Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.07.2013, Az. 8 B 7/13

8. Senat | REWIS RS 2013, 4620

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine Änderung der Rechtslage durch Änderung der Rechtsprechung zur Auslegung einer Rechtsnorm


Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2012 ergangenen Urteil des [X.] wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 200 000 € festgesetzt.

Gründe

1

[X.]ie Kläger begehren das Wiederaufgreifen des rechtskräftig abgeschlossenen vermögensrechtlichen Verfahrens betreffend das [X.] in [X.].. [X.]as Verwaltungsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

2

[X.]ie Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.

3

1. [X.]ie Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.

4

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine für die Entscheidung erhebliche Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. [X.]iese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

5

[X.]ie Kläger halten den Rechtsstreit mit Blick auf die Frage für grundsätzlich bedeutsam:

"ob ein Wandel der allgemeinen Rechtsauffassungen der für Verfahren nach dem [X.] ([X.]) zuständigen [X.] [X.] und Gerichte verknüpft mit einem allgemeinen Wandel der Rechtspraxis dieser Entscheidungsorgane (wie vorliegend etwa ausgelöst durch ein neues Grundsatzurteil des [X.]) einen Wiederaufnahmegrund nach § 51 Abs. 1 Ziffer 1 [X.] darstellt,

und ob, falls man das bejahte,

sich in Folge des Grundsatzurteils des [X.] vom 13.12.2006 - 8 C 25.05 - die allgemeinen Rechtsauffassungen und die allgemeine Rechtspraxis der [X.] [X.] und Verwaltungsgerichte in diesem Sinne derart grundsätzlich geändert hat, dass dies - bei Vorliegen der übrigen Zulässigkeits- und Begründetheitsvoraussetzungen - einen Rechtsanspruch auf Wiederaufgreifen von vor der Rechtsauffassungsänderung rechtskräftig abgeschlossenen Restitutionsverfahren begründet."

6

In der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass eine Änderung auch höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Änderung der Rechtslage grundsätzlich nicht herbeiführt (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 - [X.] 1 C 15.08 - [X.]E 135, 121 Rn. 21 = [X.] 316 § 51 [X.] Nr. 55; Beschlüsse vom 24. Mai 1995 - [X.] 1 [X.] - NVwZ 1995, 1097 = [X.] 316 § 51 [X.] Nr. 32; vom 9. August 2011 - [X.] 5 B 15.11 - [X.] 2011, 221 und vom 7. [X.]ezember 2011 - [X.] 8 [X.] - juris). Eine Änderung der Rechtslage ist nur dann anzunehmen, wenn das maßgebliche Recht geändert wird, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt. [X.]ie Änderung der Rechtsprechung hinsichtlich der Auslegung einer Rechtsnorm - gleich in welchem Rechtszug - führt eine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nicht herbei. Gerichtliche Entscheidungsfindung bleibt rechtliche Würdigung des Sachverhalts am Maßstab der vorgegebenen Rechtsordnung (Beschluss vom 3. Mai 1996 - [X.] 6 B 82.95 - [X.] 421.0 Prüfungswesen Nr. 366 m.w.N.; vgl. in diesem Sinne auch: [X.], in: [X.]/Bonk/[X.], [X.], 7. Aufl. 2008, § 51 Rn. 105; [X.], in: [X.], [X.], 9. Aufl. 2010, § 51 Rn. 37; [X.], [X.], 2. Aufl. 2010, § 51 Rn. 11). [X.]ie Änderung einer höchstrichterlichen Rechtsprechung bedeutet lediglich eine geläuterte Erkenntnis über den bestehenden Rechtszustand und nicht eine Veränderung der Rechtslage. [X.]ies gilt auch - wie das [X.] bereits entschieden hat (Beschluss vom 7. [X.]ezember 2011 a.a.[X.] Rn. 4) - für das Gebiet des [X.]. Entgegen der Auffassung der Kläger hat ein Wandel der Rechtsauffassung aufgrund rechtsfortbildender höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Änderung der Rechtslage zur Folge. [X.]a die Bejahung der Voraussetzungen des § 51 [X.] zu einer [X.]urchbrechung der Bestandskraft des Verwaltungsakts führt, sind die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm im Interesse des Rechtsfriedens eng auszulegen, wie das Verwaltungsgericht ([X.]) zutreffend ausgeführt hat.

7

[X.]arüber hinaus sind die von den Klägern als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Rechtsfragen auch nicht entscheidungserheblich und somit nicht klärungsfähig.

8

[X.]ie Kläger berufen sich auf das Urteil des [X.] vom 13. [X.]ezember 2006 ([X.] 8 C 25.05 - [X.] 428 § 1 Abs. 8 [X.] Nr. 34). Hiernach stellt sich eine Enteignung dann nicht als besatzungshoheitlich im Sinne des § 1 Abs. 8 Buchst. a [X.] dar, wenn es an einer Sequestrierung vor dem Inkrafttreten des SMA[X.]-Befehls Nr. 64 am 18. April 1948 fehlt. Im vorliegenden Fall lässt sich bereits dem rechtskräftigen Urteil des [X.] [X.]resden vom 18. Juli 2001 ([X.].: 7 K 3055/98, [X.]) entnehmen, dass das Verwaltungsgericht von einer Beschlagnahme des streitgegenständlichen Grundstücks vor dem 18. April 1948 ausgegangen ist. Bezüglich der Frage des Zeitpunktes der Sequestrierung haben die Kläger auch keine Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1 [X.] vorgetragen. [X.]ann aber stellt sich die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage nicht, denn bei einer Sequestrierung vor dem 18. April 1948 folgt aus Nr. 5 des SMA[X.]-Befehls Nr. 64 kein Enteignungsverbot.

9

2. [X.]ie Verfahrensrügen der Kläger richten sich allein gegen die Hilfsbegründung des [X.]. Sie können nicht zur Zulassung der Revision führen.

Ist ein Urteil nebeneinander auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 15. Juni 1990 - [X.] 1 [X.] - [X.] 11 Art. 116 GG Nr. 20 und vom 9. [X.]ezember 1994 - [X.] 11 PKH 28.94 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4). [X.]as angefochtene Urteil beruht - selbstständig tragend - auf der Begründung, dass eine Änderung der Rechtsprechung nicht vorliegt, jedenfalls aber keinen [X.] nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 [X.] darstellt. Hiergegen haben die Kläger zwar den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht, der indes, wie gezeigt, nicht vorliegt. [X.]ann kommt es nicht mehr darauf an, ob die Hilfsbegründung des [X.] auf Verfahrensmängeln beruht.

[X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. [X.]ie Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

8 B 7/13

01.07.2013

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Dresden, 12. September 2012, Az: 6 K 1954/10, Urteil

§ 51 Abs 1 Nr 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 01.07.2013, Az. 8 B 7/13 (REWIS RS 2013, 4620)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4620

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

8 C 4/12 (Bundesverwaltungsgericht)

Beweislastverteilung im Vermögensrecht


8 B 9/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Zurechnungszusammenhang zwischen Enteignung und sowjetischem Willen; Besatzungsmacht als oberste Hoheitsgewalt


8 C 7/16 (Bundesverwaltungsgericht)

Wiederaufgreifen des Verfahrens wegen neuer Beweismittel; Erstreckung einer besatzungsrechtlichen Listenenteignung nach § 2 Abs. 1 …


8 B 18/16 (Bundesverwaltungsgericht)

Restitution; landwirtschaftlicher Betrieb; Enteignungsbegriff


8 C 1/11 (Bundesverwaltungsgericht)

Besatzungshoheitliche Enteignung trotz des Enteignungsverbots für nicht sequestriertes Vermögen?


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.