Bundespatentgericht, Urteil vom 30.06.2021, Az. 7 Ni 55/19 (EP)

7. Senat | REWIS RS 2021, 4464

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Gegenstand

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Fahrgeschäft mit unterschiedlichen Sitzvarianten (europäisches Patent)" – im Videoportal "Youtube" veröffentlichtes Video – in sonstiger Weise zugänglich gemachter Stand der Technik


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des [X.] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2021 durch die Vorsitzende Richterin [X.] sowie [X.], [X.], [X.]. [X.] und [X.] Gruber

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 2 298 426 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:

1. Fahrgeschäft (1), umfassend wenigstens ein Fahrzeug (2) mit wenigstens zwei Fahrgastaufnahmen, und einer Fahrstrecke, entlang der das Fahrzeug (2) bewegbar angeordnet ist, und das Fahrgeschäft (1) wenigstens eine [X.] zur Führung des Fahrzeugs (2) entlang der [X.] aufweist, wobei die erste Fahrgastaufnahme mit einer Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist, wobei die erste Fahrgastaufnahme über der [X.] angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Fahrgastaufnahme ohne Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist, und die zweite Fahrgastaufnahme seitlich oberhalb der Führungseinrichtung angeordnet ist, wobei die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird, wobei alle über der Führungseinrichtung angeordneten Sitze Fußauflagen aufweisen.

2. Fahrgeschäft (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Fahrgastaufnahme und die zweite Fahrgastaufnahme auf gleicher Höhe oder höhenversetzt nebeneinander angeordnet sind.

3. Fahrgeschäft (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Fahrgastaufnahme in Bewegungsrichtung versetzt zur ersten Fahrgastaufnahme angeordnet ist.

4. Fahrgeschäft (1) nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Fahrgastaufnahme relativ zur Bewegungsrichtung der Fahrzeugs (2) nach hinten versetzt angeordnet ist.

5. Fahrgeschäft (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Fahrgeschäft mehrere nebeneinander angeordnete Fahrgastaufnahmen aufweist, von denen wenigstens eine Fahrgastaufnahme die erste Fahrgastaufnahme und wenigstens eine Fahrgastaufnahme die zweite Fahrgastaufnahme ist.

6. Fahrgeschäft (1) nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Fahrgeschäft wenigstens eine erste und zwei beidseitig der ersten Fahrgastaufnahme angeordnete zweite Fahrgastaufnahmen aufweist.

I[X.] Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II[X.] Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 70 % und der Beklagte 30 %.

IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Nichtigerklärung des auch mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 2 298 426 (im Folgenden: [X.]). Der Beklagte ist Inhaber des [X.]s, [X.] Aktenzeichen [X.], das am 21. September 2010 unter Inanspruchnahme der Priorität aus der [X.] Voranmeldung 10 2009 044 065 vom 21. September 2009 angemeldet und am 18. Januar 2012 erteilt worden ist.

2

Das in [X.] [X.] erteilte [X.] umfasst in seiner erteilten Fassung 11 Patentansprüche, die sämtlich angegriffen sind.

3

Der erteilte, mit Hauptantrag verteidigte [X.] lautet:

4

1. Fahrgeschäft (1), umfassend wenigstens ein Fahrzeug (2) mit wenigstens zwei Fahrgastaufnahmen, und einer Fahrstrecke, entlang der das Fahrzeug (2) bewegbar angeordnet ist, wobei die erste Fahrgastaufnahme mit einer Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Fahrgastaufnahme ohne Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist, wobei die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird.

5

Gegliedert nach Merkmalen lautet der Patentanspruch 1 wie folgt:

6

[X.] Fahrgeschäft (1), umfassend

7

M2 wenigstens ein Fahrzeug (2)

8

M3 mit wenigstens zwei Fahrgastaufnahmen,

9

[X.] und einer Fahrstrecke, entlang der das Fahrzeug (2) bewegbar angeordnet ist,

[X.] wobei die erste Fahrgastaufnahme mit einer Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

[X.] die zweite Fahrgastaufnahme ohne Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist,

[X.] wobei die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird.

Wegen des Wortlauts der nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 11, die entweder unmittelbar oder mittelbar auf den vorstehend genannten Anspruch 1 rückbezogen sind, wird auf die [X.]schrift EP 2 298 426 [X.] verwiesen.

Der Beklagte verteidigt das [X.] ferner mit einem Hilfsantrag 1a, dessen [X.] folgendermaßen lautet (Änderungen gekennzeichnet durch Unter- bzw. Durchstreichungen sowie Fettdruck):

1. Fahrgeschäft (1), umfassend wenigstens ein Fahrzeug (2) mit wenigstens zwei Fahrgastaufnahmen, und einer Fahrstrecke, entlang der das Fahrzeug (2) bewegbar angeordnet ist, und das Fahrgeschäft (1) wenigstens eine Führungseinrichtung zur Führung des Fahrzeugs (2) entlang der Führungseinrichtung aufweist, wobei die erste Fahrgastaufnahme mit einer Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist, wobei die erste Fahrgastaufnahme oberhalb der Führungseinrichtung angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Fahrgastaufnahme ohne Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist, und die zweite Fahrgastaufnahme seitlich der Führungseinrichtung angeordnet ist, wobei die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird.

Auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2021 vom Senat übergebenen, aktualisierten Merkmalsgliederung lautet der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1a gegliedert wie folgt:

[X.] Fahrgeschäft (1), umfassend

M2 wenigstens ein Fahrzeug (2)

M3 mit wenigstens zwei Fahrgastaufnahmen,

[X.] und einer Fahrstrecke, entlang der das Fahrzeug (2) bewegbar angeordnet ist,

M8 und das Fahrgeschäft (1) wenigstens eine [X.] zur Führung des Fahrzeugs (2) entlang der [X.] aufweist,

[X.] wobei die erste Fahrgastaufnahme mit einer Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist,

M9‘ wobei die erste Fahrgastaufnahme über der [X.] angeordnet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

[X.] die zweite Fahrgastaufnahme ohne Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist,

[X.] und die zweite Fahrgastaufnahme seitlich der [X.] angeordnet ist,

[X.] wobei die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird.

An den [X.] gemäß Hilfsantrag 1 a schließen sich die erteilten Patentansprüche 4 bis 11 mit angepassten Rückbezügen als Patentansprüche 2 bis 9 an.

Darüber hinaus verteidigt der Beklagte das [X.] mit einem Hilfsantrag 1b dessen Patentanspruch 1 folgendermaßen lautet (Änderungen gekennzeichnet durch Unter- bzw. Durchstreichungen sowie Fettdruck):

1. Fahrgeschäft (1), umfassend wenigstens ein Fahrzeug (2) mit wenigstens zwei Fahrgastaufnahmen, und einer Fahrstrecke, entlang der das Fahrzeug (2) bewegbar angeordnet ist, und das Fahrgeschäft (1) wenigstens eine Führungseinrichtung zur Führung des Fahrzeugs (2) entlang der Führungseinrichtung aufweist, wobei die erste Fahrgastaufnahme mit einer Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist, wobei die erste Fahrgastaufnahme oberhalb der Führungseinrichtung angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Fahrgastaufnahme ohne Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist, und die zweite Fahrgastaufnahme seitlich der Führungseinrichtung angeordnet ist, wobei die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird,

In gegliederter Form lautet Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1b gemäß der vom Senat in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2021 übergebenen, aktualisierten Merkmalsgliederung wie folgt:

[X.] Fahrgeschäft (1), umfassend

M2 wenigstens ein Fahrzeug (2)

M3 mit wenigstens zwei Fahrgastaufnahmen,

[X.] und einer Fahrstrecke, entlang der das Fahrzeug (2) bewegbar angeordnet ist,

M8 und das Fahrgeschäft (1) wenigstens eine [X.] zur Führung des Fahrzeugs (2) entlang der [X.] aufweist,

[X.] wobei die erste Fahrgastaufnahme mit einer Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist,

M9‘ wobei die erste Fahrgastaufnahme über der [X.] angeordnet ist,

dadurch gekennzeichnet, dass

[X.] die zweite Fahrgastaufnahme ohne Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist,

[X.]‘ und die zweite Fahrgastaufnahme seitlich oberhalb der [X.] angeordnet ist,

[X.] wobei die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird,

[X.]6 wobei alle über der [X.] angeordneten Sitze [X.] aufweisen.

An den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1b schließen sich wiederum die erteilten Patentansprüche 4 bis 11 mit angepassten Rückbezügen als Patentansprüche 2 bis 9 an.

Der Beklagte verteidigt das [X.] zusätzlich mit einem Patentanspruch 1 gemäß einem Hilfsantrag 1c, der mit dem Anspruch 1 des [X.] 1b identisch ist, wobei sich an diesen allerdings nur die erteilten Patentansprüche 4, 5, 6, 9 und 10, in denen keine [X.] beansprucht wird, mit angepassten Rückbezügen als Patentansprüche 2 bis 6 anschließen. Die vollständige Fassung des [X.] 1c ergibt sich zudem aus dem [X.] unter I.

Hinsichtlich des Wortlauts der Patentansprüche in der Fassung der Hilfsanträge 2a, 2b, 3a, 3b, 4a, 4b, 5a, 6a, 6b und 7a wird auf die Anlagen zum Schriftsatz des Beklagten vom 27. Oktober 2020 verwiesen.

Die Klägerin macht mit der Nichtigkeitsklage geltend, der Gegenstand des [X.]s sei [X.]. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 [X.], Art. 138 Abs. 1 lit c) EPÜ unzulässig erweitert. Darüber hinaus liege auch der [X.] der mangelnden Patentfähigkeit gemäß Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.], Art. 138 Abs. 1 lit a) EPÜ vor, da dem Gegenstand des [X.]s [X.]. 54 EPÜ die Neuheit fehle und dieser jedenfalls nicht [X.]. 56 EPÜ auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Grund hierfür sei auch, dass das [X.] die Priorität aus der [X.] Voranmeldung 10 2009 044 065 vom 21. September 2009 (vgl. [X.] zur Klageschrift) nicht wirksam in Anspruch nehme.

Zur Stützung ihres Klageantrags hat die Klägerin u.a. folgende Unterlagen vorgelegt:

[X.] [X.] 2009 044 065 [X.] ([X.] zum [X.])

K4 EP 2 298 426 [X.] (Patentanmeldung zum [X.])

K5 EP 2 298 426 [X.] ([X.]schrift)

[X.] Prospekt [X.] vom November 2009

[X.] Coasters and More, [X.], Bericht über die [X.] ([X.]) 2009 in Amsterdam

[X.] „[X.]“, Animationsvideo, im [X.] veröffentlicht am 15.04.2010 im Videoportal „[X.]“ unter:

https://www.youtube.com/watch?v=FaFhygLNUY4

[X.] Fahrgeschäft „[X.]“, im [X.] veröffentlicht am

01.01.2009 unter

https://rcdb.com/3631.htm , mit Bezugnahme u. a. auf

http://www.coastergallery.com/1999/BGW26.html

bzw.

http://web.archive.org/web/20090101002730/http://www.coastergallery.com/1999/BGW26.html

[X.] Fahrgeschäft „[X.] - [X.]“, im [X.] veröffentlicht am [X.] unter https://rcdb.com/1549.htm

bzw.

http://web.archive.org/web/20090813212303/http://rcdb.com/1549.htm

K11 [X.] T2

(Übersetzung der [X.] Patentschrift 1 020 213 [X.]);

[X.] [X.] 2,710,650

K13 [X.] 2002/0042303 [X.]

K14 [X.] 14 975 U1

K15 [X.] 00 534 U1

[X.] [X.]

[X.] Fahrgeschäft „[X.]“, im [X.] veröffentlicht am

[X.] unter

https://rcdb.com/3430.htm#p=42006 bzw.

http://web.archive.org/web/20090813092730/https://rcdb.com/3430.htm, Seite 2 von 30

[X.] „[X.]“, im [X.] veröffentlicht am [X.] unter

https://rcdb.com/3430.htm#p=42025

bzw.

http://web.archive.org/web/20090813092730/https://rcdb.com/3430.htm

[X.] Fahrgeschäft „[X.]", im [X.] als Video veröffentlicht am

01.01.2009 unter

https://rcdb.com/3631.htm

unter Bezugnahme u. a. auf

http://www.negative-g.com/busch-gardens-europe/2010/buschgardenseurope-2010-12.htm

[X.] Schriftsatz der Nichtigkeitsbeklagten vom 5. April 2018 betreffend das parallele [X.] vor dem [X.] ([X.].: 21 O 13519/17)

[X.] Fahrgeschäft „[X.]“ bzw. „[X.]“ auf der [X.] ([X.]) 2009 in [X.], [X.]-Veröffentlichung (auch als Blog) unter

http://www.themeparkreview.com/forum/viewtopic.php?p=827592#827592

K24 Offizielle Pressenotiz zur Eröffnung der [X.] 2009;

[X.] Fahrgeschäft „[X.]", im [X.] veröffentlicht im Jahr 2007 unter

https://de.wikipedia.ora/wiki/Datei:[X.]_(Busch_Gardens_AfricaM)_4.ipg

[X.] WO 01/08769 [X.]

[X.] [X.] 972,750

[X.] Fahrgeschäft „[X.]“, [X.] (Vaughan,

Ontario) 2008, [X.], vgl.im [X.] unter:

https://rcdb.com/4005.htm

[X.] 82/00618 [X.]

[X.]3 Fahrgeschäft „[X.]“, [X.] ([X.], [X.], [X.]A), Wikipedia-Ausdruck

[X.] [X.] 5,218,910

[X.]7 Auszug aus „DU[X.]N“, [X.], 7. Aufl., Synonyme zu „oberhalb“

Ferner hat die Klägerin auf zwei veröffentlichte [X.] hingewiesen, die im [X.] auf dem Videoportal „[X.]“ frei zugänglich sind:

Video 1 „[X.] (HD) – [X.]“, 16.08.2009, veröffentlicht im [X.] unter:

https://www.youtube.com/watch?v=tdl8wnQOkjM

Video 2 „The [X.] – Bush Gardens 2009“, 16.08.2009, veröffentlicht im [X.] unter:

https://www.youtube.com/watch?v=lWCvLuSUhCM

Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung sei unzulässig erweitert, da gemäß den Merkmalen [X.], [X.] die Illusion einer frei schwebenden Fahrt durch das Weglassen von „[X.]“ - die z. B. auch aus einfachen Fußstangen, Gitterrosten oder Kunststoffplatten bestehen könnten - bei der [X.] erhöht werde, während in den [X.] ein „[X.] nur für den Fall beschrieben werde, dass an den beiden äußeren Sitzen das Boden- bzw. Fußblech fehle.

Die Klägerin trägt weiterhin vor, dem Hauptantrag (erteilte Fassung) stünden [X.] und [X.] neuheitsschädlich entgegen. Hierbei seien auch Video 1 und Video 2 heranzuziehen. Die Merkmale [X.] bis [X.], [X.] und [X.] seien dort unstreitig gegeben. Darüber hinaus sei auch das Merkmal [X.] „wobei die ‚erste‘ Fahrgastaufnahme mit einer Fußauflage (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist,“ erkennbar. Die gelbe Plattform, die unter den mittleren Sitzen herausstehend zu erkennen sei, biete offensichtlich Sicherheit für die Füße und Beine der direkt oberhalb der Führungseinrichtung des Fahrgeschäfts aufgenommenen Fahrgäste. Es sei klar zu erkennen, dass die gelbe Plattform die zwischen den blauen Schienen befindlichen Führungsrollen, Bremsen und Sensoren abdecke und insofern auch als Abdeckschutz zu diesen fungiere. Die Fahrgastaufnahmen müssten auch nicht höher gesetzt werden, um den erforderlichen Mindestabstand einzuhalten. Die gelbe Plattform verhindere zudem den Blick auf die Führungseinrichtung der Fahrstrecke. Der Fachmann müsse lediglich die gelbe Plattform über die gesamte Breite der Führungseinrichtung, also bis über die blauen Schienen verlängern, um zum Gegenstand des [X.]s zu gelangen. Mangels Neuheit seien damit auch die Hilfsanträge 1a und 1b nicht gewährbar.

Eine unzulässige Erweiterung ergebe sich bei allen [X.] dadurch, dass das Merkmal [X.], [X.]´ zwischen das Merkmal [X.] und das Merkmal [X.] eingefügt worden sei, da hierdurch die Verknüpfung von Merkmal [X.] („wobei die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird“) mit dem Merkmal [X.] aufgelöst worden sei. Die Hilfsanträge 1b und 1c seien auch deshalb wegen unzulässiger Erweiterung nicht gewährbar, weil in der erteilten Fassung lediglich ein Fahrgeschäft offenbart worden sei, bei dem nur die zwei innen befindlichen Fahrgastaufnahmen [X.] aufwiesen. Damit sei ein Schutz für ein Fahrgeschäft, bei dem alle über der Führungseinrichtung angeordneten Sitze eine Fußauflage aufwiesen (Merkmal [X.]6), nicht möglich.

Die Klägerin ist ferner der Auffassung, dass die Priorität aus der prioritätsbegründenden Voranmeldung ([X.]) im [X.] zu Unrecht beansprucht worden sei, weshalb die [X.] [X.], [X.] und [X.] für das [X.] zum Stand der Technik zählten. Eine [X.] sei zwar Gegenstand in den erteilten Patentansprüchen 7, 8 und 11 nach Hauptantrag und Gegenstand der Patentansprüche 5, 6 und 9 der Hilfsanträge 1a und 1b, während die [X.] keine [X.], sondern lediglich einen Bahnsteig offenbart habe. Auch das Merkmal [X.] („wobei die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird“) sei in der prioritätsbegründenden Patentanmeldung [X.] so nicht offenbart worden. Ferner seien auch die Anordnung der Fahrgastaufnahmen als „oberhalb“ bzw. „über“ in der [X.] nicht offenbart worden - zumindest nicht in Bezug auf die [X.].

Darüber hinaus genüge der jeweilige Patentanspruch 1 nach [X.] 1a bis 1c nicht dem Erfordernis einer klaren und knappen Anspruchsfassung, was diese Fassungen auch deswegen unzulässig mache.

Die Klägerin beantragt,

das [X.] Patent 2 298 426 für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen das [X.] in der Fassung der in der Reihenfolge ihrer Nummerierung gestellten Hilfsanträge 1a, 1b, 2a, 2b, 3a, 3b, 4a, 4b, 5a, 6a, 6b und 7a, eingereicht mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2020, sowie gegen die Patentansprüche 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 1c, eingereicht in der mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2021 und eingefügt hinter Hilfsantrag 1b, richtet.

Der Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Er erachtet das [X.] nicht für unzulässig erweitert; zudem sei die Priorität wirksam in Anspruch genommen. Der Gegenstand des [X.]s sei auch neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit.

Er führt aus, dass das „gelbe Element“ am Wagen des [X.] „[X.]“ keine Fußauflage i. S. v. Merkmal [X.] sei und der Gegenstand des [X.]s daher neu sei. So diene das Element nicht zum Schutz der Beine/Füße des Insassen, da eine Abschirmung der Füße nicht erfolge. Die Insassen säßen beim Fahrgeschäft „[X.]" so hoch über den Schienen, dass die Füße niemals in den Bereich der Schienen gelangen könnten. Dies werde auch daran deutlich, dass sich das „gelbe Element" nicht einmal entlang der Breite des Schienenstrangs erstrecke, sondern nur in einem kleineren Bereich mittig angeordnet sei. Ein Schutz der Füße der etwa über den Schienen sitzenden Passagiere sei nicht gegeben, wenn diese nicht ohnehin ausreichend hoch über den Schienen positioniert wären, sodass ein Kontakt mit den Schienen während der Fahrt in jedem Fall verhindert werde. Das „gelbe Element" sei auch nicht als Sichtschutz geeignet, da es von den mittleren Plätzen aus einer normalen Sitzposition überhaupt nicht sichtbar sei. Als Ein- und Ausstiegshilfe, sei das „gelbe Element" ebenfalls nicht geeignet. Erstens sei die Breite zu gering, um den Schienenstrang abzudecken; zweitens sei die Länge zu gering, als dass ein Passagier darauf zu den mittleren Sitzen gelangen könnte. Bei dem gelben Mittelstück handele es sich vielmehr um einen Teil des Fahrgestells, der nicht als Fußauflage konzipiert sei. [X.] sei, ob eine Berührung des gelben Fahrgestells mit einem Fuß auch während der Fahrt stattfinde. Diese sei nicht der Fall. Keines der vorgelegten Fotos belege, dass es auch außerhalb des [X.]s zu einem Kontakt zwischen einem Fuß und dem gelben Fahrgestell komme.

Hinsichtlich Hilfsantrag 1a und 1b ist der Beklagte der Auffassung, dass beim Fahrgeschäft „[X.]“ die Gleise selbst, die vom gelben Fahrgestell nicht abgedeckt werden, die [X.] bildeten, und nicht etwa die dazwischen angeordnete Fördereinrichtung. Die Gleise und damit die [X.] würden aber während der Fahrt vom gelben Fahrgestell des „[X.]“ nicht abgedeckt. Daher sei das Merkmal [X.], [X.]‘, wonach die „zweite“ Fahrgastaufnahme seitlich bzw. seitlich oberhalb der [X.] angeordnet ist, beim Fahrgeschäft „[X.]“ nicht verwirklicht. Selbst im [X.] werde, wenn überhaupt, eine Sicherheitsfunktion des Fahrgestells lediglich in Kombination mit den verfahrbaren [X.]splattformen erfüllt. Daher müssten beim Fahrgeschäft „[X.]“ die über den Gleisen angeordneten Sitze in ausreichender Höhe über den Schienen angeordnet werden. Ein Tieferlegen des Schwerpunkts des Fahrzeugs, wie dies in der [X.]schrift beschrieben sei, sei nicht möglich.

Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 3. Januar 2020 einen qualifizierten gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 [X.] erteilt sowie weitere rechtliche Hinweise im [X.] vom 25. September 2020 sowie in der mündlichen Verhandlung zu den von der Beklagten eingereichten [X.] gegeben.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die auf unzulässige Erweiterung und fehlende Patentfähigkeit gemäß Art. 138 Abs. 1 Buchstabe a), c) i.V.m. Art. 54, 56 EPÜ i.V.m. Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1, 3 [X.] gestützte zulässige Klage ist insoweit begründet, als das Streitpatent für nichtig zu erklären ist, soweit es über die von dem Beklagten beschränkt verteidigte Fassung nach Hilfsantrag 1c hinausgeht. [X.] erweist sich nämlich in der erteilten Fassung als nicht patentfähig. Dagegen ist das Streitpatent in der Fassung nach Hilfsantrag 1c, der zulässig ist, patentfähig, nämlich neu und zudem auf erfinderischer Tätigkeit beruhend. Die Klage ist insoweit unbegründet. Auf die weiteren Hilfsanträge kam es daher nicht mehr an.

I.

1. [X.] mit der Bezeichnung „Fahrgeschäft mit unterschiedlichen Sitzvarianten“ betrifft gemäß dem erteilten [X.] ein Fahrgeschäft, das wenigstens ein Fahrzeug mit wenigstens zwei [X.]n (Sitze) umfasst, und eine Fahrstrecke, entlang der das Fahrzeug bewegbar angeordnet ist. Die Erfindung bezieht sich auf sog. „Floorless-Coaster“, bei denen zumindest unter einem Teil der Sitze das Bodenblech fehlt, so dass von den dort sitzenden Fahrgästen ein sog. „Floorless-Fahrgefühl“ (Illusion einer frei schwebenden Fahrt) erlebt werden kann (vgl. Abs. [0016] und [0017] der Beschreibung). Gemäß Abs. [0004], [0005] und [0006] der Beschreibung könnten der Sicherheit dienende [X.] bzw. [X.] unter den Füßen des Fahrgastes, die im Sichtbereich oder sogar genau in dessen [X.]ickrichtung angeordnet seien, dazu führen, dass das erstrebte Fahrgefühl und die damit zusammenhängende Illusion einer frei schwebenden Fahrt zerstört würden. Die Aufgabe der Erfindung bestehe also zum einen darin, den Fahrspaß eines [X.] zu erhöhen und gleichzeitig auch notwendige Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen (vgl. Abs. [0008] der Beschreibung). Zum anderen könne gemäß Abs. [0017] im Bahnhof auf eine für das Ein- bzw. Aussteigen aufwändige bewegliche Ein- bzw. Ausstiegsplattform verzichtet werden, da bei der vorliegenden Erfindung die Schiene nur unter einem Teil der Sitze (meist unter den inneren Sitzen der Reihe) verlaufe, so dass der Bahnsteig bis unter die äußeren [X.] hineinreichen und damit jede Mechanik im Bahnhof entfallen könne.

2. Maßgeblicher [X.], auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des [X.] und für die Interpretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Ingenieur mit Fachhochschulabschluss (oder einem vergleichbaren Abschluss) auf dem Gebiet des Maschinenbaus bzw. der Konstruktion von Schienenfahrzeugen, der über eine mehrjährige Erfahrung im Bereich des [X.], insbesondere bei der Entwicklung von auf solchen Achterbahnen fahrenden Fahrzeugen, verfügt.

II.

Der maßgebliche Fachmann geht bei den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 - soweit diese der Auslegung bedürfen - von folgendem Verständnis aus:

Das Merkmal [X.] betrifft wenigstens ein Fahrzeug. Ausweislich der Angaben in der Patentschrift (vgl. [X.], Abs. [0002], [0011], [0014], [0029], [0030], [X.]. 2 f.) ist festzustellen, dass als streitpatentgemäßes Fahrzeug auch ein Zug und ein Wagen mit mehreren Sitzreihen anzusehen sind. Ein solches Fahrzeug weist ein Fahrgestell zur Bewegung entlang der Fahrstrecke auf (vgl. Abs. [0012], [0013]). Die Anordnung der wenigstens zwei [X.]n gemäß Merkmal [X.] bleibt im Anspruch 1 offen. Sie können nebeneinander angeordnet sein (vgl. [X.]. 1 bis 3).

Das Merkmal [X.] betrifft die erste [X.], die mit einer [X.] für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist. [X.] geht von [X.] bzw. [X.]n aus, die unter den Füßen des Fahrgasts angeordnet sind, um die Sicherheit zu erhöhen und den Fahrkomfort zu steigern (vgl. Abs. [0004]). Eine [X.] im Sinne des [X.] kann beispielsweise ein Bodenblech oder eine ähnliche Auflage (vgl. Abs. [0016], [0018], [0031]) oder ein Fußblech sein (vgl. Abs. [0028] bis [0030]). Die Begriffe [X.], Fußblech und Bodenblech werden synonym verwendet.

Die [X.] gemäß Streitpatent hat damit folgende Funktionen:

(a) Sicherheit für die Füße und Beine der direkt oberhalb der Schiene aufgenommenen Fahrgäste bieten (vgl. Abs. [0015]),

(b) einen [X.]ick direkt auf die Schienen verhindern, so dass je nach Sitzplatz ein unterschiedliches Fahrerlebnis erreicht wird (vgl. Abs. [0015]), und

(c) das [X.] von den ersten [X.]n über die [X.] ermöglichen (vgl. Abs. [0017], [0031]).

Auf diese Funktionen hat der hiesige Beklagte sinngemäß auch im parallelen, vor dem [X.] anhängigen [X.], in dem er als Kläger beteiligt ist, hingewiesen (vgl. [X.], [X.], Abschn. 2.1.): „Bei breiter Auslegung liegt eine Patentverletzung dann vor, wenn ein Fahrgeschäft die Funktionen (a) die Sicherheit der Füße und Beine der Fahrgäste zu gewährleisten, (b) den [X.]ick auf die Schiene zu verhindern, sodass ein unterschiedliches Fahrerlebnis erreicht wird, und (c) [X.] von den ersten (mittleren) [X.]n über die [X.] realisiert.“

Darüber hinaus hat der Nichtigkeitsbeklagte im parallelen [X.] wörtlich vorgetragen: „Auch bei enger Auslegung (d. h. bei einem postulierten Aufliegen zumindest eines Teils des Fußes eines Passagiers während der Fahrt) verletzt jedoch die Anlage [X.] das Klagepatent. Dabei kommt es nicht darauf an, dass alle Insassen ihre Füße während der Fahrt auflegen. Selbst wenn einzelne (zugelassene) Passagiere ihre Füße auf die Auflage auflegen können, liegt eine Patentverletzung vor. Eine vollständige Auflage der Fußsohle eines sitzenden Passagiers ist ebenfalls nicht gefordert, da ein Fuß umgangssprachlich bereits dann auf einer Fläche aufliegt, wenn der Zehenbereich die Bodenfläche berührt.“ (vgl. [X.], [X.], Abschn. 2.2.). Der [X.] geht ebenfalls davon aus, dass eine streitpatentgemäße Fußauflage neben den oben genannten Funktionen (a) bis (c) auch erlauben soll, dass

(d) zumindest ein Teil des Fußes ([X.] die Zehen) eines zugelassenen Passagiers während der Fahrt aufliegt.

Zu den Funktionen (a) und (b) ist in Abs. [0015] der [X.] ausgeführt: „Damit hat die erste [X.] eine [X.], die Sicherheit für die Füße und Beine der direkt oberhalb der Schiene aufgenommenen Fahrgäste bietet. Außerdem wird ein [X.]ick direkt auf die Schienen verhindert. Je nach Sitzplatz bietet dieses Fahrgeschäft somit unterschiedliche Fahrerlebnisse.“

Zur Sicherheit, die eine [X.] bieten soll, geht aus Abs. [0028] hervor, dass die Beine des Fahrgastes durch das [X.] gegenüber den Schienen während der Fahrt abgeschirmt und dadurch geschützt sind. Damit müssen gegenüber bekannten [X.] die ersten [X.]n nicht höher gesetzt werden, was normalerweise aufgrund des erforderlichen Mindestabstandes zwischen Schiene und Füßen notwendig ist (vgl. Abs. [0018]).

Der Patentanspruch 1 in der Fassung der genannten Hilfsanträge beansprucht zwar keine Schiene, aber wenigstens eine [X.] zur Führung des Fahrzeugs (2) entlang der [X.] ([X.]). Gemäß Abs. [0013] umfasst in einer bevorzugten Ausführungsform die [X.] Schienen zur schienengebundenen Bewegung des Fahrgestells entlang der Fahrstrecke. Die [X.] ist demnach nicht auf Schienen beschränkt. Eine solche Beschränkung auf Schienen kann auch aus der Angabe „[X.] (Schienen)“ in den Abs. [0023] und [0031] nicht hergeleitet werden. Der Beklagte hat auf [X.] in seinem Schriftsatz vom 1. April 2020 zu Abs. [0013] selbst ausgeführt: „Sind also Schienen vorhanden, so bilden diese die [X.] oder gehören zumindest zur [X.].“ (vgl. [X.]. 416 der Gerichtsakte).

Nachdem im Patentanspruch 1 keine Schiene, sondern eine [X.] beansprucht ist, ist die Funktion (a), dass eine [X.] Sicherheit für die Füße und Beine der direkt oberhalb der Schiene aufgenommenen Fahrgäste bietet, dahingehend auszulegen, dass eine [X.] Sicherheit für die Füße und Beine der direkt oberhalb der [X.] aufgenommenen Fahrgäste bietet. Ebenso ist die Funktion (b), dass eine [X.] einen [X.]ick direkt auf die Schienen verhindert, dahingehend auszulegen, dass eine [X.] einen [X.]ick direkt auf die [X.] verhindert.

Die Funktion (c) beinhaltet, dass ein Fahrgast beim [X.] von einer ersten [X.] über die [X.] auf eine benachbarte Plattform tritt, die unterhalb einer benachbarten zweiten [X.] angeordnet ist (vgl. Abs. [0017], [0031]).

Die Merkmale [X.], [X.] sowie die lediglich in den [X.] angegebenen Merkmale [X.] bzw. [X.]‘ betreffen die zweite [X.]. Danach ist die zweite [X.] seitlich bzw. seitlich oberhalb der [X.] angeordnet (Merkmal [X.] bzw. [X.]’). Damit hat der Fahrgast das Gefühl, in seinem Sitz frei über dem Boden zu schweben. Dieser Effekt wird durch das Fehlen eines Fußblechs 11, also indem die zweite [X.] ohne [X.] ausgebildet ist (Merkmal [X.]), verstärkt; es wird also das Gefühl bzw. die Illusion einer frei schwebenden Fahrt im Sinne von Merkmal [X.] erhöht (vgl. Abs. [0029]).

Soweit die Klägerin zu Merkmal [X.], das auf den erteilten Patentanspruch 3 zurückgeht und bei dem der Begriff „oberhalb“ durch das Wort „über“ ersetzt wurde, argumentiert, es bestehe kein inhaltlicher Unterschied zwischen „oberhalb“ und „über“, weil die Begriffe in der [X.] in gleicher Bedeutung benutzt würden und auch im allgemeinen [X.]rachgebrauch (vgl. [X.]) die gleiche Bedeutung hätten, folgt der [X.] dieser Sichtweise nicht.

Im Streitpatent ist allgemein ausgeführt, dass die Sitze oberhalb (d. h. auf einem Niveau oberhalb) der Schiene angeordnet sind (vgl. Abs. [0011]). Gemäß Abs. [0015] ist die erste [X.] insbesondere oberhalb der [X.] und die zweite [X.] ist seitlich der [X.] angeordnet, wobei die erste [X.] eine [X.] hat, die Sicherheit für die Füße und Beine der direkt oberhalb der Schiene aufgenommenen Fahrgäste bietet. Außerdem wird ein [X.]ick direkt auf die Schienen verhindert. Laut Abs. [0024] existiert eine Gruppe nebeneinander angeordneter [X.]n, von denen wenigstens eine über der [X.] und wenigstens eine neben (oberhalb, auf gleicher Höhe oder unterhalb) der [X.] angeordnet ist. Abs. [0024] bringt damit zum Ausdruck, dass wenigstens eine [X.] „neben“ und zwar „oberhalb“, „auf gleicher Höhe“ oder „unterhalb“ der [X.] angeordnet ist. Damit ist im Streitpatent definiert, dass mit „oberhalb der [X.]“ nicht nur das Niveau bezeichnet wird, sondern auch die horizontale Ausrichtung „neben der [X.]“ einschließt. Dagegen soll mit der Angabe „über der [X.]“ oder „direkt oberhalb der Schiene“ die horizontale Ausrichtung „neben der [X.]“ ausgeschlossen sein.

III.

1. Sowohl der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung nach Hauptantrag als auch der nach Hilfsantrag 1a sind nicht neu. Damit ist hinsichtlich der erteilten Fassung sowie hinsichtlich der Fassung gemäß Hilfsantrag 1a der [X.] der fehlenden Patentfähigkeit gegeben. Die Frage der unzulässigen Erweiterung des erteilten Patentanspruchs 1 sowie des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1a kann daher im Ergebnis dahinstehen.

a) Die mangelnde Neuheit folgt bereits aus der Entgegenhaltung [X.], die das Fahrgeschäft „[X.]“ des Herstellers [X.] betrifft, das seit dem 18. Mai
2007 in [X.] ([X.], [X.], [X.]) in Betrieb ist (vgl. [X.], [X.], sowie unter: [X.] ).

Die [X.] zeigt im Verhältnis zum Streitpatent einen durch Benutzung zugänglich gemachten Stand der Technik i. S. v. Art. 54 Abs. 2 EPÜ.

Das obere Foto auf [X.] der [X.] (Foto 1), das unter der [X.]adresse [X.] abrufbar ist, stammt aus dem [X.], wie sich aus dem am unteren, linken Bildrand angebrachten Copyrightvermerk „© 2008“ ergibt.

Abbildung

Foto 1, [X.], S. 2 oben

Das untere Foto auf [X.] der [X.] (Foto 2), das unter der [X.]adresse [X.]#p=19381 abrufbar ist, trägt in [X.] Ziffern den Copyrightvermerk „© MMVII“, ist also im Jahr 2007 hergestellt worden.

Abbildung

Foto 2, [X.], S. 2 unten

Auch der Beklagte hat - zu Recht - nicht in Zweifel gezogen, dass das Fahrgeschäft „[X.]“ vor dem [X.] des [X.] (21. September 2009) mit der aus Foto 1 und Foto 2 ersichtlichen Gestalt in Betrieb genommen worden war und Stand der Technik darstellt.

b) Das Fahrgeschäft offenbart eine Fahrstrecke, entlang der wenigstens ein Fahrzeug mit wenigstens zwei [X.]n bewegbar angeordnet ist (vgl. [X.], S. 1: „3 cars per train“). Es weist weiterhin wenigstens eine [X.] zur Führung des Fahrzeugs entlang der [X.] auf. Die [X.] umfasst unter anderem die beiden runden blauen Schienen, die von blauen Querträgern gehalten sind (vgl. Foto 1 und 2; Merkmale [X.], [X.], [X.], [X.], [X.]).

In der vordersten Reihe sind links und rechts außen, und zwar seitlich bzw. seitlich oberhalb der blauen [X.], jeweils drei [X.]n ohne [X.], also „zweite“ [X.]n im Sinne des [X.], angeordnet. Durch diese Anordnung wird für den darin aufgenommenen Passagier die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht (vgl. Foto 1 und Foto 2; Merkmale [X.], [X.], [X.], [X.]‘).

In der vordersten Reihe sind mittig zwei [X.]n oberhalb der gelben Plattform angeordnet, wobei es sich um „erste“ [X.]n mit einer [X.] im Sinne des [X.] handelt, wie sich aus den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 6. Juni 2018 zusätzlich eingereichten folgenden vier Fotos ergibt:

Abbildung

Foto 3, GA [X.]. 164 oben

Abbildung

Foto 4, GA [X.]. 164 unten

Abbildung

Foto 5, GA [X.]. 165 oben

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Foto 6, GA [X.]. 165 unten

Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang ferner auf die beiden ab 16. August 2009 auf dem Videoportal „[X.]“ frei zugänglichen (oben auf [X.] bereits genannten) „[X.]“-Videos (Video 1 und Video 2). Sie nimmt insbesondere Bezug auf die [X.] 0:16 des Videos 1 und die [X.]n 0:46 und 1:33 des Videos 2 und führt dazu aus, die gelbe Plattform biete Sicherheit für die Füße und Beine der direkt oberhalb der Führungseinrichtung des Fahrgeschäfts aufgenommenen Fahrgäste. Es sei klar in dem nachfolgenden Bild zu erkennen, dass die dass die gelbe Plattform die zwischen den blauen Schienen befindlichen Führungsrollen, Bremsen und Sensoren abdecke und insofern als Abdeckschutz für diese fungiere. Die [X.]n müssten somit nicht höher gesetzt werden, um den erforderlichen Mindestabstand einzuhalten.

Abbildung

Video 1, [X.] 0:16

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Video 2, [X.] 1:33

c) Der [X.] geht entgegen der Auffassung des Beklagten davon aus, dass das „gelbe Element“ eine [X.] i. S. v. Merkmal [X.] ist. Auf die Feststellung, ob die zwischen den Gleisen angeordnete Fördereinrichtung der [X.] zuzurechnen ist oder nicht, kommt es nicht an.

Aus dem vergrößerten Ausschnitt des Videos 2 bei [X.] 1:33 folgt, dass die [X.] beim Fahrgeschäft „[X.]“ i. S. der Merkmale [X.], [X.], [X.]‘ und [X.]6 u. a. aus den beiden blauen Schienen (linker und rechter schwarzer Pfeil) und den diese Schienen haltenden, blauen Querträgern (mittiger roter Pfeil) besteht.

Abbildung

Video 2, [X.] 1:33, vergrößerter Ausschnitt

Gegenüber dieser [X.] bietet die gelbe Plattform gemäß Funktion (a), vgl. oben Abschnitt II., offensichtlich Sicherheit für die Füße und Beine der direkt oberhalb der [X.] aufgenommenen Fahrgäste, und zwar gegenüber den blauen Querträgern, die in dem im Video 2 bei [X.] 1:33 gezeigten Streckenabschnitt vertikal über die beiden Schienen hinausragen, wie der rote Pfeil verdeutlicht. Dort ist der Abstand der [X.] zu den Füßen der direkt oberhalb angeordneten [X.]n verringert, wobei die gelbe Plattform den entsprechenden Schutz gewährleistet. In Übereinstimmung mit Abs. [0018] der [X.] müssen durch das Vorhandensein der gelben Plattform die darüber angeordneten [X.]n nicht höher gesetzt werden, um den erforderlichen Mindestabstand zwischen den Füßen und den vertikal über die beiden Schienen hinausragenden Querträgern der [X.] einzuhalten. Damit ergeben sich ein tieferer Schwerpunkt und günstigere dynamische Eigenschaften bei ausreichender Sicherheit für die Fahrgäste.

Die gelbe Plattform erfüllt auch die Funktion (b), indem sie den [X.]ick auf Teile der blauen Querträger der [X.] verhindert (vgl. Video 2, [X.] 0:46) und i. S. dieser Funktion je nach Sitzplatz ein unterschiedliches Fahrerlebnis bietet (vgl. auch Abs. [0015]):

Abbildung

Video 2, [X.] 0:46

Zudem ist i. S. der Funktion (c) im Bahnhof ein [X.] von den beiden mittleren [X.]n über die gelbe Plattform auf einen Bahnsteig oder eine benachbarte bewegliche Plattform möglich (vgl. Fotos 3, 4 und 6).

Die gelbe Plattform beim Fahrgeschäft „[X.]“ erfüllt auch die Funktion (d) zum teilweisen Auflegen der Füße (vgl. Fotos 3, 4 und 6). Maßgeblich ist, dass eine zugelassene Person in der [X.] sitzt, der rote [X.] sich vor dem Oberkörper der Person in der [X.] befindet und die Füße teilweise auf der gelben Plattform aufliegen. Der [X.] geht zweifelsfrei davon aus, dass Personen, die sich in den mittleren [X.]n befinden, diese Sitzpositionen auch während der Fahrt bei geschlossenem [X.] einnehmen können.

Demnach ist festzustellen, dass die gelbe Plattform eine [X.] ist und damit die beiden zugehörigen [X.]n „erste“ [X.]n im Sinne des [X.] darstellen (Merkmal [X.]). Die beiden „ersten“ [X.]n sind auch im Sinne des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1a über der [X.] angeordnet (Merkmal [X.], vgl. Foto 1 und 5).

Gemäß Merkmal [X.] können mehr als zwei [X.]n vorgesehen sein, von denen die „erste“ [X.] mit [X.] über der [X.] angeordnet ist ([X.], [X.]) und die „zweite“ [X.] ohne [X.] seitlich bzw. seitlich oberhalb der [X.] angeordnet ist ([X.], [X.], [X.]‘). Durch die Formulierung „die erste [X.]“ und „die zweite [X.]“ sind genau zwei [X.]n hinsichtlich ihrer Eigenschaften definiert. Damit ist aber noch nicht abschließend festgelegt, wie eine mögliche dritte [X.] ausgebildet ist. Daher ist eine über der [X.] angeordnete [X.] ohne [X.], wie sie das Fahrgeschäft „[X.]“ jeweils links und rechts der beiden ersten [X.]n mit [X.] (gelbe Plattform) aufweist, vom Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] und des [X.] 1a nicht ausgeschlossen.

2. Der Hilfsantrag 1b ist zulässig, aber nicht patentfähig.

a) Der unmittelbar auf den Patentanspruch 1 rückbezogene Patentanspruch 5 nach Hilfsantrag 1b, der im kennzeichnenden Teil das Merkmal [X.]3 (vgl. [X.] vom 30. Juni 2021) aufweist, lautet:

5. Fahrgeschäft (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Fahrgeschäft einen an der Fahrstrecke angeordneten Ein-/ [X.] aufweist, der wenigstens eine Ein- / Ausstiegsplattform aufweist, die unter der zweiten [X.] angeordnet ist.

Der mit dieser Merkmalskombination beanspruchte Gegenstand ist nicht neu. Für diese technische Lehre kann der [X.] der prioritätsbegründenden Voranmeldung [X.] nicht wirksam beansprucht werden, wodurch wiederum die Entgegenhaltung [X.] entscheidungsrelevanten Stand der Technik darstellt.

b) In der prioritätsbegründenden Patentanmeldung [X.] ist „wenigstens“ eine Ein-/ Ausstiegsplattform nicht als zur Erfindung gehörend offenbart. Die prioritätsbegründende [X.] offenbart lediglich einen einfachen Bahnsteig.

Die Priorität einer Voranmeldung kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann. Bei der Ausschöpfung des [X.] sind zwar auch Verallgemeinerungen von ursprünglich offenbarten Ausführungsbeispielen zulässig (vgl. [X.], 542 (543) - „Kommunikationskanal“); die Inanspruchnahme der Priorität ist jedoch dann nicht möglich, wenn der Gegenstand der späteren Anmeldung aus dem Inhalt der früheren Anmeldung nur aufgrund eigenständiger Überlegungen des Fachmanns hergeleitet werden kann, wobei unerheblich ist, ob es naheliegend war, solche Überlegungen anzustellen (vgl. [X.] 2021, 412 - „Bodenbelag“). Letzteres trifft auf den Gegenstand nach Patentanspruch 5 gemäß Hilfsantrag 1b zu.

Die prioritätsbegründende Patentanmeldung [X.] geht von sog. „[X.]“ aus, die aus der [X.] ([X.]) bekannt sind (vgl. Abs. [0003]). Die Druckschrift [X.] betrifft eine Anlage für einen Vergnügungspark, genannt Achterbahn (vgl. Abs. [0001]), mit einem schienengeführten Wagen mit vier Sitzen in einer Reihe (vgl. Abs. [0025], [X.]. 2). Am Ort einer Haltestation zum Ein- und Aussteigen von Passagieren gibt es wenigstens einen Bahnsteig 12, im Allgemeinen jedoch zwei (vgl. Abs. [0018], [0031]). In [X.]. 3 sind ein Bahnsteig 12 links und ein Bahnsteig 12 rechts vom Wagen dargestellt. Die Haltestation bzw. ihr Bahnsteig weist eine verschwenkbare Bodenplatte 14 auf (vgl. Abs. [0018], Anspruch 1, [X.]. 3), die aus zwei Teilen rechts und links vom Wagen besteht. In der [X.]. 3 ist der rechte Teil der Bodenplatte in der blockierten Stellung und Lage zum Ein- und Aussteigen dargestellt (vgl. Abs. [0034]), der dabei die fehlende Bodenplatte des Wagens ersetzt (vgl. Abs. [0018]).

In der [X.] wird allerdings gerade als nachteilig herausgestellt, dass die aufgrund der normalerweise unter den [X.]n verlaufende [X.] (im Bahnhof für das Ein- und Aussteigen) eine wie in der [X.] beschriebene, aufwändige bewegliche [X.]splattform erforderlich macht (vgl. Abs. [0003]). Bei der in der [X.] vorgestellten Erfindung soll daher die Schiene nur unter dem inneren Sitz bzw. den (beiden) inneren Sitzen verlaufen, sodass der Bahnsteig bis unter die beiden äußeren [X.] hereinreichen kann und damit jede Mechanik im Bahnhof entbehrlich wird. Für die äußeren Sitze ergibt sich dadurch ein Einsteigen über den Bahnsteig, bei den inneren Sitzen über das Fußblech.

Daraus zieht der Fachmann den Schluss, dass die aufwändige, bewegliche [X.]splattform, wie sie in der [X.] als nachteilig beschrieben wird, der verschwenkbaren Bodenplatte 14 gemäß der [X.] entspricht. Eben diese soll gemäß der Lehre der [X.] gerade entfallen. Stattdessen soll der Bahnsteig 12 gemäß der [X.] unter die beiden äußeren [X.] hinreichen. Die in der Patentschrift [X.] vorgesehene [X.]splattform kann somit nicht mit dem Bahnsteig der prioritätsbegründenden Patentanmeldung [X.] gleichgesetzt werden. Dies hindert den Fachmann daran, eine [X.]splattform in der [X.] im Wege einer Verallgemeinerung mitzulesen und führt hier dazu, dass - i. S. der o. g. Rechtsprechung - die in Patentanspruch 5 umschriebene, technische Lehre erst auf der Grundlage eigenständiger, neuer Überlegungen des Fachmanns in das Streitpatent gelangt ist.

Nachdem in ein und demselben Patentanspruch eine Kombination von Einzelmerkmalen, die einen unterschiedlichen [X.] haben, unzulässig ist (vgl. [X.], 1133 (1135) - „UV-unempfindliche Druckplatte“; GRUR 2002, 146 (148) - „Luftverteiler“), ergibt sich im vorliegenden Fall, dass dem Streitpatent bezogen auf Patentanspruch 5 als maßgeblicher [X.] nicht der der prioritätsbegründenden Voranmeldung [X.], sondern - abweichend von Art. 89 EPÜ - nur der [X.] des tatsächlichen Anmeldetags, also der des 21. September 2010, zukommt.

c) Damit ist das von der Klägerin in das Verfahren eingeführte, ab dem 15. April 2010 im [X.] frei zugängliche, unter [X.] abrufbare Animationsvideo [X.] („[X.]“) vor dem hier relevanten [X.] des [X.] im Videoportal „[X.]“ veröffentlicht worden und stellt daher einen „in sonstiger Weise zugänglich gemachten“ Stand der Technik i. S. v. Art. 54 Abs. 2 EPÜ dar (vgl. [X.], 271 (278) - „Drahtloses Kommunikationsnetz“; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], Art. 54 EPÜ, Rn. 11 und 22, mit Verweis auf die Kommentierung zu § 3 [X.] Rn. 21 ff.).

Des Video [X.] ([X.] 1:05) zeigt ein Fahrgeschäft, umfassend wenigstens ein Fahrzeug mit wenigstens zwei [X.]n, und einer Fahrstrecke, entlang der das Fahrzeug bewegbar angeordnet ist (Merkmale [X.], [X.], [X.], [X.]). Das Fahrgeschäft weist gelbe Schienen als [X.] zur Führung des Fahrzeugs entlang der [X.] auf ([X.]). Bei den beiden inneren [X.]n einer Reihe handelt es sich um erste [X.]n gemäß Streitpatent, die mit einer weißen [X.] ausgebildet (Merkmal [X.]) und über den gelben Schienen angeordnet sind (Merkmal [X.]) sind. Bei den beiden in einer Reihe links und rechts außen angeordneten [X.]n handelt es sich um zweite [X.]n, die ohne [X.] ausgebildet (Merkmal [X.]) und seitlich oberhalb der gelben Schiene angeordnet sind (Merkmal [X.]‘), sodass die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird (Merkmal [X.]). Alle über der gelben Schiene angeordneten Sitze weisen [X.] auf (Merkmal [X.]6).

Abbildung

Video [X.], [X.] 1:05

Neben den Merkmalen des Patentanspruchs 1 offenbart das Video [X.] auch das kennzeichnende Merkmal des Patentanspruchs 5 (Merkmal [X.]3), nämlich einen an der Fahrstrecke angeordneten (dort in hellgrauer Farbe dargestellten) Ein- / [X.], der eine Ein- / Ausstiegsplattform aufweist, die unter der zweiten [X.] angeordnet ist, wie sich anhand des nachfolgenden Bildes aus [X.] 0:56 zeigt:

Abbildung

Video [X.], [X.] 0:56

d) Die mangelnde Schutzfähigkeit des Gegenstandes gemäß Patentanspruch 5 führt dazu, dass der gesamte [X.] nach Hilfsantrag 1b nicht zur erfolgreichen Verteidigung des [X.] herangezogen werden kann. Beantragt der Patentinhaber im Einspruchs- oder [X.], das Patent in beschränktem Umfang mit einem bestimmten [X.] oder bestimmten Anspruchssätzen aufrechtzuerhalten, so ist ein entsprechender Antrag bereits dann nicht gewährbar, wenn sich der Gegenstand eines - insbesondere (wie hier) nebengeordneten - Patentanspruchs aus einem vom Patentinhaber verteidigten [X.] als nicht patentfähig erweist (vgl. [X.], 862 (864) - „[X.]; [X.], 57 (60) - „Datengenerator“).

3. In der Fassung des zulässigen [X.] 1c erweist sich das Streitpatent dagegen als neu und erfinderisch.

a) Die Patentansprüche nach Hilfsantrag 1c weisen keine unzulässige Erweiterung auf und sind - wie von der Rechtsprechung gefordert - auch im Übrigen zulässig (vgl. [X.], 901 (903) - „Polymermasse“).

a1) Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin bestand nie die Notwendigkeit, eine Beschränkung des allgemeineren Begriffs der „[X.]“ auf ein in den Anmeldeunterlagen der [X.] beispielhaft genanntes Bodenblech (vgl. [X.], Abs. [0015]) [0015]) oder auf ein [X.] (vgl. [X.], Abs. [0028]) vorzunehmen. Richtig ist zwar die Sichtweise der Klägerin, dass unter dem Begriff „[X.]“ auch einfache Fußstangen oder Gitterroste fallen. Die Verwendung des allgemeineren Begriffs „[X.]“ bedeutet aber im vorliegenden Zusammenhang keine unzulässige Erweiterung.

Wie oben bereits im Zusammenhang mit den Voraussetzungen einer wirksamen Prioritätsinanspruchnahme erläutert, sind nach der Rechtsprechung des [X.] bei der Ausschöpfung des [X.] der Anmeldeunterlagen auch Verallgemeinerungen von ursprünglich offenbarten Ausführungsbeispielen zulässig. Die gleichen Maßstäbe gelten auch bei der Frage danach, ob ein verteidigter [X.] gegenüber den ursprünglichen Anmeldeunterlagen eine unzulässige Erweiterung aufweist (vgl. [X.] GRUR 2015, 573 (575) - „Wundbehandlungsvorrichtung“). Bei Verallgemeinerungen ist kein allzu strenger Maßstab anzulegen, sodass dem Erfordernis einer ausreichenden [X.] bereits das genügt, was dem Fachmann unter Berücksichtigung der Beschreibung und der darin enthaltenen Ausführungsbeispiele als allgemeinste Form der technischen Lehre erscheint, durch die das der Erfindung zu Grunde liegende Problem gelöst wird (vgl. [X.] GRUR 2013, 1210 (1212) - „Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren“). An diesem Maßstab gemessen, stellt der Begriff „[X.]“ vorliegend offensichtlich eine zulässige Verallgemeinerung dar.

In den ursprünglichen Anmeldeunterlagen [X.] ist bereits in der Beschreibungseinleitung erwähnt, dass insbesondere [X.], die im Sichtbereich oder sogar genau in [X.]ickrichtung des Fahrgastes angeordnet sind, die Illusion einer frei schwebenden Fahrt in bestimmter Höhe ohne Absicherung unterhalb des Insassen zerstören (vgl. Abs. [0006]). Auch wenn damit auf den Stand der Technik Bezug genommen wird, erkennt der Fachmann, dass [X.] allgemein diesen Nachteil herbeiführen. Bereits im Patentanspruch 1 der prioritätsbegründenden [X.] und auch im Patentanspruch 1 der Anmeldunterlagen [X.] ist von [X.] die Rede („die erste [X.] mit einer [X.] (11) für den darin aufgenommenen Passagier und die zweite [X.] ohne [X.] (11) für den darin aufgenommenen Passagier ausgebildet ist“). Demgegenüber vermögen die Ausführungsbeispiele, die lediglich ein „Bodenblech“ oder „Fußblech“ enthalten, den breiter zu verstehenden Sinngehalt des Patentanspruchs allerdings hier nicht auf diese Ausführungsformen einzuschränken (vgl. [X.] GRUR 2008, 779 (783) - „Mehrgangnabe“).

a2) Die Klägerin beanstandet ferner zu Unrecht, dass nunmehr im Patentanspruch 1 in der Fassung nach [X.] 1c nach dem Merkmal [X.], das die zweite [X.] ohne [X.] betrifft, das Merkmal [X.], [X.]’ eingefügt worden ist, wonach die zweite [X.] seitlich bzw. seitlich oberhalb der [X.] angeordnet ist. Es trifft nicht zu, dass hierdurch das Merkmal [X.] („wobei die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird“) nun nicht mehr mit Merkmal [X.], sondern nur noch mit Merkmal [X.], [X.]‘ verknüpft wäre. Im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1c ist in Übereinstimmung mit den Abs. [0023] und [0028] der Anmeldeunterlagen [X.] sowie den Abs. [0024] und [0029] der [X.] [X.] angegeben, dass die „zweite“ [X.] seitlich bzw. seitlich oberhalb der [X.] angeordnet ist (Merkmal [X.], [X.]’). Damit hat der Fahrgast das Gefühl, in seinem Sitz frei über dem Boden zu schweben. Dieser Effekt wird durch das Fehlen eines Fußblechs 11, also indem die zweite [X.] ohne [X.] ausgebildet ist (Merkmal [X.]), verstärkt; es wird also das Gefühl bzw. die Illusion einer frei schwebenden Fahrt im Sinne von Merkmal [X.] erhöht. Trotz Einfügung von Merkmal [X.], [X.]’ zwischen Merkmal [X.] und Merkmal [X.] hat die Verknüpfung des Merkmals [X.] mit dem Merkmal [X.] Bestand, was im Übrigen auch anhand der Konjunktion „wobei“ zum Ausdruck kommt, die sich sowohl auf Merkmal [X.] als auch auf Merkmal [X.], [X.]‘ bezieht.

a3) Ferner trifft die Auffassung der Klägerin nicht zu, dass es dem Merkmal [X.]6 („wobei alle über der [X.] angeordneten Sitze [X.] aufweisen“) an der hinreichenden [X.] in den Anmeldeunterlagen mangele und dieses Merkmal zudem „unklar“ sei.

a3a) Der Einwand der Klägerin, das Merkmal [X.]6 sei „unklar“, weil die dort genannten „Sitze“ zuvor weder im [X.] noch an anderer Stelle definiert worden sind, ist so zu verstehen, dass der gesamte Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1c den Mangel der Unklarheit aufweisen soll. Dieser Einwand ist zwar gemäß Art. 84 EPÜ, Regel 43 EPÜ statthaft (vgl. [X.] [X.], 709 (712) - „Proxyserversystem“), er trifft aber hier nicht zu.

Aus Abs. [0015] der [X.] [X.] ergibt sich wörtlich: „Die erste [X.] ist insbesondere oberhalb der [X.] und die zweite [X.] seitlich der [X.] angeordnet. Damit hat die erste [X.] eine [X.], die Sicherheit für die Füße und Beine der direkt oberhalb der Schiene aufgenommenen Fahrgäste bietet. Außerdem wird ein [X.]ick direkt auf die Schienen verhindert. Je nach Sitzplatz bietet dieses Fahrgeschäft somit unterschiedliche Fahrerlebnisse.“ Daraus wird unmittelbar und eindeutig ersichtlich, dass es sich bei „Sitzen“ und „[X.]n“ um synonyme Begriffe handelt.

a3b) Ferner trifft nicht zu, dass aus [X.]. 5 f., Zeile 20, und [X.]. 1 der [X.] [X.] lediglich bekannt sei, dass „alle mittleren Sitze“, also nur zwei innen befindliche Sitze, [X.] aufwiesen und die Angabe, dass alle über der Führungseinrichtung angeordneten Sitze Fußauflagen aufwiesen, eine unzulässige Erweiterung beinhalte.

Richtig ist vielmehr, dass es dem Fachmann fernliegt, aus dem dort (lediglich als „vorzugsweise“) in Bezug genommenen Ausführungsbeispiel auf eine derart eingeschränkte [X.] zu schließen. Die klägerische Auffassung steht im Widerspruch dazu, was in Abs. [0015] der [X.] [X.] und Abs. [0014] der Anmeldeunterlagen [X.] mitgeteilt wird, wonach die erste [X.] insbesondere oberhalb der [X.] und die zweite [X.] seitlich der [X.] angeordnet ist. Somit hat die erste [X.] eine [X.], die Sicherheit für die Füße und Beine der direkt oberhalb der Schiene aufgenommenen Fahrgäste bietet. Die erste [X.] ist daher klar definiert, und zwar durch eine [X.] und eine Anordnung oberhalb der [X.] bzw. direkt oberhalb der Schiene.

In der [X.], Abs. [0024], bzw. [X.], Abs. [0023], ist ferner ausgeführt, dass das Fahrgeschäft insbesondere mehrere nebeneinander angeordnete [X.]n aufweisen kann, von denen wenigstens eine [X.] die erste [X.] und wenigstens eine [X.] die zweite [X.] ist. Dies bedeutet, dass also eine Gruppe nebeneinander angeordneter [X.]n existiert, von denen wenigstens eine über der [X.] und wenigstens eine neben (oberhalb, auf gleicher Höhe oder unterhalb) der [X.] angeordnet ist. Die wenigstens eine über der [X.] angeordnete [X.] ist folglich die wenigstens eine „erste“ [X.], die eine [X.] aufweist. Durch die Angabe „wenigstens“ sind, was die Zulässigkeit des Merkmals [X.]6 noch zusätzlich unterstreicht, auch mehr als zwei [X.]n bzw. Sitze mit [X.] umfasst.

a4) Der Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] ist auch insoweit zulässig, als er das Merkmal [X.] enthält, in dem gegenüber dem Merkmal [X.] („wobei die erste [X.] oberhalb der [X.] angeordnet ist“) gemäß der in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2021 vom [X.] übergebenen, aktualisierten Merkmalsgliederung der Begriff „oberhalb“ durch das Wort „über“ ersetzt worden ist, und als er das Merkmal [X.]‘ aufweist, bei dem gegenüber dem Merkmal [X.] nach dem Begriff „seitlich“ das Wort „oberhalb“ eingefügt worden ist.

Die Merkmale [X.] bis [X.] in Patentanspruch 1 gehen auf den erteilten Patentanspruch 1 zurück, während das [X.] aus dem erteilten Patentanspruch 2 stammt. Die Merkmale [X.] und [X.], sowie Teile der Merkmale [X.] und [X.]’ entstammen dem erteilten Patentanspruch 3.

Dass im Merkmal [X.] der Begriff „oberhalb“ durch das Wort „über“ ersetzt worden ist, ist deshalb nicht zu beanstanden, weil der Begriff „über“ seine Stütze in den folgenden Textstellen i. V. m. [X.]. 2 und 3 findet:

- erste [X.] [...] direkt oberhalb der Schiene (Patentschrift [X.], Abs. [0015]; Patentanmeldung [X.], Abs. [0014]),

- über der Schiene angeordneten "mittleren" Sitzen ([X.], Abs. [0020]; [X.], Abs. [0019]),

- eine [[X.]] über der [X.] ([X.], Abs. [0024]; [X.], Abs. [0023]),

- bis neben die "mittleren" Sitze, die über der [X.] angeordnet sind und ein Bodenblech aufweisen ([X.], Abs. [0031]; [X.], Abs. [0030])

In das Merkmal [X.]‘ ist das Wort „oberhalb“ in zulässiger Weise dem Wort „seitlich“ angefügt worden. Die Zulässigkeit dieser Änderung ergibt sich im Einzelnen aus den folgenden Textstellen:

- Sitze sind oberhalb (d. h. auf einem Niveau oberhalb) der Schiene angeordnet ([X.], Abs. [0011]; [X.], Abs. [0010]),

- eine [[X.]] neben (oberhalb, auf gleicher Höhe oder unterhalb) der [X.] ([X.], Abs. [0024]; [X.], Abs. [0023])

Zum weiteren in den Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmal [X.]6 („wobei alle über der [X.] angeordneten Sitze [X.] aufweisen“) wird auf die obigen Ausführungen unter Abschnitt a3) verwiesen.

a5) Die Klägerin kann ferner nicht mit dem Einwand durchdringen, dass Patentanspruch 1 deshalb nicht dem Erfordernis einer deutlichen (klaren) und knappen Anspruchsfassung i. S. v. Artikel 84 EPÜ, Regel 43 EPÜ genüge, weil dieser gegenüber dem Stand der Technik falsch abgegrenzt sei.

Die von der Klägerin hierzu zitierte, oben bereits genannte [X.]-Entscheidung „Proxyserversystem“ (vgl. [X.], 709 ff.) betrifft allerdings in erster Linie den Fall, dass eine Unklarheit durch die Einfügung eines zusätzlichen Merkmals herbeigeführt worden ist (vgl. S. 712): „Das zusätzliche Merkmal, wonach der Proxyserver die Daten vor der Übertragung ‚in ein einfacheres Datenübertragungsprotokoll auf der Basis von [X.] umsetzt‘, ist weder klar noch in der ursprünglichen [X.] enthalten. Dies steht seiner nachträglichen Aufnahme entgegen. [...] Unklar bleibt dabei zudem, was ‚auf der Basis von [X.] heißen soll. Was das einfachere an dem erfindungsgemäßen Protokoll sein soll, wird nicht erläutert.“ Die Klägerin hat nicht dargelegt, in welcher Weise die von ihre behauptete, falsche Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik hier (in vergleichbarer Weise) zu einer Unklarheit führt. Diese erscheint im Übrigen auch deshalb nicht nachvollziehbar, da Patentansprüche stets auszulegen und in ihrer Gesamtheit zu prüfen sind.

b) Das Fahrgeschäft gemäß Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] 1c ist neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

b1) Die weiteren von der Klägerin gegen eine wirksame Inanspruchnahme der Priorität aus der [X.] vorgetragenen Angriffe verfangen für den Hilfsantrag 1c nicht. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 bis 6 des [X.] 1c nehmen die Priorität aus der [X.] wirksam in Anspruch. [X.] dieser Fassung ist gemäß Art. 89 EPÜ der 21. September 2009, weshalb die [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] kein Stand der Technik i.S.v. Art. 54 Abs. 2 EPÜ sind und bei der Prüfung der Patentfähigkeit nicht herangezogen werden.

Die Priorität der Voranmeldung der [X.] kann vorliegend in Anspruch genommen werden, weil der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den [X.] unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (vgl. [X.] GRUR 2018, 175 (177) - „[X.]“; GRUR 2014, 542 (543) - „Kommunikationskanal“).

b1a) Der Klägerin kann nicht gefolgt werden, soweit sie das Merkmal [X.] („wobei die Illusion einer frei schwebenden Fahrt erhöht wird“) in der prioritätsbegründenden Patentanmeldung [X.] so nicht offenbart sieht.

Bereits in Abs. [0013] der [X.] ist ausgeführt: „Die äußeren Sitze haben jedoch keine [X.], sind also als sog. „Floorless“-Passagieraufnahmen ausgebildet. Die Passagiere empfinden auf diesen Sitzen ein anderes Fahrgefühl als auf den mittleren Sitzen, da ihre Beine ohne [X.] frei nach unten hängen. Zudem befinden sich die äußeren Sitze seitlich versetzt zu den Schienen 21. Der Fahrgast hat somit das Gefühl, in seinem Sitz frei über dem Boden zu schweben, wobei das Fehlen eines Fußblechs 11 den Effekt verstärkt.“ Im verteidigten Patentanspruch 1 ist in Übereinstimmung mit dem Abs. [0013] der [X.] nunmehr angegeben, dass die zweite [X.] seitlich bzw. seitlich oberhalb (vgl. [X.]. 2, 3) der [X.] angeordnet ist (Merkmal [X.] bzw. [X.]’). Damit hat der Fahrgast das Gefühl, in seinem Sitz frei über dem Boden zu schweben. Dieser Effekt wird durch das Fehlen eines Fußblechs 11, also indem die zweite [X.] ohne [X.] ausgebildet ist (Merkmal [X.]), verstärkt; es wird somit das Gefühl bzw. die Illusion einer frei schwebenden Fahrt im Sinne von Merkmal [X.] erhöht.

b1b) Es trifft nicht zu, dass die Unwirksamkeit der Inanspruchnahme der Priorität aus dem Umstand folgt, dass das Gefühl einer frei schwebenden Fahrt über dem Boden in der [X.] lediglich im Zusammenhang dem Fehlen eines Bodenblechs bzw. dem eines Fußblechs offenbart sei, während der umfassender formulierte Patentanspruchs 1 des [X.] auch eine andere Auslegung des Begriffs der [X.] zuließe.

In der [X.] ist im Abs. [0002] beschrieben: „Im Gegensatz zu bekannten Fahrgeschäften bietet dieses Fahrgeschäft je nach Sitzplatz unterschiedliche Fahrerlebnisse: Innere Sitze ([X.] zwei zentrale Sitze einer 4er-Reihe) sind normal ausgestaltet mit einem Bodenblech unter den Füßen der Fahrgäste, unter den äußeren Sitzen ([X.] zwei äußere Sitze einer 4er-Reihe) fehlt das Bodenblech, sodass dort das sogenannte Floorless-(ohne [X.]/ohne Fußblech/ohne Boden)-Fahrgefühl erlebt werden kann.“ Gemäß Abs. [0007] ist der Kernpunkt der Erfindung „die Kombination zweier unterschiedlicher Konzepte bzgl. der Gestaltung der [X.]n in einem Fahrzeug, nämlich mit und ohne [X.] (je nach Position des Sitzes)“. Im Abs. [0013] ist erwähnt, der „Fahrgast hat somit das Gefühl, in seinem Sitz frei über dem Boden zu schweben, wobei das Fehlen eines Fußblechs 11 den Effekt verstärkt“.

Im Übrigen gilt auch hier, dass der Fachmann unmittelbar und eindeutig aus den [X.] entnimmt, dass das fehlende Bodenblech als Synonym für die Angabe „ohne [X.]“, „ohne Fußblech“, „ohne Boden“ oder „Fehlen eines Fußblechs“ steht, während das Bodenblech als Synonym für eine „[X.]“, ein „Fußblech“ oder einen „Boden“ steht.

[X.]) Der Klägerin kann auch nicht insoweit gefolgt werden, als sie meint, in der prioritätsbegründenden Patentanmeldung [X.] sei nicht offenbart, dass alle über der [X.] angeordneten Sitze [X.] aufweisen könnten (Merkmal [X.]6). Richtig ist vielmehr Folgendes: Im Patentanspruch 1 der [X.] sind wenigstens zwei [X.]n angegeben, wobei die erste [X.] mit einer [X.] und die zweite [X.] ohne [X.] ausgebildet ist. In [X.]. 2 sind über den Schienen 21 zwei mittlere Sitze mit [X.] und zwei mittlere Sitze ohne Fußblech dargestellt. Im Abs. [0013] ist zur [X.]. 2 ausgeführt: „Die beiden mittleren Sitze jeder Reihe 10 sind oberhalb der Schienen 21 der Fahrtstrecke angeordnet. Vorzugsweise weisen alle mittleren Sitze, wie anhand der [X.]. 1 dargestellt, [X.] auf.“ Mit dem letzten Satz werden die in [X.]. 2 gezeigten beiden mittleren Sitze ohne Fußblech vorzugsweise ausgeschlossen. Aus dem Abs. [0014] i. V. m. der [X.]. 3 folgt, dass in einer Reihe zwei über den Schienen 21 angeordnete Sitze mit [X.] 11 vorhanden sind.

Durch die Angabe „wenigstens zwei [X.]n“ in Patentanspruch 1 sind die in den [X.]. 2 und 3 dargestellten vier [X.]n umfasst, von denen zwei [X.]n mit einer [X.] und zwei [X.]n ohne [X.] ausgebildet sind. Doch darauf ist der Patentanspruch 1 nicht beschränkt. Er umfasst auch mehr als vier [X.]n, deren Aufteilung in [X.]n mit [X.] und in solche ohne [X.] zumindest so weit definiert ist, dass eine [X.] mit einer [X.] und eine ohne [X.] ausgebildet ist. Damit liegt aber keine Beschränkung darauf vor, dass lediglich die beiden mittleren Sitze eine [X.] aufweisen können.

b1d) Es trifft ferner nicht zu, dass die Angaben „oberhalb“ bzw. „über“ in der prioritätsbegründenden Patentanmeldung [X.] nicht bzw. zumindest nicht im Zusammenhang mit der [X.] offenbart wären. Gemäß Abs. [0003] der [X.] verläuft die Schiene nur unter dem inneren bzw. den (beiden) inneren Sitzen, d. h. im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die inneren Sitze über der Schiene angeordnet sind. Die mittigen Sitze einer Reihe 10 mit [X.] (vgl. Abs. [0013]), hier sind die inneren Sitze gemeint, bzw. die [X.]n mit [X.] (vgl. Anspruch 1) sind gemäß den [X.]. 2 und 3 „über“ bzw. „direkt oberhalb“ der Schiene bzw. [X.] angeordnet.

b1e) Nicht zutreffend ist auch, dass die Merkmale [X.]1 und [X.]2, die den erteilten Patentansprüche 9 und 10 entnommen sind und gemäß Hilfsantrag 1c nunmehr in den [X.] 5 und 6 enthalten sind, nicht in der prioritätsbegründenden Patentanmeldung [X.] offenbart worden seien. Das kennzeichnende Merkmal des Patentanspruchs 5 ist in Patentanspruch 1 i. V. m. [X.]. 1 der [X.] offenbart, und das kennzeichnende Merkmal des Patentanspruchs 6 kann Abs. [0003] i. V. m. [X.]. 2 der [X.] entnommen werden.

b2) Die Neuheit des mit Hilfsantrag 1c verteidigten Patentanspruchs 1 ergibt sich vor dem Hintergrund des als nächstkommenden Standes der Technik heranzuziehenden [X.] „[X.]“ ([X.]). Das Fahrgeschäft weist das Merkmal [X.]6 nicht auf, denn dort ist in der ersten Reihe links bzw. rechts der beiden mittleren [X.]n mit der gelben Plattform jeweils eine [X.] über der blauen [X.] angeordnet, die keine [X.] aufweist (vgl. [X.] Foto 1 und Foto 5).

Auch die weiteren [X.] [X.] bis [X.], [X.], [X.], [X.]0, [X.]1, [X.]2, [X.]3 und [X.]6, zu denen die Klägerin beim Hilfsantrag 1c nicht mehr ausgeführt hat, nehmen das Fahrgeschäft gemäß Patentanspruch 1 in der Fassung des [X.] nicht neuheitsschädlich vorweg:

b2a) Die [X.] [X.] und [X.] betreffen Fahrgeschäfte, bei denen nicht alle über der [X.] angeordneten [X.]n [X.] aufweisen (Merkmal [X.]6 fehlt).

b2b) Die Druckschrift [X.] offenbart einen Sessellift mit zwei Sitzen, die nicht über einer [X.] angeordnet sind (Merkmal [X.] fehlt).

b2c) Aus der Druckschrift [X.] ist ein Fahrgeschäft bekannt, das [X.]n neben aber nicht über der [X.] aufweist (Merkmale [X.], [X.]6 fehlen).

b2d) Die Druckschrift [X.] betrifft eine Rückhaltevorrichtung für Belustigungsvorrichtungen (vgl. Anspruch 1). Im Vordergrund steht die Entwicklung einer verbesserten Rückhaltevorrichtung (vgl. Abs. [0010]). Damit liegt diese Druckschrift nicht im [X.]ickpunkt des Fachmannes bei der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Aufgabenstellung. Zur Ausgestaltung der Belustigungsvorrichtung, hier in Form eines [X.], ist angegeben, dass [X.] mit zwei in Fahrtrichtung hintereinander angeordneten Sitzen mit jeweils einer [X.] vorhanden sind. Die Fahrgastträger bewegen sich in Fahrtrichtung entlang einer geeigneten Führung, zum Beispiel einer endlichen oder endlosen [X.], an der sie über geeignete Fahrwerke (schematisch angedeutet) geführt sind (vgl. Abs. [0027], [0028]). Der Druckschrift [X.] sind keine Angaben zur Anordnung des Fahrgastträgers an den lediglich als geeignet bezeichneten und schematisch angedeuteten Fahrwerken zu entnehmen. Auch [X.]n ohne [X.] seitlich bzw. seitlich oberhalb der [X.] offenbart diese Druckschrift nicht (Merkmale [X.], [X.], [X.]‘ fehlen).

b2e) Die Druckschrift [X.] offenbart eine Belustigungsvorrichtung bzw. ein Fahrgeschäft mit vier Fahrgastsitzen ohne [X.], die seitlich neben dem Fahrwerk bzw. der Fahrstrecke angeordnet sind (vgl. Abs. [0001], [0002], [0020], [X.]. 3). Eine über der [X.] angeordnete [X.] mit einer [X.] weist dieses Fahrgeschäft nicht auf (Merkmale [X.]’, [X.]6 fehlen).

[X.]) Die Druckschrift [X.] betrifft eine Belustigungsvorrichtung in Gestalt eines [X.] mit über einer [X.] angeordneten [X.]n mit einer [X.] (vgl. [X.]. 5A, 5B und 6). Eine seitlich bzw. seitlich oberhalb der Schiene angeordnete [X.] ohne [X.] weist dieses Fahrgeschäft nicht auf (Merkmale [X.], [X.], [X.]‘ fehlen).

b2g) Die [X.] [X.] und [X.] betreffen ein Fahrgeschäft mit seitlich zur [X.] angeordneten [X.]n ohne [X.], wobei das Fahrgeschäft keine über der [X.] angeordnete [X.] mit einer [X.] aufweist (Merkmale [X.], [X.]6 fehlen).

b2h) Das Fahrgeschäft gemäß [X.] geht nicht über den [X.]sgehalt des [X.] „[X.]“ hinaus.

b2i) Zur Vergnügungsvorrichtung nach Art einer Achterbahn gemäß Druckschrift [X.] ist als wesentlich beschrieben, dass die [X.]n seitlich von der [X.] angeordnet sind (vgl. S. 1, [X.] 27 bis 29, [X.], [X.] 25 bis 27; [X.]. 1, 2, 3 und 5). Eine über der [X.] angeordnete [X.] ist damit ausgeschlossen (Merkmale [X.], [X.]6 fehlen).

b2j) Die Druckschrift [X.]0 offenbart eine Vergnügungsvorrichtung zur Illustration von [X.] für unerfahrene Nutzer mit einem Fahrzeug mit zwei Tragflächen und zwei oberhalb einer Schiene angeordneten [X.]n mit [X.] (vgl. S. 1, [X.] 20 bis 51, [X.]. 1, 2). Eine seitlich bzw. seitlich oberhalb der Schiene angeordnete [X.] ohne [X.] weist diese Vergnügungsvorrichtung nicht auf (Merkmale [X.], [X.], [X.]‘ fehlen).

[X.]) Die [X.] [X.]1, [X.]2, [X.]3 und [X.]6 liegen weiter weg. Auf diese hat die Klägerin bzgl. relativ zur Bewegungsrichtung nach hinten versetzt angeordneter [X.]n verwiesen, die nicht Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1c sind.

b3) Für den Fachmann lag es ferner nicht nahe, die beim Fahrgeschäft „[X.]“ ([X.]) vorhandene [X.] so zu verbreitern, dass alle über der [X.] angeordneten Sitze in den Genuss einer [X.] kommen. Auch eine Zusammenschau des [X.] „[X.]“ mit einer vorstehend unter b2a) bis [X.]) genannten, weiteren [X.] führt zu keinem anderen Ergebnis.

Der Klägerin kann nicht gefolgt werden, wenn sie meint, es hätte ausgehend von der [X.] keiner erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns mehr bedurft, die „gelbe Plattform“ über die gesamte Breite der blauen [X.], also beidseitig bis über die Schienen, zu verlängern. Richtig ist allerdings, dass es sich bei der Vergrößerung einer [X.] bei einem Floorless-Coaster wohl um ein generelles Mittel handelt, das ein Ingenieur, der über eine mehrjährige Erfahrung im Bereich des [X.] verfügt, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht ziehen wird und das zu seinem allgemeinen Fachwissen gehört. Gemäß der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] kann der Einsatz eines solchen, sich als objektiv zweckmäßig erscheinenden Mittels durchaus erfinderisch sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (vgl. [X.] GRUR 2018, 509 (516) - „[X.]infrequenz“ - und Urteil vom [X.] ([X.]) - „Führungsschienenanordnung“, abgedruckt [X.] in: [X.] 2021, 20068, Rz. 47 ff.). Diese besonderen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Die gelbe Plattform (vgl. Fotos 1 und 5) dient, wie insbesondere im Video 2 ([X.] 1:33, vergrößerter Ausschnitt) zu sehen ist, gemäß der Funktion (a), vgl. oben unter Abschnitt II., der Sicherheit der Füße und Beine der in den beiden mittleren [X.]n aufgenommenen Passagiere gegenüber den vertikal über die Schienen herausragenden Querträgern. Ein solches Sicherheitsbedürfnis besteht bei der links bzw. rechts der beiden mittleren [X.]n über der blauen Schiene angeordneten [X.] (vgl. Fotos 1 und 5) ersichtlich nicht, da dort der erforderliche Mindestabstand gegenüber der blauen Schiene bereits eingehalten ist. Daher weisen lediglich die beiden mittleren [X.]n eine Fußauflage auf, während bei allen übrigen [X.]n in der ersten Reihe ein „Floorless“-Fahrgefühl erlebt werden kann. Die beim Streitpatent vorgenommene Verbreiterung der Fußauflage ist daher aus fachlicher Sicht an sich „untunlich“, da sie das angestrebte Fahrgefühl durch eine unter Sicherheitsaspekten nicht notwendige Fußauflage zu zerstören geeignet ist. Vor diesem Hintergrund erweist sich die in Patentanspruch 1 niedergelegte Lehre als das Ergebnis einer komplexen Abwägung von sich widersprechenden Aspekten, die zwischen den - jeweils im Einzelfall unterschiedlich zu gewichtenden - Funktionen (a) bis (d) der Fußauflage vorzunehmen war. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 gemäß [X.] erscheint daher nicht als naheliegend und beruht damit auf einer erfinderischen Tätigkeit.

c) Die mit Hilfsantrag 1c verteidigten [X.] 2 bis 6, die im Gegensatz zu jenen nach Hilfsantrag 1b keine Ein- / Ausstiegsplattform (vgl. Merkmal [X.]3) mehr beanspruchen, haben durch ihren Rückbezug auf Patentanspruch 1 ebenso Rechtsbestand.

4. Da sich das Streitpatent bereits in der Fassung nach Hilfsantrag 1c als rechtsbeständig erweist, war über die Fassungen nach den [X.] 2a, 2b, 3a, 3b, 4a, 4b, 5a, 6a, 6b und 7a des Beklagten nicht mehr zu entscheiden.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die ausgeurteilte Kostenverteilung entspricht dem Anteil des Obsiegens und Unterliegens der Parteien unter Berücksichtigung des gemeinen Wertes des [X.], wie er sich aus einem Vergleich zwischen dem Gegenstand der erteilten Fassung und dem Gegenstand der Patentansprüche 1 bis 6 nach Hilfsantrag 1c ergibt, in deren Umfang sich das Streitpatent als rechtsbeständig erwiesen hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 [X.] i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Meta

7 Ni 55/19 (EP)

30.06.2021

Bundespatentgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Art 54 Abs 2 EuPatÜbk, Art 89 EuPatÜbk

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 30.06.2021, Az. 7 Ni 55/19 (EP) (REWIS RS 2021, 4464)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 4464

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