Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.03.2010, Az. I ZB 116/08

1. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 7962

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Gegenstand

Ordnungsgeldvollstreckung in einem anderen Mitgliedsstaat: Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel; Heilung von Belehrungsmängeln


Leitsatz

1. Die Justizbeitreibungsordnung steht der Vollstreckung eines Ordnungsgeldes gemäß § 890 ZPO im Ausland nicht entgegen.

2. Die Vollstreckung eines in einem Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 ZPO ergangenen Beschlusses stellt eine Zivil- und Handelssache i.S. des Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuVTVO dar.

3. Der Antrag auf Bestätigung eines in einem Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 ZPO ergangenen Beschlusses als Europäischer Vollstreckungstitel kann auch vom Gläubiger gestellt werden, der den Beschluss erwirkt hat.

4. Das für die Heilung von Belehrungsmängeln gemäß Art. 16 und 17 EuVTVO nach Art. 18 Abs. 1 lit. b EuVTVO bestehende Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung gilt auch für in Beschlussform ergangene Entscheidungen.

5. Die Möglichkeiten einer Heilung der Nichteinhaltung der in den Art. 13 bis 17 EuVTVO festgelegten verfahrensrechtlichen Erfordernisse sind in Art. 18 EuVTVO abschließend geregelt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des [X.] vom 3. Dezember 2008 wird auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 60.000 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Gläubigerin produziert und vertreibt Pflanzenschutzmittel. Sie steht insoweit in Wettbewerb mit der in [X.] ansässigen Schuldnerin, die Pflanzenschutzmittel nach [X.] einführt und hier an Händler und Landwirte veräußert.

2

Die Gläubigerin hat wegen verschiedener von ihr geltend gemachter Wettbewerbsverstöße gegen die Schuldnerin eine ohne deren vorherige Anhörung ergangene einstweilige Verfügung erwirkt. Die Schuldnerin hat ihr beanstandetes Verhalten auch nach Zustellung der Unterlassungsverfügung fortgesetzt. Auf Antrag der Gläubigerin hat das [X.] deswegen gegen die Schuldnerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 30.000 € und für den Fall seiner Nichtbeitreibbarkeit je 1.000 € einen Tag Ordnungshaft verhängt.

3

Die Gläubigerin hat im Weiteren beantragt, den [X.] gemäß der Verordnung ([X.]) Nr. 805/2004 zur Einführung eines [X.] Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen ([X.]-Vollstreckungstitel-Verordnung - [X.]) als [X.] Vollstreckungstitel zu bestätigen und ihr eine entsprechende Bestätigung gemäß Formblatt nach Anhang I der [X.]-Vollstreckungstitel-Verordnung auszustellen. Das [X.] hat den Antrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Gläubigerin, mit der diese zuletzt allein noch die Bestätigung des [X.] begehrt hat, ist ohne Erfolg geblieben ([X.] 2009, 342 = OLG-Rep 2009, 152).

4

Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Schuldnerin beantragt, verfolgt die Gläubigerin ihren im Beschwerdeverfahren zuletzt gestellten Antrag weiter.

5

II. Die Rechtsbeschwerde ist, da sie vom Beschwerdegericht zugelassen worden ist, statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch ansonsten zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.

6

1. Nach Ansicht des [X.] ist der von der Gläubigerin gestellte Antrag schon mangels [X.] unzulässig. Die für die von Amts wegen erfolgende Vollstreckung von [X.] maßgebliche [X.] wirke nur auf dem Gebiet der Bundesrepublik [X.] und regele nicht, was gelte, wenn sich der Schuldner im Ausland aufhalte und auf inländisches Vermögen nicht zugegriffen werden könne. Es gebe soweit ersichtlich keine zwischenstaatliche Vereinbarung über die Beitreibung von [X.] im Rahmen eines Zivilprozesses und auch keine gesetzliche Befugnis des Antragstellers, anstelle der Vollstreckungsbehörde über die Eintreibung eines Ordnungsgeldes im Ausland zu entscheiden. Soweit nicht nur ein Ordnungsgeld ausgesprochen, sondern für den Fall seiner Nichtbeitreibbarkeit auch Ordnungshaft angeordnet worden sei, dürfe die Vollstreckung schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in die Hände einer [X.] gelegt werden können. Das Ordnungsgeld sei auch keine Forderung i.S. des Art. 4 Nr. 2 [X.], jedenfalls aber keine Forderung, die der Gläubigerin zustehe.

7

2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung zwar nicht aus den im angefochtenen [X.]uss angeführten Gründen, aber im Ergebnis stand.

8

a) Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, dass es der Gläubigerin für ihren Antrag auf Anerkennung des [X.]es als [X.] Vollstreckungstitel am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Vom Fehlen des [X.] könnte nur dann ausgegangen werden, wenn die Gläubigerin das mit ihrem Antrag verfolgte Ziel auf einfacherem Weg erreichen könnte. Dies ist hier nicht der Fall.

9

b) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die [X.], nach deren § 1 Abs. 1 Nr. 3 Ordnungsmittelbeschlüsse von Amts wegen vom Staat vollstreckt werden, diese Vollstreckung - nach dem Territorialitätsprinzip - auf Vollstreckungsmaßnahmen im Inland beschränkt. Die [X.] beantwortet damit aber nicht die Frage, ob solche Vollstreckungsmaßnahmen im Ausland auf anderer Grundlage vorgenommen werden können. Die Zulässigkeit der Vollstreckung eines Ordnungsgeldes gemäß § 890 ZPO im Ausland auf Betreiben des Unterlassungsgläubigers lässt sich insbesondere auch nicht mit der Begründung verneinen, es fehle in dieser Hinsicht an einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung des Unterlassungsgläubigers. Eine solche Betrachtungsweise, von der das Beschwerdegericht ausgegangen ist, vernachlässigt zum einen, dass eine Vollstreckung von [X.] außerhalb des durch die [X.] für [X.] eröffneten Rahmens keiner besonderen Rechtfertigung bedarf, weil solche [X.]üsse in § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO allgemein und ohne Einschränkungen für vollstreckbar erklärt werden (vgl. Giebel, [X.] 2009, 324, 325; Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, 1992, [X.]). Zum Anderen ließe eine nach dem nationalen Recht bestehende Beschränkung einer solchen Vollstreckung eine nach dem vorrangig anzuwendenden Gemeinschaftsrecht gegebene Vollstreckungsmöglichkeit unberührt.

c) Das Beschwerdegericht hat ferner zu Unrecht angenommen, dass der Ordnungsgeldanspruch keine von der Gläubigerin geltend zu machende Forderung i.S. der Art. 4 Nr. 2, Art. 6 Abs. 1 [X.] darstellt.

aa) Die [X.]-Vollstreckungstitel-Verordnung ist im Streitfall anwendbar, weil die Vollstreckung eines [X.]es eine Zivil- und Handelssache i.S. des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] darstellt. Der Umstand, dass bei der Ordnungsmittelvollstreckung nach [X.] Recht eine öffentliche Stelle zum Zwecke der Durchsetzung einer eigenen Forderung mittels Ausübung hoheitlicher Befugnisse tätig wird, legt zwar an sich die Annahme nahe, dass es sich um eine vom sachlichen Anwendungsbereich der [X.]-Vollstreckungstitel-Verordnung ausgeschlossene öffentlich-rechtliche Angelegenheit handelt (so - zum Klauselerteilungsverfahren - [X.] in [X.]/Schütze, [X.], 1983, [X.], S. 1169 Fn. 3; zu Art. 49 EuGVVO an[X.] aber nunmehr [X.]. in [X.]/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Art. 49 EuGVVO [X.]. 2 sowie [X.]/[X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., [X.], Art. 49 [X.]. 4, jeweils m.w.[X.]). Um aber sicherzustellen, dass sich nach den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen für die Mitgliedstaaten und die betroffenen Personen soweit wie möglich gleiche und einheitliche Rechte und Pflichten ergeben, ist der Begriff "Zivil- und Handelssachen" nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] Gemeinschaften zu Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EuGVÜ autonom auszulegen; dabei müssen die Zielsetzungen und die Systematik der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen sowie die allgemeinen Rechtsgrundsätze berücksichtigt werden, die sich aus der Gesamtheit der nationalen Rechtsordnungen ergeben (grundlegend [X.], [X.]. v. 14.10.1976 - 29/76, [X.]. 1976, 1541 = NJW 1977, 490 [X.]. 3 und 5 - [X.]/[X.]; zuletzt [X.], [X.]. v. 15.2.2007 - [X.]/05, [X.]. 2007, I-1519 = [X.] 2008, 250 [X.]. 29 - [X.] u.a./Bundesrepublik [X.], m.w.[X.]). Dementsprechend können auch Verfahren, in denen sich eine Behörde und eine Privatperson gegenüberstehen, im Hinblick auf die Natur der zwischen den [X.]en bestehenden Rechtsbeziehungen oder wegen des Gegenstandes des Rechtsstreits als Zivil- und Handelssachen im Sinne der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen anzusehen sein (vgl. [X.] NJW 1977, 490 [X.]. 4 - [X.]/[X.]; [X.] [X.] 2008, 250 [X.]. 30 f. - [X.] u.a./Bundesrepublik [X.]). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die Auslegung des Begriffs der "Zivil- und Handelssachen" i.S. des Art. 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] ([X.]/[X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., [X.], Art. 1 [X.]-VollstrTitelVO [X.]. 4; [X.], Festschrift für [X.], 2004, [X.], [X.], 372).

Im vorliegend zu beurteilenden Fall spricht danach insbesondere der Umstand für die Einordnung als Zivil- und Handelssache, dass die Streitsache ihren Ursprung nicht in einer hoheitlichen Tätigkeit, sondern in einer zivilrechtlichen Auseinan[X.]etzung zwischen der Gläubigerin und der Schuldnerin um die Ahndung eines von der Gläubigerin geltend gemachten Verstoßes der Schuldnerin gegen einen [X.] hat, den die Gläubigerin auf zivilrechtlicher Grundlage gegen diese erwirkt hat (vgl. [X.], [X.]. v. 16.12.1980 - 814/79, [X.]. 1980, 3807 = [X.] 1981, 169 [X.]. 15 - [X.]; Giebel, [X.] 2009, 324, 325 f.; Remien aaO S. 318 ff.). Es kommt hinzu, dass das Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 ZPO ein [X.]verfahren ist, das nur auf Antrag des Unterlassungsgläubigers eingeleitet und durchgeführt wird, und dass auch die Vollziehung des [X.]es den rechtlichen Bestand des zugrunde liegenden [X.]s voraussetzt (vgl. [X.]/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 890 [X.]. 9a und 25; Giebel, [X.] 2009, 324, 326). In dieser Hinsicht unterscheidet sich das Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 ZPO maßgeblich von anderen Ordnungsmittelverfahren wie etwa dem gemäß § 141 Abs. 3 ZPO, in dem ein Ordnungsgeld gegen eine im [X.] ansässige [X.] nicht durchgesetzt werden kann (vgl. [X.] NJW 2009, 1090; Giebel, [X.] 2009, 324, 326).

Für die Einordnung des Ordnungsmittelverfahrens gemäß § 890 ZPO als Zivil- und Handelssache i.S. von Art. 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] spricht weiterhin die in Art. 49 [X.] enthaltene Regelung. Diese geht von der Vollstreckbarkeit von Zwangsgeld- und Ordnungsgeldentscheidungen durch private Gläubiger aus und setzt damit deren Charakter als Zivil- und Handelssache voraus. Eine Anwendung des Art. 49 [X.] allein auf Zwangsgelder im Sinne des in [X.] und den [X.] geltenden Systems der "astreinte", bei der [X.]eile, die zur Vornahme von Handlungen oder zu Unterlassungen anhalten, einen Zusatz enthalten, der für den Fall der Zuwiderhandlung eine bestimmte Geldsumme androht bzw. festsetzt, die an den Gläubiger zu zahlen ist (vgl. Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 49 EuGVVO [X.].1 und 2), liefe demgegenüber dem in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] Gemeinschaften (vgl. [X.] NJW 1977, 490 [X.]. 4 - [X.]/[X.]; [X.] [X.] 1991, 169 [X.]. 14 - [X.]) anerkannten [X.] zuwider, dass die Bestimmungen des EU-Zivilprozessrechts den [X.] in allen Mitgliedstaaten möglichst gleiche und einheitliche Rechte gewährleisten sollen (vgl. Schlosser aaO Art. 49 EuGVVO [X.]. 8 f.; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Art. 49 [X.] [X.]. 1; [X.].ZPO/[X.], 3. Aufl., Art. 49 [X.] [X.]. 4; Giebel, [X.] 2009, 324, 326, jeweils m.w.[X.]; a.[X.], Europäisches Zivilprozessrecht, 2009, § 6 IV [X.]. 219).

bb) Der Begründetheit des streitgegenständlichen Bestätigungsantrags steht auch nicht entgegen, dass der Gläubigerin hinsichtlich des Zwangsgeldanspruchs die Sachbefugnis fehlt.

(1) Die Gläubigerin weist hierzu mit Recht darauf hin, dass die Bestimmung des Art. 4 Nr. 2 [X.] zum einen autonom auszulegen ist und zum anderen auch schon nach ihrem Wortlaut nicht voraussetzt, dass der Anspruch, der in der als [X.] Vollstreckungstitel zu bestätigenden Entscheidung tituliert ist, notwendig der Person zusteht, die die Bestätigung beantragt.

(2) Nicht unberücksichtigt bleiben darf des Weiteren, dass auch im [X.] Recht die Durchsetzung von Ordnungsmittelansprüchen i.S. des § 890 ZPO nicht allein dem Staat obliegt. Vielmehr ist es Sache des Unterlassungsgläubigers, die dem Staat insoweit zustehenden Ansprüche für diesen geltend zu machen und eine Titulierung herbeizuführen. Erst die Vollstreckung der Ansprüche obliegt dann dem Staat. Dieser Ausgangssachverhalt legt es nahe, den Unterlassungsgläubiger auch als berechtigt anzusehen, dem von ihm erwirkten Titel durch die Beantragung seiner Bestätigung als [X.] Vollstreckungstitel eine größere Effizienz zu verschaffen.

(3) Das Beschwerdegericht hat schließlich nicht berücksichtigt, dass der Antrag auf Bestätigung als [X.] Vollstreckungstitel gemäß Art. 6 Abs. 1 [X.] jederzeit und damit auch schon im verfahrenseinleitenden Schriftsatz gestellt werden kann (Kropholler aaO Art. 6 [X.] [X.]. 2; [X.]/[X.] aaO Art. 6 [X.]-VollstrTitelVO [X.]. 2; Schlosser aaO Art. 6 [X.] [X.]. 1; Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in [X.], 2008, S. 186 m.w.[X.]). Die Gläubigerin hätte den Bestätigungsantrag daher auch schon zusammen mit ihrem Ordnungsmittelantrag stellen können und konnte ihn auch noch später - jederzeit - nachholen.

d) Das Beschwerdegericht hat ferner zu Unrecht angenommen, dass es dem Staat im Hinblick auf seine Stellung als Vollstreckungsorgan nach der [X.] überlassen bleiben müsse zu entscheiden, ob der [X.] als [X.] Vollstreckungstitel bestätigt werden solle. Es hat in diesem Zusammenhang unberücksichtigt gelassen, dass eine bereits vom Unterlassungsgläubiger erwirkte Bestätigung des [X.]usses es dem Staat lediglich erspart, eine solche Bestätigung gegebenenfalls selbst zu beantragen. Dagegen ist die Beantragung einer solchen Bestätigung durch den Unterlassungsgläubiger nicht geeignet, die Interessen des Staates als Vollstreckungsbehörde in irgendeiner Hinsicht zu beeinträchtigen.

e) Der von der Gläubigerin gestellte Bestätigungsantrag betraf, soweit er sich zunächst auch auf den [X.] bezogen hat, keine auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtete Forderung i.S. des Art. 4 Nr. 2 [X.]. Er wäre aus diesem Grund aber nicht, wie das Beschwerdegericht gemeint hat, im vollen Umfang, sondern, wie sich aus Art. 8 [X.] ergibt, nur in diesem von einer Bestätigung als [X.] Vollstreckungstitel ausgeschlossenen Umfang abzulehnen gewesen. Nachdem die Gläubigerin ihren Bestätigungsantrag im Beschwerdeverfahren zudem auf den Ordnungsgeldausspruch beschränkt hat, verbleibt nunmehr aber auch für eine nur teilweise Ablehnung des Bestätigungsantrags kein Raum.

f) Die Rechtsbeschwerde ist gleichwohl zurückzuweisen, weil das Verfahren, in dem der hier zu beurteilende [X.] ergangen ist, den im Kapitel III der [X.]-Vollstreckungstitel-Verordnung (Art. 12 bis 19) geregelten besonderen Vorgaben nicht entspricht, eine Bestätigung des [X.]usses als [X.] Vollstreckungstitel daher gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c [X.] ausscheidet und sich die Entscheidung des [X.] deshalb aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 577 Abs. 3 ZPO).

aa) Nicht zu entscheiden ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob eine Forderung immer schon dann als unbestritten i.S. des Art. 3 Abs. 1 lit. b [X.] anzusehen ist, wenn sie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ohne vorangegangenes kontradiktorisch angelegtes Verfahren tituliert worden ist (so - zu Art. 32, 34 Nr. 2 [X.] - [X.], [X.]. v. 21.12.2006 - [X.], NJW-RR 2007, 1573 [X.]. 15 ff. = GRUR 2007, 813 = [X.], 330; kritisch dazu etwa [X.], EWiR 2007, 329, 330; a.A. [X.] NJW-RR 2007, 1583, 1584 unter Hinweis auf [X.], [X.]. v. 14.10.2004 - [X.]/02, [X.]. 2004, [X.] = [X.] 2006, 262 [X.]. 44, 46 und 50 - [X.]/M. de Haan in [X.]). Denn die im Streitfall in Rede stehende Geldforderung ist nicht im Wege einer einstweiligen Verfügung ohne Anhörung der Schuldnerin tituliert worden. Ihr liegt vielmehr ein eigenständiges Ordnungsmittelverfahren zugrunde, in dem der Schuldnerin von Anfang an rechtliches Gehör gewährt worden ist (vgl. [X.] aaO § 10 I [X.]. 13 zum Verhältnis zwischen Kostenfestsetzungsbeschluss und der ihm zugrunde liegenden Entscheidung).

bb) Das [X.] Zivilprozessrecht sieht jedoch bei [X.] - an[X.] als gemäß den durch Art. 1 des [X.]-Vollstreckungstitel-Durchführungsgesetzes ([X.] [X.], [X.]) den Erfordernissen der [X.]-Vollstreckungstitel-Verordnung angepassten § 215 Abs. 1, § 276 Abs. 2, § 338 ZPO bei Beklagten (vgl. [X.].ZPO/[X.] aaO § 1080 [X.]. 38) - keine den Mindestvoraussetzungen der Art. 12 ff. [X.] entsprechende Belehrung vor (vgl. [X.] aaO § 10 I [X.]. 13). Dementsprechend fehlte es auch im Streitfall bei der Zustellung des Ordnungsmittelantrags an der gemäß Art. 17 [X.] erforderlichen Unterrichtung der Schuldnerin über die Verfahrensschritte zum Bestreiten der Forderung und insbesondere an der nach Art. 17 lit. b [X.] gebotenen Belehrung über die Folgen des Nichtbestreitens sowie die Möglichkeit einer Entscheidung und ihrer Vollstreckung gegen die Schuldnerin und deren Verpflichtung zum Kostenersatz. Dieser Verfahrensmangel konnte weder gemäß Art. 18 Abs. 2 [X.], der allein für Zustellungsmängel gemäß Art. 13 und 14 [X.], nicht dagegen für Belehrungsmängel gemäß Art. 16 und 17 [X.] gilt, noch gemäß Art. 18 Abs. 1 [X.] geheilt werden; denn dafür hätte nach Art. 18 Abs. 1 lit. b [X.] eine - im Streitfall ebenfalls fehlende - Rechtsmittelbelehrung erteilt sein müssen ([X.] NJW-RR 2009, 934, 935 m.w.[X.]). Zwar wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, diese Bestimmung setze ersichtlich eine Säumnissituation voraus, die bei Entscheidungen in [X.]ussform nicht in Betracht komme ([X.], [X.] 2008, 235, 237). Diese Ansicht wi[X.]pricht jedoch dem eindeutigen Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 lit. b [X.]. Außerdem vernachlässigt sie, dass die Anwendbarkeit der einzelnen Bestimmungen der [X.]-Vollstreckungstitel-Verordnung nicht davon abhängen kann, wie die - sich im einzelnen stark unterscheidenden - nationalen Säumnisverfahren ausgestaltet sind; denn das führte letztlich dazu, dass diese Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts vom jeweiligen nationalen Recht her und nicht - wie zutreffend - autonom ausgelegt würden ([X.], Rpfleger 2009, 369, 372; [X.] aaO § 10 I [X.]. 21).

cc) Die Schuldnerin muss sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch nicht so behandeln lassen, als seien die Mindestanforderungen der [X.]-Vollstreckungstitel-Verordnung gewahrt.

(1) Die Rechtsbeschwerde trägt hierzu vor, die Schuldnerin habe sich absichtsvoll in neun weiteren Verfahren der einstweiligen Verfügung und drei weiteren Ordnungsmittelverfahren je nach Bedarf anwaltlich vertreten oder nicht vertreten lassen. Vor diesem Hintergrund sei es rechtsmissbräuchlich, wenn die Schuldnerin sich im vorliegenden Verfahren auf eine Nichtbeachtung der Art. 17, 18 [X.] berufen würde.

(2) Die Rechtsbeschwerde vernachlässigt bei diesen Ausführungen, dass die Regelungen in Art. 17 und 18 [X.] nicht zur Disposition der [X.]en eines [X.] stehen. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat die Frage, inwieweit die Nichteinhaltung der in den Art. 13 bis 17 [X.] festgelegten verfahrensrechtlichen Mindesterfordernisse geheilt werden kann, in Art. 18 [X.] einer als abschließend anzusehenden speziellen Regelung zugeführt. Dieser würde es wi[X.]prechen, wenn die Nichteinhaltung dieser Mindestvorschriften auch nach [X.] und Glauben als unbeachtlich angesehen werden könnte.

III. [X.] ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

[X.]                               Pokrant                          Büscher

                         Schaffert                              Koch

Meta

I ZB 116/08

25.03.2010

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG München, 3. Dezember 2008, Az: 6 W 1956/08, Beschluss

§ 890 ZPO, § 1 Abs 1 Nr 3 JBeitrO, Art 2 Abs 1 S 1 EGV 805/2004, Art 4 Nr 2 EGV 805/2004, Art 6 Abs 1 Buchst c EGV 805/2004, Art 13 EGV 805/2004, Art 14 EGV 805/2004, Art 15 EGV 805/2004, Art 16 EGV 805/2004, Art 17 EGV 805/2004, Art 18 Abs 1 Buchst b EGV 805/2004

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.03.2010, Az. I ZB 116/08 (REWIS RS 2010, 7962)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7962

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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