Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.08.2021, Az. 30 W (pat) 562/20

30. Senat | REWIS RS 2021, 3174

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – „Zebra“ – Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des [X.] in der Sitzung vom 19. August 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Hacker sowie der Richterin [X.] und des [X.] [X.]

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 22 des [X.] vom 14. Mai 2020 aufgehoben.

Gründe

[X.].

1

Die Wortmarke

2

[X.]

3

ist am 21. September 2018 für die Waren und Dienstleistungen

4

 „Klasse 22: Konstruktionen aus Segeltuch, nämlich Sonnensegel; Schutzplanen gegen Wind; Schutzplanen gegen Sonne; Schutzplanen gegen Regen; Planen aus Segeltuch; Planen aus kunststoffbeschichteten Materialien; wasserfeste textile Zeltplanen

5

Klasse 24: Textilstoffe für die Herstellung von Sonnenschutzgegenständen; Textilstoffe für die Herstellung von Sonnenschutz; wasserabweisende Stoffe

6

[X.]: Einzel- und Großhandelsdienstleistungen, auch über das [X.], im Bereich Sonnensegel, Sonnenschutz, Regenschutz und Windschutz sowie textile Stoffe“

7

zur Eintragung in das beim [X.] geführte Register angemeldet worden.

8

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 22 des [X.]s hat die Anmeldung mit Beschluss vom 14. Mai 2020 zurückgewiesen, weil es der angemeldeten Bezeichnung an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]).

9

Der angemeldete Begriff [X.] weise als Bezeichnung eines bekannten Säugetieres mit auffälligem Streifenmuster in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klassen 22 und 24 und den Dienstleistungen der [X.] in werbetypischer und unmittelbar beschreibender Weise darauf hin, dass die so gekennzeichneten Waren ein „[X.]muster“ aufwiesen und die Dienstleistungen derartige Waren mit [X.]-Muster umfassten.

Der Begriff [X.] beschreibe daher unmittelbar ein wesentliches Merkmal der Produkte, nämlich deren Ausstattung mit einem [X.]muster bzw. weise einen engen beschreibenden Bezug zu den Dienstleistungen auf, welche sich auf Waren mit [X.]muster beziehen könnten. Ein konkreter Hinweis auf die Herkunft der Waren/Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen könne der Bezeichnung nicht entnommen werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er im Wesentlichen geltend macht, dass es bei dem Begriff [X.] als Bezeichnung eines Tieres einiger gedanklicher Zwischenschritte bedürfe, um diese als Hinweis auf ein bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen verwendetes [X.]muster zu verstehen. Es handele sich daher bei [X.] nicht um eine beschreibende Angabe, sondern allenfalls um ein schutzfähiges „sprechendes Zeichen“.

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 22 des [X.]s vom 14. Mai 2020 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

[X.][X.].

Die gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 [X.] zulässige Beschwerde des Anmelders hat in der Sache Erfolg. Der angegriffene Beschluss war aufzuheben, da der Eintragung des [X.] in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein Schutzhindernis gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 [X.] entgegensteht. [X.]nsbesondere fehlt dem Wortzeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] noch stellt es eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar.

1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. [X.] [X.] 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/[X.] [[X.] DAS [X.]]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.], 932 Rn. 7 – #darferdas? [X.]; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 731 Rn. 11 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 7 – [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.], 608 Rn. [X.]/[X.] [[X.]]; [X.], 229 Rn. 27 – [X.]/[X.] [Bio[X.]D]; BGH [X.], 934 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook).

Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], 301 Rn. 11 – [X.]; [X.], 934 Rn. 9 – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] GRUR 2004, 428 Rn. 53 – [X.]; [X.], 301 Rn. 15 – [X.]; [X.], 934 Rn. 10 – [X.]; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH [X.],1143 Rn. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] GRUR 2019, 1194 Rn. 20 – [X.] [#darferdas?]; [X.], 608 Rn. 67 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.], 411 Rn. 24 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.] 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).

Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird ([X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 – [X.]/[X.] [Postkantoor]; [X.], 932 Rn. 8 – #darferdas? [X.]). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht ([X.], 301 Rn. 15 – [X.]; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – [X.]; [X.], 1143 Rn. 9 – [X.]; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard).

2. Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen kommt der angemeldeten Marke [X.] die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu.

Das Wort [X.] als Bezeichnung eines durch sein schwarz-weißes Streifenmuster gekennzeichneten Säugetiers aus der Gattung der Pferde weist keinen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren und zu den darauf bezogenen Dienstleistungen der [X.] auf, da diese keinen Bezug zu [X.]s oder auch anderen Tieren haben. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, das [X.]s gängige (dekorative) Motive dieser Waren sind.

Soweit die beanspruchten und dienstleistungsgegenständlichen Waren ein dem Streifenmuster eines [X.]s nachempfundenes sog. „[X.]muster“ aufweisen können, wird die Darstellung/Abbildung eines solchen Musters entgegen der Auffassung der Markenstelle nicht durch das den Gegenstand der Anmeldung bildende Wort [X.] bezeichnet und/oder beschrieben. Denn [X.] ist weder ein Synonym noch ein Kurzwort für „[X.]muster“. Entgegen der Auffassung der Markenstelle wird der Verkehr das angemeldete Wort [X.] in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen jedenfalls nicht ohne nähere gedankliche Zwischenschritte und interpretatorische Überlegungen mit der Angabe „[X.]muster“ gleichsetzen und als Hinweis auf eine (dekorative) Ausgestaltung der betreffenden Waren verstehen (vgl. BGH [X.], 731 Nr. 14 ff. – [X.]).

Die seitens der Markenstelle zitierte Entscheidung BPatG 26 W (pat) 503/12 vom 16. Januar 2013 – [X.] bietet keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung, da es dort um Haushaltswaren ging, bei denen fotografische und zeichnerische Darstellungen von Blumen aller Art seit langer Zeit ein weitverbreitetes Motiv darstellen, so dass auch der Begriff „[X.]“ als Name einer bekannten Blume nur ein dekoratives Element dieser Waren bezeichnet. Für eine vergleichbare Verwendung des Begriffs [X.] als Bezeichnung eines dekorativen [X.]musters ist jedoch – wie bereits dargelegt – nichts ersichtlich.

Mangels eines in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sich sofort und ohne weiteres erschließenden konkreten beschreibenden Aussagegehalts von [X.] verfügt die angemeldete Bezeichnung dann aber über Unterscheidungskraft iS von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

3. Aus den vorgenannten Gründen steht der angemeldeten Marke auch kein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

Die Beschwerde hat daher Erfolg.

Meta

30 W (pat) 562/20

19.08.2021

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.08.2021, Az. 30 W (pat) 562/20 (REWIS RS 2021, 3174)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3174

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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26 W (pat) 503/12

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