Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.03.2018, Az. 3 AZR 277/16

3. Senat | REWIS RS 2018, 12103

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Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des [X.] vom 26. November 2015 - 7 [X.] - teilweise aufgehoben.

Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 27. März 2015 - 17 Ca 9163/14 - teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 27.765,24 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 4.627,54 Euro seit dem 2. Februar 2015, dem 2. März 2015, dem 2. April 2015, dem 4. Mai 2015, dem 2. Juni 2015 und dem 2. Juli 2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz haben der Beklagte zu [X.] und der Kläger zu [X.] zu tragen.

Die Kosten der Berufung und der Revision hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung verpflichtet ist, dem Kläger einen Übergangszuschuss zu zahlen.

2

Der im August 1951 geborene Kläger war - unter Berücksichtigung von Vordienstzeiten - seit dem 7. November 1971 als Tarif-Mitarbeiter bei der [X.] beschäftigt. Bei dieser galt die zum 1. Januar 1982 in [X.] getretene „Vereinbarung zum Übergangszuschuß bei Pensionierung im [X.]“ vom 22. Dezember 1981 (im Folgenden [X.] 1981). Diese Gesamtbetriebsvereinbarung enthält ua. folgende Regelungen:

        

„Mitarbeiter des [X.]es erhalten nach ihrer Pensionierung einen Übergangszuschuß. Damit soll den Mitarbeitern der Übertritt in den Ruhestand wirtschaftlich erleichtert werden

        

Im einzelnen gilt folgendes:

        

1.    

Die [X.] räumt ihren Mitarbeitern einen Rechtsanspruch auf den Übergangszuschuß ein.

        

2.    

Voraussetzung ist, daß der Mitarbeiter

                 

-       

mindestens 10 Dienstjahre (ohne Ausbildungszeiten) nach Vollendung des 18. Lebensjahres bei der [X.] abgeleistet hat u n d

                 

-       

im unmittelbaren Anschluß an die aktive Dienstzeit bei der [X.] pensioniert wird.

        

3.    

Die Höhe des Übergangszuschusses, der für 6 Monate gezahlt wird, entspricht der Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt bei regelmäßiger tariflicher oder abweichend vereinbarter Arbeitszeit (ohne einmalige Zuwendungen, tariflicher vermögenswirksamer Leistungen, Vergütungen für Mehrarbeit, zusätzliches Urlaubsgeld, [X.] sowie Zuschläge für Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit) und dem [X.].“

3

Nachdem die [X.] die [X.] 1981 zum 30. September 1983 gekündigt hatte, vereinbarte sie mit dem Gesamtbetriebsrat am 29. Juli 1983 die zum 1. Oktober 1983 in [X.] getretene Gesamtbetriebsvereinbarung zum „Übergangszuschuß bei Pensionierung im [X.]“ (im Folgenden [X.] 1983). Danach bleibt es für Mitarbeiter, die bis zum 30. September 1983 in ein Arbeitsverhältnis eingetreten sind, bei der bisherigen Regelung.

4

Das Arbeitsverhältnis des [X.] ging am 1. Januar 1997 aufgrund eines Betriebsübergangs auf die [X.] über.

5

Bei der [X.] gilt die „Betriebsvereinbarung zur Vereinbarung allgemeiner Rahmenbedingungen für die [X.] ([X.]) für Mitarbeiter im [X.] der SR“ vom 21. September 2005 (im Folgenden [X.]) mit ihren Anlagen. Die [X.] bestimmt ua.:

        

1     

Einführung, Anwendung der [X.] und [X.], Bezeichnung [X.]

                 

Unternehmen und Betriebsrat vereinbaren für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im [X.] (Mitarbeiter) die betrieblichen Altersversorgung nach den [X.] zur [X.] S ALTERSVERSORGUNG TARIFKREIS SR ([X.] [X.] [X.], Anlage 1) sowie nach den [X.] [X.] zur [X.] ([X.] [X.] [X.], Anlage 2).

                 

Eine besitzstandswahrenden Integration und Ablösung der nach der [X.] bislang bestehenden Versorgungsanwartschaften erfolgt nach den für die [X.] jeweils geltenden Allgemeinen Überleitungsbedingungen zur [X.] S ALTERSVERSORGUNG SR (AÜB) (3).

                 

Soweit in dieser Betriebsvereinbarung einschließlich der einzelnen Anlagen [X.], [X.] und AÜB jeweils die Bezeichnung [X.] bzw. die Abkürzung [X.] verwendet wird, ist damit - soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt wurde - jeweils ausschließlich die [X.] SR ([X.]) in Bezug genommen.

        

…       

        
        

2.2     

Mitarbeiter im [X.]

        

2.2.1 

…       

                 

Sie gilt ferner für Mitarbeiter, die vor Inkrafttreten (4) bereits in einem Arbeitsverhältnis zum Unternehmen gestanden haben und auf Grund der Erklärung zur Anwendbarkeit Allgemeiner Überleitungsbestimmungen (3) in diese Betriebsvereinbarung einbezogen werden.

                 

…       

        

3       

Anwendung Allgemeiner Überleitungsbedingungen (hier: AÜB [X.])

                 

Für Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis zum Unternehmen am 01.10.2005 (Ablösungsstichtag) besteht und die als Mitarbeiter im [X.] Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Richtlinien der [X.] vom 01.10.19831 erworben haben (im Folgenden: [X.], [X.]) und die vom Unternehmen - insbesondere gemäß Ziffer 10 der Überleitungsvereinbarung für die Beschäftigungsbedingungen der Mitarbeiter des [X.] der [X.] in die [X.] vom 14.10.1996 bzw. gemäß Ziffer 10 der Änderung der Beschäftigungsbedingungen für die Mitarbeiter der [X.] vom 10.12.1999 sowie gemäß der Überleitungsvereinbarung für die Beschäftigungsbedingungen der Mitarbeiter [X.] der [X.] in der [X.] vom 10.12.1999 - fortgeführt werden, wird mit Wirkung zum 01.10.2005 die Anwendung der Allgemeinen Bedingungen zur Überleitung [X.] in die [X.] TARIFKREIS vereinbart (AÜB [X.], Anlage 3).

                 

Die Anwendung der AÜB [X.] nach Satz 1 gilt entsprechend für Mitarbeiter nach 2.2.1 Satz 1, denen vom Unternehmen vor Unterzeichnung dieser Betriebsvereinbarung noch Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach der [X.] zugesagt wurden.

        

4       

Schlussvorschriften

                 

Diese Betriebsvereinbarung tritt … zum 01.10.2005 in [X.]. …“

6

Die Anlage 1 zur [X.] - „ALLGEMEINE VERSORGUNGSBEDINGUNGEN [X.] TARIFKREIS ([X.] [X.] TARIFKREIS)“ - regelt auszugsweise:

        

2     

Geltungsbereich

                 

Diese [X.] gelten, sofern sie in eine betriebliche Versorgungszusage (Zusage) einbezogen werden wie z.B. im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder eines Einzelvertrages.

        

…       

        
        

2.2     

Mitarbeiter im [X.]

                 

Der Geltungsbereich ist in der Zusage (2) geregelt.

        

…       

        
        

4.6     

Versorgungsfall

        

4.6.1 

[X.] tritt ein mit Erwerb eines Anspruchs nach 4.6.2 bis 4.6.4.

        

4.6.2 

Der Mitarbeiter erwirbt im Erlebensfall Anspruch auf die Auszahlung des Versorgungsguthabens nach Maßgabe der Auszahlungsrichtlinie

                  ·       

als Alterskapital, wenn das Arbeitsverhältnis mit oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres (feste Altersgrenze) endet, oder

                  ·       

als vorzeitiges Alterskapital auf Antrag des Mitarbeiters und mit Zustimmung des Unternehmens, wenn das Arbeitsverhältnis mit oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres vor Erreichen der festen Altersgrenze endet, oder

                  ·•     

als Invalidenkapital, wenn das Arbeitsverhältnis vor Erreichen der festen Altersgrenze endet und von da an unbefristete Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch genommen wird.

        

…       

        
        

6       

Schlussvorschriften

                 

Das Inkrafttreten der [X.] [X.] TARIFKREIS ist in der Zusage (2) geregelt.“

7

Die Anlage 3 zur [X.] - „ALLGEMEINE ÜBERLEITUNGSBEDINGUNGEN [X.] zum Übergang von Versorgungsanwartschaften nach [X.] in die [X.] TARIFKREIS ([X.] [X.])“ - bestimmt auszugsweise:

        

1     

Einführung

                 

Diese Allgemeinen Überleitungsbedingungen gelten, sofern sie in eine betriebliche Versorgungszusage (Zusage) einbezogen werden wie z.B. im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder eines Einzelvertrages.

                          
        

2       

Geltungsbereich

                 

Der Geltungsbereich ist in der Zusage (1) geregelt.

        

…       

        
        

6       

Zahlungen außerhalb der betrieblichen Altersversorgung und Anrechnung

        

6.1     

Grundsatz

                 

Die bestehenden Regelungen im Zusammenhang mit der Gewährung von befristeten Übergangszuschüssen, Beihilfen, tariflicher Sterbefallunterstützung sowie zur befristeten Rentenfortzahlung (befristete Übergangsgelder) an den Mitarbeiter bzw. an den hinterlassenen Ehegatten werden im bisherigen Umfang fortgeführt11.

        

6.2     

Anrechnungen auf befristete Übergangsgelder

                 

Die Leistungen aus dem integrierten Besitzstand (3 und 4) sowie aus dem [X.] nach den [X.] [X.] TARIFKREIS werden auf die befristeten Übergangsgelder12 angerechnet. …“

8

Durch Beschluss des [X.] vom 26. September 2012 wurde über das Vermögen der [X.] (im Folgenden Insolvenzschuldnerin) das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis des [X.] betriebsbedingt zum 31. Dezember 2012. [X.] des [X.] betrug zuletzt 5.582,93 Euro brutto. Der Kläger war vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2014 arbeitslos. Seit dem 1. Januar 2015 bezieht er eine Rente für besonders langjährig Versicherte aus der gesetzlichen Rentenversicherung und vom Beklagten eine Betriebsrente iHv. monatlich 439,41 Euro brutto.

9

Mit seiner Klage hat er die Zahlung des Übergangszuschusses begehrt und die Auffassung vertreten, dieser sei eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 27.880,40 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat das erstinstanzliche Urteil auf die Berufung des [X.] teilweise abgeändert und den Beklagten zur Zahlung eines Übergangszuschusses iHv. 27.880,40 Euro brutto nebst Zinsen seit dem 1. Januar 2015 verurteilt. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Ziel einer vollständigen Klageabweisung weiter. Der Kläger begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision bleibt im Wesentlichen erfolglos. Die Klage ist überwiegend begründet. Der [X.] ist verpflichtet, an den Kläger einen Übergangszuschuss iHv. 27.765,24 Euro brutto zuzüglich Zinsen zu zahlen.

I. Der [X.] ist als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung nach § 7 Abs. 2 [X.] verpflichtet, für die Zahlung des Übergangszuschusses einzutreten, nachdem über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin des [X.] das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und damit ein Sicherungsfall eingetreten ist. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] haben Personen, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine nach § 1b [X.] unverfallbare Versorgungsanwartschaft haben, einen Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung, wenn die Anwartschaft auf einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers beruht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

1. Dem Kläger wurde durch die [X.] 1981 idF der [X.] 1983 von seiner damaligen Arbeitgeberin eine unmittelbare Versorgungszusage auf Gewährung eines Übergangszuschusses erteilt.

2. Der Übergangszuschuss ist eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung.

a) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] liegt betriebliche Altersversorgung vor, wenn dem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung zugesagt sind. Die Zusage muss einem [X.] dienen und die Leistungspflicht muss nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis, nämlich Alter, Invalidität oder Tod ausgelöst werden. Erforderlich und ausreichend ist, dass durch die vorgesehene Leistung ein im [X.] genanntes biometrisches Risiko teilweise übernommen wird. Die Altersversorgung deckt einen Teil der „Langlebigkeitsrisiken“, die Hinterbliebenenversorgung einen Teil der [X.] und die [X.] einen Teil der [X.] ab. Die Risikoübernahme muss in einer Versorgung bestehen. Dabei ist der Begriff der Versorgung weit auszulegen. Versorgung sind alle Leistungen, die den Lebensstandard des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Versorgungsfall verbessern sollen. Außer Zusagen auf rentenförmige Leistungen können auch einmalige Kapitalzuwendungen die Merkmale der betrieblichen Altersversorgung erfüllen. Es genügt, dass der [X.] die Leistung und deren Regelung prägt (vgl. [X.] 20. September 2016 - 3 [X.] - Rn. 15 mwN, [X.]E 156, 196).

b) Danach handelt es sich bei dem Übergangszuschuss nach der [X.] 1981 um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.].

[X.]) Der Übergangszuschuss dient der Versorgung des Arbeitnehmers bei Eintritt in den Ruhestand.

(1) Nach dem Eingangssatz der [X.] 1981 und dem zweiten Spiegelstrich seiner Nr. 2 erhalten Mitarbeiter den Übergangszuschuss nach ihrer Pensionierung. Der Zuschuss soll danach für einen [X.]raum von sechs Monaten die Differenz zwischen dem zuletzt bezogenen Brutto-Monatsentgelt und dem [X.] ausgleichen, um den Mitarbeitern den Übertritt in den Ruhestand wirtschaftlich zu erleichtern. Der Umfang der Zuwendung ist geeignet, den Lebensstandard des Arbeitnehmers im Versorgungsfall zu verbessern und dient damit dem [X.]. Etwas anderes folgt - entgegen der Ansicht des [X.]n - nicht daraus, dass der Übergangszuschuss nur zeitlich befristet geleistet wird. Dies gilt unabhängig davon, ob während dieser [X.] typischerweise ein erhöhter Versorgungsbedarf besteht. Für die Versorgungsfunktion einer Leistung kommt es nicht darauf an, wie lange diese gewährt wird. Selbst einmalige Kapitalleistungen können Versorgungscharakter haben (vgl. [X.] 28. Oktober 2008 - 3 [X.] - Rn. 27 mwN, [X.]E 128, 199).

Der Umstand, dass die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht angerechnet wird, und dadurch nach Ansicht des [X.]n eine für die betriebliche Altersversorgung untypische „Überversorgung“ eintritt, gibt ebenfalls keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Dem Arbeitgeber bleibt es unbenommen, seinen Arbeitnehmern eine auch über ihrem letzten Entgelt liegende Altersversorgung zu gewähren.

(2) Da der Übergangszuschuss voraussetzt, dass der Arbeitnehmer in den Ruhestand getreten ist, bezweckt er weder die Überbrückung einer Arbeitslosigkeit noch zielt er darauf ab, einen Wechsel des Arbeitsplatzes zu erleichtern. Anders als der [X.] meint, ist der Übergangszuschuss auch nicht mit dem Zweck eines Sterbegeldes vergleichbar. Denn während ein Sterbegeld typischerweise einen anlassbedingten erhöhten Aufwand wie etwa Bestattungskosten ausgleichen soll (vgl. hierzu etwa [X.] 10. Februar 2009 - 3 [X.] - Rn. 19; 19. September 2006 - 1 [X.] - Rn. 24; 10. August 1993 - 3 [X.] - zu 2 c der Gründe), trägt der Übergangszuschuss dazu bei, finanzielle Verluste, die aus dem Wegfall des bisherigen Einkommens aus dem Arbeitsverhältnis entstehen, für den Arbeitnehmer zu verringern und ihm den Übergang in den Ruhestand wirtschaftlich zu erleichtern. Schon deshalb dient er trotz seiner zeitlichen Beschränkung dazu, die finanzielle Lage des [X.] zu verbessern und hat daher Versorgungscharakter (vgl. [X.] 28. Oktober 2008 - 3 [X.] - Rn. 29, [X.]E 128, 199).

bb) Der rechtlichen Einordnung des Übergangszuschusses als eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung steht weder seine Bezeichnung als „Übergangszuschuss“ noch der Umstand entgegen, dass dieser nicht im Versorgungswerk der Insolvenzschuldnerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin geregelt ist, sondern in einer eigenen (Gesamt)Betriebsvereinbarung. Zwar lassen Wortlaut und Systematik Rückschlüsse auf die Vorstellungen der Betriebsparteien zur Einordnung der Leistungen zu. Jedoch sind weder ihre Einschätzung noch ihr Regelungswille entscheidend, da die zwingenden Bestimmungen des Betriebsrentenrechts nicht umgangen werden können (vgl. [X.] 28. Oktober 2008 - 3 [X.] - Rn. 33 mwN, [X.]E 128, 199).

cc) Entgegen der Auffassung des [X.]n ist es unerheblich, dass der Übergangszuschuss an einen Eintritt in den Ruhestand im unmittelbaren [X.] an die aktive Dienstzeit bei der Arbeitgeberin geknüpft ist. Eine solche Bedingung ändert am [X.] der Leistung nichts. Liegt eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung vor, ist die Zulässigkeit einer solchen Voraussetzung an den Vorgaben des [X.]es zu messen. Gegebenenfalls ist die Bedingung nach § 19 Abs. 3 [X.] unwirksam (vgl. [X.] 28. Oktober 2008 - 3 [X.] - Rn. 34, [X.]E 128, 199; 18. Februar 2003 - 3 [X.] - zu I 1 c bb der Gründe).

dd) Gegen die rechtliche Einordnung des Übergangszuschusses als betriebliche Altersversorgung spricht schließlich nicht, dass Hinterbliebene keinen Anspruch auf diese Leistung haben. Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Deshalb ist er grundsätzlich auch berechtigt, Hinterbliebene von einzelnen Versorgungsleistungen auszunehmen, ohne dass dies den Versorgungscharakter der Leistung für die Versorgungsberechtigten berührt.

3. Die dem Kläger in der [X.] 1981 idF der [X.] 1983 erteilte Zusage einer Leistung der betrieblichen Altersversorgung in Form des Übergangszuschusses bestand auch noch bei Eintritt des [X.] am 26. September 2012.

Der Übergangszuschuss war bei der Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin durch Gesamtbetriebsvereinbarung - die [X.] 1981 - geregelt und durch eine weitere Gesamtbetriebsvereinbarung - die [X.] 1983 - für Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis, wie beim Kläger, vor dem 1. Oktober 1983 begonnen hatte, aufrechterhalten worden. Die Regelungen der [X.] 1981 idF der [X.] 1983 wurden jedenfalls aufgrund des Betriebsübergangs auf die spätere Insolvenzschuldnerin nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB in das Arbeitsverhältnis des [X.] transformiert. An deren Geltung für das Arbeitsverhältnis des [X.] hat sich auch durch das Inkrafttreten der [X.] zum 1. Oktober 2005 nichts geändert. Nr. 1 Abs. 2 [X.] iVm. Nr. 6.1 Anlage 3 zur [X.] ordnen für diejenigen Arbeitnehmer, die - wie der Kläger - bereits vor dem 1. Oktober 1983 in einem Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin standen, die Fortgeltung der bestehenden Regelungen über die Gewährung des Übergangszuschusses ausdrücklich an (vgl. Nr. 2.2.1 Abs. 2 und Nr. 3 Abs. 1 [X.] iVm. Nr. 1 der Anlage 3 zur [X.]).

4. Der im August 1951 geborene Kläger hatte bei Eintritt des [X.] am 26. September 2012 auch eine nach § 1b iVm. § 30f Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 [X.] unverfallbare Anwartschaft erworben. Er hatte sein 30. Lebensjahr vollendet und die Zusage für den Übergangszuschuss bestand ab dem 1. Januar 2001 mehr als fünf Jahre.

5. Der Kläger erfüllt - entgegen der Auffassung des [X.]n - die Leistungsvoraussetzungen nach Nr. 2 [X.] 1981 idF der [X.] 1983. Er ist zwar nicht im unmittelbaren [X.] an seine aktive Dienstzeit in den Altersruhestand getreten. Dies führt jedoch nicht zu einem Anspruchsausschluss, da die Regelung in Nr. 2 Spiegelstrich 2 [X.] 1981 idF der [X.] 1983 nach § 19 Abs. 3 [X.] iVm. § 134 BGB nichtig ist. Denn die Anwartschaft des [X.] auf Gewährung des Übergangszuschusses war unverfallbar.

II. Dem Kläger steht für die [X.] vom 1. Januar 2015 bis zum 30. Juni 2015 ein Übergangszuschuss iHv. 4.627,54 Euro brutto monatlich, also insgesamt 27.765,24 Euro brutto zu.

1. Der Umfang der Eintrittspflicht des [X.]n für den Übergangszuschuss bestimmt sich nach § 7 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 und Satz 6 iVm. § 2 Abs. 1 [X.] (vgl. zur Anwendung von § 7 Abs. 2 [X.] in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung ausführlich [X.] 20. Februar 2018 - 3 [X.] - Rn. 13 mwN). Dabei verweist § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 [X.] auf die Berechnungsmethode in § 2 Abs. 1 [X.], mit der im Fall des Ausscheidens des Arbeitnehmers mit gesetzlich unverfallbarer Betriebsrentenanwartschaft deren Höhe ermittelt wird. Jedoch tritt der [X.]punkt des die Eintrittspflicht des [X.]n auslösenden [X.] - hier der Insolvenzeröffnung (§ 7 Abs. 2 Satz 1 [X.]) - an die Stelle des [X.]punkts des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis, wenn dieses zumindest bis zum [X.]punkt des [X.] fortgedauert hat (vgl. [X.] 20. Februar 2018 - 3 [X.] - Rn. 18).

2. Die Höhe der insolvenzgeschützten Anwartschaft ist danach zeitratierlich zu berechnen. Diese Berechnung erfolgt dergestalt, dass die Dauer des Arbeitsverhältnisses von dessen Beginn bis zum Sicherungsfall in das Verhältnis gesetzt wird zur möglichen Betriebszugehörigkeit vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zum Erreichen der festen Altersgrenze. [X.] ist der diesem Verhältnis entsprechende Teil der bei einer Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nach der maßgeblichen Versorgungsordnung erreichbaren „fiktiven“ Vollrente (vgl. [X.] 19. Juli 2011 - 3 [X.] - Rn. 17 mwN, [X.]E 138, 346).

Die mögliche Betriebszugehörigkeit ist die [X.] vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur festen Altersgrenze, sofern die Versorgungsordnung eine solche bestimmt. Regelt die Versorgungsordnung keine feste Altersgrenze, umfasst die mögliche Betriebszugehörigkeit die [X.] vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Bei der Berechnung der insolvenzgeschützten Anwartschaft gelten nach § 7 Abs. 2 Satz 6 Halbs. 1 [X.] die Grundsätze der Veränderungssperre und des [X.]. Danach bleiben Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen, die nach dem Sicherungsfall eintreten, außer Betracht.

3. Für die Berechnung der insolvenzgeschützten Anwartschaft des [X.] auf einen Übergangszuschuss ist bei der möglichen Betriebszugehörigkeit ein Lebensalter von 65 Jahren und fünf Monaten zugrunde zu legen.

a) Zwar benennt die [X.] 1981 selbst keinen [X.]punkt, zu dem im Regelfall - und zwar unabhängig von den Voraussetzungen des § 6 [X.] - mit einer Inanspruchnahme der Betriebsrente und einem altersbedingten Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu rechnen ist. Da der Übergangszuschuss aber nach der Pensionierung gezahlt werden muss, ist die in Nr. 4.6.2 Anlage 1 zur [X.] geregelte Altersgrenze der Vollendung des 65. Lebensjahres maßgeblich. Mit dieser haben die Betriebsparteien - wie der Klammerzusatz in Nr. 4.6.2 Spiegelstrich 1 zeigt - eine feste Altersgrenze bestimmt.

b) Gemäß Nr. 6 und Nr. 2 Anlage 1 zur [X.] iVm. Nr. 3 und Nr. 4 [X.] ist die Regelung am 1. Oktober 2005 und somit deutlich vor Inkrafttreten des [X.] vom 20. April 2007 ([X.]I S. 554) am 1. Januar 2008 vereinbart worden. Insoweit tritt anstelle der ausdrücklich genannten Grenze des 65. Lebensjahres die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (ausführlich hierzu vgl. [X.] 15. Mai 2012 - 3 [X.] - Rn. 48 bis 52 mwN, [X.]E 141, 259) und damit im Fall des im August 1951 geborenen [X.] ein Lebensalter von 65 Jahren und fünf Monaten (§ 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

4. Bei einer tatsächlichen Betriebszugehörigkeit vom 7. November 1971 bis zum 26. September 2012 und damit von (aufgerundet) 491 Monaten und einer möglichen Betriebszugehörigkeit vom 7. November 1971 bis zum 10. Januar 2017 und damit (abgerundet) 541 Monaten beträgt der [X.]wertfaktor 0,907579. Ausgehend von einem monatlichen Entgelt iHv. 5.582,93 Euro brutto ergibt dies 5.066,95 Euro brutto (5.582,93 Euro x 0,907579). Davon ist die - bereits zeitratierlich gekürzte - monatliche SAF-Rente iHv. 439,41 Euro brutto abzuziehen, sodass sich ein monatlicher Übergangszuschuss von 4.627,54 Euro brutto errechnet.

III. Der Anspruch auf Verzugszinsen folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 BGB iVm. § 614 Satz 2 BGB. Die monatlichen Übergangszuschüsse sind jeweils ab dem zweiten Tag des Folgemonats mit einem Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

IV. [X.] beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

    Wemheuer    

        

        

        

    Lohre    

        

    Rau    

                 

Meta

3 AZR 277/16

20.03.2018

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 27. März 2015, Az: 17 Ca 9163/14, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.03.2018, Az. 3 AZR 277/16 (REWIS RS 2018, 12103)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12103

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