Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2003, Az. XII ZR 238/01

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 403

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/01Verkündet am:3. Dezember 2003Küpferle,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinBGB § 372 Satz 2Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Hinterlegung.[X.], Urteil vom 3. Dezember 2003 - [X.]/01 - OLGBrandenburgLGNeuruppin- 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 3. Dezember 2003 durch die Vorsitzende Richterin [X.],die Richterin [X.], [X.] Dr. [X.], [X.] und dieRichterin [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten werden das [X.] 28. März 2001 und das Urteil vom 22. August 2001 des 3. Zi-vilsenats des [X.], soweit das Urteil des [X.] abgeändert wurde.Die auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache [X.] wird abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten sämtlicher Rechtszüge.Von Rechts [X.]:Die Klägerin macht Miete für ein gewerbliches Mietobjekt geltend.Die frühere Grundstückseigentümerin [X.] vermietete mit [X.] vom 21. Mai 1991 an die Beklagte ein Gewerbeobjekt zu einem- 3 -monatlichen Mietzins von zuletzt 19.270,08 DM. Mit notariellem Vertrag vom11. November 1996 kaufte die Klägerin das Objekt. § 2 des Kaufvertrages lau-tet:"Die Übergabe des Grundstücks erfolgt mit Wirkung zum 1.12.1996.Hat der Verkäufer das Grundstück bis zum 1.12.1996 trotz Kaufpreis-zahlung nicht übergeben, steht dem Käufer ein Rücktrittsrecht zu.Bis zur Übergabe des Grundstücks trägt der Verkäufer alle Lasten underhält alle Einnahmen. Ab Übergabe gehen alle Einnahmen und [X.] sowie grundsätzlich Nutzungen, Lasten, Abgaben [X.] auf den Käufer über."Mit Schreiben vom 22. November 1996 forderte die Klägerin die [X.] auf, die fällige Miete auf ihr Konto zu zahlen, da mit dem Kauf auch [X.] übergegangen seien. In weiteren Schreiben vom 19. und30. Dezember 1996 übermittelte sie der Beklagten den notariellen Kaufvertrag.Mit Beschluß vom 31. Dezember 1996 eröffnete das [X.] das [X.] über das Vermögen der [X.].Die [X.] verlangte mit Schreiben vom 3. und30. Januar 1997 von der Beklagten Zahlung der fälligen Miete an sich. [X.] geltend, daß eine Abtretung nicht erfolgt sei, der Kaufvertrag wegenVerstoßes gegen § 283 c StGB (Gläubigerbegünstigung) nichtig und anfecht-bar sei, und drohte der Beklagten für den Fall, daß sie die Miete an die Kläge-rin zahle, mit Geltendmachung im Wege der Klage. Auf Anraten ihres Rechts-anwaltes hinterlegte die Beklagte die Miete für die Monate April 1997 bis [X.] 4 -bruar 1999, insgesamt 348.346,52 DM, unter Verzicht auf das Recht zur Rück-nahme.Mit ihrer Klage hat die Klägerin rückständige Mieten in Höhe von354.827,92 DM geltend gemacht. Das [X.] hat ihr nur 18,05 [X.]. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] die landge-richtliche Entscheidung abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von348.346,52 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Dagegen wendet sich die Beklagtemit ihrer vom Senat angenommenen Revision. Nach Einlegung und [X.] der Revision ist die hinterlegte Summe an die Klägerin ausbezahlt [X.]. Die Klägerin erklärt deshalb den Rechtsstreit in der Hauptsache für erle-digt. Die Beklagte stimmt der Erledigungserklärung nicht zu.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung undzur Abweisung der Klage, soweit das [X.] ihr nicht stattgegeben hat.1. Das [X.] hat ausgeführt, die Aktivlegitimation der Klä-gerin ergebe sich zwar nicht aus § 571 BGB, da sie bislang noch nicht als Ei-gentümerin in das Grundbuch eingetragen sei. Ihr seien die geltend gemachtenForderungen aber abgetreten worden. § 2 des [X.] ent-halte eine dingliche Abtretungserklärung. Mit der Übergabe des [X.] 1. November (richtig: Dezember) 1996 hätten "alle Einnahmen und [X.] Lasten sowie grundsätzlich Nutzungen, Lasten, Abgaben und- 5 -Gefahr auf den Käufer" übergehen sollen. Damit komme zum Ausdruck, daßdie Parteien sich über den Übergang aller aus dem Grundstück [X.] einig gewesen seien. Das Nutzungsentgelt für die Überlassung [X.] stelle sich als Einnahme bzw. Nutzung dar, die nach § 2 [X.] uneingeschränkt der Klägerin habe zustehen sollen. Der [X.] sei wirksam. Ein Verstoß gegen § 283 StGB (Bankrott) sei nicht hinrei-chend dargetan. Vor allem bleibe offen, ob der gesetzliche Vertreter der Ver-äußerin vorsätzlich gehandelt habe. § 138 Abs. 1 BGB finde nur Anwendung,wenn außerhalb des [X.] liegende sittenwidrige Umstän-de hinzuträten. Das sei hier nicht der Fall. Die bloße Anfechtbarkeit nach § 10GesO führe nicht zur Nichtigkeit des Vertrages, sondern begründe nur einenschuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr des weggegebenen [X.].Die Beklagte sei nicht nach § 378 BGB von ihrer Leistungspflicht freigeworden. § 372 Satz 2 BGB setze voraus, daß der Schuldner infolge einernicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewißheit über die Person des [X.] seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen könne. [X.] sei auszugehen, wenn objektiv verständliche Zweifel über diePerson des Gläubigers vorlägen und dem Schuldner deshalb nach verständi-gem Ermessen nicht zugemutet werden könne, die Zweifel auf eigene Gefahrzu lösen. Der Schuldner müsse die Sach- und Rechtslage mit der im [X.] prüfen. Die [X.] richteten sich [X.] des Einzelfalls. Eine Pflicht, Rechtsrat einzuholen, besteheauch bei schwierigen Rechtsfragen grundsätzlich nicht. Objektive Zweifel ander Person des Gläubigers habe die Beklagte nicht zu hegen brauchen, weilsie bei Zahlung der Miete an die Klägerin wegen § 409 Abs. 1 Satz 2 BGB von- 6 -ihrer Zahlungspflicht in jedem Fall frei geworden wäre. Selbst wenn der Grund-stückskaufvertrag und die darin enthaltene Abtretungserklärung nicht [X.] oder nichtig gewesen wären, hätte die Beklagte auf den [X.] Berechtigung der Klägerin vertrauen dürfen, weil ihr die Klägerin dennotariellen Kaufvertrag zur Kenntnis gebracht und sie unter Hinweis auf dieAbtretungsregelung aufgefordert habe, den Mietzins künftig an sie zu zahlen.Aus dem Kaufvertrag habe die Beklagte die Abtretung objektiv entnehmen unddaher trotz angenommener oder tatsächlicher Unwirksamkeit des Kaufvertra-ges schuldbefreiend leisten [X.] Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung [X.].Nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.], Urteil vom27. Februar 1992 - [X.] - NJW 1992, 2235, 2236) hat die [X.] Erledigung der Hauptsache eines Rechtsstreits nicht nur den Eintritt eineserledigenden Ereignisses zur Voraussetzung, sondern auch, daß die Klage imZeitpunkt dieses Eintritts zulässig und begründet war. Eine von Anfang an un-begründete Klage ist trotz Erledigungserklärung abzuweisen ([X.]/[X.],ZPO 25. Aufl. § 91 a [X.]. 33 m.w.N.). Die Klage war hier von Anfang an unbe-gründet. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin die [X.] ge-gen die Beklagte erworben hat, da die Beklagte jedenfalls durch die Hinterle-gung gemäß § 378 BGB von einer etwa vorhandenen Verbindlichkeit gegen-über der Klägerin frei geworden ist. Entgegen der Ansicht des Berufungsge-richts waren bei der Hinterlegung die Voraussetzungen des § 372 Satz 2 BGBerfüllt.- 7 -a) Nach § 372 Satz 2 BGB ist der Schuldner unter anderem dann [X.] berechtigt, wenn er infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beru-henden Ungewißheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeitennicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann. Das ist dann der Fall, wenn einemit [X.] Sorgfalt vorgenommene Prüfung zu begründeten [X.] die Person des Gläubigers führt, deren Behebung auf eigene Gefahr [X.] nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, daß voneinem Schuldner, dem die Erkenntnismöglichkeit eines Gerichts nicht zur [X.] steht, billigerweise nur begrenzte Anstrengungen zur Ermittlung [X.] und zu seiner Subsumtion unter das auf vielen Gebieten immerunübersichtlicher werdende geschriebene und ungeschriebene Recht verlangtwerden kann. Das gilt insbesondere dann, wenn die Ungewißheit über die Per-son des Gläubigers überwiegend auf unklare Abtretungsvorgänge zurückzufüh-ren ist, die außerhalb des [X.] liegen und allein vonden davon Beteiligten zu verantworten sind ([X.], Urteil vom 28. Januar 1997- [X.] - [X.], 515, 517).b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend [X.]. Die Beklagte befand sich in einer schwierigen Lage, weil sowohl dieKlägerin als Zessionarin als auch die [X.] der Ze-dentin als Inhaber der Mietzinsforderungen auftraten und der Zahlung an [X.] andere Seite entschieden widersprachen. Zwar erfüllt dieser Umstandfür sich allein nicht die Voraussetzungen des § 372 Satz 2 BGB, weil das [X.] mehrerer Forderungsprätendenten den Schuldner grundsätzlich [X.] seiner Prüfungspflicht befreit ([X.] aaO). Im vorliegenden Fall kamen [X.] weitere Umstände hinzu, aufgrund deren die Beklagte keine Gewißheitüber die Person ihres Gläubigers zu gewinnen [X.] -aa) Dazu gehört in erster Linie die Unklarheit und Auslegungsbedürftig-keit von § 2 Abs. 3 Satz 2 des Kaufvertrages, wonach "Einnahmen" auf den"Käufer" übergehen. Zu Recht wendet die Revision ein, die Klausel lasse [X.] - entsprechend § 446 BGB - auch dahin auslegen, daß im Innenver-hältnis der Kaufvertragsparteien die Einnahmen der Käuferin zustehen sollten,es dagegen im Außenverhältnis bei der gesetzlichen Regelung des § 571 BGBa.[X.] verbleiben sollte, wonach der Erwerber erst mit Eigentumsübergang amMietobjekt Inhaber der [X.] wird. Für die entsprechende Rege-lung in § 446 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht Einigkeit, daß sie nur im Innenver-hältnis der Parteien regelt, wem nunmehr die Mietzinsen gebühren (Pa-landt/[X.], [X.]. § 446 [X.]. 16; OLG Düsseldorf MDR 1994, 1009;Wolf/[X.]/ [X.], Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts8. Aufl. [X.]. 1398; Heile in: Bub/[X.], Handbuch der Geschäfts- und Wohn-raummiete 3. Aufl. [X.] II [X.]. 865; [X.]/[X.], BGB 13. [X.] 571 [X.]. 57). Darüber hinaus bleibt im vorliegenden Fall offen, wann die"Miete" auf den Erwerber übergehen sollte. Nach § 2 Abs. 1 des [X.] dies zwar einerseits zum 1. Dezember 1996 der Fall sein, weil die Über-gabe zu diesem Datum vereinbart war. Andererseits sollte aber wohl eine tat-sächliche Übergabe erfolgen, was sich aus Abs. 2 ergibt.bb) Zu dieser - wenig präzisen - Regelung kommt hinzu, daß vor [X.] Vollzug des Kaufvertrages über das Vermögen der Verkäuferin [X.] Dezember 1996 das [X.] eröffnet wurde. Die[X.] forderte die Beklagte mit Schreiben vom30. Januar und 12. Mai 1997 zur Zahlung der fälligen Miete auf. Sie erklärte,daß die Vermieterin die Mietzinsforderung an die Käuferin nicht abgetreten ha-be, der Kaufvertrag im übrigen wegen Verstoßes gegen § 283 c StGB nichtig- 9 -sei und eine schuldbefreiende Leistung nur an sie als Vollstreckungsverwalte-rin möglich sei. In dem genannten Schreiben vom 30. Januar 1997 teilte die[X.] der Beklagten überdies mit, sie werde mitallen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln zu verhindern suchen, daßMieteinnahmen an die Käuferin flössen.Unter diesen Umständen lagen objektiv verständliche Zweifel über diePerson des Gläubigers vor, aufgrund deren auch der Rechtsanwalt des [X.]n von einer Hinterlegungslage ausging. Zu weiteren eigenen Ermittlun-gen über die außerhalb seines eigenen Einfluß- und Kenntnisbereichs liegen-den Abtretungsvorgänge war die Beklagte nicht verpflichtet. Danach kommt esauf die Frage, ob der Beklagten ein [X.] zu machen ist, nichtmehr an.cc) Mit seiner Annahme, die in § 372 Satz 2 BGB geforderte Ungewiß-heit bestehe nicht, weil die Beklagte nach § 409 Abs. 1 Satz 2 BGB mit befrei-ender Wirkung habe leisten können, weicht das [X.], worauf [X.] zu Recht hinweist, von der Rechtsprechung des [X.](Urteile vom 28. Januar 1997 - [X.] - [X.], 515, 517 und vom19. Oktober 2000 - [X.] - NJW 2001, 231, 232) ab, ohne sich mit [X.] näher auseinanderzusetzen. Ob überhaupt ein Fall des § [X.]. 1 Satz 2 BGB vorliegt und die Beklagte im Falle der Leistung an die Klä-gerin danach von ihrer Verbindlichkeit frei geworden wäre, kann offenbleiben.Jedenfalls brauchte sie ihre Zweifel an der Berechtigung der Klägerin wegender etwaigen Abtretungsanzeige nicht zurückzustellen. § 409 BGB begründetebenso wie andere Schuldnerschutzvorschriften (z.B. §§ 407, 808, 893 BGB)für den Schuldner nur ein Recht, aber keine Pflicht zur Leistung an [X.] und schließt daher eine Befugnis zur Hinterlegung nicht- 10 -aus ([X.], Urteile vom 28. Januar 1997 und 19. Oktober 2000, aaO). [X.] Schuldner in diesen Fällen ein Hinterlegungsrecht versagt, entstünde [X.] ein mittelbarer Zwang zur Leistung an den Scheinberechtigten (Münch-Komm/[X.] aaO [X.]. 12). Das ist aber nicht der Zweck der Schuldner-schutzvorschriften.Hahne[X.][X.][X.]Vézina

Meta

XII ZR 238/01

03.12.2003

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2003, Az. XII ZR 238/01 (REWIS RS 2003, 403)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 403

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