Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.03.2018, Az. 5 StR 652/17

5. Strafsenat | REWIS RS 2018, 12742

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Gegenstand

Schwere Vergewaltigung: Erfüllung des Qualifikationstatbestands bei Verwendung eines Narkosemittels


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. August 2017

a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt ist,

b)mit den zugehörigen Feststellungen im Strafausspruch aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die auf eine Verfahrensbeanstandung und die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu einer Schuldspruchänderung und zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. [X.] hat keinen Bestand.

3

a) Nach den Feststellungen des [X.]s betäubte der Angeklagte die Nebenklägerin am 25. Dezember 2016 während eines gemeinsamen Kaffeetrinkens durch Beimischung einer beträchtlichen Menge des Medikaments Tavor (Wirkstoff Lorazepam) in ihren Kaffee, um ungestört ihr Smartphone daraufhin kontrollieren zu können, wo sie [X.] verbringe. Die Nebenklägerin verfiel in einen schwer bewusstseinsgetrübten Zustand bis hin zur Bewusstlosigkeit, der bis zum Folgetag andauerte. Der Angeklagte entschloss sich nun, unter Ausnutzung der geschaffenen Situation auch sexuelle Handlungen an der widerstandsunfähigen Nebenklägerin durchzuführen. Er fertigte eine Reihe von Bildaufnahmen unter anderem von ihrem unbekleideten Geschlechtsteil und vollzog den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss.

4

b) In Übereinstimmung mit der Auffassung des [X.] ergeben diese Feststellungen weder den vom [X.] angenommenen [X.] nach § 177 Abs. 7 Nr. 2 StGB noch einen anderen [X.] gemäß § 177 Abs. 7 oder 8 StGB. Dabei kann offenbleiben, ob das insoweit allein in Betracht kommende narkotisierende Medikament als „Werkzeug oder Mittel“ im Sinne von § 177 Abs. 7 Nr. 2 StGB oder als „gefährliches Werkzeug“ nach § 177 Abs. 7 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 StGB gelten könnte (vgl. zum „gefährlichen Werkzeug“ [X.], Beschluss vom 27. Januar 2009 - 4 StR 473/08, [X.], 505; krit. [X.], 12. Aufl., § 177 Rn. 271). Denn der Angeklagte fasste den Vergewaltigungsvorsatz erst, nachdem er die Nebenklägerin bereits betäubt hatte. Damit fehlt es sowohl an der in § 177 Abs. 7 Nr. 2 StGB bezeichneten Absicht als auch am Merkmal des Verwendens bei der Tat im Sinne von § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB. Aus demselben Grund scheidet § 177 Abs. 7 Nr. 3 StGB aus. Den Urteilsgründen kann ferner nicht entnommen werden, dass der Angeklagte das Medikament als Täter einer Vergewaltigung, mithin bei der Tat, bei sich führte (§ 177 Abs. 7 Nr. 1, 2 StGB).

5

c) Der Senat schließt aus, dass noch Feststellungen getroffen werden können, auf deren Grundlage eine Verurteilung wegen eines [X.]es nach § 177 Abs. 7 oder 8 StGB erfolgen kann. Jedoch sind die Voraussetzungen von § 177 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB rechtsfehlerfrei festgestellt. Im Blick darauf war der Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO zu berichtigen. Paragraph 265 StPO steht dem nicht entgegen.

6

2. Der Wegfall des [X.]es entzieht dem Strafausspruch die Basis. Trotz der auch auf der Grundlage von § 177 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 6 Satz 1, 2 Nr. 1 StGB nicht übersetzten Strafe kann nicht ausgeschlossen werden, dass das [X.] bei zutreffender Bewertung eine mildere Strafe verhängt hätte.

Mutzbauer     

      

Sander     

      

[X.]

      

König     

      

Berger     

      

Meta

5 StR 652/17

07.03.2018

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Görlitz, 18. August 2017, Az: 610 Js 673/17 - 9 KLs

§ 177 Abs 7 Nr 2 StGB, § 177 Abs 8 Nr 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.03.2018, Az. 5 StR 652/17 (REWIS RS 2018, 12742)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12742

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 418/18

5 StR 652/17

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