Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.05.2020, Az. AK 8/20

3. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1754

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Gegenstand

Haftprüfung bei Tatvorwurf der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung u.a.: Vollzug der Untersuchungshaft wegen "derselben Tat"; mitgliedschaftliche Beteiligung an einer Vereinigung


Tenor

Eine Haftprüfung durch den Senat nach den §§ 121, 122 StPO ist derzeit nicht veranlasst.

Gründe

I.

1

Der Beschuldigte wurde am 15. März 2019 festgenommen und befand sich zunächst aufgrund eines Haftbefehls des [X.] vom 16. März 2019 wegen des Vorwurfs eines Waffendelikts in Untersuchungshaft. Diesen Haftbefehl hob das [X.] mit Beschluss vom 26. September 2019 ([X.]) auf. Der Beschuldigte wurde allerdings nicht aus der Untersuchungshaft entlassen. Vielmehr erließ der Ermittlungsrichter des [X.] am gleichen Tag einen neuen Haftbefehl ([X.]/19). Gegenstand dieses Haftbefehls war der Vorwurf, der Beschuldigte habe am 30. Januar 2019 einen von ihm gespendeten Geldbetrag in Höhe von 190 € sowie am 5. Februar 2019 eine weitere, von ihm bei mehreren Spendern eingesammelte Geldsumme in Höhe von 546 € nach [X.] transferieren lassen, um damit die Organisation "[X.]" ([X.]) zu unterstützen. Zudem habe er auf seinem Mobiltelefon Dateien gespeichert, die Rezepturen zur Herstellung von Sprengstoffen enthielten. Dadurch habe er in zwei tatmehrheitlichen Fällen eine ausländische [X.] unterstützt, deren Zwecke oder Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 [X.]) zu begehen, und jeweils in Tateinheit dazu Vermögenswerte mit dem Wissen oder in der Absicht zur Verfügung gestellt, dass diese von einer anderen Person zur Begehung einer der in § 89c Abs. 1 Nr. 1 StGB genannten Straftaten verwendet werden sollen, wobei die Tat dazu bestimmt gewesen sei, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder [X.] Grundstrukturen eines Staates zu beseitigen oder zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat erheblich schädigen könne, sowie - ebenfalls tateinheitlich - einem Bereitstellungsverbot eines im [X.] oder der [X.] veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsakts der Europäischen Gemeinschaft oder der [X.] zuwidergehandelt (strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 5, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 89c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, §§ 52, 53 StGB, § 18 Abs. 1 Nr. 1a) Variante 8 [X.]; Taten 1. - 2. des Haftbefehls). Ferner habe er sich eine Schrift verschafft, die nach ihrem Inhalt geeignet sei, als Anleitung zu einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a Abs. 1 StGB) zu dienen, um eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen (strafbar gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB; Tat 3. des Haftbefehls).

2

In der Folge befand sich der Beschuldigte aufgrund dieses Haftbefehls bis zum 15. April 2020 in Untersuchungshaft. An diesem Tag hob der Ermittlungsrichter des [X.] den vorgenannten Haftbefehl auf und setzte einen Haftbefehl vom 9. April 2020 (2 [X.]) in Vollzug (2 [X.] 230/20). Gegenstand des neuen Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe sich [X.] an der ausländischen terroristischen [X.] [X.] beteiligt, indem er zusammen mit sechs anderen Beschuldigten                               in [X.] eine Zelle gegründet habe, um im Namen des [X.] im Inland und/oder Ausland den bewaffneten Kampf gegen "Ungläubige" aufzunehmen und in [X.] oder [X.]        Anschläge, auch unter Einsatz von Schusswaffen und Sprengstoff, zu begehen.

3

Noch vor Erlass dieses neuen Haftbefehls hat der Ermittlungsrichter des [X.] mit Verfügung vom 9. März 2020 auf Antrag der [X.] die Akten dem [X.] zur besonderen Haftprüfung gemäß §§ 121, 122 [X.] vorgelegt. Die [X.] hat beantragt, die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus anzuordnen. Der [X.], der das Ermittlungsverfahren am 31. März 2020 übernommen hat, hat am 16. April 2020 im Hinblick auf den neuen Haftbefehl beantragt festzustellen, dass eine Haftprüfung durch den [X.] derzeit nicht veranlasst ist.

II.

4

Eine Haftprüfung nach den §§ 121, 122 [X.] ist derzeit nicht veranlasst. Der Beschuldigte befindet sich zwar mittlerweile seit mehr als sechs Monaten in Untersuchungshaft. Im Hinblick auf die ihm mit dem Haftbefehl vom 9. April 2020 vorgeworfene Tat ist jedoch eine neue Sechsmonatsfrist im Sinne des § 121 Abs. 1 [X.] in Gang gesetzt worden, deren Lauf am 21. Dezember 2019 begonnen hat und deren Ablauf somit noch nicht bevorsteht.

5

1. Gemäß § 121 Abs. 1 [X.] darf der Vollzug der Untersuchungshaft "wegen derselben Tat" vor dem Erlass eines Urteils nur unter besonderen Voraussetzungen länger als sechs Monate aufrechterhalten werden.

6

Der Begriff derselben Tat im Sinne dieser Vorschrift weicht vom prozessualen Tatbegriff im Sinne des § 264 Abs. 1 [X.] ab und ist mit Rücksicht auf den Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Nach der Rechtsprechung des [X.]s (Beschlüsse vom 6. April 2017 - AK 14/17, juris Rn. 6; vom 7. September 2017 - AK 42/17, NStZ-RR 2018, 10, 11; vom 16. Januar 2018 - [X.], juris Rn. 11; s. auch [X.], 7. Aufl., § 121 Rn. 10 mwN) erfasst er alle Taten des Beschuldigten von dem [X.]punkt an, in dem sie - im Sinne eines dringenden Tatverdachts - bekannt geworden sind und in einen bestehenden Haftbefehl hätten aufgenommen werden können, und zwar unabhängig davon, ob sie Gegenstand desselben Verfahrens oder getrennter Verfahren sind. Dadurch wird eine sogenannte Reservehaltung von Tatvorwürfen vermieden, die darin bestünde, dass von Anfang an bekannte oder im Laufe der Ermittlungen bekannt gewordene Taten zunächst zurückgehalten und erst kurz vor Ablauf der Sechsmonatsfrist zum Gegenstand eines neuen oder erweiterten Haftbefehls gemacht werden mit dem Ziel, eine neue Sechsmonatsfrist zu eröffnen. Somit löst es keine neue Haftprüfungsfrist gemäß § 121 Abs. 1 [X.] aus, wenn ein neuer Haftbefehl lediglich auf Tatvorwürfe gestützt bzw. durch sie erweitert wird, die schon bei Erlass des ersten Haftbefehls - im Sinne eines dringenden Tatverdachts - bekannt waren.

7

Tragen dagegen die erst im Laufe der Ermittlungen bekannt gewordenen Tatvorwürfe für sich genommen den Erlass eines Haftbefehls und ergeht deswegen ein neuer oder erweiterter Haftbefehl, so wird dadurch ohne Anrechnung der bisherigen Haftdauer eine neue Sechsmonatsfrist in Gang gesetzt; für den Fristbeginn ist indes der [X.]punkt maßgeblich, in dem sich der Verdacht hinsichtlich der neuen Tatvorwürfe zu einem dringenden verdichtet hat. Entscheidend ist insoweit mithin, wann der neue bzw. erweiterte Haftbefehl hätte erlassen werden können, nicht hingegen, wann die Staatsanwaltschaft ihn erwirkt hat. Dabei ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Haftbefehl spätestens an dem auf die [X.] folgenden Tag der veränderten Sachlage anzupassen ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 6. April 2017 - AK 14/17, juris Rn. 8; vom 25. Juli 2019 - AK 34/19, [X.], 626 Rn. 8).

8

2. An diesen Maßstäben gemessen hat der Haftbefehl vom 9. April 2020 eine neue Sechsmonatsfrist eröffnet, deren Lauf an dem Tag begann, an welchem der erweiterte Haftbefehl hätte erlassen werden können. Der Haftbefehl vom 9. April 2020 ist wegen eines weiteren selbständigen [X.] ergangen, der nicht Gegenstand des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.] vom 26. September 2019 war (unten a)), erst im Laufe der nachfolgenden Ermittlungen bekannt geworden ist (unten b)) und für sich genommen den [X.] rechtfertigt (unten c)); zu einem dringenden Tatverdacht hat sich dieser Vorwurf erst am 21. Dezember 2019 verdichtet.

9

a) Der Beschuldigte ist - über die Vorwürfe des früheren Haftbefehls hinaus - der [X.]en Beteiligung an der [X.]" ([X.]) dringend verdächtig.

aa) Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen ist insoweit im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

(1) Der [X.] ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen [X.] und die historische Region "ash-Sham" - die heutigen [X.] [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] - umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesstaat" unter Geltung der Sharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im [X.] sowie das Regime des [X.] Präsidenten [X.] zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als "Feind des Islam" begreift; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht die [X.] als legitimes Mittel des Kampfes an.

Die Führung der [X.], die sich mit der Ausrufung des "Kalifats" am 29. Juni 2014 aus "[X.] im [X.] und in Großsyrien" ([X.]IG) in "[X.]" ([X.]) umbenannte - wodurch sie von der territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm -, hatte seit 2010 bis zu seiner Tötung im Oktober 2019 [X.] inne. Inzwischen wurde ein Nachfolger ernannt. Bei der Ausrufung des Kalifats war [X.] von seinem Sprecher zum "Kalifen" erklärt worden, dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Dem "Kalifen" unterstehen ein Stellvertreter sowie "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein "[X.]" und ein "Propagandaminister". Zur Führungsebene gehören außerdem beratende "[X.]". Veröffentlichungen werden in der Medienabteilung "[X.]" produziert und über die Medienstelle "[X.]" verbreitet, die dazu einen eigenen Twitter-Kanal und ein [X.] nutzt. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der [X.] besteht aus dem "Prophetensiegel", einem weißen Oval mit der Inschrift "[X.] - [X.] - [X.]" auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem [X.] Glaubensbekenntnis. Die - zeitweilig mehreren tausend - Kämpfer sind dem "[X.]" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.

Die [X.] teilte von ihr besetzte Gebiete in [X.] ein und richtete einen [X.] ein; diese Maßnahmen zielten auf die Schaffung totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der [X.] und [X.] Armee, aber auch in Gegnerschaft zum [X.] stehender Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsanspruch des [X.] in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom [X.] zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus begeht der [X.] immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb seines Machtbereichs Terroranschläge. So übernahm er auch für Anschläge in [X.], etwa in [X.], [X.], [X.] und [X.], die Verantwortung.

(2) Der aus [X.]        stammende, zur Tatzeit in [X.] lebende Beschuldigte, der sich mit ebenfalls den Ideen des [X.] nahestehenden Landsleuten zu einer Gruppe zusammengeschlossen hatte, stand jedenfalls seit dem 14. Januar 2019 mit Anhängern bzw. Mitgliedern des [X.] im [X.] Kampfgebiet in Verbindung. In der Folge erörterte er über den [X.]-Dienst "[X.]" vor allem mit einem inzwischen identifizierten hochrangigen [X.]-Mitglied, das sich in der [X.]      im Kampfgebiet des [X.] aufhielt, ob die bereits zu diesem [X.]punkt mit den Mitbeschuldigten gebildete Gruppe den Kampf des [X.] eher mit dem Transfer finanzieller Mittel oder mit Anschlägen in [X.] oder [X.]        unterstützen solle. Während zu Beginn die finanzielle Unterstützung der Kämpfer in [X.] im Vordergrund stand und deren Organisation mit weiteren Chat-Partnern aus dem Umfeld des [X.] konkret besprochen wurde, gewannen die Überlegungen, die Gruppe könne zur Umsetzung der Ziele des [X.] selbst in [X.] "[X.] machen", zunehmend an Raum. Der dem [X.] angehörende Gesprächspartner des Beschuldigten gab diesem entsprechende Instruktionen zum Aufbau einer Zelle, die unter anderem den Rat enthielten, die Gruppe solle sich einen Anführer suchen, sich dessen Befehlsgewalt unterwerfen und somit in die Befehlsstrukturen des [X.] einordnen. Diese Ideen und Instruktionen gab der Beschuldigte unter anderem über "[X.]" an weitere Mitbeschuldigte weiter. Darüber hinaus wurden sie in dem Gruppenchat beim [X.]-Dienst "[X.]" erörtert, den einer der Mitbeschuldigten am 1. Februar 2019 für die konspirative und abgeschottete Kommunikation eingerichtet hatte und an der der Beschuldigte regelmäßig teilnahm. An der [X.] in diesem [X.]-Dienst beteiligte sich auch ein inzwischen mit großer Wahrscheinlichkeit identifiziertes [X.]-Mitglied, das in [X.] eine Führungsposition innehatte und die Beschuldigten in ihrer radikal-islamistischen Überzeugung und jihadistischen Motivation bestärkte und zur Einhaltung der Befehlsketten des [X.] anhielt. In der Folge kristallisierte sich in der [X.] das Vorhaben heraus, in [X.] zu verbleiben und hier Anschläge zu begehen, um die Ziele des [X.] umzusetzen und seine Struktur zu stärken. So erwogen sie einen Mordanschlag auf einen in der Öffentlichkeit bekannten Islamkritiker mittels einer Schusswaffe.

Noch während dieser Überlegungen lud der Beschuldigte über einen sog. [X.]-Bot, also ein Programm, mittels dessen automatisch Nachrichten oder Dokumente im [X.] "[X.]" verschickt werden können, Rezepturen zur Herstellung von Sprengstoffen aus handelsüblichen und frei zugänglichen Materialien auf sein Handy. Darüber hinaus transferierte er im Februar 2019 auf Aufforderung des in [X.] aufhältigen [X.]-Mitglieds Geldbeträge in Höhe von 500 € bzw. 400 € über den in      ansässigen Finanzdienstleister "[X.]." ([X.]  ). Um der [X.] noch größere Finanzmittel verschaffen zu können, nahm der Beschuldigte den Auftrag zur Tötung eines sich in [X.].    aufhaltenden Geschäftsmannes gegen Bezahlung an. Er begab sich zur Ausführung des Planes sogar nach [X.].    , wo die Tat allerdings scheiterte, da er und der mitreisende Mitbeschuldigte sich der Identität der Person nicht sicher waren.

bb) Der dringende Tatverdacht (§ 112 Abs. 1 Satz 1 [X.]) hinsichtlich der Tatvorwürfe beruht auf Folgendem:

(1) Betreffend die ausländische terroristische [X.] [X.] ergibt er sich aus mehreren Gutachten des Sachverständigen Dr. S.      sowie Auswerteberichten des [X.]s.

(2) Der Beschuldigte hat in seiner polizeilichen Vernehmung vom 18. und 20. Dezember 2019 eingeräumt, mit den Mitbeschuldigten eine von der Ideologie des [X.] getragene Gruppe gebildet zu haben, die sich später in einer [X.] des [X.]-Dienstes "[X.]" über finanzielle Hilfen für den bewaffneten Kampf der [X.] und die eigene Teilnahme am [X.] austauschte sowie sich durch einen sich in [X.] aufhaltenden [X.] unterrichten ließ. Dass die Gruppe der Beschuldigten als eine Zelle agierte, die sich in die Strukturen des [X.] eingliederte, um in [X.] finanzielle Mittel zu generieren und Anschläge zu verüben, ergibt sich zudem aus einer Gesamtschau des auf dem Handy des Beschuldigten gesichteten, bislang ausgewerteten [X.] bei den [X.]-Diensten "[X.]" und "[X.]" sowie der übrigen polizeilichen Ermittlungen, die die Identifizierung einiger Chatpartner in [X.] und [X.] zum Gegenstand haben und die Einbindung der Gruppe in die Strukturen und Planungen des [X.] zu belegen geeignet sind.

Schon dem Vermerk zu den "ersten Erkenntnissen" aus der Auswertung des am 15. März 2019 sichergestellten Mobiltelefons des Beschuldigten vom 25. Juni 2019, der insbesondere einen Teil des "[X.]"-[X.] des Beschuldigten mit einem zum damaligen [X.]punkt noch nicht identifizierten Kommunikationspartner in [X.] zum Inhalt hatte, sind neben [X.] zu den Bemühungen des Beschuldigten um finanzielle Transaktionen zur Unterstützung der Kämpfer des [X.] in [X.] auch solche zu entnehmen, die auf die Bildung einer von radikal-islamistischem Gedankengut getragenen Gruppe des Beschuldigten und weiterer Beteiligter hindeuten. Nach dem Inhalt der damals ausgewerteten Chats befasste diese Gruppe sich mit der Frage, wie sie - neben oder statt finanzieller Hilfen - den Kampf des [X.] unterstützen könne. Der Chat-Partner des Beschuldigten in [X.], den dieser insoweit um Rat fragte, riet schließlich, den [X.] dort zu "machen", wo die Gruppe sich aufhalte, wozu sie sich einen Anführer suchen solle, um sich dessen Befehlsgewalt zu unterwerfen.

Diese ersten Hinweise darauf, dass sich die Gruppe der Beschuldigten dem [X.] angeschlossen haben könnte, um in [X.] Anschläge zu begehen, verdichteten sich im Ermittlungsverlauf durch die bei der weiteren Auswertung der aus dem Mobiltelefon des Beschuldigten ausgelesenen Chatinhalte gewonnenen Erkenntnisse, die in dem polizeilichen Vermerk vom 20. Januar 2020 dargelegt werden und die Vernetzung des Beschuldigten mit mehreren [X.]-Führungspersonen im Ausland offenbaren. Insbesondere gründet der Verdacht einer [X.]en Beteiligung des Beschuldigten am [X.] und der Einbindung der zusammen mit den Mitbeschuldigten gebildeten Gruppe in die Strukturen der [X.] auf den im polizeilichen Sachstandsbericht vom 25. Februar 2020 zusammengetragenen Ermittlungsergebnissen. Dieser Bericht ergibt auch die Identifikation einiger der ausländischen Chat-Partner des Beschuldigten, bei denen es sich wahrscheinlich um hochrangige Führungsmitglieder des [X.] handelt, deren Anweisungen sich die Gruppe um den Beschuldigten unterwarf. Zudem stützt er sich auf Inhalte der über den [X.]-Dienst "[X.]" ausgetauschten Gruppenchats, die die ideologische Beeinflussung der Gruppenmitglieder durch ein sich in [X.] aufhaltendes [X.]-Mitglied und Bekenntnisse der Gruppenmitglieder, insbesondere des Beschuldigten, zum [X.] offenbaren. Ein Vermerk über die Auswertung dieses [X.] liegt allerdings noch nicht vor.

(3) Die Ermittlungen haben zudem den dringenden Tatverdacht hinsichtlich der Taten bestätigt, die Gegenstand des Haftbefehls vom 26. September 2019 waren. Dies gilt sowohl für die beiden Geldtransfers über den        Finanzdienstleister [X.]  an Mitglieder des [X.] als auch bezüglich der von einem sog. [X.]-Bot heruntergeladenen Rezepturen, mit denen - wie die sachverständige Begutachtung dieser Anleitungen ergeben hat - aus handelsüblichen Inhaltsstoffen Sprengstoff hergestellt werden kann.

cc) Danach hat sich der Beschuldigte im Hinblick auf die im Haftbefehl vom 9. April 2020 weitgehend erstmals beschriebenen Tathandlungen mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen [X.]er Beteiligung an einer ausländischen terroristischen [X.] gemäß § 129a Abs. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1, 2 StGB strafbar gemacht.

(1) Die [X.]e Beteiligung setzt eine gewisse formale Eingliederung des [X.] in die Organisation voraus. Sie kommt nur in Betracht, wenn der Täter die [X.] von innen und nicht lediglich von außen her fördert. Insoweit bedarf es zwar keiner förmlichen Beitrittserklärung oder einer förmlichen Mitgliedschaft. Notwendig ist aber, dass der Täter eine Stellung innerhalb der [X.] einnimmt, die ihn als zum Kreis der Mitglieder gehörend kennzeichnet und von den Nichtmitgliedern unterscheidbar macht. Dafür reicht allein die Tätigkeit für die [X.], mag sie auch besonders intensiv sein, nicht aus; denn ein Außenstehender wird nicht allein durch die Förderung der [X.] zu deren Mitglied. Auch wenn die Mitgliedschaft in einer [X.] auf der Grundlage der Legaldefinition des § 129 Abs. 2 StGB nicht erfordert, dass sich der Täter in das "[X.]" der Organisation integriert und sich deren Willen unterordnet, so setzt die [X.]e Beteiligung an einer [X.] dennoch eine gewisse, einvernehmliche Eingliederung des [X.] in die Organisation voraus. Erforderlich ist, dass er eine organisationsbezogene Tätigkeit zur Förderung der kriminellen Ziele der [X.] von innen und nicht nur von außen her entfaltet (vgl. [X.], Beschluss vom 22. März 2018 - StB 32/17, NStZ-RR 2018, 206, 207).

Das Erfordernis einer gewissen formalen Eingliederung des [X.] in die Organisation führt auch dazu, dass die Frage, ob ein Täter, der in der Bundesrepublik [X.] lebt, sich als Mitglied an einer terroristischen [X.] im Ausland beteiligt, regelmäßig bereits deshalb besonderer Prüfung bedarf, weil er sich nicht im unmittelbaren Betätigungsgebiet der (Kern-)Organisation aufhält; dies gilt insbesondere dann, wenn sich der Täter nie an einem Ort befunden hat, an dem [X.]sstrukturen bestehen. Dafür reicht allein die Tätigkeit für die [X.], mag sie auch besonders intensiv sein, nicht aus; denn ein Außenstehender wird nicht allein durch die Förderung der [X.] zu deren Mitglied (vgl. [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69 Rn. 128).

(2) Gemessen daran ist der dringende Tatverdacht einer [X.]en Beteiligung des Beschuldigten am [X.] gegeben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist davon auszugehen, dass er - zusammen mit den anderen Mitgliedern der Gruppe - den [X.] mit den in der beim [X.]-Dienst "[X.]" eingerichteten [X.] erörterten und teilweise auch schon durchgeführten Aktivitäten nicht nur von außen unterstützen wollte, sondern sich in die Organisation einordnete und sich sowohl in [X.] vor allem mit seinem inzwischen als hochrangiges [X.]-Mitglied identifizierten Ansprechpartner in [X.] als auch im Gruppenchat mit dem in [X.] aufhältlichen [X.]-Mitglied der Anleitung und Befehlsgewalt des [X.] unterwarf. Unter den gegebenen Umständen steht der Mitgliedschaft des Beschuldigten nicht entgegen, dass die Ermittlungen bisher seinen förmlichen Beitritt zu der Organisation nicht ergeben haben. Insbesondere in den bisher noch nicht gänzlich ausgewerteten Gruppenchats bekannte er sich ausdrücklich zu seiner Zugehörigkeit zum [X.] und seiner Gefolgschaft hinsichtlich des damaligen Anführers des [X.], [X.]. Ebensowenig spricht gegen eine [X.]e Beteiligung an der ausländischen terroristischen Organisation [X.], dass der Beschuldigte selbst sich nie im Kampfgebiet des [X.] aufhielt. Denn er stand in unmittelbarem Kontakt mit wesentlichen Führungspersönlichkeiten des [X.], mit denen er sich beriet und von denen er sich anleiten ließ. Die nach ausführlichen Erörterungen mit diesen Personen getroffene Entscheidung der Gruppe, Anschläge in [X.] zu begehen, ist dabei auch vor dem Hintergrund der dem [X.] durch ausländische Sicherheitsbehörden übermittelten Erkenntnisse zu bewerten, der Anführer des [X.] habe Anfang 2019 angeordnet, dass als Vergeltung für die zu diesem [X.]punkt in [X.] und dem [X.] erlittenen Gebietsverluste Anschläge in den Ländern [X.]s durch sich dort befindende Zellen begangen werden sollen.

Da die Eingliederung des Beschuldigten in die Strukturen des [X.] bereits im Januar 2019 begann, sind die beiden im Februar 2019 vorgenommenen Geldüberweisungen, die Übernahme des Auftrags zur Tötung des [X.] Geschäftsmannes, um Geld für den [X.] zu generieren, sowie die Erörterung möglicher Anschlagsziele als Beteiligungshandlungen an der terroristischen [X.] [X.] zu werten. Ob diese ihrerseits einen eigenen Straftatbestand erfüllen und damit eigenständige Fälle der [X.]en Beteiligung an einer terroristischen [X.] darstellen, kann vorliegend offenbleiben.

(3) Die Anwendbarkeit [X.] Strafrechts folgt unbeschadet der Vorschrift des § 129b Abs. 1 Satz 2 Variante 1 und 4 StGB (zum Strafanwendungsrecht im Einzelnen s. [X.], Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.) schon daraus, dass der Beschuldigte die Tat in [X.] beging.

(4) Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von bereits begangenen und künftigen Taten im Zusammenhang mit der sich als "[X.]" ([X.]) bezeichnenden ausländischen terroristischen [X.] liegt - als Neufassung der bisherigen Verfolgungsermächtigung - seit dem 13. Oktober 2015 vor.

dd) Die [X.]e Beteiligung des Beschuldigten am [X.] ist sowohl nach [X.]en (§ 52 StGB) als auch verfahrensrechtlichen (§ 264 [X.]) Maßstäben nicht identisch mit den Taten, die bereits Gegenstand des Haftbefehls vom 26. September 2019 waren.

(1) Die den dem Beschuldigten in dem genannten Haftbefehl vorgeworfenen Taten, wonach er am 30. Januar 2019 einen Geldbetrag von 190 € und am 5. Februar 2019 eine weitere Summe von 546 € an ein Mitglied des [X.] zur Unterstützung dieser [X.] überwiesen haben soll, bilden mit den dem Beschuldigten mit Haftbefehl vom 9. April 2020 im Einzelnen angelasteten [X.]en [X.]n keine materiellrechtlich einheitliche Tat. Dies gilt selbst dann, wenn die im ursprünglichen Haftbefehl als Unterstützung einer ausländischen terroristischen [X.] nach § 129a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 5, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB gewerteten Transaktionen nach dem jetzigen Ermittlungsstand ebenfalls als Beteiligungsakte an der terroristischen [X.] [X.] zu würdigen wären. Auch dann stellen sie im Verhältnis zu der dem Beschuldigten nunmehr vorgeworfenen Mitgliedschaft in einer terroristischen [X.] eigenständige Taten dar. Denn die in dem früheren Haftbefehl beschriebenen Überweisungen erfüllen in zwei tatmehrheitlichen Fällen neben der ursprünglich angenommenen Unterstützung einer terroristischen [X.] jeweils tateinheitlich den weiteren Straftatbestand des § 18 Abs. 1 Nr. 1a) Variante 8 [X.].

Danach ist die Zuwiderhandlung gegen ein Bereitstellungsverbot eines im [X.]en veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsakts der Europäischen Gemeinschaften, der der Durchführung einer vom Rat der [X.] im Bereich der [X.] beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient, mit Strafe bedroht. Ein solches Bereitstellungsverbot ergibt sich aus Art. 2 Abs. 2 der im [X.]en veröffentlichten ([X.] [X.] vom 29. Mai 2002, [X.]) Verordnung ([X.]) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002, wonach den in [X.] der Verordnung aufgeführten natürlichen und juristischen Personen, Organisationen, Einrichtungen und [X.]en weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden dürfen. In dieser Anlage I ist seit der Durchführungsverordnung ([X.]) Nr. 632/2013 der [X.] vom 28. Juni 2013 ([X.] [X.] vom 29. Juni 2013, [X.]) auch der [X.] gelistet.

Die Strafbarkeit nach dieser Vorschrift tritt nicht konkurrenzrechtlich hinter die [X.]e Beteiligung an einer terroristischen [X.] zurück. Das Bereitstellungsverbot des Art. 2 Abs. 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 bezieht sich auf den tatsächlichen Vorgang des [X.], der dazu führt, dass der gelisteten Person oder Einrichtung ein wirtschaftlicher Vorteil zu Gute kommt (vgl. [X.], Beschluss vom 23. April 2010 - AK 2/10, [X.]St 55, 94 Rn. 19). Ziel des [X.] ist es, den gelisteten Personen oder Einrichtungen in tatsächlicher Hinsicht die materiellen Grundlagen ihrer Tätigkeit vorzuenthalten ([X.], Beschluss vom 9. Dezember 2014 - 3 [X.], juris Rn. 27). Damit kommt dem Verstoß gegen das Bereitstellungsverbot auch dann ein eigener Unrechtsgehalt zu, wenn die Überweisung durch ein Mitglied der [X.] selbst erfolgt.

Da hinsichtlich der im ursprünglichen Haftbefehl aufgeführten Überweisungen die [X.]e Betätigung in der jeweiligen Verwirklichung des Straftatbestandes des § 18 Abs. 1 Nr. 1a) Variante 8 [X.] besteht, unterfallen diese Tätigkeiten nicht der tatbestandlichen Handlungseinheit sämtlicher für sich genommen nicht strafbarer [X.] für die [X.], sondern treten - idealkonkurrierend mit der eigenständigen, isolierten Erfüllung des § 129a Abs. 1 StGB - in [X.] zu dieser (vgl. [X.], Beschluss vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, [X.]St 60, 308 Rn. 23, 39). Es handelt sich insoweit auch nach natürlicher Auffassung nicht um einheitliche Lebensvorgänge, so dass der Grundsatz Gültigkeit beansprucht, wonach [X.] selbständige Taten auch prozessual selbständig sind ([X.], aaO, juris Rn. 47, in [X.]St 60, 308 ff. nicht abgedruckt).

Nach alledem liegen hier unterschiedliche Taten im Sinne des § 121 [X.] vor.

(2) Ob die Überweisungen an den [X.], die dem Beschuldigten im Haftbefehl vom 26. September 2019 vorgeworfen worden sind, zudem tateinheitlich den Tatbestand der Terrorismusfinanzierung nach § 89c Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllen und wie sich das Konkurrenzverhältnis in diesem Fall, in dem sich die Unterstützung der terroristischen [X.] bzw. die [X.]e Beteiligung an dieser in der Zuwendung von [X.] erschöpft, darstellt (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 9. Januar 2020 - AK 61/19, juris Rn. 31), kann hier ebenso offenbleiben wie die Frage, ob sich der Beschuldigte auch mit anderen, im neuen Haftbefehl aufgeführten Beteiligungshandlungen nach weiteren Straftatbeständen strafbar gemacht hat.

b) Der dringende Tatverdacht hinsichtlich des mit Haftbefehl vom 9. April 2020 neu hinzugetretenen Vorwurfs der [X.]en Beteiligung am [X.] hat sich erst nach Erlass des ursprünglichen Haftbefehls vom 26. September 2019 ergeben. Entgegen dem Vorbringen des Verteidigers rechtfertigen die ursprünglich bekannten Kommunikationsinhalte erst in ihrer Neubewertung durch die später gewonnenen Erkenntnisse den Tatverdacht der [X.]en Beteiligung des Beschuldigten an einer terroristischen [X.]. Insoweit gilt:

Bei der anlässlich eines - mit den [X.]en Betätigungshandlungen möglicherweise schon im Zusammenhang stehenden, ebenfalls aber gesondert strafbaren - Waffendelikts erfolgten Festnahme des Beschuldigten am 15. März 2019 und der zeitgleich durchgeführten Durchsuchung ist unter anderem sein Mobiltelefon sichergestellt worden, auf dem sich große gespeicherte Datenmengen befunden haben. [X.]lein die Telekommunikation bei dem [X.]-Dienst "[X.]" hat 54 Chats mit einem Ausdruck von über 2.200 Seiten umfasst, wobei die Gespräche wechselnd auf [X.] und tadschikisch geführt wurden und einer aufwendigen Übersetzung bedurft haben. Ein erster polizeilicher Auswertungsvermerk vom 25. Juni 2019, der ungefähr ein Drittel des [X.]-Chat-Verkehrs erfasst hat, hat den Verdacht der im Haftbefehl vom 26. September 2019 aufgeführten Überweisungen an den [X.] ergeben, daneben aber auch schon Hinweise, dass der Beschuldigte, der erkennbar mit dem [X.] jedenfalls nahestehenden Personen im [X.] Kampfgebiet kommunizierte, mit anderen zusammen Anschläge unter anderem in [X.] zur Durchsetzung der Ziele des [X.] erwog.

Die Hinweise auf eine [X.]e Beteiligung am [X.] sind allerdings so vage gewesen, dass der [X.], dem die [X.] am 10. Juli 2019 die Akten zur Verfahrensübernahme vorgelegt hatte, in seiner Verfügung vom 27. Juli 2019 zutreffend einen dahingehenden Verdacht verneint und das Verfahren lediglich wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen [X.] durch die genannten Transaktionen und des Sich-Verschaffens einer Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat übernommen und sodann wegen minderer Bedeutung an die Generalstaatsanwaltschaft zurückgegeben hat. Entsprechend ist der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.] vom 26. September 2019 wegen des dargelegten Verdachts insbesondere der Überweisung von [X.] an den [X.] ergangen. Erst die Zusammenschau der weiteren Auswertungen des technisch teilweise schwer zugänglichen [X.]-[X.] (vgl. polizeilicher Auswertungsvermerk vom 20. Januar 2020 [offensichtlich falsch: "2019"]), der bislang noch nicht abgeschlossenen Auswertung der Gruppenchat-Verläufe des [X.]-Dienstes "[X.]", der Einlassung des Beschuldigten am 18. und 20. Dezember 2019, der Identifizierung der Mitbeschuldigten sowie der erst in jüngster [X.] erfolgten (möglichen) Identifizierung zweier Chatpartner des Beschuldigten in [X.] und [X.] hat den dringenden Verdacht ergeben, der Beschuldigte habe den [X.] nicht nur unterstützt, sondern sich - zusammen mit Mitbeschuldigten - auch als Mitglied an der [X.] beteiligt (vgl. die [X.] vom 18., 25. Februar und 26. März 2020). Der [X.] hat mit Vermerk vom 31. März 2020 das Verfahren wieder übernommen und auf die Mitbeschuldigten sowie im Tatvorwurf erweitert.

c) Die [X.]e Beteiligung des Beschuldigten am [X.] rechtfertigt für sich genommen den Erlass eines Haftbefehls.

aa) Beim Beschuldigten bestehen, auch wenn nur der neu hinzugetretene Tatvorwurf Berücksichtigung findet, die Haftgründe der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) sowie darüber hinaus der [X.] (§ 112 Abs. 3 [X.]). Der Beschuldigte hat im Falle seiner Verurteilung mit einer erheblichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Dem davon ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthindernden Umstände entgegen. Er ist t.         Staatsangehöriger und verfügt über zahlreiche Beziehungen ins Ausland. Seine Frau und die gemeinsamen Kinder leben in [X.]. Hinweise auf eine Arbeitsstelle oder eine Einbindung in sonstige [X.] Strukturen haben sich nicht ergeben. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass der Beschuldigte sich, sollte er in Freiheit gelangen, dem weiteren Strafverfahren durch Flucht entziehen wird. Danach sind - erst recht - Umstände gegeben, die die Gefahr begründen, dass ohne Inhaftierung des Beschuldigten zumindest die alsbaldige Ahndung der Tat gefährdet sein könnte (zur gebotenen restriktiven Handhabung des § 112 Abs. 3 [X.] vgl. [X.]/[X.], [X.], 63. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN). Eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§ 116 Abs. 1 [X.]) ist unter den gegebenen Umständen nicht erfolgversprechend.

bb) Schließlich steht die Anordnung der Untersuchungshaft im Hinblick auf die dem Beschuldigten zur Last liegende [X.]e Beteiligung am [X.] nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Fall der Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 112 Abs. 1 Satz 2, § 120 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

(1) Insoweit hat der [X.] auch berücksichtigt, dass dem in Haftsachen allgemein geltenden Beschleunigungsgebot besondere Bedeutung zukommen kann, falls sich - wie hier - die Haftdauer insgesamt verlängert, weil während des [X.] eine neue Sechsmonatsfrist in Gang gesetzt worden ist und eine Haftprüfung nach den §§ 121, 122 [X.] deshalb nicht stattfindet (vgl. [X.], Beschlüsse vom 6. April 2017 - AK 14/17, juris Rn. 37; vom 7. September 2017 - AK 42/17, [X.], 10, 11).

(2) Zudem ist bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung in den Blick zu nehmen, dass der Ermittlungsrichter des [X.] dem [X.] die Akten - bezogen auf den Haftbefehl vom 26. September 2019 - erst mehr als zweieinhalb Monate nach Ablauf der Frist des § 121 Abs. 1 [X.] vorgelegt hat. Bereits aufgrund des oben erwähnten polizeilichen Ermittlungsvermerks vom 25. Juni 2019 haben konkrete Verdachtsmomente hinsichtlich der im Haftbefehl vom 26. September 2019 vorgeworfenen Taten vorgelegen, die zu einer Erweiterung oder Ersetzung des Haftbefehls vom 16. März 2019 hätten Anlass geben müssen. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des [X.]s darauf an, wann die neuen Tatsachen den Ermittlungsbehörden bekannt geworden sind, nicht wann die Staatsanwaltschaft den Ermittlungsstand bewertet und einen neuen Haftbefehl beantragt hat (vgl. Beschluss vom 25. Juli 2019 - AK 34/19, [X.], 626 Rn. 8, 39 f. mwN). Danach wäre schon am Folgetag, mithin am 26. Juni 2019, der Haftbefehl an die veränderte Sachlage anzupassen gewesen. Die Sache hätte somit bereits Ende Dezember 2019 dem [X.] zur Haftprüfung vorgelegt werden müssen. Da das [X.] die Vorlage erst zum 18. März 2020 verfügt hat, ist diese um mehr als zweieinhalb Monate verspätet.

Diese Verspätung führt jedoch zum jetzigen [X.]punkt noch nicht zur Unverhältnismäßigkeit der [X.]. Denn ungeachtet des Umstandes, dass dem Beschleunigungsgebot in Fällen der Ersetzung des Haftbefehls während eines laufenden Untersuchungshaftvollzugs besondere Bedeutung zukommt, setzt die nachträglich im Sinne eines dringenden Tatverdachts bekannt gewordene Straftat eine neue Sechsmonatsfrist in Gang, um den Strafverfolgungsbehörden Gelegenheit zur Durchführung weiterer Ermittlungen zu geben. Der Gesetzeszweck gebietet es in den Fällen, in denen vor einer Haftprüfungsentscheidung des [X.]s nach §§ 121, 122 [X.] ein neuer Haftbefehl ergeht, der sich auf einen erweiterten oder neuen Tatverdacht bezieht, grundsätzlich nicht, die bisherige Haftdauer schematisch in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen. Die zeitliche Begrenzung der Untersuchungshaft nach § 121 Abs. 1 [X.] soll die Strafverfolgungsbehörden dazu anhalten, die Ermittlungen hinsichtlich der dem Haftbefehl zugrundeliegenden Tat und das weitere Verfahren zu beschleunigen. Anlass, diesem Beschleunigungsgebot entsprechend Ermittlungen wegen weiterer Taten durchzuführen, die ihrerseits zum Erlass eines Haftbefehls führen oder in einen bestehenden Haftbefehl aufgenommen werden können, haben die Ermittlungsbehörden aber erst dann, wenn sie von den betreffenden Taten Kenntnis erlangen (vgl. [X.], Beschluss vom 6. April 2017 - AK 14/17, juris Rn. 37 mwN). Die verspätete Vorlage, die einen aufgehobenen und ersetzten Haftbefehl betrifft, ist deshalb nicht von allein entscheidender Bedeutung, zumal der Verstoß gegen die Pflicht zur Vorlage innerhalb der Sechsmonatsfrist nach § 121 Abs. 1, § 122 Abs. 1 [X.] ohnehin nicht zur Aufhebung des Haftbefehls, sondern lediglich dazu führt, dass im Falle einer verspäteten Vorlage erhöhte Anforderungen an die Prüfung der Voraussetzungen der [X.] zu stellen sind ([X.]/[X.], [X.], 63. Aufl., § 121 Rn. 28; vgl. auch [X.], Beschluss vom 22. Februar 2018 - AK 4/18, juris Rn. 63).

[X.]lerdings wird im Fortgang des Verfahrens zur Wahrung des Beschleunigungsgebots die insgesamt erlittene Haftdauer in den Blick zu nehmen sein. Der [X.] geht davon aus, dass der [X.] seine Ankündigung, das Ermittlungsverfahren zügig abzuschließen, umsetzen wird.

d) Der Ablauf der durch den Haftbefehl vom 9. April 2020 in Gang gesetzten Sechsmonatsfrist steht noch nicht bevor. Dieser wird erst am 21. Juni 2020 eintreten. Nach dem oben [X.] ist für den Fristbeginn der [X.]punkt maßgebend, zu dem sich die einen neuen Haftbefehl rechtfertigenden Ermittlungsergebnisse zu einem dringenden Tatverdacht verdichtet haben. Dieser [X.]punkt ist in Fällen wie dem hiesigen, in dem erst eine Zusammenführung einzelner Erkenntnisse den dringenden Tatverdacht begründet, häufig schwer zu fixieren. Vorliegend ist er mit den Erkenntnissen der in den oben genannten [X.], die im Januar und Februar 2020 erstellt worden sind, aktenkundig geworden. Da der [X.] keinen Anlass zu der Annahme hat, die Ermittlungsbehörden hätten ihre Erkenntnisse den Akten über einen längeren [X.]raum als zur Verfassung der Ermittlungsvermerke notwendig vorenthalten, wäre mithin von einer Verdichtung eines dringenden Tatverdachts im Januar 2020 auszugehen. [X.]lerdings ergibt sich aus den Vorhalten, die dem Beschuldigten bei seiner Vernehmung am 18. und 20. Dezember 2019 gemacht worden sind, dass den Ermittlungsbehörden noch nicht schriftlich in den Akten niedergelegte Erkenntnisse - insbesondere hinsichtlich der Identifizierung der Mitbeschuldigten und der noch nicht gänzlich ausgewerteten [X.] im [X.]-Dienst "[X.]" - zu diesem [X.]punkt bereits bekannt gewesen sind, die durch die Angaben des Beschuldigten in der Vernehmung teilweise Bestätigung gefunden haben. Der [X.] geht deshalb mit dem [X.] davon aus, dass sich mit dem Abschluss der Vernehmung des Beschuldigten der Verdacht seiner [X.]en Beteiligung an einer terroristischen [X.] zu einem dringenden verdichtet hat. Damit hätte der auf den neuen Vorwurf erweiterte Haftbefehl am 21. Dezember 2019 erlassen und verkündet werden können.

e) Soweit die Verteidigung für den Fall einer Entscheidung, die die Untersuchungshaft des Beschuldigten fortdauern lässt, die Beiziehung der "vollständigen" Akten beantragt hat, ist darauf zu verweisen, dass dem [X.] die Existenz weiterer Akten, die auch dem [X.] nicht vorliegen, nicht bekannt ist. Der Anspruch auf rechtliches Gehör erfordert mithin keine weitere Frist zur Stellungnahme zum Antrag des [X.]s, da sich das Gehörsrecht nur auf die Kenntnis der Akten bezieht, die auch dem [X.] vorliegen und die Grundlage dieser Entscheidung sind.

[X.]Erbguth

Meta

AK 8/20

14.05.2020

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

§ 121 Abs 1 StPO, § 264 Abs 1 StPO, § 129a Abs 1 StGB, § 129b Abs 1 S 1 StGB, § 129b Abs 1 S 2 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.05.2020, Az. AK 8/20 (REWIS RS 2020, 1754)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1754

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