Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2000, Az. 4 StR 525/00

4. Strafsenat | REWIS RS 2000, 82

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[X.] StR 525/00vom19. Dezember 2000in der [X.] versuchten Totschlags u.a.- 2 -Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 19. Dezember 2000 gemäߧ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:1.Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil [X.] vom 7. Juli 2000 mit den [X.] Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eineandere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des[X.]s zurückverwiesen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags [X.] mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von [X.] verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ange-ordnet. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge.Das Rechtsmittel hat Erfolg.Nach den Feststellungen stach der Angeklagte in der vierten Etage [X.] seinem Wohnungsnachbarn mit einem Messer mindestenseinmal, höchstens viermal gezielt in den Halsbereich und verletzte ihn dadurchschwer, wobei er mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte. Der [X.] weitere Stiche ab, indem er das Messer festhielt, wodurch er sichSchnittverletzungen zuzog. Da er spürte, daß "der Angeklagte weiterhin ver-suchte, das Messer in Richtung Bauchgegend zu führen" ([X.]), drehte er- 3 -sich um und lief die Treppe hinunter, wo er auf sein Klopfen und Schellen Auf-nahme in der im zweiten Stockwerk gelegenen Wohnung einer Bekanntenfand. Diese sah, daß er stark an Hals und Hand blutete, und veranlaßte, daß [X.] einem Taxi ins Krankenhaus fuhr. Dort verschlechterte sich sein Zustand sosehr, daß sein Leben nur durch eine Notoperation gerettet werden konnte. Zuden Vorstellungen des Angeklagten von den Folgen seines Tuns verhält sichdas Urteil nicht.Das [X.] hat einen strafbefreienden Rücktritt vom [X.] allein mit der Erwägung abgelehnt, daß es sich um einen fehlgeschlage-nen Versuch handele. Dies ist rechtsfehlerhaft. Ein fehlgeschlagener [X.] dann nicht vor, wenn der Täter die Tat, wie er weiß, mit den bereits [X.] oder den zur Hand liegenden einsatzbereiten Mitteln ohne [X.] noch vollenden kann (st. Rspr.; BGHSt 34, 53, 56; 35, 90, 94; 39, 221,228; vgl. [X.]/[X.] 50. Aufl. § 24 Rdn. 6 m.w.N.). Die Annahmedes [X.]s, eine Verfolgung des Geschädigten "durch das Treppenhaushätte dem Angeklagten zur Vollendung der Tat keine realistische Gelegenheitgegeben" ([X.]), findet keine Stütze in den Feststellungen. Durch diese istnicht belegt, daß es dem Angeklagten unmöglich gewesen wäre, sein fliehen-des Opfer zu verfolgen und einzuholen, zumal dieses stark blutete und außer-dem "erheblich angetrunken" ([X.]) war. Soweit das [X.] in diesemZusammenhang weiterhin berücksichtigt, daß eine "solche Verfolgung im füralle Hausbewohner zugänglichen Treppenhaus ... für den Angeklagten auchein hohes Risiko des [X.] mit sich gebracht" ([X.]) hätte, [X.] zum einen nicht mehr als eine Vermutung, vor allem aber wäre es nicht fürdie Frage des Fehlschlages, sondern für die der Freiwilligkeit des Rücktritts- 4 -von Bedeutung (vgl. NStZ 1993, 76, 77; BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Frei-willigkeit 16 und 22 a.[X.] bisherigen Feststellungen lassen eine Beurteilung der Rücktrittsfra-ge nicht zu, da dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen ist, ob der [X.] unbeendet oder beendet war. Nach der gefestigten Rechtspre-chung des [X.] kommt es für die Abgrenzung des unbeendetenvom beendeten Versuch und damit für die Voraussetzungen strafbefreiendenRücktritts darauf an, ob der Täter nach der letzten von ihm konkret vorgenom-menen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs fürmöglich hält (sog. Rücktrittshorizont; vgl. nur BGHSt 31, 170, 171; 33, 295,297; 35, 90, 93; 39, 221, 227). Feststellungen dazu enthält das Urteil nicht.Zwar liegt es bei gefährlichen Gewalthandlungen nahe, daß der Täter die le-bensgefährdende Wirkung und die Möglichkeit des Erfolgseintritts kennt(BGHSt 39, 221, 231 m.w.N.). Diese Kenntnis versteht sich aber nicht vonselbst, wenn das Opfer nach der letzten Ausführungshandlung noch in der [X.] ist, sich vom [X.] wegzubewegen; in einem solchen Fall bedürfen die [X.] des [X.] besonders eingehender Erörterung (vgl. BGHR StGB§ 24 Abs. 1 Satz 1 Versuch, unbeendeter 31; [X.], 20). Hier kommthinzu, daß die Lebensbedrohlichkeit der Verletzungen zunächst noch nichteinmal bei der ärztlichen Erstversorgung in der Notaufnahme des [X.] erkannt wurde ([X.]). Auch dafür, daß sich der Angeklagte nach derletzten Ausführungshandlung keine Vorstellungen über die Folgen seines Tunsgemacht hat mit der Konsequenz, daß ein beendeter Versuch anzunehmenwäre (vgl. BGHSt 40, 304 f.), geben die bisherigen Feststellungen keinen [X.] bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Der auf-gezeigte Mangel zwingt auch zur Aufhebung der an sich gesehen rechtlichnicht zu beanstandenden Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gefähr-licher Körperverletzung (vgl. BGHR StPO § 353 Aufhebung 1).VRiBGH Prof.Dr.Meyer-Goßner Maatz Kuckeinbefindet sich in Urlaub und istdeshalb verhindert zu unter-schreiben Maatz

Meta

4 StR 525/00

19.12.2000

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2000, Az. 4 StR 525/00 (REWIS RS 2000, 82)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 82

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