Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2010, Az. VII ZB 56/07

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 10403

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[X.]BESCHLUSS [X.]/07
vom 14. Januar 2010 in dem selbständigen Beweisverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 494 a Ein Antragsgegner, der nach Abschluss eines selbständigen Beweisverfahrens mit seinem Antrag auf Erhebung der Klage über eine angemessene Überlegungsfrist hin-aus so lange wartet, bis der etwaige Anspruch des Antragstellers verjährt ist, handelt rechtsmissbräuchlich, wenn es für ihn keine triftigen Gründe gab, den Antrag nicht [X.] zu stellen. Es kommt hierfür nicht darauf an, ob eine Klage zu dem Zeitpunkt, in dem der [X.] spätestens den Antrag auf Fristsetzung hätte stellen müs-sen, Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. [X.], Beschluss vom 14. Januar 2010 - [X.]/07 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 14. Januar 2010 durch [X.] Dr. [X.], [X.] Kuffer, die Richterin [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin zu 3 gegen den Be-schluss des 20. Zivilsenats des [X.] vom 5. Juli 2007 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin zu 3 trägt die Kosten des [X.]. Gegenstandswert: 2.761,37 • Gründe: [X.] Die Antragsgegnerin zu 3 (im Folgenden: Antragsgegnerin) begehrt, der Antragstellerin gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO eine Frist zur Klageerhebung zu [X.]. 1 Die Antragstellerin hat im [X.] unter anderem gegen die [X.] ein selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung von Mängeln an einem Natursteinboden in ihrem Verwaltungs- und Schulungsgebäude eingelei-tet, der 1999 von der Antragsgegnerin verlegt worden war. Der Sachverständi-ge E. hat am 23. April 2001 ein Gutachten erstattet, in dem er Mängel [X.] - 3 - stellt hat, die er unter anderem auf eine Verlegungsart ohne Fugen zurückge-führt hat, die dem Leistungsverzeichnis widersprochen habe. 3 Die Antragsgegnerin hat mit Antrag vom 29. August 2006 beantragt, der Antragstellerin gemäß § 494 a Abs. 1 ZPO eine Frist zur Klageerhebung zu [X.]. Dem ist die Antragstellerin entgegengetreten; sie habe nur aufgrund der Vermögenslosigkeit der Antragsgegnerin von einer Erhebung der Klage abge-sehen. Der nunmehr nach Eintritt der Verjährung gestellte Antrag auf Setzung einer Frist zur Klageerhebung sei rechtsmissbräuchlich. Das [X.] hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Be-schwerde der Antragsgegnerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihren [X.] weiter. 4 I[X.] Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. 5 1. Das Beschwerdegericht führt aus: § 494 a ZPO sei nach Sinn und Zweck einschränkend dahin auszulegen, dass für eine dem Antragsteller nachteilige Kostenentscheidung und damit auch für eine Fristsetzung zur Erhe-bung einer Klage dann kein Raum sei, wenn nach dem Ergebnis der Beweis-aufnahme im selbständigen Beweisverfahren eine Klage mit hoher Wahrschein-lichkeit Erfolg hätte und der Antragsteller nur aus wirtschaftlichen Gründen im Hinblick auf die Vermögenslosigkeit des Antragsgegners von der Erhebung der [X.] absehe. So liege der Fall hier. Aus den Feststellungen des Sachverständigen E. ergebe sich, dass eine Klage Erfolg gehabt hätte. [X.] sei, dass einer auf Schadensersatz gerichteten Klage zum jetzigen [X.] - 4 - punkt die Einrede der Verjährung entgegenstände. Denn abzustellen sei auf den Zeitpunkt des Vermögensverfalls der Antragsgegnerin. Dieser sei vor [X.] der Verjährungsfrist zu einem Zeitpunkt eingetreten, zu dem die Antragstel-lerin noch mit Erfolg hätte Klage erheben können. 7 2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. 8 a) Es kann dahinstehen, ob die Ansicht des Beschwerdegerichts zutrifft, nach Eintritt des Vermögensverfalls eines Antragsgegners sei dessen Antrag auf Fristsetzung zur Erhebung einer Klage unzulässig, wenn die Klage des [X.]stellers Aussicht auf Erfolg hätte. Hierauf kommt es im vorliegenden Fall nicht an. b) Der Senat hat bereits entschieden, dass es mit Sinn und Zweck des § 494 a Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren ist, dem Antragsteller die Erhebung einer Klage aufzugeben, die einen Anspruch zum Gegenstand hat, der [X.] der Mängelbeseitigung durch den Antragsgegner bereits erfüllt und damit erloschen ist ([X.], Beschluss vom 19. Dezember 2002 - [X.] ZB 14/02, Baurecht 2003, 575 = NZBau 2003, 216 = [X.] 2003, 257). Das beruht auf dem Gedanken, dass der Antragsgegner rechtsmissbräuchlich handelt, wenn er zunächst durch sein Verhalten dazu beiträgt, dass ein etwaiger Anspruch [X.], dann aber von dem Antragsteller verlangt, eben diesen Anspruch ihm gegenüber geltend zu machen, widrigenfalls der Antragsteller eine ihm ungüns-tige Kostenentscheidung hinzunehmen hätte. 9 c) Vergleichbare Erwägungen gelten für den Fall, dass der [X.] nach Abschluss eines selbständigen Beweisverfahrens mit der Stellung ei-nes Antrages nach § 494 a Abs. 1 ZPO über eine angemessene Überlegungs-frist hinaus so lange zuwartet, bis etwaige Ansprüche des Antragstellers [X.] - 5 - schen verjährt sind und die Klage deshalb keine Aussicht auf Erfolg mehr ha-ben kann. 11 Denn die Vorschrift des § 494 a ZPO soll eine Lücke schließen, die [X.] entsteht, dass keine Entscheidung über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens ergeht, wenn der Antragsteller nach Durchführung der [X.] des [X.] absieht. Sie ermöglicht es dann, den Antragsgegner kostenrechtlich so zu stellen, als habe er in einem nachfolgenden Klageverfahren obsiegt ([X.], Beschlüsse vom 23. August 2007 - [X.] ZB 79/06, Baurecht 2007, 1933 = NZBau 2007, 780 = [X.] 2007, 786 m.w.N.; vom 23. Juli 2009 - [X.] ZB 3/07, Baurecht 2009, 1619 = [X.] 2009, 783). Dem Antragsgegner soll ein Verfahren eröffnet werden, seine Kosten des selbständigen Beweisverfahrens ersetzt zu bekommen, wenn er davon aus-geht, in einem Klageverfahren zu obsiegen. Mit dieser Systematik soll nicht der-jenige Antragsgegner geschützt werden, der die zur Beurteilung seiner [X.] ohne triftige Gründe verstreichen lässt und mit seinem Antrag so lange wartet, bis der etwaige Anspruch des Antragstellers verjährt ist. In diesem Fall hätte der Antragsgegner durch sein abwartendes Verhalten eine Lage geschaffen, die derjenigen vergleichbar ist, die dadurch entsteht, dass er die im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel beseitigt hat. Die Klage des Antragstellers müsste aufgrund der regelmäßig zu erwartenden Einrede der Verjährung ohne weiteres schon wegen der Verjäh-rung des Anspruchs abgewiesen werden. Die Ausübung des Antragsrechts ent-fernt sich in einem solchen Fall so weit von der gesetzlichen Intention, dass sie rechtsmissbräuchlich ist. [X.] man dies anders, zwänge man einen Antragsteller in jedem Fall auch ohne den Antrag des Antragsgegners faktisch dazu, vor Ablauf einer [X.] Verjährungsfrist Klage zu erheben, wenn er nicht negative Kostenfolgen 12 - 6 - gewärtigen möchte. Es würden zusätzliche Klagen provoziert, was nicht dem Zweck des selbständigen Beweisverfahrens, das gerade auch auf die Vermei-dung von Rechtsstreitigkeiten angelegt ist, entspricht. Es kann eine Vielzahl von Gründen geben, aus denen der Antragsteller nach Durchführung eines selb-ständigen Beweisverfahrens auf die Durchführung des Hauptsacheverfahrens verzichtet. Hierzu können ungewisse Erfolgsaussichten oder aber die [X.] gehören, wirtschaftlich sei die Klage sinnlos, weil [X.] der Vermögensverhältnisse eine Befriedigung nicht zu realisieren ist. Das Gesetz gibt dem Antragsgegner die Möglichkeit, einen Kostenerstat-tungsanspruch zu realisieren. Er hat das Antragsrecht nach § 494 a Abs. 1 ZPO, so dass es auch an ihm ist, die Erfolgsaussichten eines solchen Antrags einzuschätzen. Der Antragsgegner, der meint, dass eine Klage des [X.] keinen Erfolg hätte, ist hinreichend geschützt, wenn ihm nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens ein ausreichend zu bemessender Zeit-raum für den Antrag auf Fristsetzung zur Klageerhebung verbleibt. 13 Für die Beurteilung eines Antrags erst nach Eintritt der Verjährung als rechtsmissbräuchlich kommt es nicht darauf an, ob eine Klage zu dem Zeit-punkt, in dem der Antragsgegner [X.] spätestens den Antrag auf Fristsetzung hätte stellen müssen, Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Maßgeblich ist allein der Umstand, dass der Antragsgegner durch sein zögerliches Verhal-ten dazu beigetragen hat, dass eine Klage von vornherein aussichtslos gewor-den ist. 14 d) Danach ist der Antrag der Antragsgegnerin hier rechtsmissbräuchlich. Unstreitig ist jedenfalls inzwischen die Verjährung etwaiger Ansprüche der [X.]stellerin eingetreten. Die Antragsgegnerin hat ihren Antrag erst über fünf Jahre nach Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens gestellt. Sie hat 15 - 7 - keine Umstände dafür dargelegt, dass es - abgesehen von der nunmehr sicher eingetretenen Verjährung - weitere Gründe gegeben hat, warum sie den Antrag nicht früher gestellt hat. Angesichts des langen Zeitablaufs seit Beendigung des Beweisverfahrens hätte ihr das aber oblegen, um den Vorwurf des [X.] auszuräumen. II[X.] [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 16 [X.] Kuffer [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.], Entscheidung vom 05.07.2007 - 20 W 33/07 -

Meta

VII ZB 56/07

14.01.2010

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.01.2010, Az. VII ZB 56/07 (REWIS RS 2010, 10403)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10403

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