Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2011, Az. VIII ZR 30/11

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1920

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII
ZR
30/11
Verkündet am:

26. Oktober 2011

Ermel

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterin [X.] sowie die Richter [X.] und Dr.
Schneider

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des [X.] Rechtsmittels das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 16. Dezember 2010 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 5. August 2009 mit der Maßgabe zurück-gewiesen worden ist, dass die Beklagte zur Zahlung von Zinsen an die Klägerin in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jewei-
vom 22.
Dezember 2004 bis zum 30. Januar 2008 verpflichtet ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen
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Tatbestand:

Die Parteien schlossen im Oktober 2003 einen [X.], durch den der Beklagten das alleinige Recht zum Vertrieb der von der Klägerin her-gestellten und von ihr zu beziehenden Werkzeuge und Gartengeräte in [X.] eingeräumt wurde. In Erfüllung einer darin unter anderem geregelten Verpflich-tung stellte die Beklagte eine Bankgarantie im Wert von 500.00und schon erfolgte, aber noch offene Warensendungen.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage Kaufpreis-, Frachtkostenerstattungs-
und Lieferungen in den Jahren 2002 bis 2004 geltend gemacht, darunter Kaufpreis-forderungen aus einer Rechnung vom 22. Dezember 2003 in Höhe von [X.] in [X.] ansässige [X.] vor den zuständigen [X.] Gerichten auf Zahlung der Rechnungsbeträge nebst Zinsen in Anspruch. Diese wurde zur Zahlung der -
hinsichtlich der beiden Rechnungen vom 18. Juni 2004 allerdings zten -
Rechnungsbeträge nebst den ge-

November 2004 bis zum Zahlungs-r-teilt und zahlte am 30. Januar 2008 einschließlich Zinsen und Kosten insge-samt

Auf eine daraufhin erfolgte (Teil-)Erledigungserklärung der Klägerin hat das [X.] hinsichtlich der eingeklagten Forderungen aus den [X.] vom 18. Juni 2004 und aus der Rechnung vom 22. Dezember 2003 in [X.] der e-digung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt. Außerdem hat es -
un-1
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ter Abweisung der Klage im Übrigen -
die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 88.714,70

[X.] vom 16. Dezember 2004 bis zum 31. Januar 2008 zu zahlen. Die hierge-gen
gerichteten Berufungen beider Parteien hat das [X.] mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Rechnungen vom 18. Juni 2004 nur unter Berücksichtigung eines zusätzli-chen Kürzungsbetrages von 1.917Zahlung von Zinsen an die Klägerin nur in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 88.714,70 30.

m 16. Dezember 2004 bis zum 30.
Januar 2008 verpflichtet ist. Mit ihrer vom Senat hinsichtlich der Zinsforde-rung zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte insoweit ihr Klageabwei-sungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat ganz überwiegend Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, ausgeführt:
Durch die Zahlung, die die aus der Garantie in Anspruch genommene [X.] am 30. Januar 2008 auf die drei genannten Rechnungen ge-leistet habe, seien die von der Teilerledigungserklärung der Klägerin nicht er-fassten [X.], deren Zinsbeginn jeweils mit Ablauf der im Vertriebs-4
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vertrag vorgesehenen Zahlungsfrist von 180 Tagen anzusetzen sei, nicht erfüllt worden, sondern bestünden fort. Zwar habe die Bank mit ihrer Zahlung nicht nur die Hauptforderungen beglichen, sondern auch die gegen sie ausgeurteil-ten gesetzlichen Zinsen und Kosten. Schon die Höhe dieser Zinsen richte sich aber nach [X.] Recht und stimme daher mit den der Klägerin gegen die Beklagte zustehenden Verzugszinsen nach den §§ 280, 286, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht notwendig überein. Zudem handele es sich bei den der Klägerin ge-gen die Bank zustehenden [X.] um eine von den [X.] gegen die Beklagte zu unterscheidende Forderung. Denn [X.] gegen die Bank könnten sich nach dem Gesamtzusammenhang nur daraus ergeben, dass die Bank ihrerseits mit der Erfüllung der von ihr übernommenen Garantie-forderung in Verzug geraten sei. Die Bank habe daher durch die von ihr [X.] Zahlung nur ihre eigenen [X.] gegenüber der Klägerin erfüllt, ohne dass die in der [X.] bis zur Zahlung der Bank bereits aufgelaufenen [X.] der Beklagten davon berührt worden seien.
Dem Zinsanspruch der Klägerin könne die Beklagte auch nicht mit Erfolg den Gedanken einer schadensrechtlichen Vorteilsausgleichung entgegenhal-ten. Dagegen bestünden schon deshalb Bedenken, weil es sich bei den [X.] der Klägerin gegen die Bank und denjenigen
gegen die Beklagte rechtlich um unterschiedliche Forderungen handle, so dass die Klägerin nicht zweimal auf denselben Anspruch Verzugszinsen begehre. Außerdem sei eine Vorteilsausgleichung hier jedenfalls deswegen nicht möglich, weil nach dem ausdrücklichen Willen des [X.] Gesetzgebers einem Gläubiger die [X.] gemäß §§ 280, 286, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB zwingend als gesetzli-cher Mindestschaden zustünden, ohne dass es darauf ankomme, ob ihm ein Zinsschaden in dieser Höhe überhaupt entstanden sei.
Der Nachweis eines geringeren Schadens, der sich etwa durch das [X.] anderweitiger Vorteile 7
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im Rahmen einer Vorteilsausgleichung ergeben könne, sei in § 288 BGB viel-mehr bewusst ausgeschlossen worden.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung weitgehend nicht stand.
Die Zahlung der aus der Garantie verpflichteten Bank steht nicht nur [X.] nochmaligen Inanspruchnahme der Beklagten aus den von der Garantie erfassten Kaufpreisforderungen, sondern -
anders als das Berufungsgericht meint -
auch einer Inanspruchnahme auf nochmalige Zahlung von [X.] entgegen, soweit die Zinszahlung der Bank sich nach [X.] und Höhe mit den Zinsforderungen deckt, die die Klägerin gegen die Beklagte wegen einer verspäteten Zahlung der Kaufpreise geltend macht. Lediglich insoweit, als das Berufungsgericht der Klägerin Verzugszinsen für [X.]räume zuerkannt hat, die vor dem [X.]punkt liegen, ab dem die Bank den der Klägerin aus der Garantie geschuldeten Betrag verzinst hat, haben diese Zahlungen den gegen die
Be-klagte bestehenden Anspruch der Klägerin auf Verzugszinsen nicht berührt.
Das Berufungsgericht, das die von den Parteien vereinbarte Rechtswahl unangegriffen als Wahl des unvereinheitlichten [X.] Rechts ausgelegt hat, geht zu Unrecht davon aus, dass die Zahlung der Bank auf die gegen sie ausgeurteilten Zinsen keinen Einfluss auf die Durchsetzbarkeit des gegen die Beklagte gerichteten Anspruchs auf Zahlung der geltend gemachten Verzugs-zinsen hat. Dass es sich bei den jeweiligen Zinsforderungen rechtlich um unter-schiedliche Ansprüche handelt, steht dem nicht entgegen. Denn das [X.] hat nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Zahlung der Garan-tiebank an den [X.] -
hier die Klägerin
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auch für das kaufrechtlich geprägte Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten insofern von [X.] ist, als durch die Zahlung des [X.] jedenfalls wirtschaft-8
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lich zugleich das Interesse der Klägerin am Erhalt der durch die Garantie [X.] Kaufpreisansprüche mit abgedeckt worden ist (vgl. [X.], [X.], 2381, 2389).
Zwar ist das Berufungsgericht selbst davon ausgegangen, dass sich durch die Zahlung der aus der Garantie in Anspruch genommenen Bank die Hauptforderung der Klägerin aus den genannten drei Rechnungen erledigt hat. Denn es liegt auf der Hand, dass die Klägerin diese Beträge nicht doppelt be-anspruchen kann (vgl. [X.], Urteil vom 16. Dezember 1960 -
II ZR 137/59, [X.], 204 unter III). Mit den auf den Garantiebetrag gezahlten Zinsen verhält es sich nicht anders. Auch für das Interesse der Klägerin, wegen der verzöger-ten Zahlung des Kaufpreises entschädigt zu werden, ist es nicht ohne Bedeu-tung, dass sie aus der Inanspruchnahme der Garantie für einen dort zeitgleich eingetretenen Verzögerungsschaden des ihr im wirtschaftlichen Ergebnis nur einmal zustehenden Betrages bereits einen Ausgleich erlangt hat. Es ist viel-mehr zu berücksichtigen, dass das Interesse der Klägerin, für eine vertragswid-rige Vorenthaltung der ihr zustehenden Kaufpreiszahlungen entschädigt zu
werden, jedenfalls im wirtschaftlichen Ergebnis durch die Zahlung der Garan-tiebank ausgeglichen worden ist, soweit diese neben der Garantiesumme einen auf denselben [X.] bezogenen und in seiner Höhe einen Verzugs-schadensersatz der Klägerin aus den Kaufverträgen abdeckenden Ausgleich für die verspätete Zahlung der Garantiesumme geleistet hat.
Dem steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch der Umstand nicht entgegen, dass der in § 288 BGB geregelte Verzugszins den Ausgleich eines keinem Gegenbeweis mehr zugänglichen Mindestschadens bezweckt (vgl. [X.], Urteil vom 26. April 1979 -
VII ZR 188/78, [X.]Z 74, 231, 234 f.; [X.], NJW 1982, 792; [X.], NJW 2001, 3570, 3573 f.). Denn diese [X.] stellt sich hier nicht. Es geht vielmehr nur
darum, dass die Klägerin den nach 11
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dieser Vorschrift bemessenen Verzögerungsschaden für den gleichen [X.]raum nicht zweimal zum Ausgleich ein und desselben Vorenthaltungsinteresses be-anspruchen kann.
Anders als die Revisionserwiderung meint, führt auch der Umstand, dass die Beklagte aus Sicht der Klägerin unter Verletzung ihrer vertraglichen Pflich-ten die [X.] veranlasst hat, nicht zu zahlen, und die Klägerin sich [X.] gezwungen gesehen hat, die Bank an deren ausländischem Sitz unter In-kaufnahme eines erheblichen Mehraufwandes zu verklagen, nicht dazu, dass die Klägerin die doppelte Zinszahlung jedenfalls als Ausgleich für den dadurch entstandenen Mehraufwand beanspruchen könnte. Dahin gehenden Vortrag in den Tatsacheninstanzen zur Beanspruchung eines ersatzfähigen und bislang nicht ausgeglichenen Mehraufwandes zeigt die Revisionserwiderung nicht auf. Ebenso wenig verdient der in ihren Überlegungen anklingende Gedanke eines Strafschadensersatzes Berücksichtigung (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juni 1992

IX
ZR 149/91, [X.]Z 118, 312, 343 f.).
III.
Hiernach ist die Revision lediglich insoweit zurückzuweisen, als die [X.] betroffen sind, die hinsichtlich des [X.] von a-Zinszahlungen der [X.] nicht erfasst werden. Hinsichtlich der übrigen Zinsforderungen ist der Rechtsstreit dagegen noch nicht entschei-dungsreif. Insoweit ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO). Denn das Berufungsgericht hat -
von seinem Standpunkt aus folgerich-tig -
keine Feststellungen zur Höhe der auf der Grundlage [X.] Rechts 13
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gegen die garantiegebende Bank erkannten gesetzlichen Zinsen und der von dieser an die Klägerin erbrachten Zinszahlungen getroffen.
Ball

Dr. Frellesen

[X.]

[X.]

Dr. Schneider
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 05.08.2009 -
41 [X.]/06 -

O[X.], Entscheidung vom 16.12.2010 -
I-6 [X.] -

Meta

VIII ZR 30/11

26.10.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.10.2011, Az. VIII ZR 30/11 (REWIS RS 2011, 1920)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1920

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18 U 142/07 (Oberlandesgericht Köln)


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