Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2012, Az. XII ZR 179/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8465

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII [X.]/09
Verkündet am:

7.
März 2012

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§
1572, 1578
b; ZPO §
323 aF
Zur Herabsetzung eines vor der Unterhaltsrechtsreform durch Vergleich titulierten Unterhaltsanspruchs nach dem Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung durch den Unterhaltsberechtigten.
[X.], Urteil vom 7. März 2012 -
XII [X.]/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7.
März 2012 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne
und [X.], Dr.
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 2.
Familiensenats des Hanseatischen [X.]s [X.] vom 4.
Novem-ber 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als für die [X.] ab 1.
Januar 2008
zum Nachteil des [X.] erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Abänderung eines [X.]s über [X.]en Unterhalt.
Der 1941 geborene Kläger und die 1946 geborene [X.] schlossen 1975 die Ehe, aus der der 1975 geborene [X.] M. und die 1978 geborene Tochter [X.] hervorgingen. Der Kläger war als Lehrer an einem Gymnasium tätig. Er ging am 1.
August 2000 in Altersteilzeit und wurde zum 1.
Februar 2004 frühpensioniert.
1
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-
3
-
Die [X.] absolvierte ein Pädagogikstudium und legte 1969 das erste Staatsexamen ab. Das anschließend begonnene Referendariat wurde aufgrund einer seit dem Schulalter bestehenden Alkohol-
und [X.] der [X.]n nicht beendet. 1974 entließ die Schulbehörde sie wegen [X.]. Eine nach der Geburt des [X.]es versuchte Fortsetzung des Refe-rendariats scheiterte innerhalb kurzer [X.].
[X.] trennten sich die Parteien, 1985 wurde die Ehe geschie-den. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens hatten die Parteien am 1.
Oktober 1985 einen Vergleich geschlossen, der unter anderem folgende Regelung ent-hält:
"Mit Wirkung ab 1.
Januar 1986 zahlt der Antragsgegner an die Antragstellerin einen [X.]en Unterhalt -
Elementarunter-halt
-
in Höhe von 1.040

Dieser Vergleich steht unter folgender Geschäftsgrundlage:

d)
Die Antragstellerin kann netto 1.000
DM anrechnungsfrei da-zuverdienen. Überschreitet ihr Einkommen den Betrag von 1.000
DM, so ist der überschießende Betrag auf den vom [X.] zu zahlenden [X.] anzurechnen. Die Parteien gehen von der übereinstimmenden Annahme aus, dass die Antragstellerin bei ihrer Vorbildung und ihrem MdE-Grad von 20
% einen Arbeitsplatz oder mehrere [X.] finden kann, auch bei der derzeitigen Lage des Arbeitsmarktes, und so ein Nettoeinkommen von 1.000
DM verdienen kann, ohne dass es Anrechnung auf ihren Unter-haltsanspruch findet. Die Antragstellerin wird sich bemühen, eine angemessene Arbeit zu finden,
die zu einer Reduzierung des Unterhalts führt."
Der [X.] M. lebte nach der Scheidung beim Vater, während die Tochter [X.] bei der Mutter wohnte; von 1992 bis 1997 war [X.] in einem Internat.
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4
-
1985 nahm die [X.] das Studium der Psychologie auf, das sie 1991 mit dem Staatsexamen abschloss. Während des Studiums sowie danach war sie zeitweise als Aushilfe in Sprachschulen sowie als psychologische Fachkraft im Rahmen von [X.] erwerbstätig.
Überwiegend bezog sie Kran-kengeld und Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe. Seit dem 1.
Juli 2002 [X.] sie Erwerbsunfähigkeitsrente, seit 2004 wegen voller Erwerbsminderung.
Der Kläger hat aus zweiter -
ebenfalls geschiedener
-
Ehe
eine 1990 ge-borene Tochter.
Mit der 1992 erhobenen Abänderungsklage hat der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltspflicht begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, die [X.] könne nach Abschluss des Studiums ihren Unterhaltsbedarf durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit selbst bestreiten.
Die [X.] hat im Wege der Widerklage ab 1.
Oktober 1993 höheren Unterhalt verlangt. Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der [X.]n und die An-schlussberufung des [X.] hat das [X.] den Vergleich in [X.] Umfang abgeändert. Für die [X.] ab 1.
Januar 2008 hat es die Klage abgewiesen und den Vergleich auf die Widerklage dahin abgeändert, dass der Kläger ab 1.
Januar 2008 Unterhalt von monatlich 633

ab 1.
Januar 2009 von monatlich 783

die [X.] ab 1.
Januar 2008 zugelassene Revision des [X.], mit der er inso-weit sein Begehren weiterverfolgt, keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen.

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-
5
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Auf-hebung des Berufungsurteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung hinsicht-lich des noch streitgegenständlichen [X.]raums im Wesentlichen ausgeführt:
Der Unterhaltsanspruch sei entgegen der Auffassung des [X.] nicht bereits aufgrund des Vergleichs befristet. Nach der im Jahre 1985 bestehenden Rechtslage habe weder der Unterhalt wegen Krankheit noch der [X.] befristet werden können. Dass gleichwohl ab 1992 kein Ehegattenun-terhalt mehr habe geschuldet werden sollen, sei dem Vergleich nicht zu [X.].
Der Unterhaltsanspruch sei auch nicht nach der seit dem 1.
Januar 2008 geltenden Rechtslage für die Zukunft zu befristen. Nach §
1578
b [X.] sei eine Befristung zwar bei allen [X.] möglich. §
36 Ziff.
1 EGZPO
installiere insofern jedoch einen Vertrauensschutz für Altehen. Umstände, die vor dem 1.
Januar 2008 entstanden, aber erst nach Inkrafttreten des neuen [X.] erheblich geworden seien, seien nur zu berücksichtigen, wenn die Änderung dem anderen Teil, hier der [X.]n, unter Berücksichtigung des Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar sei. Schon bei Abschluss des Vergleichs hätten die Parteien aber eine Minderung der Erwerbsfähigkeit der [X.]n von 20
% zugrunde gelegt. Im Vertrauen auf den Bestand der Rege-lung habe sie dem Grunde nach Unterhalt bezogen. Die Minderung der Er-10
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-
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-
werbsfähigkeit habe sich 1997 auf 50
% erhöht; seit 1.
Juli 2002 sei die [X.] wegen Erwerbsunfähigkeit verrentet. Mit Bescheid vom 30.
Mai 2007 sei der Grad der Behinderung auf 80
% festgesetzt worden. In der langen [X.] habe die [X.] weder damit rechnen müssen, dass der Unterhaltsanspruch [X.] von ihrer Bedürftigkeit auslaufen würde, noch habe sie sich auf die neue Rechtslage einstellen können. Denn seit dem Beginn des [X.] sei von ihr keine Erwerbstätigkeit mehr zu erwarten. Im Übrigen komme der nach-ehelichen Solidarität beim Unterhalt wegen Krankheit besondere Bedeutung zu. Der Kläger habe mit der [X.]n eine Familie gegründet, bevor sie in der Lage
gewesen sei, Referendariat und zweites Staatsexamen abzuschließen und den Weg in den sicheren Staatsdienst zu finden. Auch ohne eine konkret festgestellte Mitverantwortung des [X.] für die sich immer weiter verschlech-ternde gesundheitliche und psychische Situation der [X.]n habe sie auf eine gesteigerte [X.]e Solidarität vertrauen können. Abgesehen davon habe die Geburt der Kinder und der Auslandsaufenthalt der Familie von 1980 bis 1984 für die [X.] nicht nur eine Überforderung bedeutet, sondern auch einen ehebedingten Nachteil begründet, weil ein Abschluss ihrer Ausbildung schon für einen gesunden Menschen eine immer größere Kraftanstrengung vo-rausgesetzt hätte. Hinzu komme, dass die im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits erfolgten vier Begutachtungen neben der Verfahrensdauer eine erhebliche zusätzliche Belastung dargestellt hätten, die in den entscheidenden Jahren nach Abschluss des [X.] Kräfte gebunden hätte, die für den Ausbau der Erwerbstätigkeit gefehlt hätten.
Die Höhe des Unterhalts ergebe sich für die [X.] ab 1.
Januar
2008 unter Heranziehung des Halbteilungsgrundsatzes, da beide Parteien nicht mehr er-werbstätig gewesen seien. Bei dem Kläger sei fiktiv die Pension zugrunde zu legen, die er erhalten würde, wenn er bis zum 65.
Lebensjahr in vollem Umfang berufstätig gewesen wäre. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, 14
-
7
-
dass
unterhaltsrechtlich anzurechnende Gründe für die Reduzierung der [X.] nicht bestanden hätten. Auszugehen sei deshalb für 2008 von einem um die Kosten
der Krankenversicherung und den
Kindesunterhalt für die [X.] aus zweiter Ehe bereinigten Einkommen des [X.] von 2.279,63

t-lich. Das Einkommen der [X.]n sei mit (bereinigt) 1.015,40

(Erwerbsunfähigkeitsrente sowie private Rente von ca. 200

dass sich ein Unterhaltsanspruch von 633

Januar 2009 [X.] sich nach Wegfall des Kindesunterhalts und geringfügiger Erhöhung der Einkünfte des [X.] ein Anspruch von monatlich 783

II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Das Berufungsgericht hat die Abänderungsklage allerdings zu Recht für zulässig gehalten.
Auf das im Jahre 1992 eingeleitete [X.] ist wie auf das Verfahren im Allgemeinen nach Art.
111 Abs.
1 Satz
1, 2 [X.] das vor dem 1.
September 2009 geltende Recht anzuwenden
(Senatsurteile vom 29.
Juni 2011 -
XII
ZR
157/09
-
FamRZ 2011, 1721 Rn. 16;
[X.]Z 186, 1 =
FamRZ
2010, 1238 Rn. 10
und [X.]Z 183, 197 = [X.], 111 Rn. 16).
Die Zuläs-sigkeit der Abänderungsklage ergibt sich aus §
323 ZPO aF. Der Kläger hat eine wesentliche Veränderung der dem [X.] zugrunde gelegten Verhältnisse geltend gemacht. Er hat sein Begehren darauf gestützt, dass die [X.] nach Beendigung des [X.] in der Lage sei, ihren Le-bensunterhalt durch Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit selbst zu bestreiten.
15
16
17
-
8
-
2. Nach Auffassung des Berufungsgerichts enthält der Vergleich keine befristete Unterhaltsregelung. Dagegen bestehen revisionsrechtlich keine Be-denken. Ob ein Vergleich eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs vorsieht, ist durch Auslegung zu ermitteln. Eine entsprechende Würdigung hat das [X.] vorgenommen, ohne dass die Revision Einwendungen gegen das gewonnene Ergebnis erhoben hat. Dieses steht auch damit in Einklang, dass mangels einer entgegenstehenden ausdrücklichen oder konkludenten vertragli-chen Regelung im Zweifel davon auszugehen ist, dass die Parteien eine späte-re Befristung oder Herabsetzung des Unterhalts offenhalten wollten (vgl. Se-natsurteil [X.]Z 186, 1 =
[X.], 1238 Rn.
23).
3. Die Bemessung der Höhe des Unterhaltsanspruchs ist ebenfalls rechtsbedenkenfrei. Auch insofern erinnert die Revision nichts.
4. Im Rahmen der gemäß §
313 [X.] vorzunehmenden Vertragsanpas-sung ist der Unterhaltsanspruch nach Auffassung der Revision zu befristen. Auf die geltend gemachte Regelung ist das seit dem 1.
Januar 2008 geltende [X.] anzuwenden (Art.
4 Unterhaltsrechtsänderungsgesetz; vgl. auch Art.
36 Nr.
7 EGZPO und Senatsurteile [X.]Z 179, 43 =
[X.], 406 Rn.
27 und [X.]Z 186, 1 =
[X.], 1238 Rn.
31). Entgegen der Auffas-sung des Berufungsgerichts ist eine Begrenzung des Unterhalts nicht ausge-schlossen. Vielmehr lässt die vorzunehmende Billigkeitsabwägung nach den getroffenen Feststellungen sowohl eine Herabsetzung als auch eine Befristung naheliegend erscheinen.
a) Ein Anspruch auf [X.]en Unterhalt ist nach §
1578
b Abs.
1 Satz
1 [X.] auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhalts-anspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege 18
19
20
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-
9
-
oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach §
1578
b Abs.
2 Satz
1 [X.] ist ein Anspruch auf [X.]en Unterhalt zeit-lich zu
begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre.
Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus §
1578
b Abs.
1 Satz
2 und 3 [X.]. Danach ist vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Ge-staltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Ein [X.] Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte [X.] nicht die [X.] erzielt, die er ohne Ehe
und Kinderbetreuung erzielen würde (Senatsur-teile vom 23.
November 2011 -
XII
ZR
47/10
-
FamRZ 2012, 197 Rn.
24;
vom 6.
Oktober 2010 -
XII
ZR
202/08
-
[X.], 1971 Rn.
19 und vom 20.
Oktober 2010 -
XII
ZR
53/09
-
[X.], 2059 Rn.
22).
b) Nach den getroffenen Feststellungen kann die [X.] seit dem Jahr 2004 bis zur Vollendung des 65.
Lebensjahres im September 2011 ausschließ-lich Unterhalt wegen Krankheit nach §
1572 [X.] verlangen, da sie seitdem Erwerbsunfähigkeitsrente wegen voller Erwerbsminderung bezog (zur Abgren-zung von Krankheitsunterhalt und Aufstockungsunterhalt gemäß §
1573 Abs.
2 [X.] vgl. Senatsurteil [X.]Z 179, 43 =
[X.], 406 Rn.
20).
Beim Krankheitsunterhalt nach §
1572 [X.], bei dem die Krankheit selbst regelmäßig nicht ehebedingt ist, ist ein [X.] Nachteil denkbar, wenn ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht aus-reichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat 22
23
24
-
10
-
und seine Erwerbsunfähigkeitsrente infolge der Ehe
oder Kindererziehung ge-ringer ist als sie ohne die Ehe wäre oder sie vollständig entfällt (Senatsurteile [X.]Z 179, 43 =
[X.], 406 Rn.
34; vom 27.
Mai 2009

XII
ZR
111/08
-
[X.], 1207 Rn.
36 und vom 2.
März 2011

XII
ZR
44/09
-
FamRZ 2011, 713 Rn.
19). Insoweit entsprechen sich Krankheitsunterhalt nach §
1572 und der Altersunterhalt nach §
1571 [X.]. In beiden Fällen ist jedoch zu be-rücksichtigen, dass der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge vornehm-lich Aufgabe des Versorgungsausgleichs ist, durch den die Interessen des [X.] regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sinne des §
1578
b Abs.
1 Satz
2 [X.] können also nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese [X.] ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit [X.] ausgeglichen (Senatsurteile vom 16.
April 2008

XII
ZR
107/06
-
FamRZ
2008, 1325 Rn.
43; vom 25.
Juni 2008

XII
ZR
109/07
-
FamRZ 2008, 1508 Rn.
25 und vom 2.
März 2011

XII
ZR
44/09
-
FamRZ 2011, 713 Rn.
19).
Ein [X.] Nachteil wegen Aufgabe der Erwerbstätigkeit infolge der Kindererziehung und Haushaltstätigkeit kann sich allerdings dann ergeben, wenn deswegen die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbs-minderung nicht erfüllt sind. In solchen Fällen besteht der Nachteil im
Verlust der ohne Ehe und Kindererziehung erzielbaren Erwerbsunfähigkeitsrente. Der sich daraus ergebende ehebedingte Nachteil entfällt allerdings mit dem Beginn der Altersrente, weil für diese nach den §§
35
ff. SGB
VI neben der Erfüllung der Wartezeit und der Altersvoraussetzung keine Mindestzahl von Pflichtbeiträ-gen -
wie bei der
Erwerbsunfähigkeitsrente gemäß §
43 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 SGB
VI
-
erforderlich ist (Senatsurteil vom 2.
März 2011 -
XII
ZR
44/09
-
FamRZ 2011, 713 Rn.
20).
25
-
11
-
c) §
1578
b [X.] beschränkt sich nach dem Willen des [X.] nicht auf die Kompensation [X.] Nachteile, sondern berücksich-tigt auch eine darüber hinausgehende [X.]e Solidarität. Auch wenn [X.] ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Be-grenzung des [X.]en Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der [X.]en Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in
§
1578
b Abs.
1 Satz
3 [X.] aufgeführten Gesichtspunkte zu be-rücksichtigen sind. Wesentliche Aspekte sind die Ehedauer, die [X.] während der Ehe wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung
(Senatsurteile vom
23.
November 2011

XII
ZR
47/10
-
FamRZ 2012, 197 Rn.
31 und vom 27.
Mai 2009

XII
ZR
111/08
-
[X.], 1207 Rn.
39). Bei der Beurteilung der [X.] der fortwährenden Unterhaltszahlung sind ferner die wirtschaftlichen [X.] der Parteien sowie Umfang und Dauer des
vom Unterhaltspflichtigen bis zur Scheidung gezahlten [X.] von Bedeutung (Senatsurteil vom 30.
Juni 2010 -
XII
ZR
9/09
-
[X.], 1414 Rn.
28).
Bereits bei der Prüfung der Unbilligkeit nach §
1578
b [X.] ist außerdem zu berücksichtigen, ob der Unterhaltsanspruch tituliert ist. Denn einem titulierten oder durch Vereinbarung festgelegten Unterhalt kommt
ein größerer Vertrau-ensschutz zu als einem nicht vertraglich festgelegten oder durch Titulierung gesicherten Anspruch. Wie das Gesetz in §
36 Nr.
1 EGZPO klarstellt, gilt dies bei Unterhaltstiteln oder -vereinbarungen nach der bis Dezember 2007 beste-henden Rechtslage in noch stärkerem Maße. Dass dieser Gesichtspunkt in §
36 Nr.
1 EGZPO gesondert geregelt ist, hindert seine Heranziehung im Rahmen von §
1578
b [X.] nicht. Da die Beurteilung der Begrenzung und Befristung nach §
1578
b [X.] vielmehr auf einer umfassenden Interessenabwägung be-26
27
-
12
-
ruhen muss, ist die Berücksichtigung der Titulierung im Rahmen des §
1578
b [X.] sogar geboten. Dass damit die Zumutbarkeit nach §
36 Nr.1 EGZPO be-reits in dem insoweit umfassenderen Tatbestand des §
1578
b [X.] aufgeht, ist unbedenklich, weil bei einem Zusammentreffen der Abänderung eines Alttitels und einer Befristung den gesetzlichen Wertungen des §
36 Nr.
1 EGZPO be-reits im Rahmen der Befristung nach §
1578
b [X.] in vollem Umfang Rech-nung getragen ist (Senatsurteile vom 23.
November 2011 -
XII
ZR
47/10
-
FamRZ
2012, 197 Rn.
32 und vom 30.
Juni 2010 -
XII
ZR
9/09
-
[X.], 1414 Rn.
32).
d) Danach hält die vom Berufungsgericht vorgenommene Billigkeitsab-wägung einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
aa) Zwar ist die Abwägung aller für die Billigkeitsentscheidung in [X.] kommenden Gesichtspunkte Aufgabe des Tatrichters. Sie kann vom [X.] nur daraufhin überprüft werden, ob dieser die im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebenden Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Se-natsurteile vom 29.
Juni 2011 -
XII
ZR
157/09
-
FamRZ 2011, 1721 Rn.
21 und vom 11.
August 2010 -
XII
ZR
102/09
-
[X.], 1637 Rn.
47). Der [X.] Überprüfung unterliegt insbesondere, ob der Tatrichter sich mit dem Prozessstoff und den [X.] umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 29.
Juni 2011 -
XII
ZR
157/09
-
FamRZ 2011, 1721 Rn.
21 und
vom 14.
Oktober 2009 -
XII
ZR
146/08
-
[X.], 1990 Rn.
19).
Nach diesen Prüfungsmaßstäben wendet sich die Revision zu Recht ge-gen die Ablehnung einer Unterhaltsbegrenzung.
28
29
30
-
13
-
bb) Das Berufungsgericht hat einen ehebedingten Nachteil der [X.]n darin gesehen, dass sie im Hinblick auf die Überforderung, die sich aus der Krankheit in Verbindung mit der Geburt der Kinder und dem Auslandsaufenthalt der Parteien ergeben habe, ihr zweites Staatsexamen als Lehrerin nicht abge-schlossen und deshalb nicht den Weg in den Staatsdienst gefunden habe. Dies ist bereits nicht widerspruchsfrei. Denn das Berufungsgericht ist im Rahmen der Frage der Erwerbsfähigkeit der [X.]n davon ausgegangen, dass sie nie eine ernsthafte Chance auf Übernahme in den Staatsdienst gehabt habe, weil sie von einer Lehrtätigkeit unter üblichen Bedingungen überfordert gewesen sei (BU
16 oben).
Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Nachdem die [X.] in der noch streitgegenständlichen [X.] ab Januar 2008 erwerbsunfähig war, lagen die Voraussetzungen des §
1572 [X.] (Unterhalt wegen Krankheit) bzw. ab Vollendung des 65.
Lebensjahres des §
1571 [X.] (Unterhalt wegen Alters) vor. Insoweit können sich -
wie ausgeführt
-
ehebedingte
Nachteile nur aus einer infolge der Rollenverteilung während der Ehe unzureichenden Ver-sorgung für den Fall der Erwerbsunfähigkeit bzw. des Alters ergeben. Da der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge in erster Linie durch den [X.] erfolgt, hätte es Feststellungen dazu bedurft, ob und gegebe-nenfalls in welcher Höhe ein solcher durchgeführt worden ist. Daran fehlt es. In den mangelnden rechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsun-fähigkeitsrente kann im vorliegenden Fall jedenfalls kein [X.] Nachteil liegen, da der [X.]n eine solche Rente gewährt wurde.
Von einem ehebedingten Nachteil kann deshalb im Revisionsverfahren nicht ausgegangen werden. Die Krankheit eines unterhaltsbedürftigen Ehegat-ten stellt regelmäßig keinen ehebedingten Nachteil dar, denn sie wird allenfalls in Ausnahmefällen auf der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe zusammenhängenden Umständen beruhen (Senatsurteile [X.]Z 179, 43 =
[X.], 406 Rn.
33; vom 27.
Mai 2009 -
XII
ZR
111/08
-
[X.], 31
32
-
14
-
1207 Rn.
37; vom 14.
April 2010 -
XII
ZR
89/08
-
[X.], 869 Rn.
42 und vom 30.
Juni 2010 -
XII
ZR
9/09
-
FamRZ 1414 Rn.
17).
Dass es hier anders wäre, ist nach den getroffenen Feststellungen nicht
anzunehmen. Vielmehr litt die [X.] schon viele Jahre vor der Heirat unter einer Tabletten-
und Alko-holabhängigkeit.
cc) Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Vertrauen in die [X.]e Solidarität tragen den Ausschluss einer Befristung nicht.
(1) Die in Bezug genommene Auffassung, der Gesetzgeber sei nicht der Ansicht gewesen, dass im Falle des Bestehens einer Krankheit zum [X.]punkt der Rechtskraft der Ehescheidung die [X.]e Solidarität, in der die Rechtfertigung für die Unterhaltstatbestände liege, irgendwann nach der Ehe ende und dann die gesellschaftliche Solidarität einzutreten habe, trifft nicht zu. Mit dieser Begründung wäre die Befristung des [X.] überhaupt ausgeschlossen. Dies widerspräche indessen dem eindeutigen Willen des [X.], der eine Befristungsmöglichkeit über den Unterhalt nach §
1573 [X.] hinaus auch auf die weiteren Unterhaltsansprüche, insbesondere auf den Krankheitsunterhalt nach §
1572 [X.]
und den Altersunterhalt nach §
1571 [X.], ausdehnen wollte (Senatsurteil vom 30.
Juni 2010 -
XII
ZR
9/09
-
[X.], 1414 Rn.
26).
(2) Das vom Berufungsgericht maßgeblich angeführte Vertrauen der [X.]n auf den lebenslangen Bestand des [X.] war jedenfalls seit Erhebung der Abänderungsklage im Jahre 1992 nicht mehr gerechtfertigt. Abgesehen von der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob und gegebe-nenfalls inwieweit die [X.] für ihren Unterhaltsbedarf selbst aufkommen konnte, sah das Gesetz seit Inkrafttreten des [X.] vom 20.
Februar 1986 am 1.
April 1986 in §
1578 Abs.
1 Satz
2 [X.] aF
33
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-
15
-
bereits die Möglichkeit der Herabsetzung des Unterhalts auf den angemesse-nen Lebensbedarf vor.
Soweit die [X.] noch zeitweise erwerbstätig war und Unterhalt nach §
1573 Abs.
1 Satz
1 und 2 [X.] beanspruchte, enthielt §
1573 Abs.
5 [X.]
aF seit
1986 eine Befristungsmöglichkeit. Deshalb musste die [X.] seit Jahren damit rechnen, dass der Vergleich auf die erhobene Klage abgeändert werden
konnte. Hinzu kommt, dass der Kläger offensichtlich seit 1992 keinen Unterhalt mehr gezahlt hat, so dass sie seitdem auf sich selbst gestellt war.
(3) Die Ehedauer hat das Berufungsgericht mit der [X.] von 1975 bis 1985 zugrunde gelegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist indessen auf die [X.] von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags abzustellen ([X.]Z 179, 43 =
[X.], 406 Rn.
34 mwN). Der [X.]punkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ist nicht festgestellt worden.
(4) Außerdem ist in die Würdigung des Berufungsgerichts die wirtschaft-liche Gesamtbelastung des [X.] nicht eingeflossen. Es ist nicht festgestellt, inwieweit er Trennungsunterhalt gezahlt hat. Nach dem Vergleich war jedenfalls für das [X.] ein solcher von monatlich 1.164
DM geschuldet. Darüber hin-aus ist unberücksichtigt geblieben, dass der Kläger nach dem für die [X.] von 1992 bis 2007 in Rechtskraft erwachsenen Ausspruch des Berufungsurteils mehr als 65.000

. Zudem
war der Kläger sowohl für die Betreuung des [X.]es M. als auch für dessen Barunterhalt verantwortlich, da er die [X.] nach dem Vergleich im Innenverhältnis von Ansprüchen auf Kindesunterhalt für M. freigestellt hat. Ferner ist unbeachtet geblieben, dass dem Kläger nach der Unterhaltsbemessung des Berufungsgerichts weniger an Mitteln zur Verfügung steht als der [X.]n. Deshalb trifft ihn die [X.] Unterhaltsverpflichtung besonders hart.
36
37
-
16
-
(5) Als weiteren gegen eine Befristung sprechenden Umstand hat das Berufungsgericht in seine Beurteilung einbezogen, dass die Dauer des [X.] mit mehreren Begutachtungen der [X.]n eine erhebliche Belastung
für diese dargestellt habe. Der genannte Gesichtspunkt kann indessen kein tauglicher Aspekt der Billigkeitsabwägung nach §
1578
b [X.] sein, weil der Kläger damit in zulässiger Weise seine prozessualen Rechte wahrgenommen hat (vgl. Senatsurteil vom 30.
März 2011 -
XII
ZR
69/09
-
FamRZ 2011, 875 Rn.
20).
5. Eine Herabsetzung des Unterhalts nach §
1578
b Abs.
1 [X.], die bis auf den angemessenen Lebensbedarf (vgl. hierzu Senatsurteil vom 20.
Oktober 2010 -
XII
ZR
53/09
-
[X.], 2059 Rn.
22 mwN) erfolgen kann, hat das Berufungsgericht für die [X.] ab Januar 2008 ersichtlich nicht erwogen. Eine solche kann nach den getroffenen Feststellungen indessen ebenfalls nicht aus-geschlossen werden. Maßgebend ist auch insoweit eine Billigkeitsabwägung
unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Kriterien.

III.
Danach kann das Berufungsurteil im angefochtenen Umfang keinen [X.] haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu [X.], da es hierzu weiterer Feststellungen bedarf. Die Sache ist deshalb im Umfang der Revision an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass eine dem Revisionsbegehren entsprechende Befristung zur Folge hätte, dass der [X.]n keine Übergangsfrist zugebilligt würde, weil eine Befristung des [X.] nach §
1572 [X.] erst seit dem 1.
Januar 2008 möglich ist. Eine 38
39
40
41
-
17
-
dauerhafte Unterhaltsverpflichtung dürfte unter den Umständen des [X.] allerdings unbillig sein. Gegen die Beurteilung, dass der Unterhalt nicht nach §
1579 [X.] zu versagen ist, bestehen keine rechtlichen Bedenken.

Hahne

[X.]

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.01.2004 -
271 [X.]/92 -

OLG [X.], Entscheidung vom 04.11.2009 -
2 UF 52/08 -

Meta

XII ZR 179/09

07.03.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2012, Az. XII ZR 179/09 (REWIS RS 2012, 8465)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8465

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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