7. Senat | REWIS RS 2012, 8986
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Keine Branntweinsteuerentlastung bei Ausfuhr außerhalb eines Steueraussetzungsverfahrens - Keine nachträgliche Erstattung - Ausübung steuerrechtlicher Wahlrechte
1. NV: Wird Branntwein aus einem Steuerlager entfernt, ohne dass sich ein weiteres Steueraussetzungsverfahren anschließt, entsteht nach § 136 Abs. 1 BranntwMonG selbst dann die Steuer, wenn das Erzeugnis in ein Drittland ausgeführt werden soll .
2. NV: Will der Wirtschaftsbeteiligte diese Rechtsfolge vermeiden, kann er das Erzeugnis unter Steueraussetzung ausführen .
3. NV: Eine nachträgliche Steuerentlastung für Branntwein, der nach seiner Entnahme in den verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr ausgeführt wird, sieht das BranntwMonG nicht vor. Demnach besteht nach der Entfernung des Erzeugnisses aus dem Steuerlager keine Möglichkeit, durch Ausübung eines Wahlrechts mit dem Ziel der steuerfreien Ausfuhr die Steuerentstehung rückgängig zu machen .
4. NV: Die Rechtsprechung des BFH zur Ausübung ertragsteuerrechtlicher Wahlrechte lässt sich auf das Verbrauchsteuerrecht nicht übertragen .
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) entnahm in den Jahren 2005 und 2006 Branntwein aus einem vom Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --[X.]--) bewilligten offenen Branntweinlager und führte den Branntwein in die [X.] ([X.]) aus. Für den ausgeführten Branntwein gab er Steueranmeldungen ab und entrichtete die durch Entnahme aus dem Steuerlager entstandene [X.]teuer. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde in allen [X.] aufgehoben; die Steuerfestsetzungen sind bestandskräftig geworden. Erst im September 2006 beantragte der Kläger die Erstattung der entrichteten [X.]teuer. Dabei machte er geltend, er sei irrtümlich davon ausgegangen, die Belieferung von Endverbrauchern in den [X.] habe nicht unter Steueraussetzung erfolgen können. Das [X.] lehnte den Antrag ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) urteilte, die [X.]teuer sei nach § 136 Abs. 1 des Branntweinmonopolgesetzes in der in den Streitjahren maßgeblichen Fassung ([X.]) mit der Entnahme des [X.] in den freien Verkehr entstanden. Einen Entlastungstatbestand für die Ausfuhr enthalte das [X.] nicht. Es stehe dem [X.] frei, zur Vermeidung einer Steuerbelastung Branntwein im Steueraussetzungsverfahren aus dem Steuergebiet auszuführen. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] und des [X.] ([X.]) zur [X.] innergemeinschaftlicher Lieferungen könne auf das Verbrauchsteuerrecht nicht übertragen werden. Eine Erstattung nach Art. 239 des Zollkodex komme nicht in Betracht.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--), Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O) und mangelnder Sachaufklärung (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob der Steuerpflichtige bei der Ausfuhr von [X.] aus einem offenen Branntweinlager das Wahlrecht aus § 142 Abs. 1 [X.] innerhalb der Festsetzungsfrist ändern und hierdurch nachträglich die Steuerfreiheit in Anspruch nehmen könne. Wie der [X.] mit Urteil vom 3. Februar 1987 [X.] ([X.]/NV 1987, 751) entschieden habe, bedürfe es für die nachträgliche Ausübung eines einkommensteuerrechtlichen Wahlrechts keiner ausdrücklichen Rechtsgrundlage. Daher weiche das Urteil des [X.] von der Rechtsprechung des [X.] ab. Schließlich habe das [X.] die Feststellung der Entnahme des [X.] in den steuerlich freien Verkehr verfahrensfehlerhaft ausschließlich auf die irrtümliche Abgabe der Steueranmeldungen gestützt. In keiner Weise habe das [X.] zu erkennen gegeben, aus welcher Rechtsvorschrift es das Merkmal der Entnahme in den freien Verkehr abgeleitet habe.
Das [X.] ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die behauptete Divergenz und der geltend gemachte Verfahrensmangel liegen nicht vor.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist eine Frage nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sich die Antwort ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das [X.] getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist ([X.]-Beschluss vom 18. Dezember 1998 [X.]/98, [X.]E 187, 559, [X.] 1999, 231, m.w.N.). So liegt es im Streitfall. Nach § 142 Abs. 1 [X.] dürfen Branntwein und branntweinhaltige Waren (Erzeugnisse) aus Steuerlagern unter Steueraussetzung aus dem Verbrauchsteuergebiet der [X.] ausgeführt werden. Dieses Verfahren ermöglicht den Export von verbrauchsteuerrechtlich unbelasteten Waren. Die Ausfuhr von bereits versteuerten Waren und ihre nachträgliche Entlastung sieht das [X.] indes nicht vor. Vielmehr ist die Ausfuhr unter Steueraussetzung als Regelverfahren angelegt, weshalb die Ansicht des Klägers Bedenken begegnet, der Gesetzgeber habe dem Wirtschaftsbeteiligten ein Wahlrecht im Sinne einer echten Option einräumen wollen. Daran, dass ein Steuerlagerinhaber mit der Folge der Versteuerungspflicht branntweinsteuerpflichtige Erzeugnisse in den steuerrechtlich freien Verkehr entnimmt und sodann ausführt, hat der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des § 142 [X.] nicht gedacht.
Wird Branntwein aus dem Steuerlager entfernt --was zur Ausfuhr des Erzeugnisses zwingend erforderlich ist-- und eröffnet der Steuerlagerinhaber kein Steueraussetzungsverfahren, entsteht nach § 136 Abs. 1 [X.] die Steuer. Diese Rechtsfolge ist nach den gesetzlichen Vorgaben unabweisbar. Ein entgegenstehender Wille des Lagerinhabers ist unbeachtlich. Die Frage, ob der Steuerlagerinhaber nach Entfernung der Ware aus dem Steuerlager durch nachträgliche Änderung des vermeintlichen Wahlrechts eine steuerfreie Ausfuhr ermöglichen kann, ist so zu beantworten, wie es das [X.] getan hat. Eine Entnahme in den freien Verkehr lässt sich nicht nachträglich in ein Steueraussetzungsverfahren umwandeln. Die Steuerentstehung lässt sich durch eine bloße Willenserklärung nicht rückgängig machen. Da das [X.] ein Erstattungsverfahren nicht vorsieht, kann eine Entlastung allenfalls im Wege eines Billigkeitserweises nach § 227 der Abgabenordnung erreicht werden.
2. Die vom Kläger behauptete Divergenz liegt nicht vor. Das von der Beschwerde in Bezug genommene Urteil betrifft das Ehegatten zustehende Wahlrecht nach § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Danach können unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Ehegatten zwischen getrennter Veranlagung und Zusammenveranlagung wählen. Nur für diesen Fall hat der [X.] entschieden, ein Steuerpflichtiger könne ein nicht fristgebundenes Wahlrecht noch während einer Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ausüben und eine bereits ausgeübte Wahl ändern. Wie bereits ausgeführt, kann ein Steuerlagerinhaber die durch die Entfernung der verbrauchsteuerpflichtigen Ware aus dem Steuerlager herbeigeführte Entstehung der Steuer nicht durch eine nachträgliche Willenserklärung rückgängig machen. Im Gegensatz zu den Ertragsteuern sind Verbrauchsteuern Realaktsteuern. Darüber hinaus ist § 142 Abs. 1 [X.] die Normierung eines § 26 EStG vergleichbaren Wahlrechts nicht zu entnehmen. Es liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung, dass sich die Rechtsprechung des [X.] zur Ausübung ertragsteuerrechtlicher Wahlrechte nicht auf die im [X.] angelegten Verbrauchsteuerverfahren übertragen lässt, so dass das [X.] von dem in [X.]/NV 1987, 751 veröffentlichten [X.]-Urteil nicht abgewichen ist.
3. Schließlich liegt auch der behauptete Verfahrensmangel nicht vor. Aufgrund des unstreitig gestellten Sachverhalts musste sich dem [X.] die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung nicht aufdrängen. Im Übrigen hat der anwaltlich vertretene Kläger ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung keine Beweisanträge gestellt und damit sein [X.] verloren (§ 155 [X.]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung).
Meta
20.02.2012
Beschluss
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 26. Juli 2011, Az: 11 K 1112/07, Urteil
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 136 Abs 1 BranntwMonG, § 142 Abs 1 BranntwMonG, § 26 Abs 1 EStG 2002, § 227 AO
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.02.2012, Az. VII B 146/11 (REWIS RS 2012, 8986)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 8986
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Entlastungsanspruch für Branntweinsteuer
VII B 218/11 (Bundesfinanzhof)
Steuerentstehung beim Transport von unvollständig vergälltem Branntwein
(Keine wirksame Eröffnung eines Steueraussetzungsverfahrens durch Verwendung von Lieferzetteln nach § 27 Abs. 12 ZollV)
Zu den Folgen eines nicht ordnungsgemäß erledigten Verbrauchsteuerversandverfahrens
VII B 105/13 (Bundesfinanzhof)
Die Frage, ob Fehler oder Ungenauigkeiten bei der Eröffnung eines elektronischen Steuerversandverfahrens trotz Zuteilung eines …
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