Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.10.2021, Az. XI ZB 26/19

11. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 1943

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Gegenstand

Kapitalanleger-Musterverfahren: Umfang der Abänderungsbefugnis des Rechtsbeschwerdegerichts


Leitsatz

Hat das Oberlandesgericht in einem Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz das Feststellungsziel 1 als unbegründet zurückgewiesen und den Vorlagebeschluss hinsichtlich des Feststellungsziels 2 für gegenstandslos erklärt, kann das Rechtsbeschwerdegericht - auf eine Rechtsbeschwerde auf Seiten des Musterklägers hin, mit der die Feststellungsziele 1 und 2 weiterverfolgt werden - die Entscheidung dahingehend abändern, dass es das Feststellungsziel 2 als unbegründet zurückweist und den Vorlagebeschluss hinsichtlich des Feststellungsziels 1 für gegenstandslos erklärt.

Tenor

Die Beitritte der [X.] zu 2 und 3 werden als unzulässig zurückgewiesen.

Auf die Rechtsbeschwerden der [X.] und der Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 3 sowie zu 5 bis 7 wird der Musterentscheid des [X.] vom 12. Dezember 2018, berichtigt durch Beschluss vom gleichen Tag, aufgehoben, soweit das [X.] die [X.] 1a, 1b, 1c und 1f als unbegründet zurückgewiesen und den Vorlagebeschluss des [X.] vom 17. Juli 2017 hinsichtlich des [X.]s 2 für gegenstandslos erklärt hat. Das [X.] 2 wird als unbegründet zurückgewiesen. Der Vorlagebeschluss des [X.] vom 17. Juli 2017 ist hinsichtlich der [X.] 1a, 1b, 1c und 1f gegenstandslos.

Im Übrigen werden die Rechtsbeschwerden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des [X.] und die außergerichtlichen Kosten der [X.] zu 1 tragen die [X.] und die Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 3 sowie zu 5 bis 7 wie folgt:

Musterrechtsbeschwerdeführerin      

26,13 %

Rechtsbeschwerdeführer zu 1

5,22 %

Rechtsbeschwerdeführerin zu 2

7,84 %

Rechtsbeschwerdeführer zu 3

14,82 %

Rechtsbeschwerdeführer zu 5

13,73 %

Rechtsbeschwerdeführer zu 6

24,44 %

Rechtsbeschwerdeführer zu 7

7,82 %

Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die [X.], die Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 3 und zu 5 bis 7 sowie die [X.] zu 2 und 3 jeweils selbst.

Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Gerichtskosten auf bis zu 750.000 € festgesetzt.

Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten des [X.] wird für die Prozessbevollmächtigten der [X.] sowie der Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 3 und zu 5 bis 7 auf 203.163 € und für die Prozessbevollmächtigten der [X.] auf bis zu 750.000 € festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Parteien streiten im Rahmen eines Verfahrens nach dem [X.] ([X.]) im Wesentlichen darüber, ob der bei der Emission des Fonds P.          GmbH & Co. KG (im Folgenden: [X.]) am 24. September 2007 aufgelegte Prospekt fehlerhaft ist und ob die [X.] hierfür aufgrund bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung im weiteren Sinne in Anspruch genommen werden können. Gegenstand des Unternehmens der [X.] war der Betrieb des [X.] "P.  M.     ". Hierbei handelt es sich um einen Massegutfrachter (Bulkcarrier) der [X.] mit einer Tragfähigkeit von 53.000 tdw (tons deadweight), der den [X.] bereits vor dessen Erweiterung nutzen konnte.

2

Die [X.] zu 1 (damals noch [X.]) ist (Rechtsnachfolgerin der) [X.] mit einer Kommanditeinlage von 20.000 €. Zudem gab sie eine Platzierungsgarantie ab. Die [X.] zu 2 ist [X.] und [X.] mit einer Kommanditeinlage von 5.000 €. Bei der [X.] zu 3 handelt es sich um eine [X.] mit einer Kommanditeinlage von 10.000 € sowie um die Vertragsreederin.

3

Seit dem [X.] haben zahlreiche Anleger Klagen gegen die [X.] anhängig gemacht. In den Ausgangsverfahren verlangen der [X.] und die Beigeladenen die Erstattung der Zeichnungssumme zuzüglich entgangenen Gewinns abzüglich erhaltener Ausschüttungen sowie die Freistellung von etwaigen Nachteilen der Zeichnung.

4

Das [X.] hat mit Beschluss vom 17. Juli 2017 dem [X.] zum Zwecke der Herbeiführung eines [X.]s vorgelegt. Mit diesen werden mehrere [X.] geltend gemacht. Diese betreffen - soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung - die im Prospekt enthaltene Betriebskostenprognose ([X.] 1a) und den fehlenden Hinweis auf die Erweiterung des [X.]s und deren mögliche Folgen für die [X.] ([X.] 1b). Im Prospekt werde zudem fehlerhaft verschwiegen, dass der Wettbewerbsvorteil des [X.]         ", den [X.] im Gegensatz zu einem Capesize Bulkcarrier passieren zu können, mit der Erweiterung des [X.]s entfalle ([X.] 1c). Es werde auch das Risiko verschwiegen, dass Gläubiger des Charterers wegen offener Forderungen gegen diesen das [X.]   M.     " beschlagnahmen könnten, obwohl die [X.] Eigentümerin des Schiffs sei ([X.] 1f). Ferner wird die Feststellung begehrt, dass die [X.] als potentielle Haftungsschuldner aus Prospekthaftung im weiteren Sinne verpflichtet gewesen seien, alle Anleger vollständig und richtig über die Beteiligung an der [X.] aufzuklären ([X.] 2), und dass die [X.] bei der Veröffentlichung des Prospekts der [X.] nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft gehandelt hätten ([X.] 3).

5

Das [X.] hat mit [X.] vom 12. Dezember 2018, berichtigt mit Beschluss vom gleichen Tag, die genannten [X.]e unter 1 zurückgewiesen. Hinsichtlich der [X.]e 2 und 3 hat es festgestellt, dass der Vorlagebeschluss des [X.]s insoweit gegenstandslos ist.

6

Gegen den [X.] haben sieben Beigeladene Rechtsbeschwerde eingelegt. Sie wenden sich gegen die Zurückweisung der [X.]e 1a, 1b, 1c und 1f als unbegründet und gegen die Gegenstandsloserklärung des [X.] hinsichtlich der [X.]e 2 und 3. Insoweit verfolgen sie ihr Feststellungsbegehren weiter.

7

Durch Eintragung in das Klageregister ist am 30. Januar 2019 öffentlich bekannt gemacht worden, dass gegen den [X.] durch Beigeladene auf Seiten des [X.]s Rechtsbeschwerde eingelegt worden ist. Innerhalb der [X.] haben die Prozessbevollmächtigen der [X.] ihre jeweilige Vertretung der [X.] angezeigt und beantragt, die Rechtsbeschwerde der Beigeladenen zurückzuweisen. Rechtsbeschwerdeerwiderungen haben am 10. Juli 2019 der Prozessbevollmächtigte der [X.] zu 3 und am 2. September 2019 der Prozessbevollmächtigte der [X.] zu 1 und 2 bei Gericht eingereicht. Mit Beschluss vom 12. Januar 2021 (juris) hat der [X.] - der das Verfahren aufgrund seiner alleinigen Zuständigkeit für die spezialgesetzliche Prospekthaftung vom II. Zivilsenat übernommen hat (siehe auch [X.], [X.] 2021, 1063, 1070 f.) - die Beigeladene zu 4 zur Musterrechtsbeschwerdeführerin und die [X.] zu 1 zur [X.]in bestimmt und ausgeführt, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 sowie zu 5 bis 7 als Rechtsbeschwerdeführer am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt bleiben. Zugleich hat er die [X.] zu 2 und 3 darauf hingewiesen, dass sie selbst bei Auslegung der Vertretungsanzeigen ihres jeweiligen Prozessbevollmächtigten als Beitritt wegen der Versäumung der Frist zur Begründung des Beitritts nicht mehr am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt seien. Die [X.] zu 2 und 3 haben sich mit Schriftsätzen vom 11. Februar 2021 ([X.] zu 3) bzw. vom 16. Februar 2021 ([X.] zu 2) hiergegen gewandt, vorsorglich nochmals den Beitritt auf Seiten der [X.] zu 1 erklärt und zur Begründung des Beitritts auf ihre Rechtsbeschwerdeerwiderungen Bezug genommen.

B.

8

Die Beitritte der [X.] zu 2 und 3 sind unzulässig, was der [X.] zugleich mit der instanzbeendenden Entscheidung aussprechen kann. Die [X.] zu 2 und 3 haben ihre Beitritte auf Seiten der [X.] zu 1 nicht innerhalb der Frist des § 20 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] begründet, da sie innerhalb der Frist lediglich beantragt haben, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

9

§ 20 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] gilt auch für den [X.], der nicht zum [X.] bestimmt wird (vgl. ausführlich [X.]sbeschlüsse vom 1. Dezember 2020 - [X.], juris Rn. 2 ff. und vom 23. Februar 2021 - [X.], [X.], 1047 Rn. 19 ff.).

Entgegen der Ansicht der [X.] zu 3 beginnt die Frist zur Begründung des Beitritts nicht erst, wenn die Bestimmung des [X.]s aus den [X.] gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.] erfolgt ist. Vielmehr ist der Beitritt nach § 20 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 [X.] innerhalb eines Monats ab Zustellung der Benachrichtigung über den Eingang der Rechtsbeschwerde nach § 20 Abs. 2 [X.] zu begründen. Dem steht nicht entgegen, dass ein [X.]r bei Einlegung der Rechtsbeschwerde durch den [X.] oder durch einen oder mehrere Beigeladene auf Seiten des [X.]s bei einer Mehrheit von [X.] im Falle einer Benachrichtigung über den Eingang der Rechtsbeschwerde nach § 20 Abs. 2 [X.] ohne gleichzeitige Bestimmung des [X.]s nach § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht wissen kann, ob er als [X.] bestimmt wird. Denn jeder [X.] kann vorsorglich auf Seiten des Rechtsbeschwerdegegners beitreten und ggf. nach § 20 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 [X.], § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 ZPO die Verlängerung der Frist für die Begründung seines Beitritts beantragen. Wird er später als [X.] ausgewählt, erledigt sich sein Beitritt ([X.]sbeschluss vom 19. Januar 2021 - [X.], [X.], 237 Rn. 8; [X.], Beschluss vom 4. November 2019 - [X.], BeckRS 2019, 54251 Rn. 1).

Aus dem von den [X.] zu 2 und 3 für ihre abweichende Auffassung zitierten [X.]sbeschluss vom 29. Mai 2018 ([X.], juris Rn. 2) ergibt sich nichts anderes. Der [X.] hat weder dort noch an anderer Stelle den (unzutreffenden) Rechtssatz aufgestellt, die Frist des § 20 Abs. 3 Satz 2 [X.] beginne erst mit der Bestimmung eines [X.] zum [X.]. Aus dem von der [X.] vergebenen und von den [X.] zu 2 und 3 zitierten [X.] - nicht: Leitsatz - zu diesem [X.]sbeschluss, der ohnehin keine irgendwie verbindliche Interpretation der [X.]srechtsprechung bieten könnte, folgt abweichendes nicht ([X.]sbeschluss vom 23. Februar 2021 - [X.], [X.], 1047 Rn. 21).

Anders als die [X.] zu 3 meint, führt die Rechtsprechung des [X.]s nicht zu einem einseitigen Rechtsbeschwerdeverfahren ohne Rechtsbeschwerdegegner, wenn kein Beteiligter auf Seiten des [X.]s innerhalb der in § 20 Abs. 3 [X.] genannten Frist den Beitritt erklärt und begründet. Das Rechtsbeschwerdegericht bestimmt gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 [X.] nach billigem Ermessen durch Beschluss den [X.] aus den [X.] unabhängig davon, ob sie zu diesem Zeitpunkt am Rechtsbeschwerdeverfahren beteiligt waren oder nicht.

Der [X.] kann die Entscheidung über die Zulässigkeit des Beitritts der [X.] zugleich mit der Endentscheidung über die Rechtsbeschwerde treffen, ohne dass es vorab einer Zwischenentscheidung bedürfte. § 71 ZPO findet keine entsprechende Anwendung ([X.]sbeschluss vom 19. Januar 2021 - [X.], [X.], 237 Rn. 11 mwN).

C.

Die zulässigen Rechtsbeschwerden der Musterrechtsbeschwerdeführerin und der weiteren Rechtsbeschwerdeführer haben im Ergebnis keinen Erfolg.

I.

Die Rechtsbeschwerden sind zulässig. Sie sind rechtzeitig eingelegt und begründet worden (§ 20 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 575 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO). Die Rechtsbeschwerden formulieren einen ordnungsgemäßen [X.] (§ 20 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 575 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Der Antrag, den angefochtenen Beschluss hinsichtlich bestimmter [X.]e teilweise aufzuheben und insoweit nach den "Schlussanträgen der Rechtsbeschwerdeführer im Kapitalanlegermusterverfahren zu entscheiden", benennt mit den [X.]en 1a, 1b, 1c, 1f, 2 und 3 die angegriffenen Teile des [X.]s und lässt insoweit erkennen, welche Abänderungen beantragt werden (vgl. [X.]sbeschlüsse vom 21. Oktober 2014 - [X.], [X.]Z 203, 1 Rn. 54 zu § 15 [X.] aF, vom 22. November 2016 - [X.], [X.]Z 213, 65 Rn. 44 und vom 23. Oktober 2018 - [X.], [X.]Z 220, 100 Rn. 35 mwN).

II.

Die Rechtsbeschwerden der Musterrechtsbeschwerdeführerin und der weiteren Rechtsbeschwerdeführer haben im Ergebnis keinen Erfolg. Sie führen nur dazu, dass das [X.] 2 und nicht die [X.]e 1a, 1b, 1c und 1f als unbegründet zurückgewiesen werden und dass der Vorlagebeschluss hinsichtlich der [X.]e 1a, 1b, 1c, 1f und 3 gegenstandslos ist.

1. Das [X.] hat zur Begründung des [X.]s - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt und im Einzelnen dargelegt:

Die Feststellungsanträge seien in der Sache zurückzuweisen, weil der insofern darlegungs- und beweisbelastete [X.] [X.] ([X.]e unter 1) nicht dargetan habe und weil dadurch der Vorlagebeschluss hinsichtlich der [X.]e 2 und 3 gegenstandslos geworden sei.

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob das [X.] zu Recht davon ausgegangen ist, dass keine [X.] vorliegen. Denn die Rechtsbeschwerden haben bereits aus einem anderen Grund im Ergebnis keinen Erfolg. Das [X.] 2 ist wegen des Vorrangs der spezialgesetzlichen Prospekthaftung als unbegründet zurückzuweisen. Somit ist der Vorlagebeschluss nicht nur - wie vom [X.] bereits festgestellt - hinsichtlich des [X.]s 3, sondern auch hinsichtlich der [X.]e 1a, 1b, 1c und 1f gegenstandslos.

a) Durch das [X.] 2 sollte nur eine Haftung der [X.] nach den Grundsätzen der "Prospekthaftung im weiteren Sinne" durch Verwenden eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung festgestellt werden. Das [X.] 2 enthält zwar keine derartige Einschränkung bei der Aussage, dass die Beklagten verpflichtet waren, alle Anleger richtig und vollständig aufzuklären. Das [X.] 3 bezieht sich hingegen ausdrücklich auf ein schuldhaftes Handeln "bei der Veröffentlichung des Prospekts". Auch aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass es jeweils um die Haftung für den Inhalt des Prospekts geht. Beide [X.]e stellen ausdrücklich auf die Prospekthaftung im weiteren Sinne ab. Im [X.] 2 geht es um die Passivlegitimation der [X.] und das Vorliegen einer Pflichtverletzung, im [X.] 3 um das Verschulden. Das [X.] 2 ist daher im Einklang mit dem [X.] 3 so auszulegen, dass auch die im [X.] 2 angesprochene Pflichtverletzung nur in der Verwendung eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung bestehen kann. Zudem sind [X.]e so auszulegen, dass ein prozessual zulässiges Ergebnis erreicht wird. Feststellungen zu einem Schadensersatzanspruch, der nicht an eine falsche, irreführende oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation als Mittel der schriftlichen Aufklärung anknüpft, wären im Kapitalanleger-Musterverfahren unstatthaft ([X.]sbeschluss vom 19. Januar 2021 - [X.], [X.], 237 Rn. 21).

b) Die begehrte Feststellung ist nicht zu treffen, weil eine Haftung der [X.] als (Rechtsnachfolger der) Gründungsgesellschafter aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB nicht auf die Verwendung eines Prospekts als solche gestützt werden kann. Ein Anspruch auf dieser Grundlage wird - was der [X.] bereits entschieden hat ([X.]sbeschluss vom 19. Januar 2021 - [X.], [X.], 237 Rn. 22 ff.) - vielmehr durch die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung verdrängt.

Auf den am 24. September 2007 veröffentlichten Prospekt findet die Regelung des § 8g [X.] in der vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) in Verbindung mit § 32 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG Anwendung. Damit ist auch der Anwendungsbereich der § 13[X.], §§ 44 ff. [X.] in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) eröffnet.

Nach § 13 [X.], §§ 44 ff. [X.] aF haften neben denjenigen, die für den Prospekt im Sinne des § 8g [X.] aF die Verantwortung übernommen haben, im Falle von dort enthaltenen unrichtigen oder unvollständigen wesentlichen Angaben auch diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] aF). Damit sollen die Personen und Unternehmen getroffen werden, von denen die wirtschaftliche Initiative ausgeht und die hinter dem Prospekt stehen und seine eigentlichen Urheber sind ([X.]sbeschluss vom 19. Januar 2021 - [X.], [X.], 237 Rn. 24 mwN). Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] aF ist von einer Prospektverantwortlichkeit eines [X.] als Prospektveranlasser unter anderem dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospektes verantwortlich ist. Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des [X.] sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist ([X.]sbeschluss vom 19. Januar 2021 - [X.], aaO).

Nach diesen Grundsätzen sind die [X.] [X.] im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] aF. Sie sind - was bereits ausreicht - Gründungsgesellschafter der [X.], hier mit Kommanditeinlagen von 20.000 € ([X.] zu 1), 5.000 € ([X.] zu 2) und 10.000 € ([X.] zu 3) bei einem Gesamtkommanditkapital von 65.000 €. Die [X.] zu 1 war darüber hinaus im Prospekt als [X.] "Gesellschafterin" der I.             M.     F.      AG bezeichnet, welche Prospektherausgeberin und Anbieterin war (vgl. Seite 74 des Prospekts), und hatte eine Platzierungsgarantie abgegeben. Eine [X.] Tochtergesellschaft der [X.] zu 1 war mit dem Vertrieb beauftragt (vgl. Seite 74 des Prospekts). Die [X.] zu 2 fungierte als [X.] und hatte auch die Mittelverwendung/Mittelfreigabe übernommen (vgl. Seite 59 des Prospekts). Die [X.] zu 3 war neben ihrer Stellung als [X.] die Vertragsreederin.

Sämtliche [X.] hafteten mithin als Veranlasser für unrichtige oder unvollständige wesentliche Angaben nach den Grundsätzen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 13 [X.], §§ 44 ff. [X.] aF. Neben dieser ist eine Haftung der [X.] unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung des unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung ausgeschlossen ([X.]sbeschluss vom 19. Januar 2021 - [X.], [X.], 237 Rn. 26). Das [X.] 2 ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

c) Weil der Antrag zu dem [X.] 2 in der Sache unbegründet ist, ist der Vorlagebeschluss hinsichtlich der [X.]e 1a, 1b, 1c, 1f und 3 gegenstandslos.

Gegenstandslos wird der dem Musterverfahren zugrundeliegende Vorlagebeschluss hinsichtlich eines [X.]s, wenn die Entscheidungserheblichkeit dieses [X.]s aufgrund der vorausgegangenen Prüfung im Musterverfahren entfallen ist ([X.]sbeschlüsse vom 22. November 2016 - [X.], [X.]Z 213, 65 Rn. 106, vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 49, vom 23. Oktober 2018 - [X.], [X.]Z 220, 100 Rn. 61 und vom 6. Oktober 2020 - [X.], [X.], 2411 Rn. 54).

Das ist hier für die [X.]e 1a, 1b, 1c und 1f, die jeweils [X.] zum Gegenstand haben, und hinsichtlich des [X.]s 3, das sich auf ein Verschulden der [X.] bezieht, der Fall. Der Vorlagebeschluss ist dahin auszulegen, dass die [X.] ausschließlich als anspruchsbegründende Voraussetzung einer Haftung der [X.] unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung eines unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung festgestellt werden sollen (vgl. [X.]sbeschluss vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 54). Im Vorlagebeschluss ist ausgeführt, dass die Parteien sämtlicher [X.] um Schadensersatzansprüche aus Prospekthaftung im weiteren Sinne streiten würden. Das Verschulden soll nach dem ausdrücklichen Wortlaut des [X.]s 3 ebenfalls nur im Hinblick auf eine Prospekthaftung im weiteren Sinn festgestellt werden. Da eine solche Haftung aus Rechtsgründen nicht gegeben ist, kommt es auf Feststellungen zu [X.]n und zum Verschulden nicht mehr an.

d) Der [X.] ist zu einer entsprechenden Änderung des [X.]s befugt.

Eine Schlechterstellung ist damit nicht verbunden. Der [X.]seite, die hier als einzige Rechtsbeschwerde eingelegt hat und eine Sachentscheidung hinsichtlich der von ihr weiterverfolgten [X.]e begehrt, ist dadurch, dass der Vorlagebeschluss im [X.] hinsichtlich des [X.]s 2 für gegenstandslos erklärt worden ist, keine Rechtsposition irgendeiner Art zuerkannt worden. Damit hat das [X.] nur zum Ausdruck gebracht, dass es dieses [X.] nicht mehr für entscheidungserheblich hält und eine Beantwortung der darin enthaltenen Tatsachen- oder Rechtsfrage daher nicht erfolgt (vgl. [X.]sbeschluss vom 22. November 2016 - [X.], [X.]Z 213, 65 Rn. 106).

Der [X.] ist zudem weder durch den Vorlagebeschluss noch durch den [X.] an eine bestimmte Prüfungsreihenfolge der [X.]e gebunden (vgl. [X.]sbeschluss vom 22. November 2016 - [X.], [X.]Z 213, 65 Rn. 106).

III.

Die Entscheidung über die Kosten des [X.] folgt aus § 26 Abs. 1 und 3 [X.] i.V.m. §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO entsprechend. Danach haben die Musterrechtsbeschwerdeführerin und die Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 3 sowie zu 5 bis 7 die gesamten Kosten des [X.] - mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der [X.] zu 2 und 3, deren Beitritte unzulässig sind - nach dem Grad ihrer Beteiligung zu tragen. Soweit der [X.] auf die (teilweise) Gegenstandslosigkeit des [X.] erkennt, ist damit eine den Rechtsbeschwerden günstige Entscheidung in der Sache, die eine Belastung der [X.] mit Kosten des [X.] rechtfertigte, nicht verbunden (vgl. [X.]sbeschluss vom 23. Oktober 2018 - [X.], [X.]Z 220, 100 Rn. 76).

IV.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für die Gerichtskosten folgt aus § 51a Abs. 2 GKG. Gemäß § 51a Abs. 2 GKG ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nach dem [X.] bei der Bestimmung des Streitwerts von der Summe der in sämtlichen Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche auszugehen, soweit diese von den [X.]en des [X.] betroffen sind. Infolgedessen sind bei der Streitwertbemessung auch die in den Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche der Beigeladenen zu berücksichtigen, die zwar dem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beigetreten sind, ihre Klage aber nicht innerhalb der Monatsfrist des § 8 Abs. 3 Nr. 2, § 24 Abs. 2 [X.] zurückgenommen haben (vgl. [X.]sbeschlüsse vom 22. November 2016 - [X.], [X.]Z 213, 65 Rn. 117 und vom 23. Oktober 2018 - [X.], [X.]Z 220, 100 Rn. 80). Der Gesamtwert der in sämtlichen ausgesetzten Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche beträgt vorliegend 714.807,37 €.

Die Festsetzung des [X.] für die außergerichtlichen Kosten der Prozessbevollmächtigten des [X.] beruht auf § 22 Abs. 1, § 23b [X.].

[X.]     

      

Grüneberg     

      

Dauber

      

Schild von Spannenberg     

      

Ettl     

      

Meta

XI ZB 26/19

12.10.2021

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend BGH, 12. Januar 2021, Az: XI ZB 26/19, Beschluss

§ 20 Abs 1 S 1 KapMuG, § 577 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.10.2021, Az. XI ZB 26/19 (REWIS RS 2021, 1943)

Papier­fundstellen: WM 2021, 2386 MDR 2022, 189-190 REWIS RS 2021, 1943

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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