Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2013, Az. X ARZ 507/12

X. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8078

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X [X.]
vom

19. Februar 2013

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 281 Abs. 2 Satz 4
Die Verweisung des Rechtsstreits durch das örtlich unzuständige Gericht ist auch dann bindend, wenn der
[X.] erklärt hat, in der mündlichen Verhandlung die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht rügen zu wollen, jedoch auf die Zuständigkeitsrüge nicht verzichtet hat.
[X.], Beschluss vom 19. Februar 2013 -
X [X.] -
[X.]
-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat am 19. Februar 2013
durch [X.], die Richterin [X.], [X.]
[X.], die Richterin Schuster
und [X.]
Deichfuß
beschlossen:
Zuständiges Gericht ist das [X.].
Gründe:
I.
Die Klägerin
hat
die [X.]n neben zwei weiteren Parteien
vor dem [X.] wegen einer aus ihrer Sicht fehlgeschla-genen Beteiligung an einer Fondsgesellschaft als Gesamtschuldner auf Schadenersatz in Anspruch
genommen.
Mit Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens hat das [X.] auf Bedenken gegen seine örtliche Zuständigkeit für die
gegen die [X.]n geltend gemachten Ansprüche hingewiesen.
Die
Klägerin
hat
daraufhin beantragt, das Verfahren
gegen die [X.]n abzutrennen und den Rechtsstreit insoweit an das [X.] zu verwei-sen. Die [X.]n haben erklärt, eine etwa
erhobene
Zuständigkeitsrüge nicht aufrechtzuerhalten. Das [X.] hat das Verfahren gegen die [X.]n vom Ausgangsrechtsstreit abgetrennt, sich für örtlich unzuständig erklärt
und den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen. Das [X.] hat die Übernahme des Verfahrens abgelehnt.

Das [X.] hat die Sache gemäß §
36 Abs.
3 ZPO dem [X.] zur Bestimmung der Zuständigkeit
vorgelegt.
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II.
Die Vorlage ist zulässig. Gemäß §
36 Abs. 3 ZPO hat ein Ober-landesgericht, das nach §
36 Abs. 2 ZPO anstelle des [X.] mit der Zuständigkeitsbestimmung befasst ist, die Sache dem Bundesge-richtshof vorzulegen, wenn es in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen [X.]s oder des [X.] abwei-chen will. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das vorlegende [X.] möchte
seiner Entscheidung die Auffassung zugrunde legen, dass der Verweisungsbeschluss des [X.] bin-dend und damit das [X.] als zuständiges Gericht zu bestimmen ist. Damit würde es von der
Rechtsauffassung abweichen, die das [X.] Stuttgart einer Entscheidung (NJW-RR 2010, 792) zugrunde gelegt
hat. Es hat die
Verweisung
durch ein örtlich unzuständi-ges
Gericht
wegen der
Ankündigung des [X.]n, die fehlende örtliche Zuständigkeit nicht rügen zu wollen, als objektiv willkürlich und mithin nicht bindend angesehen.
III.
Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung gemäß §
36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Das [X.] und das [X.] haben sich im Sinne dieser Vorschrift bindend für unzuständig erklärt;
das [X.] durch unanfechtbaren Verweisungsbeschluss (§
281 Abs. 2 Satz 2 ZPO), das [X.] durch eine seine Zuständigkeit abschließend verneinende Ent-scheidung
vom 10.
Juli 2012. Eine solche Zuständigkeitsleugnung
genügt den Anforderungen, die an das Tatbestandsmerkmal "rechtskräftig"
des §
36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind (st. Rspr., [X.], Beschluss vom 22.
Februar 1978

IV ARZ 10/78, [X.]Z 71, 15, 17; Beschluss vom 10.
Dezember 1987

[X.] 809/87,
[X.]Z 102, 338, 339).
IV.
Zuständig zur Entscheidung über das Klagebegehren ist das [X.], da der Verweisungsbeschluss des [X.] gemäß §
281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindend ist.
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4
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1.
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] entfällt die Bindungswirkung
der Verweisung nicht schon dann, wenn der Beschluss inhaltlich unrichtig oder sonst fehlerhaft ist. Ein [X.] ist vielmehr nur dann nicht bindend, wenn dem Beschluss jede rechtliche Grundlage fehlt, wenn er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht ([X.], Beschluss vom 9.
Juli 2002

X ARZ 110/02, NJW-RR 2002, 1498; Beschluss vom 10.
September 2002

X
ARZ 217/02, NJW 2002, 3634) oder wenn er sonst bei verständiger Würdigung der das Grundge-setz beherrschenden
Gedanken nicht mehr verständlich
und offensichtlich unhaltbar erscheint ([X.], Beschluss vom 9.
Juli 2002

X
ARZ 110/02, NJW-RR 2002, 1498).
2.
Bei Anlegung dieser Maßstäbe entfällt die bindende Wirkung des Verweisungsbeschlusses
nicht deshalb, weil das [X.] den Rechtsstreit vor der mündlichen Verhandlung an das [X.] verwiesen hat, obwohl die
[X.]n
schriftsätzlich erklärt haben, eine etwa
erhobene
Rüge der örtlichen Unzuständigkeit nicht auf-recht erhalten
zu wollen
und eine solche Rüge in den vorausgehenden Schriftsätzen auch nicht erhoben hatten.
a)
Es kann dahinstehen, ob diese Verfahrensweise des Gerichts rechtsfehlerhaft oder lediglich im Hinblick auf das offensichtliche Interesse der Parteien, zwei Rechtsstreitigkeiten vor unterschiedlichen Gerichten zu vermeiden,
unzweckmäßig war. Denn auch auf Verfahrensfehler beruhen-de und damit rechtsfehlerhafte [X.] sind grundsätzlich bindend, wenn wie im Streitfall den Parteien vor der Verweisung [X.] Gehör gewährt worden ist. Die Erklärung der [X.]n, eine Zu-ständigkeitsrüge nicht aufrechterhalten zu wollen,
hat das [X.] auch zur Kenntnis genommen
und sich hiermit auseinanderge-setzt.
b)
Entgegen der Ansicht des [X.] wird bei einer solchen Prozesslage durch die Verweisung nicht willkürlich in eine mögliche zu-7
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künftige Rechtsposition des [X.]n eingegriffen, der angekündigt hat, die fehlende örtliche Zuständigkeit in der mündlichen Verhandlung nicht rügen zu wollen mit der Folge, dass damit die Zuständigkeit des Gerichts des ersten [X.] begründet würde (§ 39 Satz 1 ZPO). Abgesehen davon, dass der [X.] an eine derartige Ankündigung nicht gebunden ist, so dass es ihm frei steht, die fehlende örtliche Zuständigkeit ungeach-tet seiner Ankündigung vor der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache zu rügen, geht § 39 Satz 1 ZPO auf die Erwägung zurück, dass es nicht hinnehmbar wäre, wenn sich der [X.] in Kenntnis der Unzuständigkeit auf eine Verhandlung vor dem an sich unzuständigen Gericht einlassen und in einem späteren Stadium des Prozesses noch die Rüge der [X.] erheben könnte ([X.], Urteil vom 26. Januar 1979

V
ZR
75/76, NJW 1979, 1104 unter Bezugnahme auf die amtliche [X.] des [X.] zur Änderung der ZPO vom 27. Februar 1973, BT-Drucks.
7/268 zu Art. 1 Nr. 3). Begibt sich der Kläger jedoch der Möglichkeit, die weitere Prozessführung vor dem [X.] angerufenen Gericht dadurch zu erreichen, dass der [X.] oh-ne Zuständigkeitsrüge zur Sache verhandelt, indem er

wie im vorliegen-den Fall

bereits vor der mündlichen Verhandlung die Verweisung an das zuständige Gericht beantragt, kann
die darauf erfolgende
Verweisung nicht als objektiv willkürlich
angesehen werden.
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6
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c)
Einen

rechtlich grundsätzlich möglichen

Verzicht der [X.] auf die Zuständigkeitsrüge musste das [X.] deren Erklärungen nicht entnehmen.

Meier-Beck
[X.]
[X.]

Schuster
Deichfuß
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 07.10.2012 -
32 SA 80/12 -

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Meta

X ARZ 507/12

19.02.2013

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ARZ

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2013, Az. X ARZ 507/12 (REWIS RS 2013, 8078)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8078

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