Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2018, Az. XII ZB 122/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6668

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[X.]:[X.]:BGH:2018:040718BXII[X.]122.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 122/17
vom
4. Juli 2018
in der Familiensache
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1587 b
a)
Ehebedingte Nachteile im Sinne des §
1578
b Abs.
1 Satz
2 BGB können nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der [X.] sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tra-gen und somit vollständig ausgeglichen (im [X.] an Senatsurteil vom 7.
März 2012 -
XII
ZR
179/09
-
FamRZ 2012, 772).
b)
Ein [X.] Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte
Ehegatte auch nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt,
als dies bei [X.] Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er für diese [X.]
zugesprochen er-hält oder jedenfalls erlangen kann (im [X.] an Senatsbeschluss vom 14.
Mai 2014 -
XII
[X.]
301/12
-
FamRZ 2014, 1276).
BGH, Beschluss vom 4. Juli 2018 -
XII [X.] 122/17 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII. Zivilsenat des [X.] hat am 4.
Juli
2018 durch [X.], [X.] Dr. [X.], Schilling und Dr.
Günter und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Verfahrens-kostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde wird [X.].

Gründe:
Der [X.] ist zurückzuweisen, weil die [X.] der Antragsgegnerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §
113 Abs. 1 FamFG iVm §
114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

I.
Die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) wendet sich mit der bereits eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde gegen die Befristung ihres [X.] bis einschließlich März 2021.
Die Rechtsbeschwerde
greift insbesondere die Annahme des Oberlan-desgerichts an, wonach die Ehefrau
hinsichtlich des Bezugs ihrer Altersrente keine ehebedingten Nachteile erlitten habe.
Nach den von der Rechtsbeschwerde unbeanstandeten Feststellungen des [X.] hätte die Ehefrau ohne Ehe bei einer unterstellten Tä-1
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tigkeit bis zum Eintritt ihrer Erwerbsunfähigkeit eine fiktive Altersrente von ab April 2021 erlangen können. Weiter ist das [X.] davon ausgegangen, dass sie eine solche Rente aufgrund ihrer eigenen [X.], der ihr von der Ärzteversorgung des Ehemanns im Wege des Versorgungsausgleichs
übertragenen Anwartschaften und des ihr zuge-sprochenen Zugewinnausgleichs auch tatsächlich erzielen könnte.
Insoweit rügt die Rechtsbeschwerde,
das [X.] habe bei seiner Entscheidung nicht die zusätzliche Zahlung aus dem Zugewinnausgleich von [X.] dürfen, da nicht sicher sei, dass die Ehefrau tatsächlich einen [X.] hierauf habe. Schließlich habe das [X.] die wirtschaftli-chen Verhältnisse des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) nicht [X.] konkret festgestellt.

II.
Die Entscheidung des [X.] hält den Angriffen der [X.] stand.
Sie ist auch im Ergebnis [X.] nicht zu beanstanden.
1. Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1
BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhalts-anspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach §
1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeit-lich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung
ergeben sich aus § 1578 b Abs.
1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist insbesondere zu berücksichtigen, inwie-5
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weit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhalts-anspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile [X.]. Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsfüh-rung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben, § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB (Senatsbeschluss vom 26. März 2014

XII [X.] 214/13

FamRZ 2014, 1007 Rn. 17 mwN).
Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578 b Abs. 1 BGB die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst
sich dabei nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfü-gung hätte. Erzielt der Unterhaltsberechtigte nach einer ehebedingten Ein-schränkung seiner Erwerbstätigkeit lediglich Einkünfte, die den eigenen ange-messenen Unterhaltsbedarf nach § 1578 [X.] nicht erreichen, scheidet eine Befristung des Unterhaltsanspruchs regelmäßig aus. Auch dann kann der [X.] nach einer Übergangszeit aber bis auf den ehebedingten Nachteil her-abgesetzt werden, der sich aus der Differenz zwischen angemessenem
Unter-haltsbedarf und dem erzielten oder erzielbaren eigenen Einkommen ergibt, was freilich voraussetzt, dass der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen den eigenen angemessenen Lebensbedarf übersteigt. Um den ehebedingten Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellun-gen zum angemessenen Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten im Sinne des §
1578
b Abs. 1 Satz 1 BGB und zum Einkommen treffen, das der [X.] tatsächlich erzielt bzw. gemäß §§ 1574, 1577 BGB erzielen könnte. Die Differenz aus den beiden Positionen ergibt den ehebedingten Nach-teil (Senatsbeschluss vom 26. März 2014

XII [X.] 214/13

FamRZ 2014, 1007 Rn. 18 mwN).
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Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist vornehmlich [X.] des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des [X.] regelmäßig ausreichend gewahrt werden. Ehebedingte Nachteile im Sin-ne des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können also nicht mit den durch die [X.] während der Ehe verursachten geringeren [X.] begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsaus-gleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in glei-chem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgegli-chen
(Senatsurteil
vom 7. März 2012 -
XII ZR 179/09 -
FamRZ 2012, 772
Rn.
24 mwN).
Ein [X.] Nachteil, der darin besteht, dass der [X.] Ehegatte auch nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt,
als dies bei [X.] Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er für diese [X.] zuge-sprochen erhält oder jedenfalls
erlangen kann (Senatsbeschluss vom 14. Mai 2014

XII
[X.] 301/12

FamRZ 2014, 1276 Rn. 46
f.).
2. Gemessen hieran fehlt es mit Erreichen der Regelaltersgrenze an ei-nem nach §
1578 [X.] zu berücksichtigenden ehebedingten Nachteil aufsei-ten der Ehefrau.
a) Der Senat hat in einem von den Beteiligten geführten [X.] zum Zugewinnausgleich ausgeführt, dass die Feststellungen des Oberlan-desgerichts schon nicht die Annahme tragen, dass aufseiten der Ehefrau über-haupt ehebedingte (und nicht anderweitig kompensierte) Nachteile beim Aufbau einer Altersversorgung entstanden sind (Senatsbeschluss vom 20. Juni 2018

XII [X.] 84/17 -
zur [X.] bestimmt).
b) Selbst wenn die tatsächliche Altersrente der Ehefrau, die sie im Jahr 2021 unter Einschluss des Versorgungsausgleichs und des [X.] aus dem Zugewinnausgleich erreichen
könnte,
hinter der vom Oberlandes-8
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gericht berechneten Rente ohne Ehe und Kindererziehung zurückbliebe, wäre darin entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein [X.] Nach-teil zu erblicken. Denn wenn ein
Versorgungsausgleich stattgefunden hat, sind die Nachteile in der Versorgungsbilanz in gleichem Umfang von beiden Ehegat-ten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen.
aa) Ein Versorgungsausgleich ist durchgeführt worden. Hierzu hat der Senat im Parallelverfahren ausgeführt:
"Der Antragsteller hat durch seine Bei-tragszahlung in der Ehezeit ein Versorgungsanrecht in monatlicher Höhe von r-sorgungsvermögen beim Ärzteversorgungswerk -
auch in Relation zu der rund siebzehnjährigen Ehezeit -
durchaus die den primären Versorgungssystemen obliegende Funktion erfüllen, dem Versorgungsberechtigten eine selbständige (Basis-) Absicherung für den Fall von Alter oder Invalidität zu bieten"
(Senats-beschluss vom 20. Juni 2018 -
XII [X.] 84/17 -
zur [X.] bestimmt).
bb) Hinzu kommt, dass die Ehefrau über den Zugewinnausgleich einen weiteren Vermögenszufluss erhalten hat, den sie nach den von der [X.] auch insoweit unbeanstandeten Feststellungen des [X.] ohne die Ehe nicht erlangt hätte. Dabei handelt es sich um den der [X.] bereits seinerzeit rechtskräftig zugesprochenen Betrag von

sowie
mindestens weitere , die ihr nach der teilweisen Zurückweisung der Rechtsbeschwerde in dem Parallelverfahren rechtskräftig zugesprochen sind (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juni 2018 -
XII [X.] 84/17 -
zur [X.] bestimmt).
Dieser ehebedingte Vorteil wäre daher
auch im Übrigen geeignet, einen etwaigen ehebedingten Nachteil zu kompensieren (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Juni 2016 -
XII [X.] 84/15 -
FamRZ 2016, 1345 Rn. 26 mwN).
cc) Freilich ist zu beachten, dass für die Entstehung eines ehebedingten Nachteils [X.]. § 1578 [X.] auch der nach der

für den Zugewinnausgleich 12
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maßgeblichen

Zustellung des Scheidungsantrags am 28. Juni 2006 liegende Zeitraum entscheidend sein kann, namentlich wenn es darum geht, dass die Ehefrau wegen ihres ehebedingt reduzierten Einkommens ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags keine bzw. nur noch geringere Rentenanwartschaften bilden kann (vgl. [X.]/[X.]. § 1578 Rn. 63, 65).
Aber auch dieser Aspekt führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Ehefrau hat einen bis einschließlich Juli 2017 titulierten Anspruch auf Al-tersvorsorgeunterhalt. Damit kann sie die ehebedingt geringeren [X.] ohne weiteres ausgleichen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Mai 2014 -
XII [X.] 301/12 -
FamRZ 2014, 1276 Rn. 47), zumal sie den Feststellun-gen des [X.] zufolge bereits im Jahr 2008 erwerbsunfähig ge-worden ist und deshalb

auch ohne Ehe

seither keine weitere Altersvorsorge mehr hätte betreiben
können.
c) Schließlich verfangen auch die weiteren Angriffe der [X.] nicht. Das [X.] hat in [X.] nicht zu [X.] Weise den Unterhalt der Ehefrau gemäß §
1578 b Abs. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf
herabgesetzt, was die [X.] im Übrigen als vertretbar hingenommen hat.
Dieser Maßstab bildet regelmä-ßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts und bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte (Senatsbe-schluss vom 26. März 2014

XII
[X.]
214/13

FamRZ 2014, 1007 Rn. 18 mwN).
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind für die [X.] des angemessenen Lebensbedarfs und den damit möglicherweise ein-hergehenden ehebedingten Nachteilen
die wirtschaftlichen Verhältnisse des unterhaltspflichtigen
Ehemanns ohne Belang. Ist festgestellt, dass es an einem ehebedingten Nachteil fehlt, kommt es auch nicht mehr darauf an, ob die unter-15
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haltsberechtigte Ehefrau aus dem Zugewinnausgleich einen weiteren Vermö-genszufluss erlangen wird (offen sind nach dem Senatsbeschluss vom 20. Juni 2018 -
XII [X.] 84/17 -
zur [X.] bestimmt,

Dose
[X.]
Schilling

Günter
Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.06.2015 -
13 [X.]/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.02.2017 -
II-10 [X.] -

Meta

XII ZB 122/17

04.07.2018

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2018, Az. XII ZB 122/17 (REWIS RS 2018, 6668)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6668

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