Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2007, Az. VII ZB 6/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 3069

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[X.][X.] vom 4. Juli 2007 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja GG Art. 25 Allein der in Bedingungen von St[X.]tsanleihen ausgesprochene allgemeine Verzicht des St[X.]tes auf Immunität für gerichtliche Verfahren einschließlich des Zwangsvoll-streckungsverfahrens bedeutet keinen Verzicht auf den besonderen Schutz der dip-lomatischen Immunität. [X.], Beschluss vom 4. Juli 2007 - [X.] ZB 6/05 - [X.]

[X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 4. Juli 2007 durch den [X.] [X.], [X.], [X.], die Richte-rin [X.] und [X.] Eick beschlossen: [X.] des Gläubigers gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats des [X.] vom 7. November 2003 - 25 W 100/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Gründe: [X.] Der Gläubiger ist Inhaber von St[X.]tsanleihen der Schuldnerin. In § 12 Abs. 4 der Anleihebedingungen der St[X.]tsanleihe heißt es: 1 "In dem Ausmaß, in dem die [X.] derzeit oder zukünftig Immunität (aus ho-heitlichen oder sonstigen Gründen) von der Gerichtsbarkeit irgendeines Ge-richts oder von irgendeinem rechtlichen Verfahren (ob bei Zustellung, [X.], Pfändung, Vollstreckung oder in einem sonstigen Zusammenhang) in Bezug auf sich selbst oder ihre Einkünfte, ihr Vermögen oder Eigentum [X.] oder erwerben sollte, verzichtet die Anleiheschuldnerin hiermit unwiderruf-lich auf eine solche Immunität in Bezug auf ihre Verpflichtungen aus den [X.] in dem Umfang, in dem sie dazu gemäß dem anwend-baren Recht berechtigt ist." - 3 - Das [X.]

verurteilte die Schuldnerin zur Zah- lung von 766.937,82 • und Zinsen an den Gläubiger Zug um Zug gegen [X.] der Inhaberschuldverschreibungen. Aus diesem Urteil betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in Konten, die die Schuldnerin bei der [X.] unterhält. 2 3 Mit Schreiben vom 25. März 2003 erklärte der Botschafter der Schuldne-rin in [X.], dass diese Konten "allein dazu dienen, die Ausgaben und Kosten für Einrichtung und Tätigkeit der diplomatischen Mission in [X.] abzuwickeln. Die dort unterhaltenen Guthaben sind beispielsweise zur Zahlung der Löhne und Gehälter der Ange-stellten und Mitglieder der diplomatischen Mission, der Miete für die Botschafts-räume sowie andere mit deren Einrichtung und Tätigkeit verbundenen [X.] bestimmt – Eine Pfändung dieser Konten würde den Botschaftsbetrieb schwerwiegend beeinträchtigen.fi Auf Antrag des Gläubigers hat das Amtsgericht am 23. April 2003 die Pfändung von Konten, die die Schuldnerin bei der Drittschuldnerin führt, wegen einer Forderung in Höhe von insgesamt 843.188,78 • angeordnet und die [X.] aus den Konten an den Gläubiger überwiesen. Die Erinnerung der Schuldnerin gegen diesen Beschluss hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgehoben und den Antrag des Gläubigers zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde möchte der Gläubiger die Wiederherstellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses errei-chen. 4 - 4 - I[X.] 5 Das Beschwerdegericht führt aus, die finanzielle Abwicklung der [X.] und Kosten der Botschaft der Schuldnerin über das streitgegenständliche Konto gehöre unmittelbar zur Aufrechterhaltung der diplomatischen Funktionen der Schuldnerin. Die Schuldnerin habe nachvollziehbar dargelegt und [X.] glaubhaft gemacht, dass die Pfändung den Botschaftsbetrieb schwer-wiegend beeinträchtige. Dieser Feststellung stehe weder der Vortrag des Gläu-bigers, dass die Botschaft trotz der Pfändung über Monate unbeeinträchtigt [X.] betrieben worden sei, noch die Höhe des Guthabens der Schuldnerin auf diesen Konten entgegen. Das Guthaben der Schuldnerin auf diesen Konten genieße kraft allgemeinen Völkerrechts den besonderen Immunitätsschutz zu-gunsten diplomatischer Vertretungen bei der Zwangsvollstreckung. Die [X.] in dieses Vermögen setze einen ausdrücklichen Verzicht auf diesen besonderen Schutz voraus. Einen solchen habe die Schuldnerin mit dem pau-schalen Immunitätsverzicht in Art.12 der Anleihebedingungen nicht erklärt, so dass die angegriffene Pfändungsmaßnahme die Grenzen überschreite, die das Völkerrecht der Zwangsvollstreckung gegen einen fremden St[X.]t setze. II[X.] [X.] hat keinen Erfolg. 6 1. Zwar hätte über die in zulässiger Weise gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO beim Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - eingelegte sofortige Beschwer-de nicht das [X.], sondern das [X.] zu entscheiden gehabt. § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG ist hier nicht anzuwenden (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Oktober 2006 - [X.] ZB 24/06, [X.], 487 = [X.] 2007, 167). Dies [X.] - 5 - liegt aber nicht der Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Nach dem Regelungsgehalt der § 576 Abs. 2 ZPO, § 571 Abs. 2 Satz 2 ZPO kann nicht überprüft werden, ob das vorinstanzliche Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat (vgl. für die entsprechende Frage der Überprüfung der Zuständigkeit des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz [X.], Urteil vom 22. Februar 2005 - [X.], [X.], 1660). Der Nachprüfung ist in-soweit auch die funktionelle Zuständigkeit entzogen (vgl. [X.] für den Fall der Anwendung der § 545 Abs. 2, § 513 Abs. 2 ZPO [X.], Beschluss vom 26. Juni 2003 - [X.], [X.], 2917). 2. [X.] ist unbegründet. Die Zwangsvollstreckung in die gepfändeten Konten ist unzulässig, weil die Schuldnerin insofern nicht der [X.] Gerichtsbarkeit unterliegt. 8 a) Die Schuldnerin genießt hinsichtlich der Ansprüche aus den gepfände-ten Bankkonten diplomatische Immunität, weil diese Konten der diplomatischen Vertretung der Schuldnerin zur Wahrnehmung ihrer amtlichen Funktion dienen. 9 [X.]) Von Völkerrechts wegen darf bei Maßnahmen der [X.] gegen einen fremden St[X.]t nicht auf die seiner diplomatischen Vertre-tung zur Wahrnehmung ihrer amtlichen Funktion dienenden Gegenstände zu-gegriffen werden, sofern dadurch die Erfüllung der diplomatischen Tätigkeit be-einträchtigt werden könnte ([X.], Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 2 [X.], [X.]E 46, 342, 394/395; [X.], Beschluss vom 4. Oktober 2005 - [X.] ZB 8/05, NJW-RR 2006, 425, 426 = Rpfleger 2006, 133; [X.], Beschluss vom 28. Mai 2003 - [X.], NJW-RR 2003, 1218, 1219 = Rpfleger 2003, 518). Bei der Beurteilung dieser Gefährdung zieht das Völkerrecht den [X.] zugunsten des anderen St[X.]tes sehr weit und stellt auf die typische, abstrakte Gefahr, nicht aber auf eine konkrete Beeinträchtigung der [X.] - 6 - schen Tätigkeit ab ([X.], [X.]O, [X.]; [X.], [X.]O). Demgemäß sind generell die den diplomatischen und konsularischen Missionen dienenden Gegenstände unverletzlich ([X.], [X.]O; [X.], [X.]O). 11 bb) Die Feststellung des [X.], dass die gepfändeten [X.] der diplomatischen Vertretung der Schuldnerin zur Wahrnehmung ihrer amtlichen Funktionen dienen, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass von der Schuldnerin von Völkerrechts wegen lediglich verlangt werden kann, glaubhaft zu machen, der gepfändete Gegenstand diene der Aufrechterhaltung der [X.] ihrer diplomatischen Vertretung. Es wäre eine völkerrechtswidrige Einmi-schung in die Angelegenheiten eines fremden St[X.]tes, wenn diesem angeson-nen würde, die Verwendungszwecke eines ihm gehörenden [X.] näher darzulegen ([X.], Beschluss vom 13. Dezember 1977 - 2 [X.], [X.]E 46, 342, 400; [X.], Beschluss vom 4. Oktober 2005 - [X.] ZB 8/05, NJW-RR 2006, 425, 426 = Rpfleger 2006, 133; [X.], Beschluss vom 28. Mai 2003 - [X.], NJW-RR 2003, 1218, 1220 = Rpfleger 2003, 518 m.w.[X.]). Deshalb genügt es, wenn der fremde St[X.]t durch die gehörige Versicherung eines zuständigen Organs glaubhaft macht, dass der Vermö-gensgegenstand unmittelbar der Aufrechterhaltung der Funktionen der diploma-tischen Vertretung dient ([X.], [X.]O; [X.], [X.]O m.w.[X.]). Eine Überprüfung der Zwecke, zu denen der Entsendest[X.]t ein Guthaben auf einem Konto be-stimmt hat, ist nicht zulässig, denn eine solche Prüfung würde "die Gefahr des Eindringens in den internen Funktionsbereich der diplomatischen Vertretung des Entsendest[X.]tes heraufbeschwören; dies ist kraft völkerrechtlichen Ge-sandtschaftsrechts ohne Zustimmung des Entsendest[X.]ts schlechterdings ver-wehrt. Dem Entsendest[X.]t ohne seine Zustimmung von Seiten der Vollstre-ckungsorgane des Empfangsst[X.]ts anzusinnen, das Bestehen oder die [X.] - 7 - ren, gegenwärtigen oder künftigen Verwendungszwecke von Guthaben auf ei-nem solchen Konto näher darzulegen, würde – eine völkerrechtswidrige [X.] in die ausschließlichen Angelegenheiten des Entsendest[X.]ts darstel-len" ([X.], [X.]O S. 400 f.). 13 Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Be-schwerdegericht die Erklärung des Botschafters der Schuldnerin vom 25. März 2003 als ausreichend angesehen hat. Rechtsfehler des [X.] bei der tatrichterlichen Würdigung dieser Erklärung hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Da eine konkrete Beeinträchti-gung des [X.] nicht erforderlich ist, sondern die abstrakte Ge-fahr genügt, dass die Erfüllung der diplomatischen Tätigkeit des Entsendest[X.]-tes beeinträchtigt wird, ist der Vortrag des Gläubigers zur Höhe des Guthabens der Schuldnerin auf den gepfändeten Konten ebenso unerheblich wie auch der Umstand, dass die Botschaft der Schuldnerin trotz der Pfändung ihren Betrieb weiter aufrechterhalten konnte. b) Die Schuldnerin hat hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen [X.] nicht auf ihre Immunität verzichtet. Zutreffend ist das Beschwerdege-richt davon ausgegangen, dass der Verzicht auf die besondere, diplomatische Immunität ausdrücklich erklärt werden muss (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Dezember 2006 - 2 [X.], [X.], 57, 59 ff.). Das Bundesverfas-sungsgericht hat in dieser Entscheidung, die sich mit den hier relevanten Anlei-hebedingungen der Schuldnerin befasst, festgestellt, es gebe keine allgemeine Regel des Völkerrechts, dass ein ausländischer St[X.]t durch einen allgemeinen, in seinen Anleihebedingungen enthaltenen Immunitätsverzicht nicht nur auf den Schutz der allgemeinen St[X.]tenimmunität verzichte, sondern seine Zustimmung auch zur Vollstreckung in solches Vermögen erkläre, das der Aufrechterhaltung des Betriebs seiner diplomatischen Mission diene ([X.], [X.]O). Zur Vollstre-14 - 8 - ckung in die streitgegenständlichen Konten wäre ein ausdrücklicher Immuni-tätsverzicht der Schuldnerin erforderlich gewesen, der über die Erklärung in den Anleihebedingungen hinausgeht. An einem solchen Verzicht fehlt es, wie im angefochtenen Beschluss rechtsfehlerfrei im Einzelnen dargelegt ist. [X.][X.]

[X.] [X.] Eick Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.06.2003 - 23 M 4848/03 - [X.], Entscheidung vom 07.11.2003 - 25 W 100/03 -

Meta

VII ZB 6/05

04.07.2007

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2007, Az. VII ZB 6/05 (REWIS RS 2007, 3069)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 3069

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