Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.02.2012, Az. II ZB 15/11

2. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9204

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Gegenstand

Dauertestamentsvollstreckung über Nachlass eines Kommanditisten: Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks in das Handelsregister


Leitsatz

Ist über den Nachlass eines Kommanditisten Dauertestamentsvollstreckung angeordnet, so ist auf Antrag des Testamentsvollstreckers ein Testamentsvollstreckervermerk in das Handelsregister einzutragen.

Tenor

Auf die Rechtsmittel des Antragstellers werden der Beschluss des 11. Zivilsenats des [X.] vom 14. Juni 2011 und die Zwischenverfügung des [X.] - Registergericht - vom 31. März 2011 insoweit aufgehoben, als sie die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks betreffen.

Das [X.] - Registergericht - wird angewiesen, bei einer Eintragung von [X.]und [X.]        als Rechtsnachfolger des Kommanditisten [X.]weiter einzutragen, dass Testamentsvollstreckung angeordnet ist.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I. Der Antragsteller ist [X.]vollstrecker über den Nachlass des am 22. April 2009 verstorbenen [X.]        Dessen Erben sind ausweislich eines privatschriftlichen [X.] R.     B.        und [X.][X.] war mit einer Hafteinlage von 10.000 € Kommanditist der O.          GmbH & Co. [X.].

2

Der Antragsteller hat unter Beifügung einer Ausfertigung des [X.] und einer beglaubigten Ablichtung des [X.] folgende Eintragung in das Handelsregister beantragt:

Der [X.]er [X.]         ist verstorben. Seine Beteiligung ist auf die Erbengemeinschaft, bestehend aus [X.]       und [X.], im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen. Es ist [X.]vollstreckung angeordnet.

3

Die übrigen [X.]er haben sich gemäß einer Erklärung der Komplementärin dem Antrag angeschlossen.

4

Das Amtsgericht - Registergericht - hat dem Antragsteller mit Zwischenverfügung vom 31. März 2011 mitgeteilt, dass die Erben nicht als Erbengemeinschaft eingetragen werden könnten, dass ein schützenswertes Interesse an der Eintragung eines [X.]vollstreckervermerks nicht bestehe und dass die Vorlage eines Erbscheins jedenfalls dann erforderlich sei, wenn das Nachlassgericht die [X.] nicht auf Anforderung übersende.

5

Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat das [X.] zurückgewiesen. Es hat die Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG zugelassen und zur Begründung ausgeführt: Bislang habe nur das [X.] entschieden, dass ein [X.]vollstreckervermerk in Bezug auf einen [X.] nicht eingetragen werden könne. Ein Teil des Schrifttums sehe das an[X.]. Deshalb sei eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage angemessen.

6

Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Eintragungsantrag weiter.

7

II. Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft und damit unzulässig, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Registergericht die Eintragung der Erbengemeinschaft als Rechtsnachfolgerin des Erblassers abgelehnt und einen Erbschein als möglicherweise erforderlich angesehen hat.

8

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 1 FamFG nur statthaft, wenn sie vom Beschwerdegericht oder vom [X.] zugelassen wird. Hier hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde nur beschränkt auf den Antrag bezüglich der Eintragung eines [X.]vollstreckervermerks zugelassen. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor, aber, was ausreichend ist (st. Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 27. September 2011 - [X.], [X.], 2491 Rn. 18, für die vergleichbare Frage bei der Revisionszulassung), aus den Gründen des Beschlusses.

9

Die vom Beschwerdegericht gegebene Begründung für die Zulassung der Rechtsbeschwerde betrifft allein die Frage, ob bei einer Vererbung eines [X.]s mit Anordnung der [X.]vollstreckung ein [X.]vollstreckervermerk in das Handelsregister eingetragen werden kann.

Eine Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde auf diese Frage ist möglich. Es handelt sich um einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs, auf den der Antragsteller selbst seine Rechtsbeschwerde hätte begrenzen können. Bezieht sich die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, auf einen derart abtrennbaren Teil des Streitstoffs, ist die Zulassungsentscheidung so auszulegen, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde lediglich beschränkt auf diesen Teil des [X.] zugelassen hat ([X.], Beschluss vom 7. Dezember 2009 - [X.], [X.], 879 Rn. 4; Urteil vom 27. September 2011 - [X.], [X.], 2491 Rn. 18, jeweils zur Revisionszulassung; [X.] in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 3. Aufl., § 70 Rn. 12; [X.]/Holz in [X.], FamFG, 17. Aufl., § 70 Rn. 38; [X.] in Bork/[X.]/[X.], FamFG, § 70 Rn. 19).

III. Soweit die Rechtsbeschwerde zulässig ist, hat sie in der Sache Erfolg.

1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Beschwerdegericht insoweit ausgeführt: Das Registergericht habe zu Recht die Eintragung eines [X.]vollstreckervermerks abgelehnt. Dabei schließe sich das Gericht der Auffassung des [X.]s in dessen Beschluss vom 4. Juli 1995 ([X.], 1890) an. Danach sei ein [X.]vollstreckervermerk nicht eintragungsfähig. Eine im Schrifttum vertretene Gegenmeinung berufe sich allein auf ein [X.]. Dieses bestehe aber nicht, weil sich die [X.] in Bezug auf den [X.] durch die [X.]vollstreckung nicht änderten.

2. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum.

a) Das Beschwerdegericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass eine [X.]vollstreckung sich auf einen [X.] beziehen kann. Das entspricht, sofern die übrigen [X.]er einverstanden sind oder der [X.]svertrag es vorsieht, der Rechtsprechung des [X.] ([X.], Beschluss vom 3. Juli 1989 - [X.], [X.]Z 108, 187, 191 ff.).

b) [X.] ist aber die Annahme des [X.], eine derartige [X.]vollstreckung könne nicht im Handelsregister vermerkt werden. Jedenfalls wenn eine Dauervollstreckung im Sinne des § 2209 [X.] angeordnet ist, kann ein entsprechender [X.]vollstreckervermerk im Handelsregister eingetragen werden (ebenso [X.], NJW 1990, 73, 82; [X.] in Handbuch der [X.]vollstreckung, 4. Aufl., Rn. 5.212; [X.]., [X.], 976, 978; [X.], [X.] 1998, 325, 327 ff.; [X.], [X.] 1996, 68 f.; Weidlich, Die [X.]vollstreckung im Recht der Personengesellschaften, 1992, [X.] f.; [X.], Der [X.]vollstrecker nach bürgerlichem, Handels- und Steuerrecht, 20. Aufl., Rn. 373; [X.] in Westermann, Handbuch Personengesellschaften, Stand: September 2008, Rn. 2448; MünchKomm[X.]/[X.], 2. Aufl., § 177 Rn. 37; [X.]/[X.], [X.] (2003), [X.]. zu §§ 2197-2228 Rn. 102; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 139 Rn. 89; von [X.]/[X.] in Röhricht/[X.] von Westphalen, [X.], 3. Aufl., § 177 Rn. 18; [X.], [X.], 2. Aufl., § 177 Rn. 15; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 177 Rn. 22; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 177 Rn. 7; [X.], [X.], 1890 ff.; [X.], Rpfleger 1994, 1, 5 f.; Soergel/[X.], [X.], 13. Aufl., § 2205 Rn. 44; [X.]/[X.], [X.], 8. Aufl., Rn. 769; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 2205 Rn. 46; an[X.] auch für eine [X.]vollstreckung an einem Handelsgeschäft [X.], 138; offen gelassen von [X.], Beschluss vom 3. Juli 1989 - [X.], [X.]Z 108, 187, 190).

aa) Grundsätzlich werden in das Handelsregister allerdings nur die Tatsachen und Rechtsverhältnisse eingetragen, deren Eintragung gesetzlich vorgesehen ist. Aufgrund der Funktion des Handelsregisters, Umstände zu verlautbaren, die für den Rechtsverkehr von wesentlicher Bedeutung sind, lässt die Rechtsprechung aber auch darüber hinausgehende Eintragungen zu, wenn ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs an der entsprechenden Information besteht ([X.], Beschluss vom 28. Februar 1983 - [X.], [X.]Z 87, 59, 62; Beschluss vom 30. Januar 1992 - [X.], [X.], 395, 397; Beschluss vom 10. November 1997 - [X.], [X.], 152). Die dem Handelsregister zukommende Publizitätsfunktion soll es der Öffentlichkeit - wie den Arbeitnehmern, den künftigen oder gegenwärtigen Gläubigern, den [X.]ern und den potentiellen Anteilserwerbern - ermöglichen, sich über die Rechtsverhältnisse von Kaufleuten und [X.]en zu unterrichten ([X.], Beschluss vom 24. Oktober 1988 - [X.], [X.]Z 105, 324, 344).

bb) Im vorliegenden Fall besteht ein schutzwürdiges Bedürfnis des Rechtsverkehrs, durch das Handelsregister über die angeordnete Dauertestamentsvollstreckung informiert zu werden.

Nach § 177 [X.] wird die Kommanditgesellschaft beim Tod eines Kommanditisten mit den Erben fortgesetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] geht der [X.] dabei nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erbengemeinschaft über. Vielmehr erwerben die zur Nachfolge des Kommanditisten bestimmten Erben im Wege der [X.] jeweils eigenständige [X.]santeile im Umfang ihrer [X.] ([X.], Urteil vom 22. November 1956 - [X.], [X.]Z 22, 186, 191 ff.; Urteil vom 10. Februar 1977 - [X.], [X.]Z 68, 225, 229 ff.; Urteil vom 4. Mai 1983 - [X.], NJW 1983, 2376; Urteil vom 14. Mai 1986 - [X.], [X.]Z 98, 48, 50 ff.). Ist an dem Nachlass eine [X.]vollstreckung angeordnet, erfasst sie auch diese im Wege der [X.] übergegangenen [X.]santeile, sofern das im [X.]svertrag vorgesehen ist oder die übrigen [X.]er zustimmen ([X.], Beschluss vom 3. Juli 1989 - [X.], [X.]Z 108, 187, 191 ff.). Allein der [X.]vollstrecker ist - soweit der Erblasser ihm nicht nur beschränkte Rechte eingeräumt hat - nach §§ 2205, 2211 [X.] befugt, die Rechte und Pflichten der Erben hinsichtlich des [X.]s auszuüben und über den Anteil zu verfügen. Eine sich aus dem [X.]srecht ergebende Einschränkung besteht lediglich insoweit, als er die persönliche und nicht auf den Nachlass beschränkbare ([X.], Beschluss vom 3. Juli 1989 - [X.], [X.]Z 108, 187, 191 ff., 197 f.) Haftung der [X.] nach §§ 128, 171, 172 Abs. 4 [X.] nicht erweitern darf.

Daraus ergeben sich Folgerungen für die [X.]. Durch die [X.]vollstreckung werden die [X.]er-Erben zwar nicht davor geschützt, für die Verbindlichkeiten der [X.] in den Grenzen der §§ 171 ff. [X.] persönlich in Anspruch genommen zu werden. Eine Beschränkung der Haftung auf den Nachlass würde den gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen wi[X.]prechen. Die Eigengläubiger des [X.]er-Erben können aber nach § 2214 [X.] nicht auf das Nachlassvermögen Zugriff nehmen [X.]/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl., [X.]). Das der [X.]vollstreckung unterliegende Nachlassvermögen und damit auch der [X.] dienen während der Dauer der [X.]vollstreckung nur den [X.], nicht auch den Eigengläubigern der [X.]er-Erben als Haftungsmasse. Insoweit entfaltet die [X.]vollstreckung eine unmittelbare haftungsrechtliche Außenwirkung.

Ein Interesse des Rechtsverkehrs an der Verlautbarung der [X.]vollstreckung besteht auch insofern, als der [X.]vollstrecker nicht berechtigt ist, die Haftsumme des [X.] zu erhöhen, jedenfalls ohne dessen dadurch ausgelöste persönliche Haftung mittels einer Leistung aus dem Nachlass sogleich auszuschließen (MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 2205 Rn. 44). Tut er das dennoch, überschreitet er damit seine Vertretungsbefugnis oder missbraucht sie ([X.], Beschluss vom 3. Juli 1989 - [X.], [X.]Z 108, 187, 197 f.). Das Registergericht wird einen solchen [X.]erbeschluss nicht eintragen. Dennoch kann ein entsprechendes Vertrauen der [X.]sgläubiger auf die Wirksamkeit der Haftsummenerhöhung begründet werden, wenn ihnen die Erhöhung von der [X.] nach § 172 Abs. 2 [X.] mitgeteilt wird. Besteht eine [X.]vollstreckung, ist diese Mitteilung indes für den Nachlass ohne Folgen, sofern ihr nicht sowohl der [X.]vollstrecker als auch der [X.]er-Erbe zugestimmt haben.

Die Vertreter der Gegenmeinung, nach der die Eintragung der [X.]vollstreckung unzulässig sein soll, berufen sich zu Unrecht darauf, dass die Publizitätsfunktion des Handelsregisters das Verhältnis der [X.] betreffe, die [X.]vollstreckung aber allein das Verhältnis des [X.]ers zu Dritten ([X.], [X.], 1890 ff.). Das Handelsregister soll nach § 106 Abs. 2 Nr. 1, §§ 107, 162 [X.] auch Auskunft über die Personen geben, die an der [X.] beteiligt sind. Sie haben entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der [X.]. Deshalb hat der Rechtsverkehr ein berechtigtes Interesse, über diese Personen informiert zu werden. Das gilt im Grundsatz auch für die Kommanditisten. Diese sind zwar im gesetzlichen Regelfall von der Geschäftsführung ausgeschlossen (§ 164 Satz 1 Halbsatz 1 [X.]). Sie haben aber an etwaigen Änderungen des [X.]svertrages mitzuwirken und ihnen steht gemäß § 164 Satz 1 Halbsatz 2 [X.] ein Wi[X.]pruchsrecht bei Handlungen zu, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen. Da diese Rechte gemäß §§ 2205, 2211 [X.], jedenfalls soweit nicht in die unentziehbare Rechtsstellung des [X.]ers eingegriffen wird (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 3. Juli 1989 - [X.], [X.]Z 108, 187, 198 f.), allein der [X.]vollstrecker ausüben kann, hat der Rechtsverkehr ein berechtigtes Interesse, nicht nur die Namen der Kommanditisten zu erfahren, sondern auch über die angeordnete [X.]vollstreckung unterrichtet zu werden.

Bergmann                            [X.]                            Caliebe

                       Reichart                           Sunder

Meta

II ZB 15/11

14.02.2012

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 14. Juni 2011, Az: 11 W 31/11

§ 2209 BGB, § 106 Abs 2 Nr 1 HGB, § 177 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.02.2012, Az. II ZB 15/11 (REWIS RS 2012, 9204)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9204

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