Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2004, Az. VIII ZR 294/03

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2316

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 294/03 Verkündet am: 14. Juli 2004 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.] und die Richter [X.], [X.], [X.] und [X.] im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis 30. Juni 2004 für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel der Kläger werden das Urteil der 10. Zivilkammer des [X.] vom 14. August 2003 aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 28. Januar 2003 abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Der [X.] des [X.] vom 7. November 2002 gegen die Beklagte zu 1 bleibt in Höhe von 923,30 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 465 • seit dem 1. August 2002 sowie aus 458,30 • seit dem 1. September 2002 aufrechterhalten. Im übrigen wird er aufgehoben. Der Beklagte zu 2 wird gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 1 verurteilt, an die Kläger 923,30 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 465 • seit dem 1. August 2002 sowie aus 458,30 • seit dem 1. September 2002 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klä-ger gesamtschuldnerisch 1/3 und die Beklagten gesamtschuldne-risch 2/3 zu tragen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren fallen den Beklagten zur Last. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: Die Beklagten mieteten mit Vertrag vom 31. Oktober 2001 von den [X.] eine Wohnung in dem Objekt [X.]

in [X.]mit einem zu-letzt gültigen Mietzins von 465 • monatlich. § 1 Abs. 4 des [X.] lautet auszugsweise wie folgt: "Das Mietverhältnis ist erstmalig zum [X.] mit dreimonatiger Kündigungsfrist ordentlich kündbar und setzt sich anderenfalls nach Ablauf dieser Mindestlaufzeit auf unbestimmte Dauer fort. ..." Das Datum 31. Dezember 2002 ist handschriftlich eingefügt. Mit [X.] vom 23. Mai 2002 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis "zum nächstmöglichen [X.]punkt". Mit Schreiben vom 28. Mai 2002 teilten die Kläger mit, daß das Mietverhältnis entsprechend der von den Beklagten ausgespro-chenen Kündigung zum 31. Dezember 2002 ende. Ab August 2002 zahlten die Beklagten keine Miete mehr. Die Kläger sind der Auffassung, daß ihnen ein Mietzinsanspruch wenigstens bis einschließlich Oktober 2002 zustehe. [X.] haben sie Mahnbescheide gegen die Beklagten in Höhe von 1.395 • nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.] seit dem 1. August 2002 erwirkt. Während der Beklagte zu 2 gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt hat, ist gegen die Beklagte zu 1 auf der Basis des Mahnbescheides am 7. November 2002 ein [X.] ergangen. Nachdem die Beklagte zu 1 gegen den [X.] eingelegt hatte, rechneten die Kläger am 20. November 2002 die einge-zahlte Kaution ab, wobei sie eine Summe von 266 • auf anteilige Renovie-rungskosten und den Restbetrag in Höhe von 471,70 • auf rückständige Miet-zinsforderungen bis einschließlich Oktober 2002 verrechneten. Mit ihrer Klage - 4 - haben sie die Aufrechterhaltung des [X.] in Höhe von 923,30 • nebst Zinsen und die gesamtschuldnerische Verurteilung des [X.] zu 2 zur Zahlung des gleichen Betrages begehrt. Im übrigen haben die Klä-ger den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Beklagten haben der Erledigungs-erklärung widersprochen. Das Amtsgericht hat den [X.] ge-gen die Beklagte zu 1 aufgehoben und die Klage gegen beide [X.]. Die von den Klägern eingelegte Berufung hat das [X.] [X.]. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Zahlungsbegehren in Höhe von 923,30 • nebst Zinsen weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Die Beklagten schuldeten für die Monate September und Oktober 2002 keine Restmiete, weil ihre Kündigung vom 23. Mai 2002 das Mietverhältnis wirksam mit Ablauf des 31. August 2002 beendet habe. Die Kläger könnten sich nicht mit Erfolg auf Ziff. [X.] des [X.] vom 31. Oktober 2001 berufen, wonach für die [X.] bis zum 31. Dezember 2002 das Recht zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen sein sollte. Diese Regelung sei unwirksam, weil sie gegen die §§ 573 c Abs. 4 und 575 Abs. 4 BGB verstoße. Im Zuge der Miet-rechtsreform sei der "einfache" [X.]mietvertrag ersatzlos gestrichen worden. [X.]mietverträge sollten nur noch unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 575 BGB statthaft sein. Das Wesen eines befristeten [X.] sei durch den Ausschluß des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekennzeichnet. Ein Mietvertrag, der einen zeitlich begrenzten Ausschluß des Rechts zur ordent-- 5 - lichen Kündigung vorsehe, sei damit nichts anderes als ein befristeter Mietver-trag. Der Ausschluß der Kündigung auf eine bestimmte [X.] wirke wie eine Ver-längerung der Kündigungsfrist um diesen [X.]raum. I[X.] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 22. Dezember 2003 ([X.] ZR 81/03, NJW 2004, 1448) entschieden hat, verstößt die Vereinbarung eines zeitlich begrenzten Ausschlusses des ordentlichen Kündigungsrechts durch eine Individualvereinbarung weder gegen § 573 c Abs. 4 BGB noch ge-gen § 575 Abs. 4 BGB. § 573 c Abs. 4 BGB ist schon deshalb nicht einschlägig, weil die Vorschrift lediglich die Kündigungsfrist regelt und somit ein [X.], das vorliegend gerade im Streit ist, schon voraussetzt (Senat aaO unter [X.] a). Auch die Entstehungsgeschichte des Mietrechtsre-formgesetzes spricht gegen ein Verbot von Kündigungsausschlußvereinbarun-gen. Vielmehr geht die Begründung des [X.] zu § 575 BGB davon aus, daß das ordentliche Kündigungsrecht für einen vertraglich festge-legten [X.]raum beiderseits ausgeschlossen werden kann (Senat aaO unter [X.] b; BT-Drucks. 14/4553, [X.]). 2. Ob im vorliegenden Fall wegen der handschriftlichen Einfügung des Datums 31. Dezember 2002 in § 1 Abs. 4 des [X.] eine Individualver-einbarung gegeben ist, kann offenbleiben. Auch wenn die Vertragsbestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehen sein sollte, wäre das Ergebnis kein anderes. Der Senat hat mit Urteil vom 30. Juni 2004 ([X.] ZR 379/03, zur Veröff. best.) entschieden, daß ein zeitlich befristeter Ausschluß der [X.] Kündigung durch [X.] jedenfalls dann wirksam ist, wenn er - wie hier - für beide Seiten gelten soll. Da auch der Gesetzgeber davon ausge-- 6 - gangen ist, daß nach der Reform des Mietrechts die Möglichkeit besteht, einen unbefristeten Mietvertrag zu schließen und für einen bestimmten, vertraglich festgelegten [X.]raum das Recht zur ordentlichen Kündigung auszuschließen, liegt eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB schon nicht vor. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB greift ebenfalls nicht ein. Insbesondere gebietet der Schutzzweck des § 573 c Abs. 4 BGB keine Einschränkung der Zulässigkeit eines Kündigungsverzichts (Senatsurteil vom 22. Dezember 2003 aaO unter [X.] und Senatsurteil vom 30. Juni 2004 unter [X.]). Letztlich ist die Regelung, wie sie von den Parteien in § 1 Abs. 4 des [X.] getroffen wurde, angesichts des Willens des Gesetzgebers auch nicht nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Auch im vorliegenden Fall ist das Kündi-gungsrecht für beide Parteien ausgeschlossen, so daß eine Unwirksamkeit der Klausel nach § 307 BGB nicht in Betracht kommt. 3. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung bedarf es keiner Vorlage des Rechtsstreits an den Gerichtshof der [X.] zur Vorabentscheidung über die Frage, wie Art. 3 Abs. 1 der [X.] über mißbräuchliche Klauseln in [X.] in Bezug auf die in einem Mietvertrag zwischen einem Gewerbe-treibenden und einem Verbraucher enthaltene und vom Gewerbetreibenden gestellte Klausel auszulegen ist, wonach der Mieter das Mietverhältnis [X.] zum Ablauf eines Jahres nach Vertragsbeginn kündigen kann, insbeson-dere, ob eine solche Klausel als mißbräuchlich im Sinne der genannten Richtli-nienbestimmung anzusehen ist. Der [X.] hat mit Urteil vom 1. April 2004 ([X.]/02, NJW 2004, 1647 = [X.], 989) entschieden, daß es grundsätzlich Sache des nationalen Gerichts ist, festzustellen, ob eine [X.] die Kriterien erfüllt, um als mißbräuchlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der [X.] vom 5. April 1993 qualifiziert zu werden ([X.], Urteil vom 1. April 2004 aaO Rn. 25). - 7 - Daraus folgt, daß die [X.] Gerichte das nationale Verbraucher-schutzrecht - hier § 307 BGB - im Sinne der [X.] auszulegen haben. Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie ist eine Vertragsklausel, die nicht im einzelnen ausgehandelt wurde, als mißbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Mißverhältnis der ver-traglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht. Diese Voraus-setzungen liegen bei einem befristeten Ausschluß des Kündigungsrechts in ei-nem Formularmietvertrag jedenfalls dann nicht vor, wenn die Klausel - wie hier - für beide Vertragspartner gleichermaßen gilt (Senatsurteil vom 30. Juni 2004, aaO, zu § 307 BGB). II[X.] Da zwischen den Parteien die zu zahlenden Beträge der Höhe nach nicht im Streit sind, schulden die Beklagten den Klägern unter Verrechnung der von den Klägern zurückzuzahlenden Kaution und Anrechnung anteiliger Kosten für Schönheitsreparaturen noch die bis einschließlich Oktober 2002 begehrte Mie-te. Das Urteil des Berufungsgerichts ist daher aufzuheben, und das erstinstanz- - 8 - liche Urteil ist entsprechend abzuändern, da weitere Feststellungen nicht mehr zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO).

[X.] [X.] [X.]
[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 294/03

14.07.2004

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2004, Az. VIII ZR 294/03 (REWIS RS 2004, 2316)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2316

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