Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2018, Az. RiZ (R) 1/18

Dienstgericht des Bundes | REWIS RS 2018, 5674

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Gegenstand

Dienstunfähigkeit eines Richters wegen affektiver Störungen


Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Richterdienstsenats bei dem [X.] vom 28. November 2017 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsgegner wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden darf.

2

Der Antragsgegner ist [X.] am Amtsgericht im Dienste der Antragstellerin. Seit dem 27. März 2015 ist der zu 50 % schwerbehinderte Antragsgegner ununterbrochen dienstunfähig erkrankt. Am 19. Oktober 2015 erstattete der [X.] der Antragstellerin nach einer Untersuchung des Antragsgegners vom 1. September 2015 ein Gutachten und kam zu dem Ergebnis, dessen Krankschreibung sei aufgrund einer affektiven Störung erfolgt, die unter anderem mit Konzentrationsschwierigkeiten, reduzierter Belastbarkeit sowie Störungen bei Planungs- und Entscheidungsprozessen einhergehe. Auf dieser Grundlage bestehe keine Dienstfähigkeit für die ausgeübte Tätigkeit als [X.]. Es sei nicht abzusehen, wann bei der rezidivierenden Störung wieder eine ausreichende, kontinuierliche Belastbarkeit für eine fortgesetzte Diensttätigkeit gegeben sein könnte. Mit Schreiben vom 22. März 2016 teilte der Präsident des [X.] dem Antragsgegner mit, dass nunmehr das Ruhestandsverfahren eingeleitet werde, und stellte dessen Dienstunfähigkeit fest. Dem schloss sich die Präsidentin des [X.] mit Schreiben vom 29. März 2016 an die Justizbehörde an. Der angehörte [X.] befürwortete am 11. Juli 2016 die Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand. Durch E-Mail vom 18. August 2016 unterrichtete der Präsident des [X.] die Schwerbehindertenvertretung von der beabsichtigten Maßnahme. Eine Stellungnahme erfolgte nicht. Der [X.] teilte nachträglich mit Schreiben vom 21. November 2016 mit, er habe von einer Stellungnahme abgesehen, da der Antragsgegner zu keiner [X.] mit ihm Kontakt aufgenommen habe.

3

Am 23. August 2016 hat die Antragstellerin die [X.]dienstkammer bei dem [X.] angerufen und beantragt, gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 3 d) des Hamburgischen [X.]gesetzes (HmbRiG) die Zulässigkeit der Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nach § 34 des Deutschen [X.]gesetzes (DRiG) in Verbindung mit § 88 Abs. 4 HmbRiG festzustellen.

4

Die [X.]dienstkammer hat mit Gerichtsbescheid vom 30. Januar 2017 dem Antrag der Antragstellerin entsprochen. Dem Antragsgegner hat sie die Rechtsmittelbelehrung "Revision" erteilt. Dieser hat gegen den Gerichtsbescheid Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 18. April 2017 begründet. Er hat beantragt, den Gerichtsbescheid vom 30. Januar 2017 aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen, hilfsweise die Sache unter Aufhebung des [X.] vom 30. Januar 2017 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über den Antrag an die [X.]dienstkammer zurückzuverweisen.

5

Der [X.]dienstsenat bei dem [X.] hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2017 die Berufung des Antragsgegners durch das angefochtene Urteil zurückgewiesen. Die zulässige Berufung sei unbegründet. Die [X.]dienstkammer habe zu Recht und mit zutreffender Begründung die Zulässigkeit der Versetzung des Antragsgegners in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit festgestellt. Der Antrag sei von der zuständigen Behörde unter ordnungsgemäßer Beteiligung des [X.]s sowie der Schwerbehindertenvertretung gestellt worden. Die Frist, die dem [X.] zur Verfügung gestanden habe, sei nicht verfahrensfehlerhaft zu kurz, sondern nach den konkreten Umständen ausreichend gewesen, um die Verfahrensrechte des Antragsgegners zu wahren. Der Inhalt der Unterrichtung sei ebenfalls nicht zu beanstanden, zumal der Antragsgegner selbst nichts habe vortragen wollen und ein Gespräch mit dem Amtsgerichtspräsidenten unter Beteiligung des [X.]s abgelehnt habe. Der Antragsgegner sei auch dienstunfähig gemäß § 71 DRiG, § 8 Abs. 1 HmbRiG, § 26 Abs. 1 BeamtStG, § 41 Abs. 2 HmbBG. Er sei innerhalb eines [X.]raums von sechs Monaten mehr als drei Monate krankgeschrieben gewesen und es habe im [X.]punkt der Entscheidung des [X.]dienstsenates keine Aussicht bestanden, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt werde. Der Antragsgegner sei seit dem 27. März 2015 ununterbrochen krankgeschrieben. Trotz Aufforderung des Gerichts habe er nicht konkret zur weiteren Entwicklung seines Gesundheitszustandes vorgetragen. Weitere Ermittlungen seien nicht angezeigt. Insbesondere sei es nicht erforderlich, ein neues amtsärztliches Gutachten einzuholen. Der Antragsgegner selbst habe keine inhaltlichen Einwände gegen das Gutachten vom 19. Oktober 2015 erhoben und keine konkreten Angaben zu seinem Gesundheitszustand gemacht. Schließlich komme eine Zurückverweisung in die erste Instanz gemäß dem Hilfsantrag nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO nicht vorlägen. Zwar habe die [X.]dienstkammer unzulässig durch Gerichtsbescheid entschieden. Das ändere aber nichts an einer inhaltlich getroffenen Entscheidung. Der Gerichtsbescheid stelle keine Nicht-Entscheidung im Sinne von § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar. Eine Zurückverweisung nach § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO scheide aus, weil die Sache entscheidungsreif sei und weitere amtswegige Ermittlungen oder Beweisaufnahmen weder erforderlich noch angezeigt seien.

6

Gegen dieses Urteil wendet sich der Antragsgegner mit der vom [X.]dienstsenat zugelassenen Revision und beantragt,

1. den Gerichtsbescheid der [X.]dienstkammer Hamburg vom 30. Januar 2017 und das Urteil des [X.]dienstsenats des [X.] vom 28. November 2017 aufzuheben und den Antrag der Revisionsgegnerin abzuweisen,

2. hilfsweise

den Gerichtsbescheid der [X.]dienstkammer Hamburg vom 30. Januar 2017 und das Urteil des [X.]dienstsenats des [X.] vom 28. November 2017 aufzuheben und die Sache an die [X.]dienstkammer des [X.] zurückzuverweisen,

3. weiter hilfsweise

den Gerichtsbescheid der [X.]dienstkammer Hamburg vom 30. Januar 2017 und das Urteil des [X.]dienstsenats des [X.] vom 28. November 2017 aufzuheben und die Sache an den [X.]dienstsenat bei dem [X.] zurückzuverweisen.

7

Er macht geltend, das Verfahren erster Instanz leide an einem wesentlichen Mangel, weil die [X.]dienstkammer unzulässig durch Gerichtsbescheid entschieden habe. Dies ziehe die Pflicht des [X.]dienstsenats nach sich, die Sache an die [X.]dienstkammer zurückzuverweisen. Ferner sei die Dienstunfähigkeit nicht rechtmäßig festgestellt worden und auch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nicht ordnungsgemäß erfolgt.

8

Die Antragstellerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die nach § 79 Abs. 2, § 78 Nr. 3 d) und § 80 Abs. 2 D[X.]iG zulässige [X.]evision ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

I. Das Berufungsurteil unterliegt entgegen der Auffassung der [X.]evision nicht bereits deshalb der Aufhebung, weil der [X.]dienstsenat in der Sache entschieden und diese nicht an die [X.]dienstkammer zurückverwiesen hat. Allerdings war die [X.]dienstkammer nicht berechtigt, über das vorliegende Prüfungsverfahren durch Gerichtsbescheid gemäß § 84 Abs. 1 VwGO zu entscheiden. Nach §§ 83, 66 Abs. 1 Satz 1 D[X.]iG und § 87 Abs. 1 Hmb[X.]iG gelten für die Verfahren nach § 72 Abs. 1 Nr. 3 d) Hmb[X.]iG die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend. Zwar lässt der Wortlaut von § 66 Abs. 1 Satz 1 D[X.]iG i.V.m. § 87 Abs. 1 Hmb[X.]iG auch eine Auslegung zu, wonach die Anordnung der sinngemäßen bzw. entsprechenden Geltung der Verwaltungsgerichtsordnung die Anwendbarkeit von § 84 VwGO erfasst. Die rahmenrechtlich gemäß § 83 D[X.]iG i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 1 D[X.]iG vorgegebene sinngemäße Geltung der Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung bedeutet aber deren Anwendbarkeit nur, soweit sich diese mit der Ausgestaltung des Prüfungsverfahrens im Deutschen [X.]gesetz vereinbaren lässt. Die Gesetzgebungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck der [X.]egelung sprechen dafür, die Bestimmung über den Gerichtsbescheid als von der entsprechenden bzw. sinngemäßen Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung nicht erfasst anzusehen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Urteile vom 13. Februar 2014 - [X.]([X.]) 5/13, NJW-[X.][X.] 2014, 702 [X.]n. 11-15; vom 14. Oktober 2013 - [X.]([X.]) 5/12, [X.], 285 [X.]n. 13-21; [X.]([X.]) 6/12, juris [X.]n. 17-25).

Dieser von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmangel führt entgegen der Auffassung der [X.]evision indessen nicht dazu, dass der [X.]dienstsenat verpflichtet gewesen wäre, die Sache gemäß § 130 Abs. 2 VwGO an die [X.]dienstkammer zurückzuverweisen. Denn der [X.]dienstsenat hat durch Urteil nach mündlicher Verhandlung entschieden. In diesem hat er ausgeführt, von einer Zurückverweisung abzusehen und in der Sache selbst zu entscheiden. Eine solche Vorgehensweise ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. hierzu Senatsurteil vom 18. August 1987 - [X.]([X.]) 2/87, NJW 1988, 418 unter 2 [juris [X.]n. 13]). Im Streitfall kam eine Zurückverweisung entsprechend § 130 Abs. 2 VwGO nicht in Betracht. Gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darf die Sache nur zurückverwiesen werden, soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist (vgl. hierzu [X.]/[X.], VwGO 24. Aufl. § 130 [X.]n. 10). Ein derartiger Fall liegt hier - wie der [X.]dienstsenat rechtsfehlerfrei ausgeführt hat - nicht vor. Nach § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO kommt eine Aufhebung der Sache ferner in Betracht, wenn das erstinstanzliche Gericht noch nicht in der Sache selbst entschieden hat. Eine solche Fallkonstellation eines Nicht- oder Scheinurteils erster Instanz ist hier entgegen der Auffassung der [X.]evision ebenfalls nicht gegeben. Die [X.]dienstkammer hat in der Sache entschieden, mag sie hierfür auch die fehlerhafte Form des [X.] gemäß § 84 VwGO verwendet haben.

Soweit der Senat mehrfach durchgreifende Verstöße gegen § 84 VwGO angenommen hat, betraf dies ausschließlich Fälle, in denen die unmittelbar mit der [X.]evision angefochtene Entscheidung in Gestalt eines unzulässigen [X.] ergangen war (vgl. Senatsurteile vom 13. Februar 2014 - [X.]([X.]) 5/13, NJW-[X.][X.] 2014, 702 [X.]n. 8, 11-15; vom 14. Oktober 2013 - [X.]([X.]) 5/12, [X.], 285 [X.]n. 10, 13; [X.]([X.]) 6/12, juris [X.]n. 15, 17). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor, da der [X.]dienstsenat seinerseits durch Urteil entschieden und dem Antragsgegner die Möglichkeit einer mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz eröffnet hat, damit er dort durch seinen mündlichen Vortrag und das [X.]echtsgespräch mit dem [X.] seine Sichtweise mündlich erläutern kann (vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 2013 - [X.]([X.]) 5/12, [X.], 285 [X.]n. 20). Aus den genannten Gründen liegt hier entgegen der Auffassung der [X.]evision auch kein Verstoß des [X.]dienstsenats gegen Art. 97, Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 130b VwGO vor. Im Übrigen hat er schon nicht vorgetragen, welche Umstände er gegenüber der [X.]dienstkammer ergänzend zu seinem schriftsätzlichen Vorbringen vorgetragen hätte, die er nicht auch noch in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]dienstsenat hätte äußern können.

II. Der [X.]dienstsenat hat ferner rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Antragsgegner als dienstunfähig gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, § 41 Abs. 2 HmbBG anzusehen ist und dem Antrag der Antragstellerin nach § 71 D[X.]iG, § 26 Abs. 1 BeamtStG, § 8 Abs. 1 Hmb[X.]iG stattzugeben war.

1. Der [X.]dienstsenat hat bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 BeamtStG zutreffend auf die Sach- und [X.]echtslage bei Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz abgestellt. Die [X.]dienstgerichte entscheiden - anders als die Verwaltungsgerichte bei der Versetzung eines Beamten in den [X.]uhestand - nicht über die Frage, ob eine bereits erfolgte Zurruhesetzung rechtmäßig ist, sondern darüber, ob eine vom Dienstherren beabsichtigte Versetzung in den [X.]uhestand vorgenommen werden darf. Denn der [X.] darf nach § 34 D[X.]iG gegen seinen Willen nur aufgrund rechtskräftiger richterlicher Entscheidung wegen Dienstunfähigkeit in den [X.]uhestand versetzt werden. Deshalb müssen zum [X.]punkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz die gesetzlichen Voraussetzungen für die Versetzung in den [X.]uhestand erfüllt sein (Senatsurteile vom 4. März 2015 - [X.]([X.]) 5/14, NVwZ-[X.][X.] 2015, 668 [X.]n. 39; vom 13. Februar 2014 - [X.]([X.]) 3/13, juris [X.]n. 19; vom 16. Dezember 2010 - [X.]([X.]) 2/10, [X.], 20 [X.]n. 18).

2. [X.]echtsfehlerfrei hat der [X.]dienstsenat zunächst festgestellt, dass der [X.] ordnungsgemäß beteiligt worden ist. Gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der bis zum 29. Dezember 2016 gültigen Fassung ([X.]: § 95 SGB IX a.F.) hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen. Diese gesetzlichen Vorgaben sind beachtet worden. Vor Anrufung der [X.]dienstkammer wurde der [X.] unter Verweis auf die ununterbrochene Dienstunfähigkeit des Antragsgegners seit dem 27. März 2015 sowie die Ergebnisse des Gutachtens des [X.] vom 19. Oktober 2015 über die beabsichtigte Versetzung des Antragsgegners in den vorzeitigen [X.]uhestand mit E-Mail vom 18. August 2016 unterrichtet. Anhaltspunkte dafür, dass dem [X.] diese Nachricht nicht oder nicht rechtzeitig vor dem Antrag der Antragstellerin an die [X.]dienstkammer vom 23. August 2016 gemäß § 130 BGB zugegangen wäre, bestehen nicht. Vielmehr hat der [X.] in seiner Stellungnahme vom 21. November 2016 darauf hingewiesen, mit der E-Mail vom 18. August 2016 über die beabsichtigte Versetzung des Antragsgegners in den vorzeitigen [X.]uhestand unterrichtet worden zu sein. Damit ist den Anforderungen des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. Genüge getan (vgl. auch [X.] in Dau/[X.]/[X.], [X.]. § 95 [X.]n. 47). Eine Anhörung des betroffenen schwerbehinderten Menschen durch die Schwerbehindertenvertretung sieht die Vorschrift nicht vor (Senatsurteil vom 16. Dezember 2010 - [X.]([X.]) 2/10, D[X.] 2012, 246 [X.]n. 37, insoweit in [X.], 20 nicht abgedruckt).

Die Unterrichtung des [X.]s ist - anders als die [X.]evision meint - auch so rechtzeitig erfolgt, dass er hinreichend [X.] für eine Stellungnahme hatte, von der er nach eigenem Bekunden nur deshalb abgesehen hat, weil der Antragsgegner zu keiner [X.] Kontakt mit ihm aufgenommen hatte und aufnahm. Fristen für die Gelegenheit zur Stellungnahme sieht das Gesetz im Gegensatz zu § 102 Abs. 2 BetrVG nicht vor (vgl. [X.] aaO [X.]n. 49, der lediglich die Auffassung vertritt, es empfehle sich die Wahrung der in § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG aufgestellten [X.]egelfrist von einer Woche). Es ist nicht ersichtlich und wird auch vom Antragsgegner nicht nachvollziehbar vorgetragen, weshalb der [X.] in der [X.] vom 18. bis 23. August 2016 (darunter 3 Werktage) nicht ausreichend Gelegenheit gehabt haben sollte, zu dem beabsichtigten Antrag der Antragstellerin Stellung zu nehmen. Hierbei ist in [X.]echnung zu stellen, dass der Antragsgegner selbst ausweislich des Schreibens des [X.]s vom 21. November 2016 seit seiner Erkrankung im [X.] zu keiner [X.] Kontakt mit ihm gesucht oder seine Hilfe erbeten hätte. Der Antragsgegner trägt auch nicht vor, welche auf seiner Schwerbehinderung beruhenden Umstände der [X.] bei einer früheren Beteiligung hätte vortragen können oder sollen. Vielmehr hatte der Antragsgegner zuvor ein Gespräch mit dem Amtsgerichtspräsidenten unter Beteiligung des [X.]s ausdrücklich abgelehnt. Ferner steht es der in § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. vorgesehenen umfassenden Unterrichtung des [X.]s nicht entgegen, dass diesem das Gutachten des [X.] nicht vollständig zur Verfügung gestellt wurde. Unterlagen hat der Arbeitgeber dem [X.] nur auf dessen Verlangen zur Verfügung zu stellen (vgl. [X.] aaO [X.]n. 44). Auch hier ist nicht ersichtlich, inwieweit eine vollständige Übermittlung des Gutachtens des [X.], welches der Antragsgegner inhaltlich nicht bestreitet, zu einer Stellungnahme des [X.]s hätte führen sollen, die der Versetzung des Antragsgegners in den [X.]uhestand entgegengestanden hätte. Insofern unterscheidet sich der Sachverhalt grundlegend von demjenigen, der der vom Antragsgegner genannten Entscheidung des [X.] zugrunde lag (vgl. Urteil vom 21. März 2017 - 3 K 1354/15, juris [X.]n. 21 ff.).

Unerheblich ist schließlich, dass nicht festgestellt werden kann, ob und gegebenenfalls wann die Antragstellerin den [X.] gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB IX a.F. von der getroffenen Entscheidung unterrichtet hat. Eine mögliche Verletzung der Mitteilungspflicht als solcher ist lediglich für den Beginn des Laufs der Aussetzungsfrist gemäß § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX a.F. von Bedeutung (vgl. [X.] aaO [X.]n. 52). Im Übrigen ist auch hier nicht erkennbar, welche Umstände der [X.] noch nachträglich hätte vortragen können, nachdem ihm die Entscheidung der Antragstellerin über den gegenüber der [X.]dienstkammer gestellten Antrag bekannt gegeben worden wäre.

3. Entgegen der Auffassung der [X.]evision hat der [X.]dienstsenat ferner rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Antragsgegner als dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i.V.m. § 41 Abs. 2 HmbBG anzusehen ist. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines [X.]raums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt wird. Gemäß § 41 Abs. 2 HmbBG beträgt diese Frist sechs Monate.

Der Begriff der Dienstunfähigkeit stellt dabei nicht allein auf die Person des Beamten ab. Vielmehr sind die Auswirkungen seiner Erkrankung oder Gebrechen auf seine Fähigkeit, die ihm in seinem konkreten Amt obliegenden Dienstpflichten zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb entscheidend. Es kommt dabei nicht allein und ausschlaggebend auf Art und Ausmaß der einzelnen Gebrechen, den objektiven ärztlichen Befund und dessen medizinische Qualifikation als solche an, sondern vielmehr darauf, ob der Beamte aufgrund seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Die [X.]egelung des § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG in Verbindung mit § 41 Abs. 2 HmbBG erfordert nicht, dass im [X.]punkt der Entscheidung des [X.]s feststeht, dass die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate unmöglich ist. Es genügt vielmehr, wenn hiervon aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände mit hinreichender Sicherheit ausgegangen werden kann (vgl. Senatsurteile vom 4. März 2015 - [X.]([X.]) 5/14 NVwZ-[X.][X.] 2015, 668 [X.]n. 41; vom 13. Februar 2014 - [X.]([X.]) 3/13, juris [X.]n. 22).

Ob eine derartige Dienstunfähigkeit besteht, stellt eine dem [X.] zukommende Feststellung dar. Dieses bestimmt die Art der Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im [X.]ahmen seiner nach § 86 VwGO bestehenden Pflicht zur Sachaufklärung von Amts wegen nach seinem Ermessen. Das gilt auch für die Frage, ob es die Einholung eines weiteren Gutachtens oder die Ergänzung vorhandener Gutachten für erforderlich hält. Die unterlassene Einholung eines weiteren Gutachtens kann nur dann [X.] sein, wenn sich dem Gericht eine weitere Beweiserhebung aufdrängt oder aufdrängen muss, weil die vorliegenden Gutachten den ihnen obliegenden Zweck nicht erfüllen können, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Dies kann der Fall sein, wenn die dem Gericht vorliegenden Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Senatsurteile vom 4. März 2015 aaO [X.]n. 31; vom 13. Februar 2014 aaO [X.]n. 31, jeweils m.w.N.).

Ein Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO liegt danach nicht vor. Der Antragsgegner war im [X.]punkt der mündlichen Verhandlung vor dem [X.]dienstsenat am 7. November 2017 ununterbrochen seit dem 27. März 2015 dienstunfähig erkrankt. Soweit der [X.]dienstsenat auf der Grundlage dieser lang andauernden ununterbrochenen Krankschreibung sowie des Gutachtens des [X.] vom 19. Oktober 2015 davon ausgegangen ist, bei dem Antragsgegner bestehe keine Aussicht, dass er innerhalb einer Frist von weiteren sechs Monaten die Dienstfähigkeit wieder in vollem Umfang erlange, lässt dies einen [X.]echtsfehler nicht erkennen. Der [X.] hat in seinem Gutachten vom 19. Oktober 2015 festgestellt, bei dem Antragsgegner bestehe eine affektive Störung, die nach seinen eigenen Angaben u.a. mit Konzentrationsschwierigkeiten, reduzierter Belastbarkeit sowie Störungen bei Planungs- und Entscheidungsprozessen verbunden sei. Diese Störungen hätten rezidivierenden Charakter und träten seit mehreren Jahren immer wieder auf. Der Antragsgegner sei daher einer kontinuierlichen beruflichen Tätigkeit als [X.] bis auf weiteres nicht mehr gewachsen. Aus personalärztlicher Sicht sei es nicht absehbar, wann bei dieser Störung wieder eine ausreichende, kontinuierliche Belastbarkeit für eine fortgesetzte Diensttätigkeit gegeben sein könnte. Inhaltliche Einwendungen gegen die [X.]ichtigkeit dieses Gutachtens hat der Antragsgegner nicht erhoben. Vielmehr hat er auf die Verfügung des [X.]dienstsenats vom 5. September 2017, sich zu seiner aktuellen gesundheitlichen Situation zu äußern, vortragen lassen, dass er zu seinem Gesundheitszustand keine Auskunft geben möchte. Angesichts der andauernden ununterbrochenen Krankschreibung sowie des Inhalts des Gutachtens einschließlich der Weigerung des Antragsgegners, sich zu seinem aktuellen Gesundheitszustand zu äußern, bestand für den [X.]dienstsenat aus [X.]echtsgründen keine Veranlassung, trotz des [X.]ablaufs von etwas über zwei Jahren seit dem Gutachten des [X.] ein neues Sachverständigengutachten einzuholen. Soweit die [X.]evision geltend gemacht hat, dass das Gutachten eine Nachuntersuchung empfohlen hat, betrifft das nur den Fall einer [X.]uhestandsversetzung und einer möglichen [X.]eaktivierung.

[X.]     

      

Dr. [X.]     

      

Prof. [X.]

      

Prof. Dr. [X.]     

      

Gericke     

      

Meta

RiZ (R) 1/18

20.07.2018

Bundesgerichtshof Dienstgericht des Bundes

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 28. November 2017, Az: RDS 1/17

§ 8 Abs 1 RiG HA, § 72 Abs 1 Nr 3 Buchst d RiG HA, § 88 Abs 4 RiG HA, § 34 DRiG, § 71 DRiG, § 26 Abs 1 S 2 BeamtStG, § 41 Abs 2 BG HA, § 84 Abs 1 VwGO, § 86 VwGO, § 130b VwGO, § 95 Abs 2 S 1 SGB 9, Art 97 GG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2018, Az. RiZ (R) 1/18 (REWIS RS 2018, 5674)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 5674

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