Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.05.2008, Az. 2 StR 162/08

2. Strafsenat | REWIS RS 2008, 3862

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[X.] vom 21. Mai 2008 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Vergewaltigung u. a. - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 21. Mai 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Januar 2008 a) im Schuldspruch dahingehend berichtigt, dass der [X.]der sexuellen Nötigung schuldig ist, b) im Strafausspruch hinsichtlich beider Angeklagter mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die [X.]sten der Rechtsmittel, an eine andere Jugendkammer des [X.] zurückverwiesen. 3. Die weitergehenden Revisionen werden als unbegründet verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten [X.] wegen Vergewaltigung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren, den Angeklagten [X.] wegen Vergewalti-gung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten haben in dem [X.] ersichtlichen Um-fang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1 - 3 - 1. Die Urteilsformel ist dahin zu berichtigen, dass der Angeklagte [X.] nicht wegen Vergewaltigung, sondern wegen sexueller Nötigung verurteilt ist. Nach den Feststellungen des [X.] war der Angeklagte [X.] zwar an der Gewaltausübung, nicht aber an den sexuellen Handlungen gegenüber der Geschädigten [X.]. beteiligt. Das [X.] hat dies für den Angeklagten [X.] zwar rechtlich zutreffend als gemeinschaftlich begangene Straftat nach § 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB gewertet. Die Bezeichnung als —[X.] im [X.] ist jedoch fehlerhaft, da der Begriff der Verge-waltigung in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB legal definiert ist und nur die dort genannten eigenen sexuellen Handlungen des [X.] umfasst. Der Schuld-spruch bei dem hier vorliegenden Regelbeispiel nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB erfolgt (nur) —wegen sexueller Nötigungfi (siehe [X.] 55. Aufl. § 177 Rdn. 75 m.N.). 2 Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach der Urteilsformel die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufzuführen sind (§ 260 Abs. 5 Satz 1 StPO). 3 2. Der Strafausspruch bei dem Angeklagten [X.] hält rechtlicher Nach-prüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des [X.] kommt eine Richtigstellung der Urteilsformel dahingehend, dass der Angeklagte [X.] —wegen [X.] unter Einbeziehung des Urteils des [X.] vom 10. Februar 2005 [X.] 1 Js 13006/04 [X.] zu einer Einheits-jugendstrafe von drei Jahren verurteilt ist, nicht in Betracht. Das [X.] führt hierzu zwar aus, dass das betreffende Urteil vom 10. Februar 2005 zu [X.] ohne Fahrerlaubnis in die Jugendstrafe von drei Jahren —nach dem Willen 4 - 4 - der Kammer ... gemäß § 31 Abs. 1 [X.] einbezogen [X.] sollte, bei der [X.] [X.]s —die Einbeziehung jedoch aus nicht mehr [X.] Gründen unterblieben und nicht bemerkt [X.] sei. Daraus ergibt sich jedoch lediglich, dass die [X.] das betreffende Urteil einbeziehen [X.]. Für die Berichtigung eines offensichtlichen Versehens durch den Senat ana-log § 354 StPO ist jedoch zusätzlich erforderlich, dass sich die rechtlichen Vor-aussetzungen für eine solche nach den §§ 31 Abs. 2 Satz 1, 31 Abs. 3, 105 Abs. 2 [X.] grundsätzlich zulässige Einbeziehung eindeutig aus den [X.] ergeben und ihr Vorliegen vom Senat überprüft werden kann. Dies ist hier jedoch aus mehreren Gründen nicht der Fall. a) Die Einbeziehung setzt zunächst allgemein voraus, dass sich die Sachverhaltsdarstellung auf das einbezogene Urteil erstreckt, da nur so die Sanktionsbegründung nachvollziehbar ist. Das bedeutet, dass die früheren Ta-ten kurz dargestellt und die [X.] kurz mitgeteilt wer-den ([X.], 344; BGHR [X.] § 31 Abs. 2 Einbeziehung 3). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Zwar werden hinsichtlich des Angeklag-ten [X.] in knapper, noch ausreichender Form die Sachverhalte wieder gege-ben, die der Verurteilung des [X.] vom 10. Februar 2005 (oder vom 18. Februar 2005 [X.] UA 4) zugrunde liegen, wobei allerdings für die Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis mit dem 9. Juli 2005 eine Tatzeit an-gegeben wird, die zeitlich nach den verschiedenen in den Urteilsgründen aufge-führten [X.] liegt. Jedoch fehlt es vollständig an den die frühere Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten tragenden Zu-messungserwägungen. Dies ist hier von besonderer Bedeutung, da nach [X.] des [X.] die —beratene Einbeziehung ... einen nicht unwe-sentlichen Teil der Begründung der Höhe der vorliegend ausgesprochenen [X.] enthält. 5 - 5 - b) Darüber hinaus erfordert die Verhängung einer Einheitsjugendstrafe unter Einbeziehung eines auf Freiheitsstrafe lautenden Urteils eine Neubeurtei-lung der früheren Taten, ob aufgrund neuer Erkenntnisse für sie Jugendstrafe anwendbar ist. Diese Neubeurteilung muss aufgrund einer Gesamtbewertung der bereits abgeurteilten und der neuen Taten erfolgen (BGHSt 37, 35, 37). Auch daran fehlt es hier. Die Erwägung des [X.], dass —die fehlende Reife ... nach den heutigen und besseren Erkenntnissen zweifellos auch zur [X.] der in jenen Entscheidungen abgehandelten [X.] bestand, ist floskelhaft und genügt den Anforderungen an eine Neubewertung der einzubeziehenden und ihrer Gesamtbetrachtung mit den neu abzuurteilenden Taten nicht. Die An-wendung von Jugendstrafrecht auf die früheren Taten verstand sich vorliegend mit Rücksicht darauf, dass gegen den zur Tatzeit 20 Jahre und 10 Monate alten Angeklagten zuvor bereits drei Verurteilungen nach Erwachsenenstrafrecht er-gangen waren, auch nicht von selbst. Es ist außerdem nicht dargelegt und nicht ersichtlich, dass der vom [X.] vor allem zur Begründung der Anwen-dung von Jugendstrafrecht auf die hier abgeurteilte Tat herangezogene [X.], der Angeklagte habe erkennbar schwer und lange unter den verworre-nen und verwirrenden Verhältnissen seiner Eltern zu leiden gehabt und lange gebraucht, um sich in seiner Rolle als [X.] zurecht zu finden, nicht schon bei den früheren Urteilen hätte berücksichtigt werden können. 6 3. Auch der Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten [X.] begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das [X.] hat zu Lasten des zur Tatzeit 26 Jahre alten Angeklagten [X.]

gewertet, dass —die Gesinnung, die aus der Tat spricht ... eine nur ichbezogenefi gewesen sei, —welche das ange-trunkene und deshalb eher hilflose Opfer als bloßes Objekt der eigenen [X.] betrachtetfi. Diese Erwägung ist rechtsfehlerhaft. Sie verstößt ge-gen das Verbot des § 46 Abs. 3 StGB, Umstände, die schon Merkmale des ge-7 - 6 - setzlichen Tatbestandes sind, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Denn der Schutz des Opfers vor nötigender Durchsetzung des Bedürfnisses des [X.] nach sexueller Befriedigung durch - besonders erniedrigende - se-xuelle Handlungen ist der [X.] des § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB und darf daher nicht strafschärfend berücksichtigt werden. Daran ändert auch nichts, dass die Kammer innerhalb dieser Wendung den Zustand des Opfers als —angetrunkenfi und —eher hilflosfi bezeichnet; denn dies ist nur ein erläutern-der Zusatz, der weder den Aussagegehalt der Wendung berührt, noch mit Rücksicht auf das festgestellte Tatgeschehen besondere Umstände darlegt, die über die Erfüllung des Tatbestandes der Vergewaltigung hinausgehen. Die strafschärfende Erwägung des [X.], ein Bemühen um Schadenswiedergutmachung sei nicht erkennbar, ist ebenfalls zu beanstanden. Zwar ist es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, das Unterlassen einer Scha-denswiedergutmachung zu Lasten eines geständigen [X.] zu berücksichtigen (BGHSt 34, 345; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 12). Das setzt [X.] voraus, dass der Täter durch eine Wiedergutmachung seine Verteidi-gungsposition nicht in Frage stellt (BGHR StGB § 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 22). Die Begründung des [X.], eine solche Wiedergutmachung hätte darin bestehen können, die Geschädigte —nicht dadurch, dass er ihre Angaben für unwahr hinstellte, in die Vernehmung zu zwingen oder sich bei ihr [X.] in ihrem Beisein [X.] zu entschuldigenfi, lässt jedoch besorgen, dass die Kammer dem An-geklagten, der nach den Urteilsfeststellungen erst am Ende der [X.] geständig war, rechtsfehlerhaft zulässiges Verteidigungsverhalten angela-stet hat. Denn ebenso wenig wie das Fehlen eines Geständnisses strafschär-fend gewertet werden darf, darf bei der Strafzumessung zu Lasten des Ange-klagten berücksichtigt werden, dass er die Tat nicht schon früher gestanden hat. 8 - 7 - Der Senat kann angesichts dessen trotz der an sich nach den getroffe-nen Feststellungen maßvoll bemessenen Strafe nicht mit Sicherheit ausschlie-ßen, dass bei Vermeidung der bezeichneten Rechtsfehler auf eine geringere Strafe erkannt worden wäre. 9 Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Leerformeln wie die Bewer-tung der —Beweggründe und Zielefi des Angeklagten als —ausschließlich ichbe-zogenfi sowie moralisierende Beschreibungen seines Verhaltens als —sehr schäbigfi, regelmäßig nicht geeignet sind, den Strafausspruch zu tragen. 10 [X.] [X.][X.]

Meta

2 StR 162/08

21.05.2008

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.05.2008, Az. 2 StR 162/08 (REWIS RS 2008, 3862)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 3862

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