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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V [X.]
vom
26. September 2013
in der Zurückschiebungshaftsache
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 419 Abs.
1 Satz
1
Verständigungsschwierigkeiten mit dem Betroffenen rechtfertigen ebenso wie die Schwierigkeit der Sach-
und Rechtslage nicht die Bestellung eines Verfahrenspfle-gers.
[X.] Art.
103 Abs.
1
Ist dem Verfahrenspfleger vor seiner Teilnahme an der Anhörung des Betroffenen ein Haftantrag übermittelt worden, ist der Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Ge-hör auch dann gewahrt, wenn ihm der Haftantrag nicht ausgehändigt wurde.
[X.], Beschluss vom 26. September 2013 -
V [X.] -
LG [X.]
AG [X.]
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Der V. Zivilsenat des [X.] hat am
26. September
2013
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann und
die
Richter Dr.
Lemke,
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Czub
und
Dr.
Kazele
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird
festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 30.
Oktober
2012 ihn bis zum 5. November 2012 in seinen [X.] verletzt hat. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird [X.].
Gerichtskosten werden
in allen Instanzen
nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden dem [X.] zu 60
% auferlegt. Im Übrigen findet eine Auslagenerstattung nicht statt.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000
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Gründe:
I.
Der Betroffene ist [X.] oder libyscher Staatsangehöriger und wurde
nach Ablehnung seines Asylantrages
am 21. Juni 2012 nach [X.] abgeschoben. Am 29. Oktober 2012 wurde er in [X.] festgenommen.
Auf Antrag der beteiligten Behörde vom 30. Oktober 2012 hat das [X.] nach Anhörung des Betroffenen mit Beschluss vom gleichen Tage [X.] bis längstens 22. Januar 2013 angeordnet.
Das [X.] hat, nachdem es dem Betroffenen einen [X.] bestellt und ihn durch ein beauftragtes Mitglied der Kammer angehört hat, mit Beschluss vom 5. November 2012 die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des
am 9.
November 2012 aus der Haft entlassenen
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Betroffenen, mit der er die Feststellung der Verletzung seiner Rechte erreichen will.
II.
Das Beschwerdegericht meint, der Haftantrag sei zulässig, insbesondere von der zuständigen Behörde gestellt. Auch lägen die Voraussetzungen für die Anordnung von [X.] vor. Die Haftanordnung sei dem Grunde und der Dauer nach verhältnismäßig.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist nach Erledigung der Hauptsache mit dem Feststellungsantrag analog § 62 FamFG ohne Zulassung nach § 70 Abs. 3 Nr.
3 FamFG statthaft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 29. April 2010 1
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V
ZB
218/09, [X.] 2010, 359, 360) sowie form-
und fristgerecht gemäß §
71 FamFG eingelegt. Sie ist teilweise begründet.
1. Der Betroffene ist durch den die Haft anordnenden Beschluss des Amtsgerichts in seinen Rechten verletzt worden, weil ihm der Haftantrag nicht zu Beginn der Anhörung ausgehändigt worden ist. Zwar kann der Antrag einem Betroffenen erst zu Beginn der Anhörung eröffnet werden, wenn er einen einfa-chen,
überschaubaren Sachverhalt betrifft, zu welchem der Betroffene auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Überraschung ohne weiteres auskunfts-fähig ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass sich der Haftrichter in einem solchen Fall darauf beschränken darf, den Inhalt des Haftantrags mündlich vorzutragen. Vielmehr muss dem Betroffenen in jedem Fall eine Ablichtung des Antrags aus-gehändigt, erforderlichenfalls (mündlich) übersetzt und dies in dem [X.] oder an einer anderen Aktenstelle schriftlich dokumentiert werden (Senat, Beschluss vom 14. Juni 2012
[X.], [X.] 2012, 369 Rn. 9; Beschluss vom 6. Dezember 2012
[X.], [X.] 2013, 157 Rn. 5). An der Aushändigung einer Ablichtung des Haftantrages fehlt es hier. Dem Pro-tokoll über
die Anhörung des Betroffenen durch das Amtsgericht ist nur zu ent-nehmen, dass der Antrag dem Betroffenen eröffnet wurde.
2. Unbegründet ist die Rechtsbeschwerde, soweit der Betroffene [X.] wissen will, dass auch die Entscheidung des [X.]s
ihn in seinen Rechten verletzt hat. Der Verfahrensfehler ist im Beschwerdeverfahren
mit Wirkung für die Zukunft
geheilt worden, da das Beschwerdegericht dem Be-troffenen einen Verfahrenspfleger bestellt hat, diesem eine Ablichtung des Haftantrages ausgehändigt und der Betroffene in dessen Anwesenheit durch das Beschwerdegericht erneut angehört worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 30. März 2012
[X.], juris Rn. 12; Beschluss vom 6. Dezember 2012
V
ZB 142/12, [X.] 2013, 157 Rn.
7).
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a) Das Beschwerdegericht hat dem Betroffenen auf der Grundlage von §
419 Abs. 1 Satz 1 FamFG einen Rechtsanwalt als Verfahrenspfleger bestellt. Die Voraussetzungen für eine derartige Bestellung lagen allerdings nicht vor.
Nach § 419 Abs. 1 Satz 1 FamFG hat die
Bestellung eines [X.]s zu erfolgen, wenn sie zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffe-nen in dem Verfahren erforderlich ist. Anders als in Unterbringungs-
und Be-treuungssachen kommt der Bestellung eines Verfahrenspflegers in Freiheits-entziehungssachen ein Ausnahmecharakter zu (BT-Drucks. 16/6308, [X.]). In Unterbringungs-
und Betreuungssachen stehen Maßnahmen in Rede, die wegen einer psychischen Erkrankung oder Behinderung des Betroffenen ange-ordnet werden sollen. Da der Gesundheitszustand
des Betroffenen zugleich seine Fähigkeit zur Wahrnehmung seiner Interessen in dem Verfahren [X.] wird, ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers erforderlich. Eine krankhafte Störung der Fähigkeit des Betroffenen zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung der Interessen besteht in [X.] in der Regel nicht (vgl. [X.], FamFG, 17. Aufl., §
419 Rn. 4 unter Hinweis auf BT-Drucks.
16/6308, [X.]). Der Zusammenhang der Erforderlichkeit der Be-stellung eines Verfahrenspflegers mit dem Gesundheitszustand des Betroffenen findet seinen Ausdruck auch in dem [X.] des §
419 Abs. 1 Satz 2
FamFG. Danach ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers erforderlich, wenn von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 420 Abs.
2 FamFG abgesehen werden soll. In diesem Fall kann die persönliche Anhörung des Be-troffenen unterbleiben, wenn von ihr erhebliche Nachteile für dessen Gesund-heit zu besorgen sind oder wenn er an einer übertragbaren Krankheit leidet. Dem [X.] gleichzustellen sind Fälle, in denen dem Betroffenen aus gesundheitlichen Gründen die Fähigkeit zur eigenverantwortlichen [X.] fehlt.
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Bloße sprachliche Verständigungsschwierigkeiten rechtfertigen daher noch nicht die Bestellung eines Verfahrenspflegers ([X.], FamFG, 17.
Aufl., §
419 Rn.
6). Macht die Schwierigkeit der Sach-
und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich, so ist dem Betroffenen auf seinen Antrag hin nach § 78 Abs. 2 FamFG ein Rechtsanwalt beizuordnen. Dabei kommt es nicht nur auf die objektiven Umstände, sondern auch auf die subjektiven Fähigkeiten des Betroffenen an. Dem unbemittelten Betroffenen ist deshalb ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn ein bemittelter Betroffener in [X.] vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (Senat, Beschluss vom 28. Februar 2013
V
ZB
138/12, [X.] 2013, 287 Rn. 14 mwN). Allerdings führt das Fehlen der Voraussetzungen des § 419 Abs. 1 FamFG nicht dazu, dass die Bestellung des Verfahrenspflegers unwirksam ist. Er ist vielmehr durch seine Bestellung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen worden (§
418 Abs. 2 FamFG).
b) Die Aufgabe eines Verfahrenspflegers besteht darin, die verfahrens-mäßigen Rechte des Betroffenen zur Geltung zu bringen; dazu gehört insbe-sondere der Anspruch des Betroffenen auf Gewährung rechtlichen Gehörs
([X.], Urteil vom 22.
Juli 2009
[X.], [X.]Z 182, 116 Rn. 45). Dem Betroffenen soll eine Person zur Seite gestellt werden, die aus der objektiven Sicht eines Dritten dafür Sorge trägt, dass seine Vorstellungen und Interessen in dem Verfahren sachgerecht zum Ausdruck gebracht werden können (vgl. [X.], FamFG, 17. Aufl., §
419 Rn.
2). Dies rechtfertigt es, von einer Heilung einer verfahrensfehlerhaften Anhörung des Amtsgerichts auszugehen, wenn das Beschwerdegericht
wie vorliegend geschehen
dem [X.] den Haftantrag übermittelt und er an der erneuten persönlichen Anhö-rung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren teilnimmt. Damit ist die sachge-rechte Wahrnehmung des rechtlichen Gehörs durch den Betroffenen gewahrt.
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c) Die von dem Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 Satz 1 i.V.m.
§ 420 Abs. 1 FamFG durchgeführte Anhörung des Betroffenen ist schließlich ord-nungsgemäß erfolgt. Sie kann unter den
hier gegebenen
Voraussetzungen des § 375a Abs.
1a ZPO auch in [X.] durch ein Mitglied des [X.] als [X.] erfolgen (Senat, Beschluss vom 17.
Juni 2010
[X.], [X.]
2010, 384 Rn. 13 f.; Beschluss vom 17.
Juni 2010
[X.], juris Rn. 12
f.
insoweit nicht in NVwZ 2010, 1318 abgedruckt).
3. Soweit die Rechtsbeschwerde auf die Schriftsätze vom 8.
und 9. No-vember 2012 verweist, in denen die Zurückschiebung nach [X.] wegen der humanitären Situation der Flüchtlinge und der fehlenden Gewährleistung eines fairen Asylverfahrens als unzulässig dargestellt wird, können diese bei der [X.] nicht berücksichtigt werden. Diese sind dem [X.] zu
einem Zeitpunkt übermittelt worden, als es in der Sache schon ent-schieden hatte. Damit handelt es sich bei der Darstellung der tatsächlichen Verhältnisse in [X.] um einen neuen Vortrag, der nach § 74 Abs.
3 Satz
4 FamFG i.V.m. §
559 Abs. 1 ZPO nicht der Beurteilung durch das [X.] unterliegt.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
81 Abs.
1, §
83 Abs.
2, §
430
FamFG, Art.
5 [X.] analog, §
128c Abs.
3 Satz
2 [X.]. Unter Berücksichti-gung der Regelung in Art. 5 Abs. 5 [X.] entspricht es billigem Ermessen, die beteiligte Behörde zur Erstattung eines Teils der notwendigen Auslagen des
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Betroffenen zu verpflichten. Die Kostenquote entspricht dem Verhältnis von [X.] und Unterliegen des Betroffenen. Die Festsetzung des [X.] bestimmt sich nach §
128c Abs.
2 [X.], §
30 Abs.
2 [X.].
Stresemann
Lemke
Schmidt-Räntsch
Czub
Kazele
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 30.10.2012 -
1 [X.] -
LG [X.], Entscheidung vom 05.11.2012 -
1 T 207/12 -
Meta
26.09.2013
Bundesgerichtshof V. Zivilsenat
Sachgebiet: ZB
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.09.2013, Az. V ZB 212/12 (REWIS RS 2013, 2386)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 2386
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
V ZB 212/12 (Bundesgerichtshof)
Zurückschiebungshaftsache: Erforderlichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers; Wahrung des rechtlichen Gehörs durch Aushändigung des Haftantrags an …
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V ZB 71/13 (Bundesgerichtshof)
V ZB 142/12 (Bundesgerichtshof)
Abschiebungshaftverfahren: Verfahrensfehler bei fehlender Aushändigung des Haftantrags an den Betroffenen
XIII ZB 74/20 (Bundesgerichtshof)
Abschiebungshaftsache: Erneute Anhörung des Betroffenen unter Beiziehung des Rechtsanwalts im Abhilfeverfahren
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