Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.]vom 31. August 2023 aufgehoben
a) im Strafausspruch, jedoch werden die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten,
b) soweit eine Entscheidung über die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das [X.]hat den Angeklagten wegen „Besitzes von in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der [X.]ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Der Schuldspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
2. Hingegen hat der Strafausspruch keinen Bestand, weil die Strafzumessung der Einzelstrafen – auch eingedenk des eingeschränkten revisionsgerichtlichen [X.]– durchgreifende Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten aufweist.
a) [X.]hat in den Fällen [X.]und 2 der Urteilsgründe sowohl bei der [X.]als auch bei der konkreten Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass es sich bei Amphetamin zwar nicht um die „denkbar härteste, aber eine auch nicht weiche Droge“ handele. Damit hat die [X.]verkannt, dass nach ständiger Rechtsprechung des [X.]Amphetamin auf der Gefährlichkeitsskala einen mittleren Platz einnimmt, weshalb die Gefährlichkeit des Stoffes keinen wesentlichen Strafschärfungsgrund darstellt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 1. März 2023 – 2 StR 366/22, juris Rn. 13 mwN).
b) Ebenso rechtsfehlerhaft ist die bei der [X.]und konkreten Strafzumessung in [X.]2 der Urteilsgründe strafschärfende Berücksichtigung des Umstands, dass es sich bei den in der Wohnung gelagerten Betäubungsmitteln „teils um harte Drogen, namentlich Ecstasy“ gehandelt habe. Auch diese Wertung steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach [X.]mit dem Wirkstoff MDMA auf der Gefährlichkeitsskala der Betäubungsmittel einen mittleren Platz einnimmt (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 15. November 2022 – 3 StR 340/22, juris Rn. 9, jeweils mwN).
c) Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung der in den Fällen [X.]und 2 der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen. Der [X.]kann nicht ausschließen, dass das [X.]bei rechtlich zutreffender Würdigung jeweils auf eine mildere Einzelstrafe erkannt hätte. Die Aufhebung der Strafen entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage. Da lediglich [X.]vorliegen, können die getroffenen Feststellungen bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.
3. Das Urteil hat auch keinen Bestand, soweit das [X.]nicht geprüft hat, ob gegen den Angeklagten die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen ist, obwohl dies nach den Urteilsfeststellungen veranlasst war.
Danach konsumierte der Angeklagte seit seinem 15. Lebensjahr täglich mindestens einen Joint pro Tag, begann „vor etwa zwei Jahren unter Entstehen einer körperlichen Abhängigkeit Opiate einzunehmen“ und „vor etwa einem halben Jahr, Heroin zu rauchen“, so dass der [X.]von Betäubungsmitteln „für den Angeklagten zur Lebensform geworden [war]“. Zwei Tage vor der Hauptverhandlung begab er sich in ein Methadon-Programm. Zur Tatzeit lag der tägliche [X.]des Angeklagten bei 3 bis 5 Gramm, der Bedarf an Amphetamin bei 1 bis 3 Gramm. Für den [X.]musste er monatlich etwa 1.000 Euro aufbringen, die er unter anderem durch den gewinnbringenden Weiterverkauf von Betäubungsmitteln an etwa zehn Bekannte generierte.
Dies legt auch nach der gemäß § 2 Abs. 6 StGB i.V.m. § 354a StPO zum Zeitpunkt der Entscheidung des [X.]maßgeblichen, zum 1. Oktober 2023 in [X.]getretenen Neufassung des § 64 StGB nahe, dass die Tat auf einen Hang des Angeklagten zum übermäßigen [X.]berauschender Mittel zurückzuführen ist (zum Begriff des Hangs nach der Neuregelung vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2023 – 6 StR 327/23, NStZ-RR 2024, 50; Beschluss vom 23. Januar 2024 – 3 StR 455/23, juris Rn. 17). Das [X.]hätte daher prüfen müssen, ob die (weiteren) Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gegeben sind.
Die angezeigte Prüfung war auch nicht dadurch entbehrlich, dass das [X.]im Urteil seine Zustimmung gemäß „§ 35 StPO“ – gemeint war offenbar § 35 BtMG – erklärt hat. Denn die Unterbringung nach § 64 StGB geht der Zurückstellung der Strafvollstreckung vor (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 22. März 2017 – 3 StR 38/17, NStZ-RR 2017, 283 f. mwN; BeckOK BtMG/Bohnen, 21. Ed., § 35 Rn. 16).
Über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss deshalb – unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) – neu verhandelt und entschieden werden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2023 – 6 StR 469/23, juris Rn. 3; Beschluss vom 10. Januar 2024 – 1 StR 349/23, juris Rn. 6). Er hat die [X.]der Maßregel auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2023 – 6 StR 244/23, juris Rn. 10 mwN).
Menges |
|
Appl |
|
Meyberg |
|
Grube |
|
Schmidt |
|
Meta
14.02.2024
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Aachen, 31. August 2023, Az: 68 KLs 11/23
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14.02.2024, Az. 2 StR 493/23 (REWIS RS 2024, 4668)
Papierfundstellen: REWIS RS 2024, 4668
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
3 StR 97/17 (Bundesgerichtshof)
Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Anforderungen an die Erfolgsaussichtsprüfung
3 StR 586/17 (Bundesgerichtshof)
Strafzumessung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot bei …
1 StR 323/18 (Bundesgerichtshof)
Strafzumessung bei Betäubungsmitteldelikt: Einordnung von Amphetamin als "harte Droge"
3 StR 295/22 (Bundesgerichtshof)
6 StR 295/23 (Bundesgerichtshof)
Keine Referenz gefunden.