Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2004, Az. IX ZR 56/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2783

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 56/03
Verkündet am: 17. Juni 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2004 durch [X.] Kreft und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 29. Januar 2003 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die [X.] den Klägern die Zahlung weiteren [X.] schuldet.

Mit notariellem Vertrag vom 3. Juni 1992 erwarb die [X.] von der später in Konkurs gefallenen [X.].

GmbH (im folgenden: [X.]) ein Wohnungs- und Teilerbbaurecht an einer noch zu errichtenden Wohnanlage zu einem Gesamtpreis von 397.000 DM. Die Vertragsparteien erklärten in der Urkunde die dingliche Einigung; der Bauträger bewilligte und die Klägerin beantragte die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch. Auf dem zu bebauenden Grundstück lasteten [X.] im Nennbe-trag von einer Million und 5,3 Millionen DM zugunsten der [X.] Aktiengesellschaft (später [X.]

- 3 - bank AG; im folgenden: [X.]). Für diese Grundpfandrechte hatte die [X.] mit Schreiben vom 26. November 1991 eine Lastenfrei-stellungsverpflichtung abgegeben. Der beurkundende Notar sollte den Vertrag unter anderem erst dann dem Grundbuchamt zum Vollzug vorlegen, wenn der Bauträger ihm schriftlich mitgeteilt hatte, daß der geschuldete Kaufpreis be-zahlt sei und die Lastenfreistellungserklärung der H.

bank vorliege. Die [X.] behielt einen Teil des vereinbarten Entgelts wegen mangelhafter Bauleistung ein.

Die [X.] beauftragte die Kläger im Jahre 1993 mit der Wahrneh-mung ihrer Interessen. Mit am 7. Dezember 1994 bei den Klägern eingegange-nem Schreiben nahm sie zu Ausführungen der Bevollmächtigten des Bauträ-gers Stellung. Mit Schreiben vom 2. Januar 1995 teilten die Kläger ihr darauf-hin mit, daß sie "die Angelegenheit bezüglich Ihrer Wandelungsansprüche etc. noch einmal ausführlich überprüft" hätten. Im Ergebnis rieten sie von der Erhe-bung einer Wandelungsklage ab. Die Kläger, die aufgrund von [X.] bereits 2.895,70 DM von der [X.]n erhalten hatten, stellten dieser nach Ende des Mandats mit Kostenrechnung vom 19. Dezember 2001 aus einem Gegenstandswert von 397.000 DM u.a. für ihre "Tätigkeit auf La-stenfreistellung und Eigentumsübertragung gegenüber W.

und dann an-schließend H. bank" insgesamt (weitere) 4.000,51 • in Rechnung. Das [X.] hat der eingeklagten Geschäfts- und Besprechungsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.] einen Gegenstandswert von 270.000 DM, den [X.], zugrundegelegt und die [X.] unter Abweisung der weiter gehenden Klage zur Zahlung von 1.287,74 • nebst Zinsen verurteilt. Ihre hiergegen gerichtete Berufung blieb erfolglos. Mit - 4 - der Revision verfolgt die [X.] ihren Antrag, die Klage insgesamt abzuwei-sen, weiter.
Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

Die Kläger haben gegen die [X.] aus § 611 BGB einen Anspruch auf Zahlung restlichen [X.] in einer Höhe, die den ausgeurteilten Betrag übersteigt. Denn angefallen sind sowohl die Geschäftsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) als auch die Besprechungsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Die jeweilige [X.] ist aus einem Gegenstandswert in Höhe von jedenfalls 178.711,41 • (349.529,14 DM) zu berechnen.

1. Das [X.] hat den Gegenstandswert allein im Blick auf die bei der [X.] zu erwirkende Pfandfreigabe bestimmt. Damit hat es [X.] den Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit verkannt (§ 7 Abs. 1 [X.]).

a) Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist das Recht oder Rechtsver-hältnis, auf das sich die Tätigkeit eines Rechtsanwalts bezieht. Dabei wird der Gegenstand durch den Auftrag des Auftraggebers bestimmt ([X.], Urt. v. 5. April 1976 - [X.], [X.] § 7 [X.] Nr. 2; v. 17. November 1983 - [X.], [X.]. 1984, 501; v. 24. November 1994 - [X.] ZR 222/93, [X.], 118, 122; v. 11. Dezember 2003 - [X.] ZR 109/00, NJW 2004, 1043, 1045; [X.]/v. Eicken/[X.], [X.] 15. Aufl. § 7 Rn. 2). - 5 - b) Das Mandat, das die [X.] den Klägern erteilt hatte, umfaßte auch die Prüfung der Frage, ob eine Wandelungsklage Aussicht auf Erfolg hatte. Die [X.] hat zwar hierzu wiederholt vorgetragen, daß sie von Anfang an [X.] habe, die Wohnung zu behalten, ein Mandat, diese zurückzugeben, habe sie den Klägern nicht erteilt. Nicht bestritten hat sie jedoch, daß das am 7. Dezember 1994 bei den Klägern eingegangene Schreiben von ihr stammt. Darin hatte sie an den Kläger zu 3 unter Hinweis auf die "unfertige Wohnung" die Fragen gerichtet: "Muß ich das alles einfach so hinnehmen? [X.] ich als Verbraucher keinerlei Rechte?" Diese Fragen durften die Kläger auch als [X.] verstehen, die Aussichten einer Wandelung in rechtlicher und tatsächli-cher Hinsicht zu prüfen. Sie sind daher zu Recht in ihrem Schreiben vom 2. Januar 1995 an die [X.] ausführlich auf die Geltendmachung von [X.] eingegangen.

c) Nach Sachlage wäre nicht eine Klage "auf" Wandelung gemäß § 465 BGB a.F. zu erheben gewesen. Vielmehr hätte die [X.] nach Abgabe einer Wandelungserklärung sofort auf Leistung klagen müssen. Dementsprechend haben die Kläger in ihrem bereits erwähnten Schreiben vom 2. Januar 1995 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ein "Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises" wohl nicht realisiert werden könne. Verlangt der Käufer in einem solchen Fall sein Geld - hier: den geleisteten Teilbetrag - zurück, so ist der Forderungsbetrag wertbestimmend ([X.]/[X.], BGB 13. Bearb. § 465 Rn. 27; [X.], ZPO 21. Aufl. § 3 Rn. 63; [X.], ZPO 2. Aufl. § 3 Rn. [X.] b 1; [X.]/[X.], [X.] für den Zivilprozeß 11. Aufl. Rn. 5004, 5005; s. auch [X.], 17; [X.]/[X.], 2. Aufl. § 3 Rn. 136). Dieser Betrag beläuft sich auf 178.711,41 •. Das ergibt sich aus der von den Klägern mit [X.] vom - 6 - 1. Juli 2002 vorgelegten Aufstellung des Bauträgers vom 11. April 1995, der die [X.] in den Tatsacheninstanzen nicht widersprochen hat. Ob darüber hin-aus für die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts in einem solchen Fall der volle Kaufpreis wertbestimmend ist, kann der Senat offenlassen.

2. Aus diesem Gegenstandswert ist die Geschäftsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 [X.] angefallen. Das gleiche gilt für die Besprechungsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 [X.]: Aus den von den Klägern mit [X.] vom 27. März 2002 vorgelegten Schreiben vom 23. Mai 1995 an die Bevoll-mächtigte des Bauträgers und an die [X.] sowie aus den mit [X.] vom 1. Juli 2002 vorgelegten weiteren Schreiben vom 11. Januar 1995 an die [X.] und vom 19. Juli 1995 an die Bevollmächtigte des Bauträgers ergibt sich, daß der Kläger zu 3 wiederholt mit der Bevollmächtigten Besprechungen über tatsächliche oder rechtliche Fragen der Angelegenheit durchgeführt hat (vgl. [X.], Urt. v. 11. Dezember 2003, aaO S. 1047; [X.]/ v. Eicken/[X.], aaO § 118 Rn. 8). Daß das Mandat in der Zwischenzeit die Frage einer Wandelung nicht mehr umfaßte, hat die [X.] nicht vorgetra-gen. Ob auch die Besprechungen mit der [X.] auf den Gegen-standswert von 178.711,41 • bezogen werden können, kann somit [X.].

3. An der rechtlich zutreffenden Einordnung des Gegenstands der an-waltlichen Tätigkeit ist der Senat nicht durch den Umstand gehindert, daß die [X.] keine dahin zielende Verfahrensrüge erhoben hat. Die Frage, was Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit war, betrifft die rechtliche Würdigung des zu beurteilenden Tatbestands, d.h. die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung dahin, ob die richtige Rechtsnorm richtig angewandt worden ist. - 7 - An die geltend gemachten Revisionsgründe ist der Senat nicht gebunden (§ 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO; vgl. MünchKomm/[X.], ZPO 2. Aufl. Aktualisie-rungsband § 557 Rn. 37 ff; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 551 Rn. 10).

4. Werden die von den Klägern mit Kostenrechnung vom 19. Dezember 2001 geltend gemachten 7,5/10-Geschäftsgebühr und 7,5/10-Besprechungsge-bühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.]) aus einem Gegenstandswert von 178.711,41 • berechnet, ergibt sich - ausgehend von dem am 7. Dezember 1994 geltenden Gebührenrecht (§ 134 Abs. 1 Satz 1 [X.]) - eine die bereits von der [X.]n geleistete Zahlung von 2.895,70 DM sowie den zuerkannten Betrag von 1.287,74 • übersteigende Summe. Daß die Zahlung der [X.]n auf den nämlichen Gegenstand erfolgt ist, der auch der Kostenrechnung vom 19. Dezember 2001 zugrunde liegt, ist von den Vorinstanzen zutreffend erkannt worden. Sie ist daher auf die mit dieser Kostenrechnung geltend gemachten Gebühren und Auslagen anzurechnen (§ 13 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 [X.]). Gleichwohl verbleibt zugunsten der Kläger ein Überschuß. Die von der [X.] erhobene Einrede der Verjährung greift nicht durch; das ergibt sich schon daraus, daß sie die Einrede nicht auf [X.] bezogen hat, die Gegenstand der Kostenrechnung vom 19. Dezember 2001 sind.

Kreft Ganter

[X.]

[X.]

[X.]

Meta

IX ZR 56/03

17.06.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2004, Az. IX ZR 56/03 (REWIS RS 2004, 2783)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2783

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