Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2011, Az. 5 StR 581/10

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 8557

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Nachschlagewerk: ja [X.]St : nein Veröffentlichung : ja StGB § 30, § 31 Abs. 1 [X.] und Verbre[X.]sverabredung.
[X.], Beschluss vom 16. März 2011 [X.] 5 [X.]

LG Kiel [X.] 5 [X.] [X.] vom 16. März 2011 in der Strafsache gegen wegen Verabredung eines Mordes u.a. - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 16. März 2011 beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. September 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO a) dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte im Fall [X.] der Urteilsgründe wegen Verbreitung kinderpor-nografischer Schriften, im Fall II.15 wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften und im Fall [X.] verurteilt ist; b) in den Einzelstrafaussprü[X.] in den Fällen II.13 bis 15 der Urteilsgründe, im Gesamtstrafausspruch und im [X.] aufgehoben; letzterer entfällt. 2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Schuldspruch wird in den Fällen II.4 bis 12 und 16 bis 25 der Urteilsgründe dahin klargestellt, dass der Angeklagte insoweit wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften in 13 Fällen (II.6 bis 8, 11 und 12 sowie 16 bis 23) und wegen [X.] kinderpornografischer Schriften in sechs Fällen (II.4, 5, 9, 10, 24, 25), davon in drei Fällen in Tateinheit mit deren Verbreitung (II.5, 10, 25), verurteilt ist. 3. Zur abschließenden Strafzumessung wird die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des [X.]. - 3 - [X.]e
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Verabredung eines [X.] (tateinheitlich eines Missbrauchs eines Kindes mit Todesfolge und einer Vergewaltigung mit Todesfolge) in Tateinheit mit Besitz und mit Verbreitung kinderpornografischer Schriften (Fall [X.]), wegen [X.] zu einer besonders schweren Vergewaltigung sowie tateinheitlich einem beson-ders schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes (Fall II.15), wegen [X.] eines schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes (Fall II.2), we-gen gefährlicher Körperverletzung (Fall II.1), wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes (Fall II.13), wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften ([X.]) und wegen 19 Fällen verschiedener Varianten von [X.] nach § 184b StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verur-teilt und hat die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwah-rung angeordnet. 1 2 Die Revision des Angeklagten erzielt auf die nicht ausgeführte Sach-rüge den aus der [X.] ersichtli[X.] Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1. Der Gegenstand der Schuldsprüche gegen den im Juni 2002 wegen Verbreitung pornografischer Schriften zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe verurteilten, mit einer Geldauflage und Therapieweisung be-legten Angeklagten, einen früheren Betriebsleiter, umfasst überwiegend Straftaten, die er im Rahmen einer [X.]plattform für —pädophil orientierte Mens[X.]fi namens —Zauberwaldfi begangen hat (unten 2 und 3). Lediglich vier Fälle betreffen ganz oder zum Teil außerhalb solcher [X.]aktivitäten vorgenommene Handlungen und Erklärungen. 3 a) Hierbei handelt es sich um eine gefährliche Körperverletzung zum Nachteil seines knapp drei Jahre alten [X.] durch Verabreichung einer lokal betäubenden Creme und einer aufgelösten Schlaftablette (Fall II.1 der 4 - 4 - Urteilsgründe; Freiheitsstrafe vier Monate), den Besitz zahlreicher kinderpor-nografischer Schriften bis zum Zeitpunkt der Sicherstellung seines Rechners am 29. September 2009 ([X.] der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe ein Jahr und vier Monate) und den als Verabredung eines Verbre[X.]s des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes abgeurteilten, mit dem [X.]

auch telefonisch abgespro[X.]en Plan, vom 25. bis 27. Juli 2008 im [X.] mit ihren Söhnen eine vom Angeklagten angemietete Ferienwohnung zu beziehen, in der es zu einem —[X.] kommen sollte und der Ange-klagte bei dem kindli[X.] [X.] des Zeugen B.

den Analverkehr voll-ziehen wollte (Fall II.2 der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe zwei Jahre und neun Monate). Die insoweit getroffenen Schuld- und Strafaussprüche sind [X.] beanstandungsfrei. 5 b) Soweit das [X.] den Angeklagten wegen dreier am [X.] in der Absicht der Verbreitung angefertigter Bilder wegen schwe-ren sexuellen Missbrauchs eines Kindes gemäß § 176a Abs. 3 i.V.m. § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB (Fall II.13 der Urteilsgründe; Freiheitsstrafe zwei Jahre und vier Monate) verurteilt hat, rechtfertigt der festgestellte Sachverhalt lediglich eine Bestrafung wegen des Herstellens pornografischer Schriften nach § 184 Abs. 1 Nr. 8 StGB. Auf den Fotos ist der [X.] des Angeklagten abgebildet, der eine Salatgurke wie beim Oralverkehr mit den [X.] fest umschließt. (1) Es ermangelt der Vornahme einer sexuellen Handlung (§ 184g Nr. 1 StGB) durch ein Kind. Zwar hat der Gesetzgeber durch das Ände-rungsgesetz vom 31. Oktober 2008 ([X.]) auch das sexuell auf-reizende Posieren von Kindern als eine solche Handlung erfasst (BT-Drucks. 16/9646 S. 2, 35 f.). Hierzu zählen jedenfalls Vorgänge, die gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild einen eindeutigen Sexualbezug aufweisen (vgl. schon [X.], Urteil vom 20. Dezember 2007 [X.] 4 [X.], [X.]R StGB § 184f sexuelle Handlung 2). Für das Posieren in obszönen Stellungen ist indes die Sicht auf sexualbezogene Körpermerkmale des Kindes [X.] (vgl. [X.]/Roggenbuck in [X.], 12. Aufl., § 184b Rn. 3). Solches ist 6 - 5 - bei dem vollständig bekleideten [X.] des Angeklagten nicht gegeben. Es wurde lediglich dessen Mund in eine Beziehung zu einem Gegenstand ge-bracht, der allein in der Fantasie eines späteren Betrachters als Darstellung des erigierten Gliedes eines Mannes begriffen werden konnte und sollte. Damit ist die Grenze zur Strafbarkeit nach § 176 StGB unter Berücksichti-gung seines Schutzgedankens und der erhebli[X.] Höhe der dort angedroh-ten Strafe noch nicht überschritten. Es ist nicht ersichtlich, dass die Handlung als solche oder die Umstände ihrer Vornahme geeignet gewesen wären, die geschützten Rechtsgüter des Kindes zu beeinträchtigen. Dies gilt auch dann, wenn als geschütztes Rechtsgut des § 176 StGB nicht allein die ungestörte sexuelle Entwicklung des Kindes angesehen wird (vgl. [X.], Urteile vom 24. September 1991 [X.] 5 StR 364/91, [X.]St 38, 68, 69 und vom 16. [X.] 1999 [X.] 2 StR 28/99, [X.]St 45, 131, 132), sondern auch sein Recht auf Achtung seiner Intimsphäre (vgl. [X.] in [X.], 12. Aufl., § 176 Rn. 3). Die dargestellte Handlung überschreitet unter beiden Gesichtspunkten nicht die Erheblichkeitsschwelle des § 184g Nr. 1 StGB, die bezogen auf das konkrete Rechtsgut festzustellen ist. (2) Ein Sexualbezug der A[X.]ildungen ist nach der [X.] Bewertung des [X.]s durch die vom Angeklagten [X.] und dessen sachverständig festgestellte insbesondere pädophile Disposition ([X.] f.) belegt. Mit den Bildern sollten die aus-schließlich einschlägig interessierten Benutzer der genannten [X.] auf einen Oralverkehr eines Knaben an Männern angespro[X.] und bei ihnen ein Bedürfnis nach sol[X.] Handlungen hervorgerufen oder verstärkt werden. Das verleiht den Fotos die Qualität pornografischer Schriften im [X.] des § 184 Abs. 1 StGB (vgl. [X.]/Roggenbuck, aaO, § 184 Rn. 5 bis 8), die der Angeklagte gemäß § 184 Abs. 1 Nr. 8 i.V.m. Abs. 1 Nr. 6 StGB hergestellt hat. Der [X.] stellt insoweit den Schuldspruch in entspre[X.]der Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO um. Er schließt aus, dass sich der Ange-klagte nach einem entspre[X.]den gerichtli[X.] Hinweis wirksamer als bis-7 - 6 - her hätte verteidigen können. Das neu berufene Tatgericht wird insoweit eine neue, notwendigerweise beträchtlich mildere Strafe festzusetzen haben. 2. Hinsichtlich der Fälle II.4 bis 12 und 16 bis 25 der Urteilsgründe, in denen das [X.] die Erlangung und Weiterleitung kinderpornografi-scher Dateien im Rahmen von Chatkontakten des Angeklagten mit unbe-kannt gebliebenen Partnern ausgeurteilt und Freiheitsstrafen jeweils zwi-s[X.] vier und acht Monaten festgesetzt hat, war lediglich die Tenorierung klarzustellen. Hinsichtlich der Fälle II.4 und 5 der Urteilsgründe billigt der [X.] die vom [X.] gefundene, mit den Entscheidungen der [X.] (NStZ-RR 2007, 41, 42) und [X.] (NJW 2010, 1893, 1895) übereinstimmende Rechtsauffassung (vgl. dazu Laufhüt-te/Roggenbuck, aaO, § 184b Rn. 10 mN). 8 9 3. Die beiden schwersten Schuldsprüche der Verabredung eines [X.] (Fall [X.] der Urteilsgründe) und des [X.] zu einer [X.] schweren Vergewaltigung (Fall II.15 der Urteilsgründe) halten der sachlichrechtli[X.] Prüfung nicht stand. a) Fall [X.] der Urteilsgründe (Verabredung zum Mord u.a.; [X.] neun Jahre): 10 aa) Der Angeklagte befand sich unter der anonymen Bezeichnung —No Limitfi an einem nicht näher feststellbaren Tag im [X.] 2009 zwis[X.] 12.50 Uhr und 19.59 Uhr auf der genannten [X.]plattform in einem auf seiner Festplatte in einer Textdatei gespeichert gebliebenen [X.] mit einem nicht identifizierten und für den Angeklagten nicht identifizierbaren, in den [X.] ansässigen Mann, der im Chat als —[X.] auftrat und den der Angeklagte aus einem früheren Chatkontakt kannte. In dem [X.] tauschten die Partner Gedanken über Pläne zu Kindesmissbrauch mit extremen sexuellen und sadistis[X.] Begleitumständen aus: 11 - 7 - Beide erwogen, um einen geeigneten kindli[X.] Sexualpartner zu [X.], ein Kind von der Straße zu nehmen; man müsse letztlich ein Kind [X.], das allein an einsamer Stelle auf dem Schulweg sei. Im Hinblick auf noch unverplante [X.] konstatierten der Angeklagte und —[X.], dass man die Pläne wohl Ende September in die Tat umsetzen könne. Nach dem Austausch dreier kinderpornografischer A[X.]ildungen konkretisierten sie ihr Vorhaben. Der [X.] favorisierte, den zu entführenden Jungen an den Hoden aufzuhängen; der Junge sollte dann in seiner Qual seine Hoden selbst abschneiden. Der Angeklagte wollte den Jungen würgen, während er ihn —fickefi. Beide vergewisserten sich gegenseitig, dass sie es [X.] meinten und dass —[X.] ein acht Jahre alter Junge aus einer ländli[X.] Ge-gend des nördli[X.] [X.] entführt und über einige Stunden gequält werden sollte. Der Tod des Jungen sollte durch —[X.] her-beigeführt werden, indem er seinen Penis dem Kind so tief in den Mund [X.] würde, dass es [X.] während der Angeklagte den Analverkehr ausübe [X.] daran ersticken würde. Der Leichnam könnte dann im Meer versenkt werden. 12 13 Zur Ausführung des Vorhabens erwogen der Angeklagte und —[X.], in den [X.] ein Fahrzeug zu mieten, dieses in [X.] mit ge-stohlenen Kennzei[X.] zu versehen und ein Ferienhaus an der [X.] zu mieten. Der Angeklagte übermittelte —[X.] das [X.]angebot eines [X.] in [X.]. Er hielt es für sinnvoll, dass er das Ferienhaus vorab buche. Als konkrete Tatzeit wurde [X.] im Hinblick auf die in [X.] am 30. Oktober 2009 endenden Schulferien [X.] der [X.] in Aussicht genommen. Ein verabredetes weiteres [X.] fand nicht mehr statt. [X.]) [X.] hat die Einlassung des Angeklagten, seine [X.]e seien reine Fiktion gewesen, beweiswürdigend durch die große Anzahl der Realitätskennzei[X.] und durch den Umstand als widerlegt angesehen, dass der Angeklagte diverse Grundschulen in [X.] im [X.] daraufhin untersucht habe, wie weit sie von [X.] - 8 - [X.] Polizeirevieren entfernt seien. Zudem habe der Angeklagte im einge-standenen Fall II.2 der Urteilsgründe nicht in Frage gestellt, dass nach der Präsentation des Bauernhofes im [X.] als Tatort das dort verabredete Tref-fen tatsächlich stattfinden sollte. [X.]) Die Feststellungen tragen die Annahme des Schwurgerichts nicht, der Angeklagte habe sich mit dem unbekannt gebliebenen Chatpartner —[X.] zu einem Verbre[X.] (u.a. des Mordes) gemäß § 30 Abs. 2 Variante 3 i.V.m. § 211 StGB verabredet. 15 (1) Eine Strafbarkeit setzt die vom [X.]li[X.] Willen getragene Eini-gung von mindestens zwei Personen voraus, an der Verwirklichung eines bestimmten Verbre[X.]s mittäterschaftlich mitzuwirken ([X.], Urteile vom 4. Februar 2009 [X.] 2 [X.], [X.]St 53, 174, 176 mN, und vom 13. No-vember 2008 [X.] 3 [X.], [X.], 497). Der Gesetzeswortlaut lässt offen, in welchem Umfang ein Verabredender die Identität seines präsumti-ven Mittäters kennen muss. Dies schließt die Annahme einer Verabredung zwis[X.] Personen, die sich lediglich über einen Tarnnamen in einem Inter-netchatforum kennen, nicht aus. Allerdings hat sich die bisherige Rechtspre-chung des [X.], soweit ersichtlich, ausschließlich mit Fällen von den präsumtiven Mittätern bekannten Identitäten der jeweils anderen befasst (vgl. [X.], JA 1979, 169; 171 f.; [X.] in [X.], 12. Aufl. § 30 Rn. 60 und 62; [X.], Urteile vom 28. Juni 2007 [X.] 3 [X.], [X.]R StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 7, vom 13. November 2008 [X.] 3 [X.], [X.], 497 und vom 4. Februar 2009 [X.] 2 [X.], [X.]St 53, 174). 16 Die Strafwürdigkeit der Verbre[X.]sverabredung erklärt sich aus der Willensbindung der Beteiligten ([X.], Strafrecht [X.] [2003], S. 303 Rn. 43), durch die bereits vor Eintritt in das Versuchsstadium eine Gefahr für das durch die vorgestellte Tat bedrohte Rechtsgut entsteht [X.], StGB, 58. Aufl., § 30 Rn. 2). Der von einer sol[X.] quasi-vertragli[X.] Verpflich-tung ausgehende Motivationsdruck sorgt oft dafür, dass es von einer [X.] - 9 - den Verabredung für einen Beteiligten kaum noch ein Zurück gibt, so dass bei Angriffen auf die wertvollsten und schutzbedürftigsten Rechtsgüter schon der Abschluss der Deliktsvereinbarung durch eine Strafdrohung verhindert werden muss ([X.] in [X.], 12. Aufl., § 30 Rn. 11). Eine solche auf die Begehung des intendierten Verbre[X.]s bezogene bindende Verabre-dung erfordert, dass jeder an ihr Beteiligte in der Lage sein muss, bei dem jeweils anderen präsumtiven Mittäter die von jenem zugesagten verbrecheri-s[X.] Handlungen (vgl. [X.], [X.], 289, 291) auch einfordern zu können. Dies kann auch zwis[X.] Personen geschehen, die lediglich unter Verwendung eines Tarnnamens kommunizieren. Solches wird sogar in etli-[X.] Fallkonstellationen, in denen es gilt, hierdurch eine Entdeckung zu vermeiden, für die sich [X.] sinnvoll sein und nötigt nicht dazu, dass [X.] etwa bei unbekannt bleiben wollenden Angehörigen verbrecherischer Organisationen [X.] Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Verabredung überwun-den werden müssten. Gleiches wird naheliegend anzunehmen sein, wenn anonym getroffene Abspra[X.] durch weitere Vorbereitungshandlungen oder deren Verabredung bestätigt worden sind. In Fällen, in denen die verabrede-te Tat [X.] wie vorliegend [X.] die gleichzeitige Präsenz der Mittäter bei Tatbege-hung voraussetzt, ist eine verbleibende völlige Anonymität freilich ausge-schlossen. Deren spätere Auflösung muss Teil des konkreten Tatplans sein. Schon hierfür fehlt es an vollständigen Feststellungen. (2) Insbesondere ist das [X.] bei der von ihm zu beurteilenden Fallkonstellation, in der es darum geht, Verbre[X.]sfantasie von wirklichem verbrecheris[X.] Willen und dessen Umsetzung abzugrenzen, dem Gebot der erschöpfenden Beweiswürdigung nicht umfassend gerecht geworden (vgl. [X.], Urteil vom 16. November 2006 [X.] 3 [X.], [X.], 384, 387, insoweit in [X.]St 51, 144 nicht abgedruckt; Brause, NStZ 2007, 505, 506). Seine Erwägungen vermögen deshalb nicht mehr als einen Verdacht der Verabredung zu einem Mord zu begründen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 12. Dezember 2001 [X.] 5 StR 520/01, [X.], 235). Die [X.] hat in ihren beweiswürdigenden Erwägungen mehrere die [X.] - 10 - sprache zwis[X.] dem Angeklagten und —[X.] betreffenden Umstände, die gegen deren Ernstlichkeit als Verbre[X.]sverabredung zu erwägen gewesen wären, nicht erkennbar bedacht. Die Absprache wurde in lediglich einem [X.] getroffen zwi-s[X.] Partnern, die sich nicht persönlich kannten und deren Identität nicht ohne Mitwirkung des anderen zu ermitteln war. Über einen direkten kommu-nikativen Zugang zu —[X.] verfügte der Angeklagte nicht. Die [X.] Fortsetzung der Kommunikation unterblieb genauso wie die vom Ange-klagten zugesagte Buchung des Ferienhauses ([X.]). Das [X.] hat sich auch nicht mit dem zentralen Einwand des Angeklagten auseinan-dergesetzt, er habe sich seinen Chatpartnern immer wieder durch das Wechseln seines [X.] entzogen, bevor es richtig konkret hätte [X.] können ([X.]). Es hat zudem in seiner Beweiswürdigung zur Be-stimmung des [X.] der Urteilsgründe den Charakter der vom Angeklagten im [X.] 2009 geführten [X.]e als eskalie-rende Fantasien ([X.]) [X.] in Abgrenzung zu denen im eingestandenen Fall II.2 der Urteilsgründe [X.] bezeichnet, ohne auf diese Gegensätzlichkeit für die hier zur nämli[X.] Zeit stattgefundene Tathandlung zurückzukommen. 19 Der vom [X.] herangezogene Umstand, der Angeklagte habe im eingestandenen Fall der Verabredung eines schweren sexuellen Miss-brauchs eines Kindes (Fall II.2 der Urteilsgründe) [X.] indes dort ohne den Aus-druck ausufernd perversen sexuellen Geschehens [X.] die Ernstlichkeit der [X.] nicht in Frage gestellt, ist kein den Angeklag-ten selbständig belastendes Indiz, weil dieser in jenem anders gelagerten Fall sogar weitergehend die Anmietung der Ferienwohnung im [X.] einge-standen hatte. 20 Schließlich stößt der von der [X.] als tragend he-rangezogene Umstand des [X.] in der hier zu beurteilenden Fall-konstellation der gebotenen Abgrenzung bloßer Verbre[X.]sfantasie von 21 - 11 - verbrecherischem Willen auf durchgreifende Bedenken. Ähnlich wie in [X.], in denen Angaben von Mittätern zu ihren Tatgenossen durch die [X.] selbst erlebter [X.] nicht wesentlich gestützt werden ([X.], Beschlüsse vom 26. April 2006 [X.] 1 [X.], [X.], 683, und vom 16. Juli 2009 [X.] 5 StR 84/09 mN), eignen sich detaillierte Angaben eines [X.] über ein Verbre[X.] nicht unbedingt zur Entscheidung der Frage, ob sie noch Fiktion oder bereits Ausdruck verbrecheris[X.] Willens sind. Das gilt jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art, nämlich des [X.], den eigenen Sexualtrieb und den des [X.] und befriedigender sexualbezogener Fantasien. Für die Bewertung, ob sich die Ausführungen des Angeklagten noch im Bereich solcher Fantasien bewegen, hätte der Umstand nicht unberücksichtigt blei-ben dürfen, dass der Angeklagte bislang gegenüber Kindern nicht sexuell übergriffig geworden ist. 22 (3) Der [X.] sieht davon ab, den Sachverhalt neu als Verbre[X.]s-verabredung aufklären zu lassen. Hierfür erforderliche zusätzliche selbstbe-lastende Bekundungen des Angeklagten erscheinen ausgeschlossen. Auch unter anderen [X.] des § 30 StGB wird sich eine Strafbar-keit nicht begründen lassen. Die hier soeben dargelegten Defizite in der Be-weiswürdigung legen es nahe, dass ein neu berufenes Tatgericht auch zu keiner Verurteilung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 StGB wegen strafbarer versuch-ter Anstiftung (vgl. [X.], JA 1979, 169, 170) oder wegen [X.] im Sinne des § 30 Abs. 2 StGB (vgl. [X.], Urteil vom 4. Februar 2009 [X.] 2 [X.], [X.]St 53, 174, 177; [X.], Beschluss vom 11. August 1999 [X.] 5 StR 217/99, [X.]R StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 5; [X.], aaO, § 30 Rn. 10) kommen wird. Ausschlaggebend für eine zu unterlassende Zurückverweisung ist [X.] jedenfalls, dass die Annahme einer Straflosigkeit nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB unumgänglich sein wird. 23 - 12 - Der Angeklagte muss, um nach dieser Vorschrift Straflosigkeit zu er-langen, sein Vorhaben lediglich aufgegeben haben. Insoweit verlangt das Gesetz weniger als die bis Ende 1974 geltende Vorgängerregelung des § 49a Abs. 3 Nr. 3 StGB, wonach ein Widerruf der Erklärung geboten war, durch die der Täter sich zu einem Verbre[X.] bereit erklärt hatte. Die Aufga-be des Vorhabens ist vom Tatgericht [X.] wie andere innere Tatsa[X.] [X.] be-weiswürdigend aus den gesamten Umständen festzustellen. Das Erfordernis einer Erkennbarkeit nach außen ist [X.] entgegen der im Gesetzgebungsverfah-ren geäußerten Vorstellung (BT-Drucks. IV/650, 155) [X.] dem [X.] nicht zu entnehmen ([X.], aaO, [X.] Rn. 98 bis 100; im Ergebnis ebenso die weit überwiegende Meinung in der Literatur: vgl. nur Schüne-mann, aaO, § 31 Rn. 16 f.; [X.] in [X.]/[X.], StGB, 28. Aufl., § 31 Rn. 8; [X.] in [X.], 7. Aufl., § 31 Rn. 14 f.; [X.], aaO, § 31 Rn. 4; [X.] in [X.], § 31 Rn. 18; [X.], StGB, 27. Aufl., § 31 Rn. 4 mN weiterer gegenteiliger Auffassungen). Die Aufgabe eines [X.] und deren äußere Erkennbarkeit sind ebenso zweierlei wie das Fassen eines Tatentschlusses und dessen Hervortreten nach außen ([X.], aaO, Rn. 100). Es spricht gegen eine freiwillige Aufgabe des Vorhabens, wenn ein Beschuldigter bei [X.] entdeckt wird oder scheitert, während der A[X.]ruch Erfolg verspre[X.]der Vorbereitungen oder ein [X.], wo nach der Bereiterklärung wenigstens vorbereitende Aktivitäten zu erwarten gewesen wären, auf einen freiwilligen Rücktritt deuten ([X.], aaO). Nur Letzteres ist nach den getroffenen Feststellungen anzunehmen. Der Angeklagte ist entgegen der Verabredung in keinen Chatverkehr mehr mit —[X.] eingetreten und hat es entgegen der Ankündigung unterlassen, das Ferienhaus für die in Aussicht genommene Tatzeit zu bu[X.]. 24 Der Tatvorwurf der Verbre[X.]sverabredung hat demnach im Fall [X.] der Urteilsgründe zu entfallen. Das neu berufene Tatgericht wird ledig-lich noch eine Strafe hinsichtlich der tateinheitlich ausgeurteilten Vergehen gemäß § 184b Abs. 2 und 4 Satz 1 (—[X.] verdrängt —[X.] nach Satz 2) StGB festzusetzen haben. 25 - 13 - b) Fall II.15 der Urteilsgründe (Verabredung zur besonders schweren Vergewaltigung u.a.; Freiheitsstrafe vier Jahre): 26 aa) Der Angeklagte befand sich in einer nicht näher bestimmbaren [X.] zwis[X.] 23.25 Uhr und 4.37 Uhr mit [X.] im Chatkontakt, der die anonyme Bezeichnung —[X.] führte. Beide spra-[X.] darüber, den fünf Jahre alten [X.] des —[X.] gemeinsam und gleichzeitig oral und anal an einem Wo[X.]ende während der Herbstferien in einer —[X.] zu missbrau[X.] und ihm sexuell motivierte Schmerzen zuzufügen. Der Angeklagte äußerte den Wunsch, —das Tatopfer beim [X.] in den Magen zu boxen und ihm Stecknadeln unter die Fußnägel zu [X.]fi. Auf die Ermahnung des Chatpartners, dass der Angeklagte ja die Grenzen kenne, konzedierte dieser, —dass der Junge das Ganze schon über-leben werde, dass [X.] [X.] aber wund sein und der Junge auch Griffmar-ken aufweisen werdefi. Der Angeklagte erklärte zum Abschluss des Kontakts, dass —[X.] ihm im Fall der Verwirklichung des Vorhabens —einen Le-benstraum erfüllenfi würde. 27 [X.]) Das [X.] hat sich beweiswürdigend davon überzeugt, dass der Angeklagte zur Begehung des genügend konkretisierten [X.] und Missbrauchsverbre[X.]s fest entschlossen war. Es vermochte sich aber nicht davon zu überzeugen, dass auch der Chatpartner des Ange-klagten fest vorhatte, sich an dem Verbre[X.] zum Nachteil seines [X.] als Mittäter zu beteiligen. Die [X.] hat deshalb die An-nahme einer Verbre[X.]sverabredung abgelehnt und den Angeklagten we-gen eines [X.] im Sinne des § 30 Abs. 2 StGB schuldig ge-spro[X.]. 28 [X.]) Die vom [X.] hierfür vorgenommene Prüfung des Vorsat-zes des Angeklagten ist lückenhaft. 29 - 14 - (1) Das [X.] hat zwar plausible und nachvollziehbare [X.] angestellt, die belegen, dass der vom Angeklagten erstrebte [X.] einem in der Realität zu verwirkli[X.]den Wunsch des Angeklagten entspringt. 30 Der Schuldspruch hat aber jedenfalls deshalb keinen Bestand, weil das [X.] auch hier keine tragfähige Begründung für den Ausschluss eines strafbefreienden Rücktritts (§ 31 StGB) gefunden hat. Es würde einem neu berufenen Tatgericht nach Prüfung der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht mehr möglich sein, zu einem Schuldspruch wegen des [X.] zu einer besonders schweren Vergewaltigung zu kommen. Insoweit wird auf die obigen Erwägungen zu [X.] der Urteilsgründe (oben [X.]. 22) verwiesen und darauf, dass in der bisherigen Beweiswürdigung ([X.]) die zentralen Einwände des Angeklagten unberücksichtigt geblieben sind. Diese könnten nicht anders als ein Aufgeben des Vorhabens bewertet werden. 31 32 (2) Die Frage, ob es für die vom Tatgericht angenommene Strafbar-keit angesichts der vollständigen Anonymität zwis[X.] den [X.] auch an ausrei[X.]den Feststellungen dafür fehlte, dass der Angeklagte im Rahmen des [X.] die Annahme des Anerbietens tatsächlich schon [X.]lich erstrebt hat [X.], aaO, § 30 Rn. 10), bedarf danach keiner Vertiefung. (3) Der [X.] sieht auch in diesem Fall davon ab, die Sache neu [X.] und bewerten zu lassen. Weitere selbstbelastende Bekundungen des Angeklagten erscheinen auch insoweit genauso ausgeschlossen wie die Er-langung zusätzlicher belastender Indizien. Der vom Angeklagten willentlich als Textdatei auf seinem Computer gespeicherte Chatverkehr mit —[X.] unterfälllt ohne Weiteres der Strafbarkeit nach § 184b Abs. 4 Satz 2 StGB. Der [X.] stellt den Schuldspruch dementspre[X.]d um. Die [X.] - 15 - schrift des § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil der insoweit geständige Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können. 4. Der Wegfall von drei der vier höchsten Einzelstrafen nötigt zur [X.] der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe und des maßgeblich auf den zugehörigen Verurteilungen beruhenden [X.]s. Dieser hat zu entfallen. Eine Festsetzung von Strafen, die die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB erfüllen könnten, ist nach den [X.] und den bei der Bemessung der neuen Strafen zu beachtenden Maßstäben [X.] auszuschließen. Die Festsetzung der Strafen in den Fällen II.13 bis 15 und der Gesamtfreiheitsstrafe wird auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen vorzunehmen sein. Diese können freilich um solche ergänzt werden, die den bisher getroffenen Feststellungen nicht widerspre[X.]. 34 35 5. Nachdem ein die Zuständigkeit des Schwurgerichts nach § 74 Abs. 2 GVG begründendes Verbre[X.] nicht mehr Verfahrensgegenstand ist, wird sich eine allgemeine Strafkammer des [X.]s mit der Sache zu befassen haben (vgl. [X.], Urteil vom 7. September 1994 [X.] 2 StR 264/94, NJW 1994, 3304, 3305, insoweit nicht in [X.]St 40, 251 abgedruckt).
[X.] Brause Schneider [X.]

Meta

5 StR 581/10

16.03.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.03.2011, Az. 5 StR 581/10 (REWIS RS 2011, 8557)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8557

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