Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2005, Az. IV ZR 120/04

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 807

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am:

16. November 2005

[X.]

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja _____________________ [X.] ([X.]); BGB § 242 [X.] 1. Eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer [X.]s-Versicherung, nach der der Versicherer keine Entschädi-gung leistet, soweit ein [X.] durch den Umstand [X.] wird, dass dem Versicherungsnehmer zur Wiederherstellung oder Wieder-beschaffung beschädigter oder zerstörter Sachen oder Daten nicht rechtzeitig ge-nügend Kapital zur Verfügung steht (hier § 3 Abs. 2 lit. d [X.]), stellt einen Risikoausschluss dar. 2. Die Berufung des Versicherers auf eine solche [X.] ist treuwid-rig, wenn er aus einer vom Versicherungsnehmer daneben abgeschlossenen Ma-schinenschadenversicherung Versicherungsleistungen für die Reparatur der [X.] oder zerstörten Sachen oder Daten schuldet. - 2 -

3. Zur Verpflichtung des Versicherungsnehmers, einen Maschinenschaden durch Kreditaufnahme zu mindern und zu den Anforderungen, die dabei an die [X.] zu stellen sind. [X.], Urteil vom 16. November 2005 - [X.]/04 - O[X.]

[X.] - 3 -

[X.] hat durch [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 2005 für Recht erkannt: Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zi-vilsenats des [X.] in [X.] vom 6. April 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 102.258,37 • abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die [X.] wegen Versicherungsleistungen aus einer [X.]sversicherung, ferner wegen Schadensersatzes infolge Verzuges mit Leistungen aus einer Maschi-nenversicherung in Anspruch. 1 - 4 -

Sie hat das von ihr an der S.
mit fünf Turbinen betriebene Was-serkraftwerk nach Maßgabe und im Rahmen eines vom [X.] mit der [X.] abgeschlossenen [X.] seit 1993 gegen [X.] und [X.] versichert. Dem kombinierten Vertrag liegen die [X.] ([X.]) und die All-gemeinen [X.]s-Versicherungsbedingungen ([X.]) zugrunde. 2 § 3 Abs. 2 lit. d [X.] bestimmt, dass der Versicherer keine Entschädigung leistet, soweit ein [X.] durch den Umstand vergrößert wird, dass dem Versicherungsnehmer zur [X.] oder Wiederbeschaffung beschädigter oder zerstörter [X.] beziehungsweise Daten nicht rechtzeitig genügend Kapital zur [X.] steht. 3 Ab dem 10. Oktober 1997 hatte das zuständige [X.] den zum Kraftwerk führenden [X.] für mehrmonatige Arbeiten an einem baufälligen Wehr trockenlegen lassen. Bei einer aus diesem Anlass am 26. Oktober 1997 vorgenommenen Kontrolluntersu-chung stellte sich heraus, dass am Schaufelrad der [X.] mehrere Leitschaufeln ausgebrochen waren. Die Klägerin meldete den Schaden noch am selben Tag der [X.], die ihn mit Schreiben vom [X.] 1997 dem Grunde nach als Versicherungsfall anerkannte, um einen prüffähigen Kostenvoranschlag für die Reparatur bat und im Weiteren die Weisung erteilte, die Reparatur umgehend in Auftrag zu geben. [X.] ließ die Klägerin das Schaufelrad ausbauen und in die Werkstatt der [X.] in [X.]

bringen. Diese empfahl die 4 - 5 -

Anfertigung eines neuen [X.] für 206.500 DM und veran-schlagte die Gesamtkosten für die Reparatur auf etwa 303.000 DM ([X.] Mehrwertsteuer). Auf dieser Basis erteilte die Klägerin im März 1998 den Reparaturauftrag, der noch vor Abschluss der Arbeiten des [X.]es am trockengelegten Wehr ausgeführt werden sollte.
Nachdem die [X.] eine erste Abschlagsrechnung der [X.] über 80.000 DM beglichen hatte, stellte sie sich in der Folgezeit auf den Standpunkt, sie schulde wegen erheblicher Verschleißerschei-nungen der gesamten Anlage nur noch eine [X.]wertentschädigung für das beschädigte Schaufelrad. Sie verweigerte deshalb eine zweite [X.], als die [X.] im Mai 1998 weitere 72.897 DM in Rechnung stellte. Da auch die Klägerin diese Rechnung nicht beglich, stellte die [X.] die Reparaturarbeiten ein und kündigte den [X.] mit Schreiben vom 8. Oktober 1998. Inzwischen war im Juli 1998 der [X.] wieder geflutet worden. 5 Zu einer Reparatur der [X.] kam es nicht mehr. Zwar schlos-sen die Parteien in einem ersten Rechtsstreit um die [X.] am 20. März 2001 einen Vergleich, in dem sich die [X.] [X.], 270.000 DM für die Reparatur zu zahlen, und einen ersatzfä-higen [X.] dem Grunde nach anerkannte. Die Firma [X.] nahm indessen die Reparaturarbeiten am [X.] auch nach Zahlung der genannten 270.000 DM an die Klägerin im April 2001 nicht wieder auf. Im Februar 2002 wurde das [X.] über das Vermögen der [X.] eröffnet. 6 - 6 -

Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit aus der [X.]sversicherung Versicherungsleistungen in (von der [X.]) Höhe von 51.867,74 DM (26.519,55 •) für die Betriebsausfallzeit der [X.] seit der Wiederinbetriebnahme des [X.]s (14. Juli 1998) bis zum Ende der in § 3 Abs. 3 [X.] vertraglich vereinbarten "Haftzeit" (26. Oktober 1998) gefordert. 7 Die Klägerin ist weiter der Auffassung, die im Vergleich vom 20. März 2001 festgelegte Summe von 270.000 DM sei der Betrag, den die [X.] für die Reparatur der beschädigten [X.] aus der [X.] geschuldet habe. Mit dieser Leistung habe sich die [X.] seit dem 26. Oktober 1998 infolge einer an diesem Tage erklär-ten Leistungsablehnung in Verzug befunden. Insoweit müsse sie den weiteren Betriebsausfall der [X.] nach Ende der vorgenannten Haft-zeit, also seit dem 27. Oktober 1998, als Verzugsschaden ersetzen. Für die [X.] bis zum 30. September 2001 hat die Klägerin insoweit einen [X.] - verzugsbedingten - Betriebsausfallschaden von 476.764,85 DM (243.766,00 •) errechnet und in den Vorinstanzen geltend gemacht. 8 Die [X.] hält sich für leistungsfrei und meint, der Schaden sei nur deshalb eingetreten, weil der Klägerin das nötige Kapital gefehlt ha-be, um die Reparatur des [X.] rechtzeitig auf eigene Kosten vornehmen zu lassen. Dafür müsse die [X.] nach § 3 Abs. 2 lit. d [X.] nicht eintreten. 9 10 Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision hat die Klägerin ihre Klage auf die Zahlung von insgesamt noch - 7 -

102.258,37 • (weiterhin 26.519,55 • aus der Betriebsunterbrechungsver-sicherung, jedoch nur noch 75.738,82 • [X.]) be-schränkt. In diesem Umfang verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat Erfolg. 11 [X.] Das Berufungsgericht hat sowohl einen Anspruch aus der Ma-schinen-Betriebsunterbrechungsversicherung als auch einen Anspruch auf [X.] verneint. 12 1. Die Betriebsunterbrechung vom 14. Juli bis zum 26. Oktober 1998 sei allein Folge des Umstandes, dass die Klägerin nicht die nach ihrer Behauptung noch benötigten weiteren 307.490 DM zur Fortführung der Reparatur des [X.] noch während der [X.], als der [X.] trocken gelegt gewesen sei, aufgebracht habe. Dafür müsse die [X.] nach § 3 Abs. 2 lit. d [X.] nicht aufkommen. 13 Dass sie sich im zugleich bestehenden Maschinenversicherungs-vertrag zum [X.] verpflichtet habe, ändere an diesem Ergebnis nichts. Bei der [X.] des § 3 Abs. 2 lit. d [X.] nach § 9 [X.] habe der [X.] außer Betracht zu bleiben, weil die gebotene typisierende Betrachtungsweise die "spe-ziellen Umstände des Einzelfalles" unbeachtet lassen müsse. Die [X.] halte danach einer Inhaltskontrolle Stand, da sie lediglich eine Scha-14 - 8 -

densabwendungs- bzw. Schadensminderungspflicht, wie sie grundsätz-lich in den §§ 254 BGB, 62 [X.] geregelt sei, "als Negativvoraussetzung bei der Leistungsbeschreibung" enthalte. Die [X.] handele auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf § 3 Abs. 2 lit. d [X.] berufe. Zwar habe ihre Verpflichtung aus der Maschinenversicherung gerade [X.] sollen, dass der Klägerin Kapital für eine notwendige Ma-schinenreparatur zur Verfügung gestanden habe, es müsse aber auch im Rahmen des § 242 BGB die Schadensminderungspflicht der Klägerin be-dacht werden, wie sie als Ausprägung des Grundsatzes von [X.] und Glauben in den §§ 254 BGB, 6 [X.], 11 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 [X.] ihren Niederschlag gefunden habe. Bei Beachtung dieser Pflicht habe die Klägerin hier einen Kredit aufnehmen und so die Fortführung der Reparatur des Turbinenrades durch die [X.] sicherstellen müssen. Zwar sei ein Geschädigter nicht grundsätzlich verpflichtet, den Schaden aus eigenen Mitteln zu be-seitigen oder gar einen Kredit dafür aufzunehmen. [X.] aber - wie hier - ein besonders hoher Schaden, so könne den Geschädigten die [X.] zur Vorfinanzierung treffen. Diese zwischen Schädiger und Geschädigtem geltende Obliegenheit bestehe insbesondere im Versiche-rungsverhältnis. Die Klägerin habe nicht ausreichend substantiiert darge-legt, dass es ihr ab Mai 1998 bis zur Kündigung des [X.] im Oktober 1998 nicht möglich gewesen sei, einen entsprechenden [X.] aufzunehmen. Zwar müsse hier grundsätzlich der Versicherer - wie ein Schädiger - dartun, dass der Anspruchsteller Schadensminderungs-pflichten verletzt habe. Doch treffe den Anspruchsteller die Pflicht, [X.] substantiiert darzulegen, wieso er zur Kreditaufnahme nicht in der Lage gewesen sei. Dem habe die Klägerin nicht genügt. Infolge der [X.] - 9 -

liegenheitsverletzung könne sich die [X.] im Hinblick auf die §§ 11 Abs. 1b und Abs. 2 [X.] sowie die §§ 6 Abs. 3 und 62 Abs. 2 [X.] hier auf die volle Leistungsfreiheit berufen. Einen [X.] oder [X.] habe die Klägerin nicht geführt.
2. Den Anspruch auf Ersatz eines Verzugsschadens in der [X.] hat das Berufungsgericht ebenfalls an der Scha-densminderungspflicht der Klägerin (§ 254 BGB) scheitern lassen. Die Klägerin habe den Verzugsschaden deshalb alleine zu verantworten, weil er gar nicht erst eingetreten wäre, wenn sie ihre Schadensminderungs-obliegenheit aus der Betriebsunterbrechungsversicherung erfüllt hätte. Beide Verträge könnten insoweit nicht isoliert betrachtet werden. 16 I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht Stand. 17 1. Der [X.] ist es im vorliegenden Fall nach [X.] und Glau-ben verwehrt, sich in der [X.]sversiche-rung auf den Risikoausschluss des § 3 Abs. 2 lit. d [X.] zu beru-fen. Auch eine Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Obliegenheiten aus den §§ 11 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 [X.], 6 Abs. 3 und 62 [X.] kommt nicht in Betracht. 18 a) § 3 Abs. 2 lit. d [X.] enthält für die Maschinen-Betriebs-unterbrechungsversicherung einen Risikoausschluss, bei dem es von vornherein nicht darauf ankommt, ob der Versicherungsnehmer seinen zur Vergrößerung des [X.]s führenden Man-gel an Kapital verschuldet hat. 19 - 10 -

- 11 -

Für diese Auslegung sprechen aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers zunächst schon Wortlaut und Stel-lung der Klausel innerhalb des Bedingungswerkes der [X.]. Aus-weislich seiner Überschrift und seines weiteren Inhalts gibt § 3 der Be-dingungen im [X.] an § 1, welcher den Gegenstand der [X.] grundsätzlich regelt, und § 2, welcher den Begriff des in § 1 der Bedingungen vorausgesetzten Sach-schadens und die versicherten Gefahren erläutert, eine nähere Definition des ersatzfähigen Unterbrechungsschadens. Erst in § 11 [X.] [X.] sich Regelungen über Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall. 20 Für die Abgrenzung einer (verhüllten) Obliegenheit von einem [X.] Risikoausschluss letztlich entscheidend ist darüber hinaus der mate-rielle Gehalt der Klausel. Es kommt darauf an, ob sie eine individualisie-rende Beschreibung eines bestimmten [X.] enthält, für das der Versicherer keinen Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz be-hält oder ob er ihn verliert. Wird von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt, handelt es sich um eine Risikobeschränkung. Wird hingegen ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Ver-haltens des Versicherungsnehmers wieder entzogen, liegt eine Oblie-genheit vor (vgl. dazu Senatsurteile vom 16. Juni 2004 - [X.]/03 - VersR 2004, 1132 unter [X.] a; vom 24. Mai 2000 - [X.] - [X.], 969 unter 1 a; vom 14. Dezember 1994 - [X.] - [X.], 328 unter II 2 a und ständig; [X.] in [X.]/Langheid, [X.] 2. Aufl. § 6 Rdn. 7). 21 - 12 -

Danach ergibt die Auslegung des § 3 Abs. 2 lit. d [X.], dass der Versicherer für vergrößerte [X.], die auf verspä-tete Reparatur oder verspäteten Ersatz schadhafter Maschinen infolge [X.]s des Versicherungsnehmers zurückzuführen sind, von vornherein nicht haften will, und zwar ohne Rücksicht darauf, worauf der [X.] beruht und ob der Versicherungsnehmer ihn verschuldet hat. Die Klausel lässt keine Bereitschaft des Versicherers erkennen, [X.] dann Leistungen zu erbringen, wenn der Versicherungsnehmer keine Schuld an seinem [X.] trägt, sondern macht deutlich, dass dem Versicherer daran gelegen ist, nicht in eine Auseinanderset-zung um die Ursachen eines solchen [X.]s verwickelt zu wer-den. Die Leistungsfreiheit knüpft deshalb an den objektiv schadensur-sächlichen [X.] unabhängig von den Gründen seiner Entste-hung an. Die Klausel enthält deshalb auch keine Aufforderung an den Versicherungsnehmer, sich nach Kräften um das erforderliche Kapital zu bemühen. 22 b) Anders als die Revision meint, zwingen die von den Vertrags-parteien gewählte Kombination von [X.]s-versicherung und Maschinenversicherung und die von der [X.] in der Maschinenversicherung übernommene Verpflichtung, der Klägerin die Mittel für die Reparatur der beschädigten Turbine zur Verfügung zu stellen, nicht zu einer einschränkenden Auslegung der Risikobeschrän-kung des § 3 Abs. 2 lit. d [X.]. 23 24 Die [X.] ([X.]) einerseits und die Allgemeinen [X.]s-Ver-- 13 -

sicherungsbedingungen ([X.]) andererseits beschreiben - jeweils in sich geschlossen - unterschiedliche Rechtsprodukte, die unterschiedli-che Risiken abdecken und auf dem Markt in der Weise angeboten wer-den, dass der Abschluss des einen Versicherungsvertrages ohne den jeweils anderen möglich ist. Die den Versicherungsschutz beschreiben-den Klauseln sind deshalb jeweils im Kontext des sie enthaltenden [X.] und ohne Rücksicht auf die Klauseln der anderen [X.] auszulegen.
Allerdings ist der Revision zuzugeben, dass die von den Parteien gewählte Kombination beider Versicherungsverträge deren gegenseitige Ergänzung und insoweit einen lückenlosen Versicherungsschutz gegen Sachschäden und durch sie bedingten Ertragsausfall bezweckte. Auch dies führt indes zu keiner einschränkenden Auslegung der Risikoaus-schlussklausel des § 3 Abs. 2 lit. d [X.]. Denn nach den beiden Versicherungsverträgen bestand für die Klägerin der angestrebte lücken-lose Versicherungsschutz. Dass der Klägerin dennoch ein Nachteil ent-standen ist, beruht nicht darauf, dass sie von der genannten Risikoaus-schlussklausel in der [X.]s-Versicherung mit Blick auf die Maschinenversicherung unangemessen benachteiligt oder um den bezweckten lückenlosen Versicherungsschutz gebracht worden wäre. Stattdessen beruht der Nachteil der Klägerin vorwiegend auf dem Umstand, dass die [X.] ihre in der Maschinenversicherung nach § 2 [X.] übernommene Entschädigungsverpflichtung für [X.] eingetretene Schäden an versicherten Sachen zunächst nicht ordnungsgemäß erfüllt hat, wie aufgrund des zwischen den Parteien am 20. März 2001 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs mittlerweile fest-steht. 25 - 14 -

c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die verspä-tete Erfüllung der Hauptleistungspflicht aus § 2 [X.] jedoch zur Fol-ge, dass sich in der [X.]sversicherung die Berufung der [X.] auf den Risikoausschluss des § 3 Abs. 2 lit. d [X.] als rechtsmissbräuchlich erweist und es der [X.] inso-weit nach [X.] und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, die Leistung zu verweigern. Denn sie hat durch ihre Leistungsverzögerung in der [X.] den [X.] der Klägerin als Voraussetzung für den Leistungsausschluss des § 3 Abs. 2 lit. d [X.] zu verant-worten, weil die Kombination beider Versicherungsverträge erkennbar bezweckte, der Klägerin im Falle eines Maschinenschadens das nötige Kapital für Reparaturen zur Verfügung zu stellen. Aus ihrem vertragswid-rigen Verhalten in der Maschinenversicherung kann die [X.] in der [X.]sversicherung keine Vorteile ziehen. 26 Bei der nach § 242 BGB gebotenen Abwägung durfte das [X.] der Klägerin einen vermeintlichen Verstoß gegen ihre Scha-densminderungspflicht nach § 254 BGB nicht anlasten. Denn es geht hier allein um die Frage, ob die [X.] ihr Hauptleistungsversprechen aus der Betriebsunterbrechungsversicherung erfüllen muss oder sich auf einen Leistungsausschluss berufen darf. Ein Schadensersatzanspruch, dem ein Mitverschuldenseinwand entgegengestellt werden könnte, steht also nicht in Rede. Gegenüber [X.] ist § 254 BGB [X.] nicht anwendbar (vgl. dazu [X.]Z 25, 300, 310 f.; [X.], Urteil vom 14. November 1966 - [X.] - NJW 1967, 248 unter [X.] e m.w.N.; [X.] in [X.], [X.]. § 254 Rdn. 4). 27 - 15 -

d) Die Klägerin hat - ungeachtet der Frage, ob sich die [X.] im Rechtsstreit bisher darauf berufen hat - auch nicht schuldhaft gegen ihre Schadensminderungsobliegenheit aus den §§ 11 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 [X.], 6 Abs. 3 und 62 [X.] verstoßen, so dass weder die [X.] nach den genannten Vorschriften unmittelbar leistungsfrei geworden ist, noch der Klägerin eine solche Obliegenheitsverletzung mittelbar im Rahmen der vorgenannten Abwägung nach § 242 BGB angelastet wer-den kann. 28 Die Klägerin hat vielmehr nach der schriftlichen Anerkennung ei-nes Versicherungsfalls durch die [X.] deren Weisung entsprochen und unverzüglich die Reparatur des [X.] in Auftrag gegeben. Damit waren Maßnahmen in die Wege geleitet, die geeignet waren, die Reparatur noch während der Stilllegung des Kraftwerks we-gen der Arbeiten des [X.] am [X.] abzu-schließen. Ein weiter gehender, von der [X.] zu erstattender [X.] infolge des Turbinenschadens wäre also bei ungehindertem Fortgang der eingeleiteten Reparatur gar nicht entstanden. Dass der [X.] nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnte, lag allein daran, dass die [X.] in Widerspruch zu ihren zuvor abgegebenen Erklärungen und der ersten Abschlagszahlung pflichtwidrig ab Mai 1998 weitere Abschlagszahlungen verweigerte. Bei dieser Sachlage hat die Klägerin schon objektiv nicht gegen ihre Obliegenheit zur Abwendung ei-nes Unterbrechungsschadens verstoßen. 29 30 Im Übrigen könnte ihr auch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit ent-gegen der gesetzlichen Vermutung des § 6 Abs. 3 [X.] nicht angelastet werden. Denn mit dem Abschluss der Maschinenversicherung, deren Lei-- 16 -

stungsvoraussetzungen hier erfüllt waren, hatte die Klägerin ausreichend dafür Sorge getragen, dass ihr für eine unverzügliche Schadensbehe-bung - und damit gerade auch zur Abwendung oder Minderung eines [X.]en [X.]s - die erforderlichen Mittel zur Verfügung standen. Angesichts dieser Leistungspflicht der [X.] aus der Maschinenversicherung hatte sie es selbst in der Hand, für eine rechtzeitige Turbinenreparatur und damit eine möglichst kurze Betriebs-unterbrechung zu sorgen. Deshalb war es der Klägerin nicht zuzumuten, den [X.] mittels Kreditaufnahme abzuwen-den oder zu mindern.
e) Auf die von der Revision angesprochenen Fragen der [X.] des § 3 Abs. 2 lit. d [X.] nach den §§ 9 [X.]/307 BGB kommt es nach allem nicht mehr an. 31 2. Den von der Klägerin geltend gemachten [X.] hat das Berufungsgericht ebenfalls mit fehlerhafter Begründung ab-gelehnt. 32 a) Aufgrund des Vergleichs vom 20. März 2001 steht die [X.] der [X.] aus der Maschinenversicherung zwischen den Parteien bindend fest; die [X.] schuldete für die Reparatur des [X.]. Mit Schreiben der Rechtsanwälte der Klägerin vom 20. Oktober 1998 wurde die [X.] zur Begleichung der zweiten Reparatur-Teilrechnung in Höhe von 63.082 DM bis zum 26. Oktober 1998 aufgefordert. Diese Teilleistung war zu diesem [X.]-punkt jedenfalls nach § 11 Abs. 2 [X.] fällig. Die [X.] hat aber mit dem Antwortschreiben vom 26. Oktober 1998 weitere, über den [X.]wert 33 - 17 -

des [X.] und bereits gezahlte 80.000 DM hinausgehende Leis-tungen endgültig abgelehnt. Damit sind die Voraussetzungen des Verzu-ges nach § 284 BGB a.F. erfüllt, denn die Erstattung von Reparaturkos-ten war damit insgesamt verweigert.
b) Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Er-satz des nachfolgenden Betriebsausfalls als Verzugsschaden abgelehnt, weil es meint, die Klägerin sei wegen ihrer Schadensabwendungs- und Schadensminderungsobliegenheit in der [X.] verpflichtet gewesen, den Eintritt dieses Verzugsschadens von vornherein zu verhindern, insoweit treffe sie ein die Haftung der Beklag-ten völlig ausschließendes Mitverschulden an der [X.]. Beide Versicherungsverträge könnten insoweit nicht isoliert betrachtet werden. 34 Das kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil der Klägerin eine schuldhafte Verletzung der genannten Obliegenheit hier nicht anzu-lasten ist. 35 c) Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass die [X.] als Schädiger die Darlegungs- und Beweislast für die Voraus-setzungen des [X.] nach § 254 BGB trägt. Die Beweislastumkehr aus § 6 Abs. 3 [X.] für die Verschuldens- und Kausa-litätsfrage kommt ihr insoweit nicht zugute. 36 37 Ein Geschädigter ist im Übrigen grundsätzlich nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 18. Februar - 18 -

2002 - II ZR 355/00 - NJW 2002, 2553 unter [X.] b m.w.N.). Eine solche Pflicht kann im Rahmen des § 254 BGB allenfalls dann und auch nur ausnahmsweise bejaht werden, wenn der Geschädigte sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird (vgl. dazu [X.] aaO mit Hinweis auf [X.]/[X.], 4. Aufl. § 254 Rdn. 97, 99 m.w.N.). Auch für die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer derartigen Kreditaufnahme ist primär der Schädiger darlegungspflichtig (vgl. [X.] aaO). Er muss deshalb auch darlegen, dass der Geschädigte in der Lage gewesen wäre, eine geeignete Kreditbesicherung anzubie-ten, und dass diese von seiner Hausbank oder sonstigen Kreditinstituten auch akzeptiert worden wäre.
Zwar trifft es zu, dass an diese primäre Darlegungslast des [X.] die sekundäre Darlegungslast des Geschädigten anknüpft, soweit Umstände angesprochen sind, die der Schädiger aus eigenem Wissen nicht vortragen kann. 38 Hier hat das Berufungsgericht die Anforderungen an diese sekun-däre Darlegungslast der Klägerin aber weit überspannt. Sie hat vorgetra-gen, sie habe zusammen mit ihrem Ehemann bereits einen Kredit in [X.] von ungefähr 4,7 Mio. DM aufgenommen und neben anderen Bürgen bereits die Bürgschaft für einen weiteren Kredit über mehr als 8 Mio. DM übernommen gehabt. Die Rückzahlung des erstgenannten Kredits habe die [X.] wegen geschäftlicher Misserfolge der Kläge-rin schon als gefährdet eingestuft. Sie habe deshalb von ihrer Hausbank keine Kredite mehr erhalten, wie ein Sachbearbeiter der Bank ihrem Ehemann auf Anfrage mitgeteilt habe. Die Klägerin hat weiter eine [X.] - 19 -

rung ihres Steuerberaters zu Gewinnen und Verlusten aus all ihren Un-ternehmungen im Jahre 1998 vorgelegt.
Mit diesem Vortrag war die [X.] ausreichend in die Lage ver-setzt, ihrerseits substantiiert zu der Frage vorzutragen, ob es für die Klä-gerin ein Leichtes gewesen sei, den benötigten Kredit für die Reparatur zu erhalten. 40 [X.] [X.]

[X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.04.2003 - 12 O 350/02 - O[X.], Entscheidung vom 06.04.2004 - 3 U 58/03 -

Meta

IV ZR 120/04

16.11.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.11.2005, Az. IV ZR 120/04 (REWIS RS 2005, 807)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 807

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