Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2009, Az. VI ZB 25/09

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 685

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[X.]/09vom 10. November 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] (a.F.) § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b Die Zuständigkeit des [X.] nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. [X.] a.F. ist nicht gegeben, wenn eine Partei neben einem allgemeinen Gerichtsstand im Ausland auch einen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. [X.], Beschluss vom 10. November 2009 - [X.]/09 - [X.]- - 2Der V[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 10. November 2009 durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.], [X.], [X.] und die Richterin von [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 25. Zivilkammer des [X.] vom 25. März 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen. Gegenstandswert: 1.112,30 • Gründe: [X.] Die Klägerin, eine in [X.] gegründete [X.] mit satzungs-mäßigem Sitz in [X.] ([X.]), macht gegen die [X.] Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 12. Januar 2007 geltend. Das Amtsgericht hat der Klage zur Hälfte stattgegeben und sie im Üb-rigen abgewiesen. Dagegen haben die Beklagten Berufung beim [X.] eingelegt. Nach entsprechendem Hinweis hat das [X.] die Berufung gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2, 3 ZPO als unzulässig verworfen, weil sie nicht 1 - - 3beim zuständigen [X.] eingelegt worden sei. Eine Zuständigkeit des [X.]s sei nicht gegeben, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Rechts-hängigkeit in erster Instanz ihren Sitz im [X.] und damit ihren allgemeinen Gerichtsstand im Ausland gehabt habe. Nach dem in erster Instanz vorgelegten Handelsregisterauszug befinde sich im Inland lediglich eine Zweig-niederlassung. Der von den Beklagten erstmals im [X.] gehal-tene Vortrag, dass unter der in der Klageschrift genannten Inlandsanschrift der Geschäftsführerin der Klägerin der Tätigkeitsort der Geschäftsführung zu finden sei, an dem die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung ge-troffen würden, sei unbeachtlich, weil im [X.] der im Verfahren erster Instanz unangegriffen gebliebene Gerichtsstand zugrunde zu legen sei. Im Übrigen sei dieses Vorbringen gemäß § 531 ZPO nicht zuzulassen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde erstreben die Beklagten die Zurückverwei-sung der Sache an das [X.]. 2 I[X.] 1. Die [X.] statthafte (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) Rechtsbe-schwerde ist auch im Übrigen zulässig. Eine Entscheidung des [X.] ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfor-derlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat durch seine Ent-scheidung das Verfahrensgrundrecht der Beklagten auf Gewährung wirkungs-vollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) ver-letzt, welches es den Gerichten verbietet, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.]- - 4den nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 12. Juni 2007 - [X.], juris, Rn. 3; [X.], Beschluss vom 10. März 2009 - [X.] 105/07 - NJW 2009, 1610, jeweils m.w.N.). 4 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht als unzulässig verworfen. 5 a) Im Ansatz zutreffend geht das [X.] allerdings davon aus, dass zur Entscheidung über die Berufung der Beklagten das [X.] funk-tionell zuständig wäre, wenn die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. [X.] a.F. vorliegen sollten. Ob dies der Fall ist, kann jedoch entgegen der Auf-fassung des [X.]s auf der Grundlage der bisher getroffenen [X.] nicht beurteilt werden. Nach der genannten Vorschrift, die inzwischen durch Art. 22 Nr. 14 a des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegen-heiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ([X.] - [X.]) vom 17. Dezember 2008 mit Wirkung vom 1. September 2009 aufgehoben worden ist ([X.] I, S. 2586, 2696), sind die [X.]e in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel in Streitigkeiten über Ansprüche, die von einer oder gegen eine Partei erhoben werden, die ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit außerhalb [X.] hatte (§ 40 [X.], eingefügt durch Art. 21 Nr. 4 [X.], [X.] I, aaO, S. 2694). Dies könnte hier der Fall sein, weil die Klägerin bei Klageerhebung ihren satzungsmäßigen Sitz in [X.] hatte. 6 b) Die Voraussetzungen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. [X.] sind indessen nicht erfüllt, wenn eine Partei neben einem allgemeinen Gerichtsstand im [X.] auch einen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat ([X.], Beschluss vom 7 - - 527. Juni 2007 - [X.] 114/06 - NJW-RR 2008, 551, 552). Der allgemeine Ge-richtsstand gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. [X.] ist nach den Vorschriften der §§ 12 ff. ZPO und im Anwendungsbereich der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ([X.]) nach Art. 2, 59 f. [X.] zu beurteilen (Senatsbeschluss [X.] 155, 46, 49; [X.], Beschluss vom 27. Juni 2007 - [X.] 114/06 - aaO, [X.]). Der Anwendungsbereich der [X.] ist vorliegend aber nicht eröffnet, weil es im Streitfall nicht auf den allgemeinen Gerichtsstand der beklagten Partei (Art. 2 Abs. 1 [X.]), son-dern auf den der klagenden Partei ankommt ([X.], Beschluss vom 10. März 2009 - [X.] 105/07 - aaO, S. 1611; vgl. auch [X.], Beschluss vom 27. Juni 2007 - [X.] 114/06 - aaO). Der allgemeine Gerichtsstand der Klägerin wird gemäß § 17 Abs. 1 ZPO durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird (§ 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Darunter ist der Tä-tigkeitsort der Geschäftsführung und der dazu berufenen [X.] zu verstehen, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der [X.] effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden ([X.] 97, 269, 272; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 17 Rn. 15; Zöl-ler/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 17 Rn. 10). Danach kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Klageerhebung jedenfalls auch einen inländischen Verwal-tungssitz hatte. 8 c) Unstreitig unterhält die Klägerin im Inland eine Zweigniederlassung. Die Beklagten haben im [X.] mit Schriftsatz vom 28. November 2008 unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Klägerin ihre Tätigkeit aus-schließlich im Inland betreibe bzw. ihre unternehmensspezifischen Leistungen 9 - - 6ausschließlich im Inland erbringe. Diesen Vortrag durfte das [X.] nicht mit der Begründung für unbeachtlich halten, im Berufungsverfahren sei in der Regel der im Verfahren erster Instanz unangegriffen gebliebene Gerichtsstand zugrunde zu legen (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Januar 2004 - [X.] 66/03 - NJW-RR 2004, 1073, 1074), so dass im Streitfall auf den im [X.] gelegenen satzungsmäßigen Sitz der Klägerin abzustellen sei. Da es für die Zulässigkeit der Klage auf den Gerichtsstand der Klägerin nicht ankam, hat-ten die Parteien im ersten Rechtszug nämlich keinerlei Veranlassung, dazu vor-zutragen, ob die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung neben ihrem im Ausland gelegenen allgemeinen Gerichtsstand an ihrem satzungsmäßigen Sitz in [X.] auch einen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hatte. Ein [X.] könnte indessen gegeben sein (§ 17 Abs. 1 Satz 2 ZPO), wenn die Kläge-rin zum Zeitpunkt der Klageerhebung ihre Geschäfte von ihrer im Inland gele-

- - 7genen Zweigniederlassung in [X.] aus geleitet hat. Dem diesbezüglichen Vortrag der Beklagten, der prozessual nicht verspätet erfolgt ist, hätte das [X.] nachgehen müssen. Galke [X.]

[X.] [X.]

von [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.10.2008 - 3 [X.] (03) - [X.], Entscheidung vom [X.]/08 -

Meta

VI ZB 25/09

10.11.2009

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2009, Az. VI ZB 25/09 (REWIS RS 2009, 685)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 685

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