Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.11.2013, Az. 8 AZR 813/12

8. Senat | REWIS RS 2013, 1143

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Gegenstand

Entschädigung - Schadensersatz - Beweislast - Parteivernehmung


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 4. November 2011 - 3 [X.] - aufgehoben, soweit es die Berufung des [X.] gegen die Abweisung seiner Klageanträge zu [X.] zurückgewiesen hat.

Die Sache wird insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Revisionsverfahren nur noch darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Entschädigungs-, ein Schmerzensgeld- und ein Schadensersatzanspruch zusteht. Der Kläger war seit 16. Oktober 2000 bei der [X.] beschäftigt, zuletzt als „System Support Programmer/Analyst“. Ab 15. Oktober 2010 wurde der Kläger von der Arbeit freigestellt. Das Arbeitsverhältnis wurde nachfolgend durch die Beklagte außerordentlich und ordentlich gekündigt. Über die Wirksamkeit dieser Kündigungen war vor dem [X.] ein Kündigungsrechtsstreit anhängig.

2

Neben anderen Ansprüchen hat der Kläger auch geltend gemacht, er sei schikanösem und diskriminierendem Verhalten seines [X.] ausgesetzt gewesen. So habe dieser ihn am 28. Mai 2008 aufgefordert, er solle nicht „krank feiern“. Am 3. Juli 2008 habe der Vorgesetzte ihm erklärt, er passe möglicherweise nicht ins Team und einen Tag später, der Kläger werde niemals eine Beförderung erhalten, solange er sein Vorgesetzter sei. Weiter habe der Vorgesetzte geäußert, der Kläger solle von zu Hause aus arbeiten, wenn er sich krank fühle (am 24. September 2008), der Kläger habe mit schmerzlichen Folgen zu rechnen, falls er Elternzeit nehme (am 8. Mai 2009), er (der Vorgesetzte) werde das Arbeitsleben des [X.] „horrible“ machen, wenn er nicht mache, was der Vorgesetzte wolle (am 7. Dezember 2009) und der Kläger arbeite nicht hart, weil er nicht gestresst aussehe (am 2. März 2010). Für die Richtigkeit dieser von der [X.] bestrittenen Äußerungen des [X.] hat der Kläger als Beweis „klägerische Parteieinvernahme“ angeboten.

3

Der Kläger trägt vor, wegen dieser und anderer Mobbinghandlungen sei er ab 25. September 2008 wegen eines depressiven Syndroms mit vordergründiger Störung der Vitalfunktionen und ausgeprägter Schlafstörungen sowie Angststörungen und somatoformer autonomer Funktionsstörungen in nervenärztlicher Behandlung. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, an ihn Entschädigung in Geld und Schmerzensgeld zu zahlen sowie ihm auch alle noch künftig erwachsenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen. Für die Richtigkeit der von ihm behaupteten, von der [X.] allerdings bestrittenen Mobbinghandlungen seines Vorgesetzten hätte ihn das [X.] - wie von ihm beantragt - als Partei vernehmen müssen.

4

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung in Geld und Schmerzensgeld, jeweils in durch das Gericht festzusetzender Höhe, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

sowie

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche aufgrund der Verletzung der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts durch die Beklagte und ihre Verrichtungs-/Erfüllungsgehilfen im Zeitraum zwischen Juni 2008 und Mai 2010 dem Kläger erwachsenen oder noch erwachsenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

5

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

6

Sie bestreitet die vom Kläger behaupteten Mobbinghandlungen.

7

Das Arbeitsgericht hat die ursprünglich wesentlich umfangreichere Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die Beklagte zur Zahlung eines [X.] iHv. 1.033,29 Euro verurteilt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Revision hat das [X.] nicht zugelassen. Auf die Beschwerde des [X.] hat der Senat die Revision im jetzt noch streitgegenständlichen Umfange zugelassen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des [X.] ist begründet. Das [X.] hätte mit der gegebenen Begründung die Klage nicht abweisen dürfen.

9

I. Das Berufungsgericht hat bezüglich der noch streitgegenständlichen Ansprüche seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Zwar habe der Kläger Vorfälle hinreichend konkret dargelegt, die, wenn sie sich wie geschildert zugetragen haben sollten, „einen systematischen Zusammenhang in Richtung einer zielgerichteten Verletzung der Würde des Arbeitnehmers und der Schaffung eines Umfeldes der Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung“ und damit einen Anspruch des [X.] auf Entschädigung in Geld und Schmerzensgeld begründen könnten. Dies gelte für die Vorfälle vom 28. Mai 2008, 3. Juli 2008, 4. Juli 2008, 24. September 2008, 8. Mai 2009, 7. Dezember 2009 und 2. März 2010. Die Beklagte habe den diesbezüglichen Sachvortrag des [X.] jedoch bestritten. Dieser habe lediglich als Beweis für die Richtigkeit seiner diesbezüglichen Behauptungen seine eigene [X.]einvernahme angeboten. Zu einer solchen habe die Beklagte ihr nach § 447 ZPO erforderliches Einverständnis nicht erteilt. Eine Vernehmung des [X.] von Amts wegen nach § 448 ZPO sei nicht in Betracht gekommen, weil es an einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptungen fehle. Es liege kein sogenannter Anfangs- oder Anbeweis für die behaupteten Tatsachen vor. Von dem Erfordernis eines solchen könne auch nicht allein aufgrund des Grundsatzes der prozessualen Waffengleichheit (Art. 6 Abs. 1 [X.]) abgewichen werden. Im Übrigen sei der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 4. November 2011 persönlich anwesend gewesen und habe Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Demnach müssten die gesamten Vorfälle, welche möglicherweise einen Mobbing-Zusammenhang begründen könnten, außer Betracht bleiben. Weitere vom Kläger geschilderten Einzelvorfälle seien - auch mangels Substanziierung - nicht geeignet, einen Bezug zu einem mobbingartigen Verhalten herzustellen. Übrig blieben Vorgänge, welche nur „normale“ Arbeitskonflikte beträfen. Aus diesen Gründen sei auch nicht festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm aufgrund der Verletzung seiner Gesundheit und seines Persönlichkeitsrechts möglicherweise erwachsene und noch erwachsende materielle und immaterielle Schäden zu ersetzen.

II. Die Entscheidung des [X.]s hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Dass die vom Kläger behaupteten Äußerungen seines Vorgesetzten tatsächlich getätigt worden sind, muss der Kläger beweisen, weil er für das Vorliegen von Mobbinghandlungen, aus denen er seinen Entschädigungs-, Schmerzensgeld- und Schadensersatzanspruch herleitet, darlegungs- und beweispflichtig ist (vgl. [X.] 24. April 2008 - 8 [X.] - Rn. 41).

2. Zutreffend ist das [X.] zunächst davon ausgegangen, dass der Kläger die Vorfälle, die seine Mobbingvorwürfe begründen könnten, und deren Vorliegen die Beklagte bestritten hat, zwar durch seine eigene [X.]einvernahme unter Beweis gestellt hat, eine solche aber nach § 447 ZPO aufgrund des fehlenden Einverständnisses der [X.] grundsätzlich ausscheidet.

3. Andere Beweismittel als seine Vernehmung als [X.] hat der Kläger nicht angeboten.

Ob das [X.] zu einer Vernehmung des beweispflichtigen [X.] nach § 448 ZPO verpflichtet war, kann der Senat aufgrund der Ausführungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden.

a) Grundsätzlich gehen einer [X.]vernehmung andere Beweismittel, insbesondere der Zeugenbeweis nach §§ 373 ff. ZPO vor. Nach allgemeiner Meinung ist die [X.]vernehmung nach §§ 445 ff. ZPO ein subsidiäres Beweismittel (vgl. [X.]/[X.]/[X.] ZPO 34. Aufl. [X.]. § 445 Rn. 1; [X.]/[X.]/[X.] ZPO 29. Aufl. [X.]. § 445 Rn. 5; [X.]/[X.]/[X.]/[X.] ZPO 71. Aufl. Übersicht § 445 Rn. 7).

b) Dem Kläger hätte ein anderes Beweismittel als die eigene [X.]einvernahme zur Verfügung gestanden. Er hätte für die Richtigkeit seiner Behauptungen seinen Vorgesetzten S als Zeugen benennen können. Dass dieser die „[X.]“ selbst getätigt haben soll, steht dem nicht entgegen. Allein die Tatsache, dass die Beklagte, also nicht der Zeuge selbst, die vom Kläger behaupteten Äußerungen des Zeugen bestritten hatte, führt nicht dazu, dass für den Kläger ein solches Beweisangebot aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausscheidet. Auch wenn eine Aussage des Zeugen, welche die Behauptungen des [X.] bestätigen würde, für den Zeugen selbst und die Beklagte, als deren Repräsentant der Zeuge aufgetreten war, ungünstige Folgen hätte, musste der Kläger nicht zwingend davon ausgehen, der Zeuge werde die klägerischen Behauptungen nicht bestätigen. Dieser wäre zu einer wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet gewesen. Sowohl bei einer uneidlichen als auch bei einer eidlichen Falschaussage hätten ihm strafrechtliche Konsequenzen gedroht (§§ 153, 154 StGB). Allein deshalb durfte der Kläger - gleichsam im Wege einer „vorweggenommenen Beweiswürdigung“ - nicht davon ausgehen, der Zeuge werde wahrheitswidrig unter Inkaufnahme strafrechtlicher Folgen die angeblich von ihm getätigten Äußerungen leugnen, und deshalb auf das Beweisangebot „Zeugenvernehmung“ verzichten. Hinzu kommt, dass der Zeuge, um eine Zwangslage zwischen Falschaussage und einer wahrheitsgemäßen Aussage mit negativen Folgen für sich zu vermeiden, die Möglichkeit der Zeugnisverweigerung nach § 384 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO gehabt hätte.

c) Nachdem der Kläger den ihm möglichen Zeugenbeweis nicht angetreten hatte, musste das [X.] darüber entscheiden, ob es den Kläger für die Richtigkeit seiner streitigen Behauptungen nach § 448 ZPO als [X.] vernehmen sollte. Allein die Tatsache, dass der Kläger für seine bestrittenen Behauptungen keinen ihm möglichen Zeugenbeweis angeboten hat, entbindet das [X.] nicht von dieser Verpflichtung. Nach ständiger Rechtsprechung ist Voraussetzung für eine [X.]vernehmung der beweispflichtigen [X.] gemäß § 448 ZPO, dass für die zu beweisende Tatsache aufgrund einer vorausgegangenen Beweisaufnahme oder des sonstigen [X.] eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (vgl. [X.] - Rn. 14, [X.]Z 110, 363; 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - Rn. 20 mwN; [X.] 16. September 1999 - 2 [X.] - zu II 2 f dd der Gründe; 6. Dezember 2001 - 2 [X.] 2 b bb der Gründe, [X.]E 100, 52).

d) Von diesem Grundsatz ist im konkreten [X.] auch unter der Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Beweisführung bei sogenannten „[X.]“ auszugehen.

Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG sichern den Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht und das mit ihm im Zusammenhang stehende Recht auf Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes. Art. 103 Abs. 1 GG gebietet ein Ausmaß an rechtlichem Gehör, welches sachangemessen ist, um den in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Erfordernissen eines wirkungsvollen Rechtsschutzes gerecht zu werden. Insbesondere müssen die Beteiligten einer bürgerlichen Rechtsstreitigkeit die Möglichkeit haben, sich im Prozess mit tatsächlichen Argumenten zu behaupten ([X.] 21. Februar 2001 - 2 [X.]/00 - Rn. 10). Auch gehört es zu den für einen fairen Prozess und einen wirkungsvollen Rechtsschutz in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten unerlässlichen Verfahrensregeln, dass das Gericht die Richtigkeit bestrittener Tatsachen nicht ohne hinreichende Prüfung bejaht. Ohne eine solche Prüfung fehlt es an einer dem Rechtsstaatsprinzip genügenden Entscheidungsgrundlage. Um sie zu gewährleisten, bedarf es eines Mindestmaßes an rechtlichem Gehör ([X.] 21. Februar 2001 - 2 [X.]/00 - aaO).

In dem vom [X.] entschiedenen Fall hatte ein streitentscheidendes Vier-Augen-Gespräch zwischen der Klägerin und einem Angestellten der [X.], einer GmbH, stattgefunden. Das Amtsgericht hatte den Angestellten als Zeugen vernommen sowie die Klägerin gemäß § 141 ZPO angehört und daraufhin der Klage stattgegeben. Es hatte die Angaben der Klägerin zum Inhalt des Gesprächs als bewiesen angesehen. Das [X.] als Berufungsgericht hatte eine Vernehmung der Klägerin als [X.] nach § 448 ZPO im Rahmen des [X.] abgelehnt und die Klage abgewiesen, weil es aufgrund der Aussage des vom Amtsgericht vernommenen und vom [X.] erneut vernommenen Zeugen die Behauptungen der Klägerin über den Gesprächsinhalt als nicht erwiesen angesehen hatte. In Anwendung der oben dargestellten Grundsätze hat das [X.] zu dieser Vorgehensweise des [X.]s ausgeführt:

„In der hier gegebenen Konstellation des [X.] konnte die Beschwerdeführerin [dh. die Klägerin] den Gegenbeweis auch nur im Wege der [X.]anhörung bzw. -vernehmung durch Bekundungen führen, die geeignet waren, die Aussage des Zeugen der [X.] des Ausgangsverfahrens zu erschüttern. Die Verfahrensweise des [X.]s begünstigte daher einseitig die Beklagte, die mit ihrem Angestellten über einen Zeugen verfügte. Um dies zu vermeiden, hätte das [X.], nachdem es den Angestellten der beklagten GmbH zum umstrittenen Inhalt des [X.] erneut als Zeugen vernommen hatte, auch der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einräumen müssen, den Gegenbeweis zu führen. Insbesondere hätte ihr die Gelegenheit gegeben werden müssen, auf die Aussagen des Zeugen in dessen neuerlicher Vernehmung (§ 398 Abs. 1 ZPO) reagieren zu können, da das [X.] von der Beweiswürdigung der Vorinstanz abweichen wollte, die sich auf die protokollierte Anhörung der Beschwerdeführerin stützte.“

Diese Grundsätze des [X.]s sind auf den Streitfall bereits deshalb nicht anzuwenden, weil zum Inhalt der Gespräche zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten Zeugenbeweis weder vom Kläger noch von der [X.] angeboten worden war und deshalb auch - im Gegensatz zum Sachverhalt, welcher der Entscheidung des [X.]s zugrunde gelegen hatte - kein Zeugenbeweis erhoben worden war.

Aus demselben Grunde ist auch die Entscheidung des [X.] vom 27. Oktober 1993 (- 37/1992/382/460 -) nicht einschlägig. Auch in diesem Falle hatte das Gericht nicht den Gesellschafter einer [X.], wohl aber den Vertreter der Gegenpartei als Zeugen für den Inhalt eines [X.] angehört.

Der [X.] des [X.] ([X.] 22. Mai 2007 - 3 [X.] 1155/06 - Rn. 17, [X.]E 122, 347) hat eine Verpflichtung zur Vernehmung einer beweispflichtigen [X.] nach § 448 ZPO oder zur Anhörung derselben nach § 141 ZPO ebenfalls nur für den Fall gesehen, dass „ein Gespräch allein zwischen den [X.]en stattgefunden hat und deshalb kein Zeuge, auch kein ‚gegnerischer‘ Zeuge zugegen ist“. Im vorliegenden [X.] ist diese Fallkonstellation ebenfalls nicht gegeben, weil die vom Kläger geschilderten [X.] nicht mit der [X.], dh. derem Geschäftsführer als [X.]vertreter, geführt worden waren, sondern mit seinem Vorgesetzten, der als Zeuge - wenn auch als „gegnerischer“ Zeuge - gemäß §§ 373 ff. ZPO hätte vernommen werden können. Im Übrigen stellt der [X.] in der zitierten Entscheidung auch darauf ab, dass eine [X.]vernehmung nach § 448 ZPO nur in Frage kommt, „soweit dessen Voraussetzungen vorliegen“ ([X.] 22. Mai 2007 - 3 [X.] 1155/06 - Rn. 16, aaO). Dies kann nur heißen, dass auch der [X.] davon ausgeht, eine [X.]einvernahme der beweispflichtigen [X.] komme grundsätzlich nur dann in Frage, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die zu beweisende Tatsache spricht.

Auch in den zwei weiteren vom [X.] entschiedenen Fällen, in denen eine Pflicht zur [X.]vernehmung nach § 448 ZPO bejaht bzw. eine solche nicht beanstandet worden war, stand einer [X.] ein Zeuge für ein Vier-Augen-Gespräch zur Verfügung, welcher vernommen worden war (vgl. [X.] 6. Dezember 2001 - 2 [X.] [X.]E 100, 52 und 19. November 2008 - 10 [X.] -; so auch: [X.] 9. Oktober 1997 - [X.] -; 16. Juli 1998 - I ZR 32/96).

e) Damit war das [X.] nicht - gleichsam von Amts wegen - verpflichtet, den Kläger gemäß § 448 ZPO als [X.] zu vernehmen. Vielmehr musste es prüfen, ob eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür sprach, dass die vom Kläger geschilderten Äußerungen seines Vorgesetzten in den [X.] tatsächlich gefallen waren. Dafür hätte das [X.] in nachprüfbarer Weise darlegen müssen, weshalb es von der [X.]vernehmung des [X.] abgesehen hat. Andernfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass es von seinem ihm nach § 448 ZPO eingeräumten Ermessen überhaupt Gebrauch gemacht hat. [X.] das [X.] die gewisse Wahrscheinlichkeit der [X.] und lehnt es deshalb eine [X.]vernehmung ab, so müssen seine Feststellungen in einer § 286 ZPO genügenden Weise getroffen sein ([X.] - zu I 1 b der Gründe, [X.]Z 110, 363). Daran fehlt es vorliegend. Das [X.] hat ohne nähere Angabe von Gründen lediglich festgestellt, dass „ein sog. Anfangs- oder Anbeweis für die behaupteten Tatsachen“ fehlt. Aus welchen Gründen es zu dieser Feststellung gelangt ist, hat das Berufungsgericht nicht ausgeführt. Allein der Hinweis darauf, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 4. November 2011 persönlich anwesend war und Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, ist in diesem Zusammenhang unbehelflich, weil daraus nicht ersichtlich wird, ob das Gericht dem Kläger Fragen gestellt hat oder ob er und gegebenenfalls welche Erklärungen er in der mündlichen Verhandlung abgegeben hat. Diesbezüglich enthält auch die Sitzungsniederschrift keine Feststellungen.

4. An diesem Verfahrensfehler leidet das angefochtene Berufungsurteil in entscheidungserheblicher Weise. Dieses war deshalb aufzuheben und die Sache gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen, damit dieses den beanstandeten Mangel nach erneuter Verhandlung der Streitsache behebt.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Lüken    

        

    Soost    

                 

Meta

8 AZR 813/12

14.11.2013

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 29. März 2011, Az: 21 Ca 12312/10, Urteil

§ 447 ZPO, § 448 ZPO, § 141 ZPO, Art 103 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 286 ZPO, § 384 ZPO, § 373 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.11.2013, Az. 8 AZR 813/12 (REWIS RS 2013, 1143)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1143

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

1 BvR 988/15

19 Ca 13704/18

4 Sa 869/16

6 Sa 582/14

11 U 207/21

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