Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2006, Az. 4 StR 561/05

4. Strafsenat | REWIS RS 2006, 5759

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[X.] vom 10. Januar 2006 in der Strafsache gegen wegen Untreue u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 10. Januar 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. September 2005 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.]. Gründe: Das [X.] hatte den Angeklagten durch Urteil vom 9. Juni 2004 wegen Untreue in 77 Fällen und wegen Verletzung der Buchführungspflicht durch unterlassene Bilanzerstellung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. 1 Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten wurde durch Beschluss des Senats vom 30. September 2004 [X.] 4 StR 381/04 (NStZ-RR 2005, 86) verworfen, soweit sie sich gegen die Verurteilung wegen Verlet-zung der Buchführungspflicht durch unterlassene Bilanzerstellung zu einer Frei-heitsstrafe von sechs Monaten richtete. Damit ist das Urteil in diesem Umfang rechtskräftig geworden. Soweit der Angeklagte wegen Untreue in 77 Fällen ver-urteilt worden war sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe wurde das Urteil mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zurückverwiesen. 2 - 3 - Grund für die Aufhebung der Verurteilung wegen Untreue in 77 Fällen zum Nachteil der [X.] war, dass insoweit möglicherweise ein Strafverfolgungs-hindernis bestand, weil die Mitgesellschafterinnen des Angeklagten, seine Ehe-frau und seine Tochter, keinen Strafantrag gestellt hatten. Die neu zur Entscheidung berufene [X.] hat das Verfahren nunmehr hinsichtlich 54 Bargeldabhebungen von Konten der [X.] in der [X.] bis zum 31. Oktober 2001 gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt und den Angeklagten wegen Untreue in 23 Fällen und Verletzung der [X.] durch unterlassene Bilanzerstellung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Re-vision des Angeklagten hat Erfolg. 3 Das Urteil hat keinen Bestand, weil nach den nunmehr getroffenen Fest-stellungen wiederum nicht auszuschließen ist, dass hinsichtlich der 23 Fälle der Untreue ein Strafverfolgungshindernis besteht. 4 Zwar würde das Fehlen des gemäß § 266 Abs. 2 i.V.m. § 247 StGB grundsätzlich erforderlichen Strafantrages der beiden Mitgesellschafterinnen des Angeklagten dann kein Strafverfolgungshindernis begründen, wenn die Un-treuehandlungen zu einem im Rahmen des § 266 StGB bedeutsamen Vermö-gensnachteil der GmbH selbst, nämlich zu einer konkreten Existenzgefährdung für die Gesellschaft, geführt hätten (vgl. Senatsbeschluss aaO). Die Annahme des [X.]s, durch die 23 Entnahmen von Bargeld aus dem Vermögen der [X.] in Höhe von insgesamt rund 250.000 Euro in dem [X.]raum zwischen dem 7. November 2001 und dem 21. Januar 2002 sei es zu einer "Existenz- und Liquiditätsgefährdung" der Gesellschaft gekommen, ist aber nicht hinrei-chend belegt. 5 - 4 - Nach Auffassung des [X.]s hatte die [X.] bereits am 31. Oktober 2001 unter Berücksichtigung eines "neutralisierten" Gewinns bis zum Stichtag in Höhe von 556.338,64 DM und der bis dahin erfolgten Entnah-men in Höhe von mindestens 577.154,64 DM und des zum Jahresanfang vor-handen gewesenen Eigenkapitals von 56.187,62 DM ein Eigenkapital von nur noch 35.371,62 DM und damit eine Kapitalunterdeckung ([X.]). Diese Berech-nung des am 31. Oktober 2001 noch vorhandenen Eigenkapitals genügt den Anforderungen, die an die Darstellung eines die Grundsätze des § 30 Abs. 1 GmbHG verletzenden Angriffs auf das nach dem Gesellschaftsvertrag [X.] Stammkapital, also das rechnerisch nach Bilanzierung die [X.] übersteigende Reinvermögen in Höhe der Stammkapitalziffer (vgl. BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 6; [X.], 326, 335), zu stellen sind (vgl. dazu BGHSt 35, 333, 338), schon deshalb nicht, weil das bei der Bilanzierung auf der Aktivseite zu berücksichtigende Anlagevermögen (vgl. § 266 Abs. 2 HGB) nicht berücksichtigt worden ist. Vielmehr hätte es zur Feststellung einer konkreten Existenzgefährdung der Gesellschaft einer Prüfung des Sachverhalts auf der Grundlage einer nach [X.] aufgestellten, die [X.] und etwaige Sozialansprüche mit berücksichtigenden Bilanz bedurft (vgl. [X.], 326, 335). 6 Allerdings kann die Aufstellung einer solchen Bilanz nach [X.] zur Feststellung eines Angriffs auf das Stammkapital einer GmbH dann entbehrlich sein, wenn sich die Gefährdung der Existenz oder - worauf das [X.] abgestellt hat - der Liquidität der GmbH allein auf Grund des tatsächlichen Geschehensablaufs feststellen lässt (vgl. BGHSt aaO). Das ist aber nach den bisherigen Feststellungen nicht der Fall, zumal danach nicht auszuschließen ist, dass die [X.] im Tatzeitraum zunächst weiterhin Ein-nahmen hatte und die Firmenkonten zum [X.]punkt der jeweiligen Abhebungen 7 - 5 - ein Guthaben aufwiesen. Sofern dies nicht der Fall gewesen sein sollte, hätte es näherer Feststellungen dazu bedurft, ob und in welchem Umfang es im [X.] zu Überziehungen der Firmenkonten und zu Liquiditätsproblemen der Gesellschaft gekommen ist. Dass über das Vermögen der [X.] durch [X.] vom 16. Mai 2002 des [X.] wegen Überschul-dung und Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, vermag für sich genommen die Annahme einer Liquiditätsgefährdung bereits zu Beginn des Tatzeitraums nicht zu rechtfertigen, zumal der Insolvenzantrag nicht von einem Gläubiger der [X.], sondern vom Angeklagten selbst als Ge-schäftsführer der GmbH am 4. März 2002 gestellt wurde. Die Sache bedarf daher nochmals neuer Verhandlung und Entscheidung. 8 Tepperwien Kuckein Athing [X.] [X.]

Meta

4 StR 561/05

10.01.2006

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.01.2006, Az. 4 StR 561/05 (REWIS RS 2006, 5759)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5759

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