Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.03.2010, Az. II ZR 249/08

2. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 8856

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Gegenstand

Kommanditgesellschaft: Außenhaftung eines atypischen stillen Gesellschafters


Leitsatz

Ein atypischer stiller Gesellschafter, der im Gesellschaftsvertrag hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten einem Kommanditisten gleichgestellt ist, haftet allein deswegen noch nicht für die Verbindlichkeiten des Inhabers des Handelsgeschäfts nach §§ 128, 171 HGB; eine solche Außenhaftung erfordert einen darüber hinausgehenden besonderen Haftungsgrund .

Tenor

1. Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der [X.] beabsichtigt, die Revision gemäß § 552 a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 352.904,32 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.]. Die vorsorglich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gegenstandslos, weil das Berufungsgericht die Revision uneingeschränkt zugelassen hat.

2

Dass ein stiller [X.]er im Außenverhältnis für die Verbindlichkeiten des Inhabers des Handelsgeschäfts grundsätzlich auch dann nicht persönlich haftet, wenn die [X.] atypisch ausgestaltet ist, hat der [X.] bereits entschieden ([X.], Urt. v. 6. November 1963 - [X.], [X.], 296 f.; Urt. v. 19. Oktober 1966 - [X.], [X.], 1219, 1221, insoweit in [X.]Z 46, 117 nicht abgedruckt). Eine ursprünglich vertretene Gegenmeinung im Schrifttum ([X.], Handbuch der stillen [X.], 3. Aufl. 1981, § 9 II; [X.], Vertragsfreiheit 1970, [X.]) hat keine Gefolgschaft gefunden. Vielmehr nimmt mittlerweile auch das Schrifttum einhellig an, dass der [X.]er nur dann im Außenverhältnis persönlich haftet, wenn dafür ein besonderer Haftungsgrund besteht, etwa ein Schuldbeitritt oder ein Rechtsschein (MünchKommHGB/[X.] 2. Aufl. § 230 Rdn. 13; [X.]. [X.] 2009, 361, 362; Zutt in [X.].HGB 4. Aufl. § 230 Rdn. 102; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], HGB 2. Aufl. § 230 Rdn. 67; [X.]/[X.], HGB 34. Aufl. § 230 Rdn. 27).

3

Ebenso wenig zweifelhaft ist, dass die für Kapitalgesellschaften geltenden Verjährungsregeln auf die Einlagenforderung eines stillen [X.]ers einer Kommanditgesellschaft mit einer natürlichen Person als Komplementär nicht anwendbar sind.

4

II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

5

Das Berufungsgericht ([X.], 421) hat zu Recht angenommen, dass der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] - der Inhaberin des Handelsgeschäfts i.S. des § 230 HGB - keinen Anspruch gegen den Beklagten als stillen [X.]er aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 128, 171 HGB geltend machen kann und dass der möglicherweise noch offene Einlagenanspruch aus dem [X.]svertrag jedenfalls verjährt ist.

6

1. Das Berufungsgericht hat die Regelung in § 4 Abs. 6 des [X.]svertrags ("Atypisch [X.]er haben dieselben Rechte und Pflichten wie Kommanditisten.") ohne Rechtsfehler dahin ausgelegt, dass davon nur das Innenverhältnis der [X.] berührt und keine Außenhaftung - etwa im Wege des Schuldbeitritts - begründet wird.

7

Der Einwand der Revision, das gelte jedenfalls dann nicht, wenn der [X.]er nicht nur hinsichtlich seiner Rechte, sondern auch in Bezug auf seine Pflichten einem Kommanditisten gleichgestellt werde, greift nicht durch. Nach der Rechtsprechung des [X.]s ändert sich die [X.] selbst dann nicht, wenn der [X.]er zum Generalbevollmächtigten ernannt und ihm die diesem besonderen Verhältnis zugrunde liegenden Pflichten übertragen werden ([X.], 296, 297). Davon abzuweichen, besteht kein Anlass. Auch der [X.]svertrag der Parteien enthält insoweit keinen Hinweis. Im Gegenteil spricht gerade die Wahlmöglichkeit zwischen einem Beitritt als Kommanditist und einem Beitritt als stiller [X.]er dafür, dass zwischen beiden Beteiligungsformen Unterschiede bestehen sollen. Diese können sich angesichts der Gleichstellung im Innenverhältnis nur auf die Haftung im Außenverhältnis beziehen.

8

2. Damit kann dem Kläger nur der gesellschaftsvertragliche Einlagenanspruch gegen den Beklagten zustehen. Dieser Anspruch ist jedoch - wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat - jedenfalls verjährt.

9

a) Die Verjährung des Einlagenanspruchs richtet sich nach §§ 195, 199 BGB (MünchKommHGB/[X.] aaO § 105 Rdn. 182; [X.]. [X.] 2009, 361, 363; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], HGB 6. Aufl. § 105 Rdn. 31; [X.]/[X.], [X.] Aufl. § 706 Rdn. 2). Der singulär von der Revision vertretenen Auffassung, bei einer - wie hier - im Innenverhältnis erfolgten Gleichstellung des stillen [X.]ers mit einem Kommanditisten gelte eine zehnjährige Verjährungsfrist analog § 19 Abs. 6 GmbHG, § 54 Abs. 4 AktG, ist nicht zu folgen.

Die Revision weist allerdings zutreffend darauf hin, dass bei einer atypischen Ausgestaltung einer stillen [X.] zwischen dem stillen [X.]er und einer Kapitalgesellschaft die Regeln über die Erhaltung des Eigenkapitals entsprechend anwendbar sein können. Das hat der [X.]at angenommen für Fälle, in denen der [X.]er hinsichtlich seiner vermögensmäßigen Beteiligung und seines Einflusses auf die Geschicke der GmbH weitgehend einem GmbH-[X.]er gleichgestellt war und deshalb seine Einlage Teil der Eigenkapitalgrundlage der GmbH geworden war ([X.].Urt. v. 13. Februar 2006 - [X.], [X.], 703 [X.]. 24 m.w.Nachw.). Im vorliegenden Fall kann der Kläger aus dieser Rechtsprechung aber schon deshalb für sich nichts herleiten, weil an der stillen [X.] keine Kapital-, sondern eine Personenhandelsgesellschaft - die Schuldnerin - mit einer natürlichen Person - Dr. R. - als unbeschränkt persönlich haftendem [X.]er beteiligt ist. Bei dieser Sachlage sind die [X.] samt den zugehörigen Verjährungsvorschriften des GmbH- bzw. Aktienrechts schon im Ansatz nicht anwendbar.

b) Die dreijährige Verjährung nach §§ 195, 199 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB begann am 1. Januar 2002, lief am 31. Dezember 2004 aus und konnte durch die Klageerhebung am 8. März 2007 nicht mehr gehemmt werden.

Die Verjährung hat nicht jeweils mit der Feststellung der - berichtigten - Jahresabschlüsse ab dem [X.] neu begonnen. Zwar kann in der Feststellung eines Jahresabschlusses ein Anerkenntnis des jeweiligen [X.]ers liegen, dass die in dem Abschluss ausgewiesenen, gegen ihn gerichteten Forderungen bestehen (vgl. [X.].Urt. v. 2. März 2009 - [X.], [X.], 1111 [X.]. 15 m.w.Nachw.), mit der möglichen Folge, dass die Verjährung nach § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB neu beginnt ([X.]at, [X.]Z 105, 300, 306). Das setzt aber jedenfalls die Mitwirkung und Zustimmung des betroffenen [X.]ers voraus ([X.] in Festschrift [X.] 2008, S. 1487, 1499; a.A. [X.], [X.] 2009, 361, 363 f.). Daran fehlt es hier. Dass der Beklagte als stiller [X.]er an der Berichtigung der zurückliegenden Jahresabschlüsse im [X.] und der Feststellung der folgenden Jahresabschlüsse persönlich beteiligt gewesen wäre, ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Nach dem [X.]svertrag ist insoweit nur der - auch von den stillen [X.]ern gewählte - Beirat zur Mitwirkung berufen. Eine derart mittelbare Beteiligung der stillen [X.]er reicht für die Annahme eines verjährungsunterbrechenden Anerkenntnisses nicht aus.

[X.]                               [X.]                                 Reichart

                  Drescher                               [X.]

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden.

Meta

II ZR 249/08

01.03.2010

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 30. Oktober 2008, Az: 5 U 66/08, Urteil

§ 128 HGB, § 171 HGB, § 230 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.03.2010, Az. II ZR 249/08 (REWIS RS 2010, 8856)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8856

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