Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2017, Az. I ZR 130/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 15913

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:090217UIZR130.13.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
I ZR
130/13

Verkündet am:

9. Februar
2017

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] II
[X.]
§ 3a; [X.] §§ 2, 21 Abs. 2 Nr. 1
Das Werbeverbot des § 3a [X.] gilt nicht für ein Arzneimittel, das gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in den wesentlichen [X.] in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt wird.
[X.], Urteil vom 9. Februar 2017 -
I [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 9.
Februar 2017
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Büscher, die Richter
Dr.
[X.], Prof. Dr. [X.], Dr. Löffler
und die Richterin Dr.
Schwonke

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des [X.] -
3. Zivilsenat -
vom 4. Juli 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die
Klägerin vertreibt in [X.] unter der Bezeichnung "H
15 Weih-rauch"
[X.] als Nahrungsergänzungsmittel. Der [X.] betreibt eine Apotheke. Er stellt ebenfalls [X.] her und vertreibt diese
über seine Apotheke
unter der Bezeichnung "[X.]"
als Arzneimittel, ohne im Besitz einer arzneimittelrechtlichen
Zulassung
zu sein.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der [X.] die Kapseln im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs und unter Einhaltung der weiteren Vorausset-zungen des §
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.] herstellt.
Der
[X.] warb
für seine
"[X.]"
in einer "Pa-tienteninformation"
und einer Broschüre. Die Klägerin hat die dort aufgestellten Werbebehauptungen
als wettbewerbswidrig beanstandet und geltend gemacht,
1
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-
3
-
diese verstießen gegen das Verbot der Werbung für nicht zugelassene Arznei-mittel. Sie
hat beantragt, den [X.]n
unter Androhung von Ordnungsmitteln
zu verurteilen, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr
für die Arzneimittel der E.
Apotheken "[X.] 100 Stück"
und "[X.] 200 Stück", sofern sie
über keine Zulassung als Arzneimittel verfügen, mit den Aussagen zu werben:
1. (4.) "Zu Ihrer Sicherheit
Dieses apothekenpflichtige und verschreibungsfreie [X.] wird für Sie nach den gültigen gesetzlichen Vorgaben und unter Beachtung verschiede-ner pharmazeutischer Regelwerke (z.B. [X.] (Ph.[X.].), [X.], DAC)
in unserer nach [X.] EN [X.] 9001:2008 zertifizierten Apotheke durch erfah-renes, pharmazeutisches Fachpersonal als Arzneimittel hergestellt."

und/oder

2. (6.) "Eine Übersicht zum Stand der [X.] befindet sich in der [X.]-Monographie (Olibanum indicum) und aktuell auf der wissenschaftli-chen Weihrauch-Plattform von Prof. Dr. [X.] -
dem Begründer der Weihrauchforschung in [X.]opa -
im [X.]: www.weihrauch.org."

und/oder

3. (7.) "Dieses in der Apotheke hergestellte Arzneimittel enthält einen definierten [X.] aus [X.] Weihrauch (Boswellia serrata) in geprüfter Arzneibuchqualität."

und/oder

4. (10.) "Die [X.] erfüllen höchste Anforderungen an [X.] und Sicherheit:
-
Weichrauch-Extrakt

Forschungsprojekt mit Universitäten
-
Extraktherstellung in [X.]
-
Erfüllung der Arzneibuch-Anforderungen
-
Kapsel-Herstellung in unserer Apotheke
-
Definierte Extrakt-Zusammensetzung
-
Enthält alle Weihrauch-Wirkstoffe
-
Kompetente & persönliche Beratung."

und/oder

5. (12.) "Weihrauch wird seit Jahrtausenden als Heilmittel eingesetzt."

und/oder

6. (13.) "Bis heute ist Weihrauch von keinem pharmazeutischen Unternehmen

trotz neuer Forschungsergebnisse -
als Arzneimittel in [X.]opa zugelassen [X.]."

-
4
-
und/oder

7. (14.) "Unserer Apotheke ist es gelungen, einen definierten und standardisier-ten [X.] in Kapseln zur Verfügung zu stellen, der alle Anforderun-gen an ein in der Apotheke hergestelltes Arzneimittel erfüllt."

wenn dies geschieht wie in Anlage [X.] (Ziffer 4 und 6) und Anlage [X.] (Ziffern 7, 10 und 12-14).
Die Klägerin hat den [X.]n außerdem auf Zahlung von [X.] in
Höhe von 2.234,59

in
Anspruch genommen.
Der [X.] ist der Klage entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, das Verbot der Werbung für nicht zugelassene Arzneimittel sei im Streitfall nicht einschlägig. Es knüpfe an die Zulassungspflicht des beworbenen Arzneimittels an. Die von ihm beworbenen "[X.]"
bedürften
jedoch als [X.] gemäß §
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.] keiner arzneimittelrechtli-chen Zulassung.
Das [X.] hat den [X.]n zur
Zahlung von 1.168,49

Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen
([X.] [X.], Urteil vom 25. September 2012 -
406 [X.]/12, juris). Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision
verfolgt die
Klägerin ihre Klageanträge in vollem Umfang weiter. Der [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 16. April 2015 ([X.], 705 = [X.], 863 -
[X.] I) dem Gerichtshof der [X.]opäi-schen [X.] folgende Fragen zur Auslegung des Art.
3 der Richtlinie 2001/83/[X.] des [X.]opäischen Parlaments und des Rates vom 6.
November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.
Stehen Art.
3 Nr.
1 und Nr.
2 der Richtlinie 2001/83/[X.] einer nationalen Vorschrift wie §
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.] entgegen, nach der ein Arzneimittel 3
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5
-
keiner Zulassung bedarf, das zur Anwendung bei Menschen bestimmt ist und auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher
oder zahnärztlicher [X.] in den wesentlichen [X.] in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt wird und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt ist?
Falls die Frage zu 1 bejaht
wird:
2.
Gilt dieses Ergebnis auch, wenn eine nationale Vorschrift wie § 21 Abs. 2 Nr.
1 [X.] so ausgelegt wird, dass ein Arzneimittel keiner Zulassung bedarf, das zur Anwendung bei Menschen bestimmt ist und auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen [X.] in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abga-befertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbe-triebs hergestellt wird und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden [X.] bestimmt ist, sofern das Arzneimittel entweder gemäß einer ärztlichen Verschreibung, die nicht notwendig bereits vor der Zuberei-tung vorliegen muss, jeweils für einen bestimmten Patienten abgegeben wird oder das Arzneimittel in der Apotheke nach Vorschrift einer [X.] zubereitet wird und zur unmittelbaren Abgabe an die Patienten bestimmt ist?
Der Gerichtshof hat hierüber mit Urteil vom 26. Oktober 2016 ([X.]/15, [X.], 206
= WRP 2017, 158
-
Hecht-Pharma GmbH/[X.] Apo-theke) wie folgt entschieden:
Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/[X.] des [X.]opäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2011/62/[X.] des [X.]opäischen Par-laments und des Rates vom 8. Juni 2011 geänderten Fassung ist dahin auszule-gen, dass ein Humanarzneimittel wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehen-de, das nach einer nationalen Regelung keiner Zulassung bedarf, weil es [X.] nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen [X.] in einer Apotheke in einer Menge bis zu 100 abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbe-triebs hergestellt wird und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apotheken-betriebserlaubnis bestimmt ist, vorbehaltlich der tatsächlichen Feststellungen, die dem vorlegenden Gericht obliegen, nicht als im Sinne dieser Bestimmung ge-werblich oder unter Anwendung eines industriellen Verfahrens zubereitet anzu-sehen ist und folglich nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt.
Für den Fall, dass das vorlegende Gericht nach diesen Feststellungen zu der Auffassung gelangt, dass das fragliche Arzneimittel gewerblich oder unter An-wendung eines industriellen Verfahrens zubereitet wurde, ist zudem zu antwor-ten, dass Art. 3 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83 in der durch die Richtlinie 2011/62 geänderten Fassung dahin auszulegen ist, dass er
Bestimmungen wie § 21 Abs. 2 Nr. 1 des [X.] mit Arzneimitteln in Verbindung mit § 6 Abs. 1 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken nicht entgegensteht, so-weit diese die Apotheker der Sache nach verpflichten, bei der Zubereitung von Arzneimitteln in der Apotheke die [X.] zu beachten. Es obliegt jedoch dem vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob in dem Sachverhalt des ihm [X.]
-
6
-
ten Einzelfalls das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Arzneimittel nach Vorschrift einer [X.] zubereitet wurde.
Entscheidungsgründe:
A. Das Berufungsgericht hat angenommen,
der Klägerin stünden [X.] wegen der beanstandeten Angaben gemäß §§
3, 4 Nr.
11, 8 UWG aF in Verbindung mit §
3a [X.] nicht zu.
Dazu hat es ausgeführt:

Das Verbot einer Werbung für nicht zugelassene Arzneimittel nach §
3a [X.] sei auf die vom [X.]n hergestellten "[X.]" nicht anwendbar. Die Vorschrift regele nach ihrem klaren Wortlaut ausschließ-lich ein Werbeverbot für Arzneimittel, die der Pflicht der Zulassung unterlägen. Sinn der Bestimmung sei es zu verhindern, dass Patienten zum Kauf
von
Medi-kamenten veranlasst würden, die mangels
Zulassung nicht verkehrsfähig seien. Im Streitfall habe der [X.] die beanstandeten [X.] jedoch in Übereinstimmung mit den Voraussetzungen des §
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.] als [X.] hergestellt. Die Kapseln seien deshalb zulas-sungsfrei und mithin auch ohne Zulassung verkehrsfähig.
Die
Streitfrage, ob §
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.] die Bestimmung des Art.
3
der Richtlinie 2001/83/[X.] zutreffend umsetze, könne dahinstehen. Eine im Hinblick auf §
3a [X.] verbotsbegründende richtlinienkonforme Auslegung des §
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.] komme nicht in Betracht, weil dies einer
durch das [X.] nicht gebotenen Auslegung contra legem gleichkomme.
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-
7
-
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat kei-nen Erfolg. Die von ihr als wettbewerbswidrig beanstandeten Werbebehauptun-gen verstoßen nicht
gegen das
Verbot der Werbung für nicht zugelassene Arz-neimittel
gemäß § 3a [X.].
I. Die
Klägerin hat das begehrte
Verbot der Werbung für das Arzneimittel "[X.]"
auf §
3a [X.]
gestützt. Nach dieser Bestimmung ist eine Werbung für Arzneimittel unzulässig, die der Pflicht der Zulassung un-terliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten.
[X.] Die Voraussetzungen der Vorschrift
des § 3a [X.] liegen
im Streitfall
nicht vor.
1.
Allerdings ist mangels abweichender Feststellungen des Berufungsge-richts
für die Nachprüfung in der Revisionsinstanz davon auszugehen, dass die "[X.]"
des
[X.]n die Voraussetzungen eines Arz-neimittels
im Sinne von § 2 [X.] erfüllen.
2.
Entgegen der Ansicht der Revision reicht es für ein Verbot der ange-griffenen Werbung des
[X.]n
jedoch
nicht aus, dass dessen Präparat "[X.]"
nicht als Arzneimittel zugelassen ist.
a) Das Werbeverbot gemäß § 3a [X.] greift -
wovon das Berufungsge-richt im Streitfall zutreffend ausgegangen ist -
nicht ein, wenn das Arzneimittel bereits nicht der Pflicht zur Zulassung unterliegt.
Die Maßgeblichkeit der Zulas-sungspflicht ergibt sich aus dem Wortlaut des § 3a [X.], wonach eine [X.] nur für solche Arzneimittel unzulässig sein kann, die der Pflicht der Zulas-sung unterliegen.
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16
-
8
-
b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, eine unionsrechtskonforme Auslegung der Bestimmung des § 3a [X.] gebiete es, das Werbeverbot auf alle nicht behördlich zugelassenen Arzneimittel und damit auch auf Defek-turarzneimittel im Sinne von § 21 Abs. 2 Nr. 1 [X.], wie sie im Streitfall vorlie-gen,
auszudehnen.
[X.]) Allerdings ist bei der Auslegung des Heilmittelwerbegesetzes die Richtlinie 2001/83/[X.] zu berücksichtigen. Mit der Richtlinie ist eine vollständige Harmonisierung des Bereichs der Arzneimittelwerbung erfolgt (vgl. [X.], Urteil vom 8.
November 2007
374/05, [X.], 267 Rn.
39 = [X.], 205

Gintec; [X.], Urteil vom 29. April 2010 -
I [X.], [X.], 749 Rn.
31 = [X.], 1030 -
Erinnerungswerbung im [X.]; Urteil vom 28.
Sep-tember 2011
I
ZR
96/10, [X.], 647 Rn.
27
[X.], mwN). §
3a [X.] setzt die Bestimmung des Art.
87 Abs.
1 der Richtlinie 2001/83/[X.] um
([X.], [X.], 705 Rn. 14 -
[X.] I). Danach [X.] die Mitgliedst[X.]ten die Werbung für Arzneimittel, für deren Inverkehr-bringen keine Genehmigung nach den Rechtsvorschriften der [X.] erteilt [X.] ist.
[X.]) Daraus folgt
jedoch entgegen der Ansicht der Revision nicht, dass die Richtlinie 2001/83/[X.] jegliche Werbung für behördlich nicht zugelassene Arzneimittel verbietet. Die Bestimmungen der Richtlinie 2001/83/[X.] zur Zulas-sungspflicht nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie und zum Werbeverbot nach Art. 87 Abs. 1 der Richtlinie
betreffen nur solche Arzneimittel, die
die positiven Anforde-rungen des Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie erfüllen und
außerdem nicht unter die negativen Anwendungsvoraussetzungen des Art. 3
der Richtlinie fallen.
Gemäß Art. 2
und
Art. 3 der Richtlinie sind bestimmte Arzneimittel vom [X.] und damit auch vom Werbeverbot gemäß Art. 87 Abs. 1 der Richtlinie ausgenommen. Dazu gehören nach Art.
2 Abs.
1 der Richtlinie 2001/83/[X.] Arzneimittel, bei deren Zubereitung oder Herstellung kein industri-17
18
19
-
9
-
elles Verfahren zur Anwendung kommt ([X.], Urteil vom 16.
Juli 2015

[X.]/13 und [X.]/13, [X.], 1028
Rn. 50
= PharmR
2015, 436

Abcur; [X.], [X.], 206
Rn.
31 -
Hecht-Pharma GmbH/[X.] Apotheke) sowie nach Art. 3 Nr. 1 und Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/[X.] unter den dort geregelten
weiteren
Voraussetzungen auch Arzneimittel, die in einer Apotheke zubereitet werden. Sind
diese Voraussetzungen zu bejahen, ordnet die Richtlinie 2001/83/[X.]
für diese Arzneimittel auch dann kein Verbot der Werbung an, wenn für sie keine
arzneimittelrechtliche Zulassung vorliegt.
[X.] ergibt sich, dass das [X.]srecht kein Werbeverbot für alle nicht behördlich zugelassenen Arzneimittel anordnet, sondern
das Werbeverbot
davon abhängig macht, ob das Arzneimittel der in der Richtlinie 2001/83/[X.] angeordneten [X.] unterliegt
([X.], [X.], 705 [X.] -
[X.] I).
c) Das Werbeverbot des Art. 87 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/[X.] gilt für die
"[X.]"
des
[X.]n nicht, weil diese
nicht der in der Richtlinie angeordneten Zulassungspflicht unterliegen. Die Kapseln fallen nicht in den Anwendungsbereich
der Richtlinie.
[X.]) Der Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/83/[X.] wird durch deren Art. 2 Abs. 1 und Art. 3
definiert. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/[X.] regelt deren Anwendungsbereich positiv, während Art.
3 der Richtlinie bestimmte Ausnahmen von deren Anwendung vorsieht. Um unter die Richtlinie 2001/83/[X.]
zu fallen, muss das betreffende Erzeugnis
folglich zum einen die in Art. 2 Abs.
1 dieser Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen und darf zum anderen nicht von einer der in Art. 3 der Richtlinie ausdrücklich bestimmten Ausnahmen erfasst sein ([X.], [X.], 1028 Rn. 38 f. -
Abcur; GRUR
2017, 206
Rn.
29 -
Hecht-Pharma GmbH/[X.] Apotheke).
20
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-
10
-
[X.]) Im Streitfall liegen bereits die positiven Anwendungsvoraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/[X.] nicht vor, so dass die Frage auf sich beruhen kann, ob die Kapseln des [X.]n unter die Ausnahmebestimmung des Art. 3 Nr. 2 der Richtlinie fallen
(vgl. [X.], [X.], 206
Rn. 37

Hecht-Pharma GmbH/[X.] Apotheke).
(1) Gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/[X.] gilt diese Richtlinie für Humanarzneimittel, die in den Mitgliedst[X.]ten in den Verkehr gebracht werden sollen und die entweder gewerblich zubereitet werden oder bei deren Zuberei-tung ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt. Im Hinblick auf das mit den Vorschriften der [X.]opäischen [X.] auf dem Gebiet der [X.] verfolgte Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit dürfen die Wendun-gen "gewerblich zubereitet"
und "bei deren Zubereitung ein industrielles Verfah-ren zur Anwendung kommt"
nicht eng ausgelegt werden. Sie müssen zumindest jede Zubereitung oder Herstellung umfassen, bei der ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt ([X.], [X.], 1028
Rn. 50 -
Abcur; GRUR
2017, 206
Rn. 31 -
Hecht-Pharma GmbH/[X.] Apotheke).
Ein industrielles Verfahren unterscheidet sich von einem handwerklichen Verfahren durch die eingesetzten Produktionsmittel und durch die hergestellten Mengen. Ein industrielles Verfahren ist im Allgemeinen durch eine Abfolge von Operationen gekennzeichnet, die insbesondere mechanisch oder chemisch sein können, um ein standardisiertes Erzeugnis in einer bedeutenden Menge zu erhalten. Für eine gewerbliche Zubereitung oder eine Zubereitung, bei der ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt, sind die standardisierte Herstel-lung bedeutender Mengen eines Arzneimittels auf Vorrat und der Verkauf im Großhandel ebenso wie die unbestellte Zubereitung von Chargen in großem Maßstab oder in Serienproduktionen kennzeichnend ([X.], [X.], 1028 Rn.
51 -
Abcur;
[X.],
[X.], 206
Rn.
33 -
Hecht-Pharma GmbH/Hohen-zollern Apotheke).
Wie der Gerichtshof der [X.]opäischen [X.] auf den Vorla-22
23
24
-
11
-
gebeschluss des Senats entschieden hat, liegen die Voraussetzungen des Art.
2 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/[X.] dagegen nicht vor, wenn das in Rede stehende Arzneimittel im Rahmen der in [X.] für [X.] gemäß §
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.] geltenden Regelungen von einer Apotheke durch
ein
handwerkliches Verfahren in einer Menge von höchstens hundert
[X.] am Tag zubereitet
wird. Diese Obergrenze
schließt
aus, dass die Her-stellung offizinaler Zubereitungen einen Umfang erreicht, der als bedeutend eingestuft und unter den
Begriff "industrielles Verfahren"
im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/83 gefasst werden kann (vgl. [X.], [X.], 206
Rn. 34
-
Hecht-Pharma GmbH/[X.] Apotheke).
(2) Nach den
von der Revision nicht angegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts bringt
der [X.] die [X.] in Übereinstim-mung mit den Voraussetzungen des
§
21 Abs.
2 Nr.
1 [X.] in den Verkehr. Nach dieser Bestimmung bedarf ein Arzneimittel keiner
Zulassung, das zur An-wendung bei Menschen bestimmt ist und auf Grund nachweislich häufiger ärzt-licher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungs-schritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen [X.] an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt wird und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt ist (sogenanntes [X.]).
Die damit tatrichterlich festge-stellte Einhaltung der Obergrenze von hundert
hergestellten Packungen am Tag durch den [X.]n schließt es nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen aus, die Herstellung der "[X.]"
als hinreichend bedeu-tend einzustufen, um die Voraussetzungen der Anwendung der
Richtlinie 2001/83/[X.] gemäß Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie zu
bejahen.
25
-
12
-
C. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus §
97 Abs.
1 ZPO zurückzuweisen.

Büscher
[X.]
[X.]

Löffler
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.09.2012 -
406 [X.]/12 -

O[X.], Entscheidung vom 04.07.2013 -
3 [X.] -

26

Meta

I ZR 130/13

09.02.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2017, Az. I ZR 130/13 (REWIS RS 2017, 15913)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15913

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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