bezogen auf den Zeitpunkt seiner neu zu treffenden Ent-scheidung geprüft, denn
die Beschwerdeinstanz ist eine vollwertige zweite Tat-sacheninstanz ([X.], Beschluss vom 27.
Juli 2006 -
IX
ZB 204/04, [X.]Z 169, 17 Rn.
19; vom 10.
Dezember 2009 -
I
ZB 36/09, NJW
2010, 1002 Rn.
9).
Auf dieser tatsächlichen Grundlage hat das Beschwerdegericht den Widerspruch der Schuldnerin gegen ihre Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Of-fenbarungsversicherung nach §§
807,
899
ff ZPO mit Recht als begründet er-achtet. Denn seit
der nach Erhebung des Widerspruchs erfolgten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin
ist gemäß §
89 Abs.
1 [X.] die Zwangsvollstreckung für einzelne Insolvenzgläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens unzulässig, weil das
vorgenannte Verbot von Zwangsvollstreckungen auch für das Verfahren der eidesstattlichen Offenba-rungsversicherung
gilt
(vgl. [X.], Beschluss vom 24.
Mai 2012, aaO Rn.
10
ff). Rechtlich unerheblich
ist es, ob der Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Ver-sicherung vor oder nach Insolvenzeröffnung gestellt worden ist und wann
der Schuldner der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung widersprochen hat.

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-

c) Die Gläubigerin
kann sich nicht darauf berufen, ihre
Beschwerde habe nicht die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zum Gegenstand gehabt,
sondern allein die Frage, ob die Schuldnerin am 4.
Januar 2011 die eidesstattli-che Versicherung hätte
verweigern dürfen, was nicht der Fall war. Bei dem Vollstreckungsverbot des §
89 Abs.
1 [X.] handelt es sich um ein
erst nach dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung entstandenes
Voll-streckungshindernis (vgl. [X.], Beschluss vom 24.
März 2011 -
IX
ZB 217/08, WM
2011, 841 Rn.
9; [X.]/[X.], [X.], §
89 Rn.
70; Musielak/Voit, ZPO, 9.
Aufl., §
900 Rn.
7), das als solches im Vollstreckungsverfahren von Amts wegen zu beachten ist (vgl.
[X.], ZPO, 22.
Aufl., §
900 Rn.
7).
Dies gilt in gleicher Weise für das Verfahren vor dem [X.] wie für das Beschwerdeverfahren (vgl.
[X.], aaO Rn.
50; [X.]/Olzen, ZPO, 4.
Aufl., §
900 Rn.
64).

Kayser
Gehrlein
Fischer

Grupp
Möhring

Vorinstanzen:
AG [X.] am Main, Entscheidung vom 09.03.2011 -
82 [X.]/11 -

LG [X.]/Main, Entscheidung vom 31.10.2011 -
2-9 T 195/11 -

8

Meta

IX ZB 300/11

17.04.2013

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2013, Az. IX ZB 300/11 (REWIS RS 2013, 6581)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6581

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