Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.03.2017, Az. V ZB 84/16

5. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 13094

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Gegenstand

Sicherungsgrundschuld: Voraussetzungen der Zwangsversteigerung


Leitsatz

Die Zwangsversteigerung aus einer vollstreckbaren Sicherungsgrundschuld wegen der dinglichen Zinsen setzt in Rechtsanalogie zu § 1234, § 1193 Abs. 1 Satz 3 BGB die Kündigung des Kapitals der Grundschuld oder die Androhung der Zwangsversteigerung und das Verstreichen einer Wartefrist von sechs Monaten voraus.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des [X.] - 4. Zivilkammer - vom 19. Mai 2016 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens für die Vertretung der Gläubigerin beträgt 250.500 €.

Gründe

I.

1

Auf dem eingangs bezeichneten Grundbesitz der Schuldnerin ist in Abteilung III unter laufender Nummer 1 zugunsten der Gläubigerin eine vollstreckbare Grundschuld mit einem Kapital von 250.500 € eingetragen. Die Gläubigerin kündigte die Grundschuld mit Schreiben vom 4. Dezember 2015, das der Schuldnerin am 11. Dezember 2015 zuging.

2

Die Gläubigerin hat am 30. März 2016 die Anordnung der Zwangsversteigerung des Grundbesitzes der Schuldnerin wegen anteiliger rückständiger dinglicher Zinsen aus der Grundschuld in Höhe von 7.360,93 € beantragt. Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde der Gläubigerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Antrag weiter.

II.

3

Das Beschwerdegericht meint, die Zwangsversteigerung der Gläubigerin wegen anteiliger dinglicher Zinsen aus der zu ihren Gunsten eingetragenen vollstreckbaren Grundschuld setze ebenso wie die Zwangsversteigerung wegen des Kapitals der Grundschuld eine Kündigung und das Verstreichen der Kündigungsfrist voraus. Das ergebe sich zwar nicht unmittelbar aus § 1193 [X.]. Diese Vorschrift sei aber für die Vollstreckung aus [X.] entsprechend anzuwenden. Der Gesetzgeber habe mit der Änderung des § 1193 [X.] durch das [X.] sicherstellen wollen, dass der Schuldner einer [X.] nur nach einer Kündigung und dem Ablauf einer Kündigungsfrist von sechs Monaten mit einer Zwangsversteigerung zu rechnen habe. Er habe dabei ersichtlich nur an eine Zwangsversteigerung wegen des [X.] gedacht und übersehen, dass das gleiche Bedürfnis bei einer Versteigerung wegen der dinglichen Zinsen bestehe. Dieses Versehen des Gesetzgebers erfordere die entsprechende Anwendung der Vorschrift auf die dinglichen Zinsen. Die Gläubigerin habe die Grundschuld zwar gekündigt. Die Kündigungsfrist von sechs Monaten sei aber bei Antragstellung noch nicht abgelaufen gewesen.

III.

4

Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin hat keinen Erfolg.

5

1. Sie ist allerdings auf Grund der Zulassung durch das [X.] statthaft und auch sonst zulässig. Der Gläubigerin fehlt insbesondere nicht das Rechtsschutzinteresse.

6

a) Die Kündigungsfrist des § 1193 Abs. 1 Satz 3 [X.] war schon bei Einlegung des Rechtsmittels abgelaufen. Die Gläubigerin könnte deshalb jetzt die Anordnung der Zwangsversteigerung wegen ihres dinglichen Anspruchs in der [X.] des § 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.] beantragen. Sie könnte mit der Weiterverfolgung ihres ursprünglichen Antrags zudem keine über einen neuen Antrag hinausgehenden Wirkungen, insbesondere gemäß §§ 20, 22 [X.] keine weiter zurückreichende Beschlagnahmewirkung, erreichen.

7

b) Das nimmt der Gläubigerin aber nicht das Rechtsschutzinteresse an der Verfolgung ihres ursprünglichen Antrags. Mit einem neuen Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung hätte die Prüfung der Vollstreckungsvoraussetzungen zwar früher beginnen können. Umfang und Bedingungen der Prüfung änderten sich aber nicht. Hinzu kommt, dass der Gläubiger auf den einfacheren Weg - z.B. auf die Vollstreckung eines vorhandenen Titels statt einer neuen Klage - nicht verwiesen werden kann, wenn er für den gewählten Weg verständige Gründe hat (zu diesem Gesichtspunkt: [X.], Urteil vom 19. Juni 1986 - [X.], [X.]Z 98, 127, 128 f.). So liegt es hier. Für einen neuen Antrag müsste die Gläubigerin noch einmal Gebühren für eine inhaltlich identische Prüfung entrichten. Sie liefe zudem Gefahr, dass die Schuldnerin unter Berufung auf die - aus der Sicht der Gläubigerin unzutreffende - Argumentation der Vorinstanzen die Notwendigkeit dieses Antrags und der mit ihm verbundenen Kosten im Sinne von § 788 ZPO bestreitet.

8

2. Das Rechtsmittel ist indessen unbegründet. Das Vollstreckungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung zu Recht gemäß § 751 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen. Die Zwangsvollstreckung in den Grundbesitz durfte nämlich auch wegen der [X.] erst sechs Monate nach Zugang der Kündigung beginnen. Die Frist war seinerzeit nicht verstrichen.

9

a) Dingliche Zinsen einer (Sicherungs-) Grundschuld werden allerdings nach dem Ablauf je eines Jahres fällig, ohne dass es dazu einer Kündigung und der Einhaltung einer Kündigungsfrist bedürfte. Daran hat sich auch nach dem Inkrafttreten des mit dem [X.] (vom 12. August 2008, [X.] I S. 1666) eingefügten § 1193 Abs. 2 Satz 2 [X.] am 19. August 2008 nichts geändert.

[X.]) Die Fälligkeit der dinglichen Zinsen einer (Sicherungs-) Grundschuld ist weder in § 1193 Abs. 1 [X.] noch in einer anderen Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausdrücklich geregelt. Die Vorschrift des § 1193 Abs. 1 [X.] befasst sich ihrem Wortlaut nach nur mit der Fälligkeit des [X.]. Nach der Systematik des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die Regelungen über das [X.] nicht ohne weiteres auch für die [X.]. Ihre Geltung setzt vielmehr, wie sich aus der Regelung des § 1194 [X.] über den Zahlungsort ergibt, eine ausdrückliche Gleichstellung der Zinsen mit dem Kapital voraus, an der es in § 1193 [X.] fehlt. Eine andere Vorschrift, die die Fälligkeit der [X.] ausdrücklich regelt, gibt es nicht.

[X.]) Einigkeit besteht darüber, dass sich die Fälligkeit der [X.] in [X.]gelung besonderer Vorschriften nach den „allgemeinen Vorschriften“ richtet (so: [X.], [X.] 7, 195, 196). Unbestritten ist im [X.] an [X.]/[X.] ([X.], 5. Aufl., § 1193 [X.]. 4) ferner, dass es sich bei diesen allgemeinen Vorschriften um die in dem heutigen § 488 Abs. 2 [X.] enthaltene Regelung über die Fälligkeit von Darlehenszinsen handelt ([X.], [X.], 2206; [X.], Rpfleger 1986, 211, 212; jurisPK-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 1193 Rn. 16; MüKo[X.]/Lieder, 7. Aufl., § 1193 Rn. 11; NK-[X.]/[X.], 4. Aufl., § 1193 Rn. 10; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 1193 Rn. 4; Soergel/Konzen, [X.], 13. Aufl., § 1193 Rn. 1; [X.]/[X.], [X.] [2015], § 1193 Rn. 5). Der Rückgriff auf § 488 Abs. 2 [X.] wird auch nach der Änderung des § 1193 [X.] nicht in Frage gestellt ([X.], [X.], 589, 596; MüKo[X.]/[X.], 6. Aufl., § 1193 Rn. 9).

b) Streit besteht vielmehr darüber, ob sich durch Einfügung des heutigen Absatz 2 Satz 2 in die Vorschrift des § 1193 [X.] unabhängig von der Fälligkeit der [X.] die Anforderungen an deren Verwertungsreife geändert haben.

[X.]) Nach einer Mindermeinung, der sich die Vorinstanzen inhaltlich angeschlossen haben, ist diese Frage zu bejahen (MüKo[X.]/[X.], 6. Aufl., § 1193 Rn. 45; [X.], [X.], 589, 595 f.; mit Sympathie, aber letztlich unentschieden: [X.], [X.], 144, 147). Der Gesetzgeber habe mit der zwingenden Ausgestaltung der Regelungen über die Fälligkeit des [X.] erreichen wollen, dass der Schuldner von der Zwangsversteigerung nicht überrascht werde, ihm vielmehr vor deren Anordnung stets ein Zeitraum von sechs Monaten zur Verfügung stehe, um sich auf die Situation einzustellen. Dieses Ziel werde aber verfehlt, wenn aus den [X.] unabhängig von der Kündigung des Kapitals und der Kündigungsfrist vollstreckt werde könne. [X.] schlägt vor, diese Lücke durch die Anwendung von § 307 Abs. 2 [X.] zu schließen. § 1193 Abs. 1 Satz 3 [X.] gebe das Leitbild auch für Regelungen über die Verwertungsreife vor. Nach Ansicht von [X.] ist in entsprechender Anwendung eines Rechtsgedankens, den er der Vorschrift des § 1193 [X.] entnimmt, die Verwertungsreife der Grundschuld hinsichtlich der Zinsen nur anzunehmen, wenn die Zwangsversteigerung wegen der Zinsen bei der Kündigung angedroht und eine Wartefrist von sechs Monaten abgewartet wird.

[X.]) Nach weit überwiegender Ansicht ist die aufgeworfene Frage dagegen zu verneinen ([X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 1193 Rn. 6; jurisPK-[X.]/[X.], 7. Aufl., § 1193 Rn. 16; MüKo[X.]/Lieder, 7. Aufl., § 1193 Rn. 12; NK-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 1193 Rn. 10; [X.]/[X.], [X.], 76. Aufl., § 1193 Rn. 4; [X.]/[X.], [X.] [2015], § 1193 Rn. 12; [X.], [X.], 61, 62; [X.], [X.], 2221, 2224; [X.]/[X.], [X.], 745, 751; [X.], [X.], 401; [X.]Voss, [X.] 2008, 740, 745 f.; [X.], [X.] 2009, 1, 4 f.; [X.], [X.], 1077, 1083; BNotK, Rundschreiben Nr. 23/2008 vom 26. August 2008; [X.], Gutachten vom 24. September 2008, Fax-Abruf-Nr. 11535# S. 2; im Ergebnis wohl auch [X.] in Festschrift [X.] [2010] [X.], 313 f.). Zur Begründung wird meist auf das Fehlen einer planwidrigen Lücke verwiesen. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, er habe übersehen, dass die Änderung nur die Fälligkeit des [X.] betreffe und die Vollstreckung wegen der Zinsen während der Kündigungsfrist unberührt lasse. Die Änderung des § 1193 [X.] führe auch nicht dazu, dass die (der Vorschrift des § 488 Abs. 2 [X.] entsprechenden) [X.] einer [X.] nicht mehr standhielten. Denn das für sie maßgebliche Leitbild sei nicht der geänderte § 1193 [X.], sondern § 488 Abs. 2 [X.]. Die durch die Möglichkeit einer Zwangsversteigerung wegen der Zinsen entstehende [X.] sei hinzunehmen, da der Schuldner immerhin noch die Möglichkeit habe, die einstweilige Einstellung der Zwangsversteigerung für die Dauer von sechs Monaten nach Maßgabe von § 30a [X.] zu erreichen, um die Zwangsversteigerung abzuwenden.

c) Der Senat folgt der Grundidee der ersten Meinung. Mit dem [X.] hat der Gesetzgeber der Sache nach die Anforderungen an die Verwertungsreife von [X.] verschärft. Die gefundene Regelung weist eine planwidrige Lücke auf, die unter Rückgriff auf die Regelungen über die Verwertungsreife des [X.] zu schließen ist. Die Zwangsversteigerung aus einer vollstreckbaren [X.] wegen der dinglichen Zinsen setzt in [X.] zu § 1234, § 1193 Abs. 1 Satz 3 [X.] die Kündigung des Kapitals der Grundschuld oder die Androhung der Zwangsversteigerung und das Verstreichen einer Wartefrist von sechs Monaten voraus.

[X.]) Die Regelung in Artikel 6 Nr. 8 des [X.]es ist planwidrig unvollständig.

(1) Der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat die Fälligkeit des [X.] von einer Kündigung und dem Verstreichen einer Kündigungsfrist von sechs Monaten abhängig gemacht, weil die sofortige Fälligkeit des Kapitals dem, was die Beteiligten gewöhnlich beabsichtigten, nicht entspreche und es deren Vorstellungen, aber auch dem Zweck der Grundschuld am ehesten entspreche, die Fälligkeit des Kapitals von einer Kündigung und einer geräumigen Kündigungsfrist abhängig zu machen ([X.], Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das [X.], [X.] 1899 S. 440 = Motive [X.]). Diese Frist zur Vorbereitung auf die Ablösung des [X.] hat der Gesetzgeber dem Schuldner mit der Einführung der Unabdingbarkeit des § 1193 Abs. 1 [X.] bei [X.] durch den seinerzeit angefügten § 1193 Abs. 2 Satz 2 [X.] erhalten wollen. In der Erläuterung dieser Änderung im Bericht des federführenden Finanzausschusses des [X.] heißt es dazu, von der Möglichkeit, gemäß dem heutigen § 1193 Abs. 2 Satz 1 [X.] von der Kündigungsregelung in § 1193 Abs. 1 [X.] abzuweichen, werde in der Praxis vielfach Gebrauch gemacht. Üblich seien - jedenfalls bei [X.] - Vereinbarungen, wonach die Grundschuld sofort fällig sein solle oder wonach sie sofort und fristlos gekündigt werden könne. Werde von einer derartigen Bestimmung Gebrauch gemacht, könne dies den Schuldner in eine schwierige Situation bringen, auf die er nicht eingestellt sei. Er gerate zeitlich unter großen Handlungsdruck. Ein zwingendes Erfordernis für die Vereinbarung einer sofortigen fristlosen Kündigung der [X.] sei indes, auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Gläubigers, nicht ersichtlich (zum Ganzen BT-Drucks. 16/9821 S. 17). Mit der Einführung von § 1193 Abs. 2 Satz 2 [X.] sollte nicht nur [X.] eine von der Kündigungsregelung in § 1193 Abs. 1 [X.] abweichende Vereinbarung untersagt, sondern auch sichergestellt werden, dass dem Schuldner einer [X.] die Kündigungsfrist von sechs Monaten ungeschmälert erhalten bleibt und er diesen Zeitraum nutzen kann, sich ohne den zusätzlichen Druck eines laufenden Zwangsversteigerungsverfahrens auf die durch die Kündigung des Kapitals der Grundschuld entstandene Situation einzustellen.

(2) Dieses Ziel lässt sich mit der Einführung der Unabdingbarkeit der Kündigungsregelung in § 1193 Abs. 1 [X.] bei [X.] allein nicht erreichen. Der Gesetzgeber hat übersehen, dass der Gläubiger die dem Schuldner zugedachte Gelegenheit zur Abwendung der Zwangsversteigerung durch eine Zwangsversteigerung wegen der Zinsen unterlaufen kann und - wie nicht zuletzt das vorliegende Verfahren zeigt - in vielen Fällen auch unterlaufen wird. Das war erkennbar nicht gewollt.

(a) ([X.]) Unabdingbar wurde durch den Erlass von § 1193 Abs. 2 Satz 2 [X.] nur die Regelung in § 1193 Abs. 1 [X.] über die Fälligkeit des [X.]. An der Fälligkeit der [X.] analog § 488 Abs. 2 [X.] änderte sich dagegen nichts. Der Gläubiger kann die Zwangsversteigerung in das belastete Grundstück deshalb wegen der rückständigen [X.] - oder wegen anderer Nebenleistungen - nach Eintritt des [X.] auch betreiben, wenn er das Kapital (noch) nicht gekündigt hat oder wenn die Kündigungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Dadurch gerät der Schuldner regelmäßig genauso unter Handlungsdruck wie durch die Kündigung des Kapitals.

([X.]) Zwar könnte er das Verfahren durch die Zahlung der rückständigen Zinsen abwenden (vgl. Senat, Beschluss vom 29. März 2007 - [X.], [X.]Z 172, 37 Rn. 16). Diese Möglichkeit entlastet ihn indessen in aller Regel nicht. Die [X.] müssen nämlich nicht den Darlehenszinsen entsprechen und werden tatsächlich auch fast immer in einer diese Zinsen deutlich übersteigenden Höhe vereinbart. Im Fall der Schuldnerin des vorliegenden Verfahrens betragen sie 15% jährlich. Sie erreichen aus diesem Grund, aber auch deshalb schnell eine beträchtliche Höhe, weil auch die Rückstände aus den letzten zwei Jahren vor der Beschlagnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 4, § 13 [X.] im Rang der Grundschuld vollstreckt werden können ([X.]/[X.], [X.], 745, 751; [X.], [X.] 2009, 1, 4). Hinzu kommt, dass der Gläubiger mit der Versteigerung wegen [X.] nicht nur diese, sondern auch das Kapital der Grundschuld durchsetzt. Denn die [X.] haben nach § 12 Nr. 2 [X.] Vorrang vor dem Kapital. Folge dessen ist nach § 44, § 52 Abs. 1, § 91 Abs. 1 [X.], dass die Grundschuld mit dem Kapital nicht in das geringste Gebot fällt und mit der Erteilung des Zuschlags vollständig erlischt ([X.], [X.] 2009, 1, 4). Für den Schuldner entsteht durch die Zinsversteigerung damit der gleiche Handlungsdruck wie bei einer Vollstreckung wegen des Kapitals, zu deren Abwendung er aber während der Kündigungsfrist Gelegenheit haben soll.

(b) Das Ziel des Gesetzgebers, dem Schuldner diese Gelegenheit zu erhalten, wird nicht dadurch erreicht, dass der Schuldner in einer Zwangsversteigerung wegen der [X.] die Einstellung des Verfahrens für die Dauer von bis zu sechs Monaten nach Maßgabe von § 30a [X.] beantragen kann. Mit einem solchen Antrag mindern sich die Chancen des Schuldners, eine weitere Einstellung durchzusetzen, wenn der Gläubiger seiner „Zinsversteigerung“ wegen des Kapitals beitritt ([X.], [X.] 2009, 1, 4). Vor allem aber ist die vorübergehende Einstellung der Zwangsversteigerung unabhängig davon, ob sie wegen der Zinsen oder wegen des Kapitals erfolgt, gerade nicht die „zeitliche Streckung des Handlungsdrucks“ ([X.], [X.], 589, 596), die der Gesetzgeber anstrebte. Der Schuldner soll vor der Zwangsversteigerung und unabhängig von den Rechtsbehelfen im Zwangsversteigerungsverfahren Gelegenheit zur Abwendung der Zwangsversteigerung haben (zutreffend [X.], [X.]O; [X.], Festschrift für [X.] [2010] [X.], 314). Ohne Druck kann er sich auf die Kündigung des Kapitals der Grundschuld nämlich nur einstellen, wenn sein Grundstück noch nicht beschlagnahmt ist. Die Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerks in das Grundbuch macht nach außen hin deutlich, dass die titulierte [X.] gegen den Schuldner zwangsweise durchgesetzt werden soll, und schränkt so die Handlungsmöglichkeiten des Schuldners faktisch stark ein. Gerade davor sollte er aber für die Dauer der Kündigungsfrist bewahrt werden.

[X.]) Die durch sein Versehen entstandene Lücke hätte der Gesetzgeber nach seinem Regelungsziel durch die entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 1234 [X.] über die Androhung des [X.] und die Einführung einer Wartefrist geschlossen, deren Länge mit sechs Monaten der Kündigungsfrist für das [X.] in § 1193 Abs. 1 Satz 3 [X.] entspricht.

(1) Die entsprechende Anwendung des § 1193 Abs. 1 [X.] auf die Fälligkeit der [X.] hätte dem Regelungsziel des Gesetzgebers nicht entsprochen. Sie entzöge der Rechtsprechung des [X.] zur Verjährung von [X.] den Boden und leistete ungewollt der Bildung hoher Zinsrückstände Vorschub.

(a) Der [X.] ist bisher davon ausgegangen, dass die [X.] in entsprechender Anwendung von § 488 Abs. 2 [X.] nach dem Ablauf jeden Jahres fällig werden. Für ihn stellte sich nur die Frage, ob die Sicherungsabrede im Hinblick auf die Regelung in § 205 [X.] zu einer Hemmung der Verjährung der [X.] führt. Diese Frage verneint der [X.] in Abkehr von seiner früheren abweichenden Rechtsprechung (Urteile vom 28. September 1999 - [X.], [X.]Z 142, 332, 335 f. und vom 30. März 2010 - [X.], [X.] 2010, 455 Rn. 441, insoweit nicht in [X.]Z 185, 133 abgedruckt). Der Gesetzgeber unterstelle [X.] auch aus vollstreckbaren [X.] mit § 197 Abs. 2 [X.] der regelmäßigen Verjährung nach § 195 [X.], um das Auflaufen hoher Zinsrückstände zu vermeiden. Die Anwendung des heutigen § 205 [X.] auf die Verjährung solcher Zinsen führe zum Gegenteil dessen, was der Gesetzgeber mit § 197 Abs. 2 [X.] angestrebt habe.

(b) Hinge die Fälligkeit von [X.] von der vorherigen Kündigung der Grundschuld und dem Ablauf der Kündigungsfrist ab, liefe diese Rechtsprechungsänderung, die dem Schutz des Schuldners dient, ins Leere. Denn die Verjährungsfrist würde nach § 199 Abs. 1 [X.] erst mit der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist beginnen. Da der [X.] die Grundschuld auf Grund des [X.] nicht vor Eintritt des Sicherungsfalles kündigen dürfte, bedeutete das, dass - im Ergebnis wie vor der Änderung der Rechtsprechung des [X.] - hohe Zinsrückstände auflaufen könnten. Für den Schuldner wäre wirtschaftlich jedenfalls nichts gewonnen. Er erhielte einen zeitlichen Aufschub; der wirtschaftliche Druck auf ihn wäre indessen wegen der Gefahr des Auflaufens hoher Zinsrückstände wesentlich größer als bisher. Das war erkennbar nicht gewollt.

(2) Die Gelegenheit, schon den Antrag auf Anordnung der Zwangsversteigerung abzuwenden, konnte der Gesetzgeber dem Schuldner nur sichern, indem er bei den [X.] zwischen Fälligkeit und Verwertungsreife unterschied und die Verwertungsreife der Grundschuld hinsichtlich der Zinsen in Anlehnung an die Vorschrift über die Verwertung des Pfandrechts an einer beweglichen Sache nach Eintritt der Pfandreife in § 1234 [X.] regelte.

(a) Dieses Regelungsziel lässt sich allerdings nicht allein auf dem von [X.] vorgeschlagenen Weg einer [X.] erreichen. Diese setzt nämlich die Abweichung von einer gesetzlichen Regelung voraus, die der Gesetzgeber aber gerade versäumt hat und die deshalb erst - durch entsprechende Anwendung anderer Vorschriften - begründet werden muss.

(b) Die Regelung des § 1193 Abs. 1 [X.] eignet sich dafür entgegen der Ansicht von [X.] ebenfalls nicht. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber das beschriebene Ziel auf einem konstruktiven Weg verwirklicht, der für die [X.] nicht übernommen werden kann. Er hat darin nämlich gerade nicht bestimmt, dass das Kapital trotz Fälligkeit erst nach sechs Monaten verwertet werden darf. Die Regelung schiebt vielmehr die Fälligkeit selbst um sechs Monate hinaus. Das entspricht bei den [X.] gerade nicht dem Plan des Gesetzgebers.

(c) Die für die Vollstreckung wegen der [X.] (und der sonstigen Nebenleistungen einer Grundschuld) anzustrebende Unterscheidung zwischen Fälligkeit und Verwertungsreife hat der Gesetzgeber indessen bei der Verwertung des Pfandrechts an einer beweglichen Sache vorgesehen. Nach § 1228 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist der Pfandgläubiger zum Verkauf der verpfändeten Sachen berechtigt, sobald die Forderung ganz oder zum Teil fällig ist. Er darf den Verkauf aber nach § 1234 [X.] nicht sofort, sondern erst vornehmen, wenn er dem Schuldner den Verkauf der [X.] angedroht hat und eine Wartefrist verstrichen ist. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber erreichen, dass der Schuldner von dem Plan des Gläubigers, die Sache zu verkaufen, erfährt und sich auf die Lage einstellen, etwa Geldmittel zur Auslösung der Sache beschaffen oder Rechtsmittel gegen die Verwertung ergreifen kann ([X.]/[X.], [X.] [2009], § 1234 Rn. 1). Genau darum ging es dem Gesetzgeber auch bei der Einführung der Unabdingbarkeit der Kündigungsregelung in § 1193 Abs. 1 [X.]. Die Vorschrift des § 1234 [X.] ist deshalb auf die Verwertung der Grundschuld bei zwei Modifikationen entsprechend anzuwenden, mit der Folge, dass der Grundschuldgläubiger die Zwangsversteigerung wegen der [X.] erst beantragen darf, wenn er sie dem Schuldner angedroht hat und eine Wartefrist verstrichen ist (in ähnliche Richtung schon [X.], [X.], 2221, 2224 [X.]. 24; [X.], [X.] und Zweckerklärung, 2003, Rn. 717).

Die erste Modifikation betrifft die Länge der Wartefrist. Sie ist in § 1234 Abs. 2 Satz 1 [X.] mit einem Monat bemessen, was bei Grundstücken zu kurz ist. Bei deren Zwangsversteigerung bedarf es eines längeren Zeitraums, für dessen Bemessung auf die Länge der Kündigungsfrist in § 1193 Abs. 1 Satz 3 [X.] zurückgegriffen werden kann. Die zweite Modifikation betrifft das Verhältnis zur Kündigung des Kapitals. Eine eigenständige Androhung ist erforderlich, wenn der Gläubiger von der Kündigung des Kapitals (zunächst) absieht und ohne Kündigung des Kapitals die Zwangsversteigerung wegen der Zinsen betreibt. Hat er das Kapital indessen gekündigt, ist das dem Schuldner Warnung genug. Es bedarf dann keiner zusätzlichen Androhung. Es erscheint ausreichend, wenn der Gläubiger die in Anlehnung an § 1193 Abs. 1 Satz 3 [X.] auf sechs Monate verlängerte Wartefrist analog § 1234 Abs. 2 Satz 1 [X.] abwartet, wozu er dann aber in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift auch verpflichtet ist.

(d) Nach dem Regelungskonzept des Gesetzgebers sind entsprechend § 1193 Abs. 2 Satz 2 [X.] auch das Erfordernis einer Versteigerungsandrohung bzw. einer Kündigung des Kapitals und das Verstreichen der Wartefrist nicht abdingbar. Hiervon könnte nach § 307 Abs. 1 [X.] auch nicht durch die Vereinbarung eines vollstreckbaren abstrakten [X.] zugunsten des Grundschuldgläubigers abgewichen werden. Diese Erfordernisse gälten deshalb auch, wenn der Gläubiger einer Grundschuld die Zwangsversteigerung wegen einer persönlichen Forderung auf Grund eines vollstreckbaren abstrakten Schuldversprechens zu seinen Gunsten betreibt.

d) Danach hätte die Gläubigerin die Zwangsversteigerung wegen der [X.] zwar neben der erklärten Kündigung nicht zusätzlich androhen müssen. Sie hätte aber analog § 1234 Abs. 2 Satz 1, § 1193 Abs. 1 Satz 3 [X.] eine Wartefrist von sechs Monaten abwarten müssen. Die war bei Antragstellung nicht verstrichen. Der Antrag war deshalb unbegründet.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Diese Vorschrift ist im Zwangsversteigerungsverfahren zwar nur ausnahmsweise, aber vor allem dann anwendbar, wenn es, wie hier, um einen Streit über die Anordnung der Zwangsversteigerung geht (vgl. Senat, Beschlüsse vom 25. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 170, 378 Rn. 8 und vom 24. Februar 2011 - [X.], [X.], 642 Rn. 22). Einer Festsetzung des [X.] für die Gerichtskosten bedarf es nicht, da die Gebühr für die Entscheidung über den Antrag eine Festgebühr ist und deshalb auch für die Entscheidung über die Rechtsmittel der Gläubigerin [X.] anfallen. Die Festsetzung des [X.] für die Vertretung der Gläubigerin beruht auf § 26 Nr. 1 [X.]. Gegenstand des Antrags ist mit einem Teilbetrag der dinglichen Zinsen ein Teil des dinglichen Rechts, dessen Gesamtwert zugrunde zu legen ist (Umkehrschluss aus § 26 Nr. 1 Halbsatz 2 [X.], vgl. [X.] in [X.]/Wolf, [X.], 7. Aufl., § 26 Rn. 7 a.E.).

[X.]     

      

[X.]t-Räntsch     

      

Kazele

      

Haberkamp     

      

[X.]     

      

Meta

V ZB 84/16

30.03.2017

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Memmingen, 19. Mai 2016, Az: 44 T 550/16

§ 1193 Abs 1 S 3 BGB, § 1234 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.03.2017, Az. V ZB 84/16 (REWIS RS 2017, 13094)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 2469 WM2017,1149 REWIS RS 2017, 13094


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. V ZB 84/16

Bundesgerichtshof, V ZB 84/16, 30.03.2017.


Az. 44 T 550/16

LG Memmingen, 44 T 550/16, 19.05.2016.


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