Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.06.2016, Az. 6 C 9/15

6. Senat | REWIS RS 2016, 9530

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Gegenstand

Schleichwerbung in einer Sendung mit Tipps zur Vervollkommnung des Pokerspiels


Leitsatz

Das Schleichwerbungsmerkmal der Werbeabsicht eines Rundfunkveranstalters ist gegeben, wenn die in eine Sendung integrierte werbliche Darstellung eines Produkts bei einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls nicht durch programmlich-redaktionelle Erfordernisse gerechtfertigt ist.

Tatbestand

1

Die Klägerin verbreitet als private Anbieterin mit Genehmigung der beklagten [X.] bundesweit das Fernsehprogramm "[X.]". Sie wendet sich dagegen, dass die Beklagte die von ihr ausgestrahlte Sendung "[X.]" wegen unzulässiger Schleichwerbung in Gestalt von Hinweisen auf das [X.]angebot "[X.]" beanstandet hat.

2

In "[X.]" gaben professionelle Pokerspieler Tipps für eine erfolgreiche Spielausübung. Der Titel wurde von der in den Vereinigten Staaten ansässigen Firma [X.] in den Jahren 2005/2006 produziert. Nachdem die Klägerin die Lizenz für die Verwertung erworben hatte, strahlte sie die Produktion mit einer [X.] Tonspur versehen am 12. April 2010 ab 5:55 Uhr aus.

3

Die Sendung begann mit einem Vorspann, an den sich akustisch und auch optisch dargestellt der Hinweis anschloss, dass "[X.]" von "[X.]" präsentiert werde. Im weiteren Verlauf war das Logo von "[X.]" in der überwiegenden Zahl der Einstellungen zu sehen. Am Ende der Sendung forderte der Moderator die Zuschauer zum Besuch der Homepage von "[X.]" auf. Die Sendung wurde von zwei Werbeblöcken und einem Einzelspot unterbrochen; dabei war das von "[X.]" ausgerichtete Pokerturnier "[X.] - das Pokerduell" Inhalt des Einzelspots und Bestandteil eines der beiden Werbeblöcke.

4

Nachdem die Klägerin von der [X.] angehört worden war, stellte die [X.] ([X.]) am 26. Oktober 2010 fest, dass die Klägerin mit der Ausstrahlung der Sendung "[X.]" an dem genannten Termin gegen das [X.] aus § 7 Abs. 7 Satz 1 [X.]. Ziffer 4 der [X.] verstoßen habe. Sie beschloss eine Beanstandung, die von der [X.] innerhalb von sechs Wochen umzusetzen sei. Die Beklagte erließ gegenüber der Klägerin am 23. November 2011 einen auf § 38 Abs. 2 [X.]. § 7 Abs. 7 Satz 1 RStV und Ziffer 4 der [X.] gestützten Bescheid, in dem sie feststellte und missbilligte, dass die Klägerin in der besagten Sendung in einer einen Verstoß gegen das [X.] darstellenden Weise das Dienstleistungsangebot von "[X.]" durch optische und akustische Hinweise auf diesen Anbieter, durch das gezielte Zeigen von dessen Logos, durch Hinweis auf dessen Homepage am Ende der Sendung sowie durch zwei Werbespots mit dem Hinweis auf ihn umworben habe.

5

Die Anfechtungsklage gegen den Beanstandungsbescheid hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen: Die von der Klägerin ausgestrahlte Sendung "[X.]" habe das [X.] verletzt, das durch den [X.] in seiner hier maßgeblichen Fassung durch den [X.] nach Maßgabe der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 8 in § 7 Abs. 7 Satz 1 statuiert werde. Durch die werbliche Hervorhebung des Logos von "[X.]" in nahezu jeder Einstellung der Sendung sei auf die unter der Marke "Fulltiltpoker" angebotenen Dienstleistungen im [X.] hingewiesen worden. Die Klägerin habe mit der erforderlichen Werbeabsicht gehandelt. [X.] könne, ob diese Absicht bereits auf der Grundlage von § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 RStV anzunehmen sei, weil die Klägerin für die werblichen Hervorhebungen ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erhalten habe. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Darstellung des Schriftzugs von "[X.]" in "[X.]" und einem etwaigen der Klägerin gewährten Preisnachlass für die Übertragungsrechte an dieser Produktion könne nicht ohne Weiteres festgestellt werden. Deshalb müsse der Frage, ob das von der Klägerin gezahlte Entgelt branchenüblich gewesen sei, nicht nachgegangen werden. Bei einem Nichteingreifen des § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 RStV könne jedoch auf Grund von Indizien auf eine Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 RStV geschlossen werden. Die Werbeabsicht der Klägerin ergebe sich - unabhängig von der insoweit schon bedeutsamen objektiven Werbewirkung der Präsentation - aus der Intensität der werblichen Darstellungen und der Alleinstellung des beworbenen Angebots. Die Grundsätze über die sog. aufgedrängte Werbung, nach denen Werbeeffekte aus programmlich-dramaturgischen Gründen zur Darstellung der realen Umwelt oder im Rahmen der Wahrnehmung von Informationspflichten gerechtfertigt sein könnten, griffen nicht ein. Da "[X.]" ein inszeniertes Geschehen dargestellt habe, habe sich die Klägerin nicht auf die Wahrnehmung von Informationspflichten berufen können. Auch programmlich-dramaturgische Gründe hätten die gehäufte Darstellung des Logos von "[X.]" nicht erfordert. Der Schriftzug sei vielmehr unabhängig von derartigen Gründen immer dann platziert worden, wenn mit einer besonderen Aufmerksamkeit der Zuschauer habe gerechnet werden können. Als Rundfunkveranstalterin habe die Klägerin die Sendung zu verantworten und könne sich nicht darauf zurückziehen, dass es sich um eine Fremdproduktion gehandelt habe. Durch die Ausstrahlung der Sendung mit den in dieser erkennbar enthaltenen starken Werbeelementen habe die Klägerin belegt, dass es ihr auf die Werbewirkung angekommen sei. Die werblichen Darstellungen seien allein deshalb, weil sie nicht als solche gekennzeichnet gewesen seien, zur Täuschung der Allgemeinheit über ihren eigentlichen Zweck geeignet gewesen.

6

Mit ihrer von dem Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter: Eine Absicht des Rundfunkveranstalters zur werbenden Produktintegration in eine Sendung könne grundsätzlich nur angenommen werden, wenn der Veranstalter auf die [X.] habe einwirken können. Eine solche Einwirkungsmöglichkeit sei bei Eigen-, Auftrags- und Koproduktionen gegeben, nicht aber im vorliegenden Fall einer Fremdproduktion, in dem es der Klägerin zudem lizenzvertraglich untersagt gewesen sei, die Darstellungen des Logos von "[X.]" zu entfernen. Dann sei die Annahme einer Werbeabsicht nur gerechtfertigt, wenn Indizien hinzuträten, die eindeutig belegten, dass der Rundfunkveranstalter trotz fehlender Beteiligung an der Gestaltung der Sendung gezielt zur Absatzförderung beitragen wolle. Zum Kreis dieser Indizien gehörten die objektiv werbende Wirkung einer Präsentation sowie deren Intensität oder Alleinstellung nicht. Die bloße Erkennbarkeit der Werbeabsicht eines unabhängigen Dritten könne nicht dazu führen, dass dem Rundfunkveranstalter diese Absicht zugerechnet bzw. seine Verantwortlichkeit für die entsprechende Produktion begründet werde. Unabhängig hiervon habe der Verwaltungsgerichtshof für die Hinweise auf "[X.]" in "[X.]" zu Unrecht eine besonders intensive Werbewirkung angenommen, da der Handlungsverlauf der Sendung im Vordergrund gestanden habe und die Zuschauer an das Vorkommen von Werbung im Zusammenhang mit Pokerspielen gewöhnt seien. Auch spreche der Umstand, dass die Klägerin für die Produktion ein Lizenzentgelt gezahlt habe, dessen marktkonforme Höhe von den Vorinstanzen nicht bezweifelt worden sei, gegen ihre Werbeabsicht. Der Verwaltungsgerichtshof habe ferner die Grundsätze über die aufgedrängte Werbung unzutreffend angewandt, denn die Werbung in "[X.]" sei mit derjenigen in einem Bericht über eine Sportveranstaltung vergleichbar und scheide wie diese als tauglicher Bezugspunkt für eine Werbeabsicht aus. Im Übrigen sei die Bewertung, ob in einer Sendung die Grenze der hinnehmbaren aufgedrängten Werbung überschritten werde, vor dem Hintergrund der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit allein durch den Rundfunkveranstalter vorzunehmen. Schließlich sei in den Fällen der aufgedrängten Werbung und so auch hier der Werbecharakter der jeweiligen Darstellungen offensichtlich, so dass die Gefahr einer Irreführung der Allgemeinheit nicht bestehe.

7

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet und deshalb gemäß § 144 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Das angefochtene Urteil [X.]uht weder auf einer Verletzung der Bestimmungen des [X.] und Telemedien ([X.] - [X.]) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 2001 ([X.]), für die hier maßgebliche Zeit zuletzt geändert durch den am 1. April 2010 in [X.] getretenen Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag (BayGVBl S. 145), die nach § 48 [X.] revisibel sind, noch auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

9

Die Rechtsgrundlage für die an die Klägerin gerichtete Beanstandungsverfügung bilden die Regelungen in § 38 Abs. 2, § 39 Satz 1 [X.]. Danach trifft bei einem - hier gegebenen - bundesweiten Angebot die zuständige Landesmedienanstalt die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie feststellt, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen des [X.]s verstoßen hat. Zum Kreis der insbesondere in Betracht kommenden Maßnahmen gehört die Beanstandung. Durch diese Regelung wird die zuständige Landesmedienanstalt im Falle eines Rechtsverstoßes zum Einschreiten verpflichtet, die Wahl des konkreten Aufsichtsmittels jedoch in ihr Ermessen gestellt (vgl. [X.] u.a. , [X.], Stand: Dezem[X.] 2015, § 38 [X.] Rn. 8).

Dass die angegriffene Beanstandungsverfügung von dieser Rechtsgrundlage getragen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO binden, zutreffend entschieden. Die Beklagte hat die Verfügung im Hinblick auf die von der Klägerin ausgestrahlte Sendung "[X.]" ohne Verletzung einer die Klägerin schützenden formell-rechtlichen Vorschrift des [X.]s (1.) wegen der gegen das materielle Verbot der Schleichwerbung aus § 7 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 8 [X.] verstoßenden Hinweise auf "[X.]" (2.) in [X.] (3.) erlassen. Die in Rede stehenden Vorschriften sind durch den von dem Verwaltungsgerichtshof unzutreffenderweise herangezogenen Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag (BayGVBl 2011 S. 258, [X.]. [X.]), der nach dem Scheitern des Vierzehnten [X.] erst am 1. Januar 2013 und damit sowohl nach der Ausstrahlung der Sendung "[X.]" am 12. April 2010 als auch nach dem Erlass des angefochtenen [X.] am 23. Novem[X.] 2011 in [X.] trat, nicht geändert worden. Wegen der Maßgeblichkeit des Dreizehnten [X.] für beide Daten kann auch offenbleiben, ob maßgeblich für die gerichtliche Ü[X.]prüfung einer Beanstandung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Ausstrahlung der Sendung oder des Erlasses der Verfügung ist.

1. In formell-rechtlicher Hinsicht war die Beklagte, die der Klägerin die Zulassung als Veranstalterin von bundesweit verbreitetem Rundfunk erteilt hatte (vgl. zur insoweit ü[X.]einstimmenden Rechtsstellung der Anbieter nach [X.] Landesrecht: [X.], Beschluss vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 - [X.]E 97, 298 <310 ff.>; [X.], Urteil vom 6. Mai 2015 - 6 [X.] 11.14 [[X.]:[X.]:[X.]] - [X.]E 152, 122 Rn. 24), die gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 [X.] für den Erlass der angefochtenen Beanstandungsverfügung zuständige Landesmedienanstalt. Die Beklagte bediente sich dabei, wie durch § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 [X.] vorgeschrieben, der zur bundesweiten Medienaufsicht [X.]ufenen [X.] ([X.]).

Nicht im Einklang mit [X.] handelte die Beklagte insoweit, als sie unter Verstoß gegen § 35 Abs. 9 Satz 6 [X.] die Frist von sechs Wochen nicht eingehalten hat, die ihr die [X.] für die Umsetzung der von ihr unter dem 26. Okto[X.] 2010 beschlossenen Beanstandung gesetzt hatte. Dieser Verfahrensfehler kann allerdings nicht zum Erfolg der Klage führen. Denn der Fristenregelung des § 35 Abs. 9 Satz 6 [X.] kommt jedenfalls kein individualschützender [X.]harakter im Hinblick auf die der Medienaufsicht unterworfenen Rundfunkveranstalter zu. Die Vorschrift dient der Verfahrensbeschleunigung ([X.], in: [X.]/[X.] , Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 35 [X.] Rn. 25), dies jedoch ersichtlich allein mit dem Ziel einer Effektuierung der Beschlüsse der Organe nach § 35 Abs. 2 [X.] in dem Verhältnis zu den jeweils zuständigen Landesmedienanstalten, die gemäß § 35 Abs. 9 Satz 5 [X.] an diese Beschlüsse gebunden sind, und nicht mit Blick auf ein etwaiges Interesse der Rundfunkveranstalter an einer möglichst umgehenden Entscheidung ü[X.] eine in Betracht kommende Belegung mit einer Aufsichtsmaßnahme.

2. In der Sache stellt der Bescheid der Beklagten vom 23. Novem[X.] 2011 in seiner Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof (a.) und nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zu Recht fest, dass die von der Klägerin ausgestrahlte Sendung "[X.]" mit den in sie integrierten Hervorhebungen von "[X.]" nach § 7 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 8 [X.] verbotene Schleichwerbung enthielt (b.).

a. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Bescheid dahingehend ausgelegt, dass sich die ausgesprochene Beanstandung nicht auf die in der Sendung "[X.]" vorkommenden einzelnen Hinweise auf "[X.]" bezieht, die in dem Bescheidtenor als Schleichwerbung umschrieben werden, sondern dass [X.] die Sendung in ihrer Gesamtheit ist. Diese Auslegung bindet das Revisionsgericht. Sie entspricht unabhängig davon dem Regelungskonzept des [X.]s, der Schleichwerbung in § 2 Abs. 2 Nr. 8 [X.] unter Bezugnahme auf Sendungen definiert und - wie im Weiteren auszuführen sein wird - für ihre Identifizierung eine wertende Gesamtbetrachtung voraussetzt, die nicht auf einzelne Bestandteile von Sendungen beschränkt werden kann.

b. Die Sendung "[X.]" verletzte das Schleichwerbungsverbot des § 7 Abs. 7 Satz 1 [X.]. Die Merkmale des in § 2 Abs. 2 Nr. 8 [X.] legal definierten, uneingeschränkter gerichtlicher Nachprüfung unterliegenden [X.] ([X.]) - eine objektiv wer[X.]elevante Präsentation (bb.), die subjektiv mit Werbeabsicht vorgenommen wird (cc.) und objektiv die Allgemeinheit hinsichtlich ihres eigentlichen Zwecks irreführen kann ([X.].) - sind erfüllt.

[X.] Die Auslegung und Anwendung des [X.] unterliegt vollständiger gerichtlicher Kontrolle. Um vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG eine Einschränkung der Ü[X.]prüfung seitens der Verwaltungsgerichte durch die Anerkennung eines Beurteilungsspielraums der Landesmedienanstalten rechtfertigen zu können, fehlt es hier wie auch sonst bei den wer[X.]echtlichen Vorschriften des § 7 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 14. Okto[X.] 2015 - 6 [X.] 17.14 [[X.]:[X.]:[X.]:2015:141015U6[X.]17.14.0] - NVwZ-RR 2016, 142 <146> und auch schon [X.], Urteil vom 23. Juli 2014 - 6 [X.] 31.13 [[X.]:[X.]:[X.]:2014:230714U6[X.]31.13.0] - [X.]E 150, 169 Rn. 48) an der besonderen Komplexität der Entscheidungsfindung als einem hinreichend gewichtigen Sachgrund (allgemein zu den Voraussetzungen der Annahme von behördlichen Letztentscheidungsrechten: [X.], Beschluss vom 10. Dezem[X.] 2014 - 6 [X.] 18.13 [[X.]:[X.]:[X.]:2014:101214B6[X.]18.13.0] - [X.]E 151, 56 Rn. 31). Dementsprechend handelt es sich bei den Bestimmungen zur Durchführung des § 7 [X.] in den nach § 46 Satz 1 [X.] erlassenen Gemeinsamen Richtlinien der [X.], die Produktplatzierung, das Sponsoring und das Teleshopping im Fernsehen (Wer[X.]ichtlinien/Fernsehen), die der angefochtene Bescheid in ihrer Fassung vom 23. Februar 2010 anführt und die mittlerweile in der Fassung vom 18. Septem[X.] 2012 gelten, nicht um normkonkretisierende, sondern um norminterpretierende Verwaltungsvorschriften ([X.], Urteil vom 14. Okto[X.] 2015 - 6 [X.] 17.14 - NVwZ-RR 2016, 142 <145>).

bb. Für die Bejahung des [X.] der objektiv wer[X.]elevanten Präsentation hat sich der Verwaltungsgerichtshof auf die von ihm getroffene tatrichterliche Feststellung gestützt, dass in "[X.]" das Logo von "[X.]" in nahezu jeder Einstellung - auf einem großen Bildschirm zwischen zwei das Spielgeschehen kommentierenden Personen, auf animierten und tatsächlichen Spielchips, in den sog. Bauchbinden, in erklärenden Animationen, auf Spielkartenrückseiten und auf Tafeln der Studiodekoration - dargestellt wurde.

Die Heranziehung dieses tatsächlichen Substrats als schleichwerbungsrelevant begegnet keinen Bedenken. Es handelt sich durchweg um in die Sendung integrierte Hervorhebungen von "[X.]". Zu Recht nicht [X.]ücksichtigt hat der Verwaltungsgerichtshof demgegenü[X.] den in dem Tenor des [X.] der Beklagten mit aufgeführten Umstand, dass in zwei Spots das von "[X.]" ausgerichtete Pokerturnier "[X.] - das Pokerduell" beworben wurde. Diese Spots waren nach Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs in nach Maßgabe des § 7 Abs. 3 [X.] nicht zu beanstandenden Werbeinseln enthalten.

Anknüpfend an das beschriebene Substrat hat der Verwaltungsgerichtshof in tatsächlicher Hinsicht die weitere Feststellung getroffen, dass durch die Darstellungen des Logos von "[X.]" generell auf die unter der Marke "Fulltiltpoker" angebotenen Dienstleistungen im [X.] - das heißt nicht nur auf das auf der seinerzeitigen [X.]seite von "[X.]" selbst [X.]eitgehaltene, nach Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs kostenlose Angebot für Pokerspieler - hingewiesen wurde.

cc. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Klägerin die objektiv wer[X.]elevante Präsentation von "[X.]" in der Sendung "[X.]" subjektiv zu Werbezwecken beabsichtigt hat, steht im Einklang mit revisiblem Recht. Der Verwaltungsgerichtshof konnte es dahinstehen lassen, ob die Klägerin für die entsprechenden Hinweise ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erhalten hat und die Annahme einer Werbeabsicht deshalb auf § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 [X.] gestützt werden kann, ohne gehindert zu sein, eine solche Absicht auf der Grundlage von Satz 1 der Vorschrift aus den objektiven Umständen des Falles herzuleiten ((1)). Die hierfür erforderliche, in Gestalt einer wertenden Gesamtbetrachtung vorzunehmende Prüfung, ob die sendungsintegrierten wer[X.]elevanten Darstellungen durch programmlich-redaktionelle Erfordernisse gerechtfertigt waren ((2)), hat der Verwaltungsgerichtshof der Sache nach durchgeführt und eine Rechtfertigung in nicht zu beanstandender Weise verneint ((3)).

(1) Durch den Umstand, dass eine Entgeltlichkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 [X.] nicht festgestellt ist, wird eine Anwendung des § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 [X.] nicht gesperrt. Dieses Normverständnis ist [X.]eits nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 [X.] geboten, wonach eine Werbeabsicht "insbesondere" bei Feststellung eines Entgelts oder einer ähnlichen Gegenleistung als gegeben gilt. Es wird darü[X.] hinaus nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] von den unionsrechtlichen Grundlagen des rundfunkstaatsvertraglichen [X.] gefordert (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juni 2011 - [X.]/10 [[X.]:[X.]:[X.]], [X.] - Rn. 18 ff. zu der [X.]. 1 Buchst. j der Richtlinie 2007/65/[X.] und des Rates vom 11. Dezem[X.] 2007 - [X.] bzw. von Art. 1 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2010/13/[X.] des [X.] und des Rates vom 10. März 2010 - [X.] ).

Aus eben diesen Gründen wird, wenn ein Rundfunkveranstalter - wie es die Klägerin für sich in Anspruch nimmt - seinerseits ein marktübliches Lizenzentgelt für eine mit werbenden Aussagen versehene Produktion gezahlt hat, die Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 [X.] auch nicht dergestalt in ihr Gegenteil verkehrt, dass diese Aussagen nicht als zu Werbezwecken beabsichtigt gälten. Für die Werbeabsicht als Merkmal der in § 2 Abs. 2 Nr. 8 [X.] legal definierten Schleichwerbung ist in Bezug auf ein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung im Sinne des Satzes 2 der Vorschrift der Rundfunkveranstalter nur als Nehmender und nicht als Gebender von Belang.

(2) Das [X.] der Werbeabsicht des [X.] nach § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 [X.] ist als innere Tatsache auf Grund objektiver Umstände festzustellen. Ist nach diesen Umständen die in eine Sendung integrierte werbliche Darstellung eines Produkts durch programmlich-redaktionelle Erfordernisse gerechtfertigt, liegt eine Werbeabsicht nicht vor. Dies hat der Senat in Abgrenzung zu den hier gemäß § 63 [X.] nicht anwendbaren Regeln ü[X.] die Produktplatzierung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 11 [X.] in § 7 Abs. 7 Satz 2 bis 6, §§ 15 und 44 [X.] [X.]eits entschieden ([X.], Urteil vom 23. Juli 2014 - 6 [X.] 31.13 - [X.]E 150, 169 Rn. 24, 26; vgl. in diesem Sinne auch: Ziffer 4 Abs. 2 Nr. 1 Wer[X.]ichtlinien/Fernsehen 2012; Mitteilung der [X.] zu Auslegungsfragen in Bezug auf bestimmte Aspekte der Bestimmungen der Richtlinie "[X.]" ü[X.] die Fernsehwerbung, ABl. [X.] <2004> 102 S. 2, Nr. 33 f.). Der Maßstab zielt auf die Bewältigung der Problematik einer Darstellung von Werbung als Teil der Realität in dokumentarischen und fiktionalen Programmen (vgl. Ladeur, in: [X.]Vesting , Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 7 [X.] Rn. 2). Bei der Anwendung des Maßstabs muss eine wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden. In deren Rahmen ist wegen der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Programmfreiheit des [X.] (dazu allgemein: [X.], Beschlüsse vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 - [X.]E 97, 298 <310> und vom 26. Okto[X.] 2005 - 1 BvR 396/98 - [X.]E 114, 371 <389>) dessen programmlich-redaktionelles Konzept in den Blick zu nehmen und an dem Zweck des Schutzes der Zuschauer vor einer Irreführung ü[X.] die Bedeutung des Sendegeschehens zu messen, dem das Schleichwerbungsverbot des § 7 Abs. 7 Satz 1 [X.] nicht anders dient als die in § 7 Abs. 3 Satz 1 und 3 [X.] enthaltenen Gebote, dass Werbung leicht erkennbar und vom redaktionellen Inhalt einer Sendung unterscheidbar sowie - vorbehaltlich [X.]eichsspezifischer Modifizierungen etwa in Form einer ausnahmsweise zulässigen Produktplatzierung - von anderen Sendungsteilen eindeutig abgesetzt sein muss (zu diesen Geboten: [X.], Urteil vom 14. Okto[X.] 2015 - 6 [X.] 17.14 - NVwZ-RR 2016, 142 <143>; vgl. auch: [X.], Urteil vom 23. Juli 2014 - 6 [X.] 31.13 - [X.]E 150, 169 Rn. 43 sowie zu der entsprechenden unionsrechtlichen Vorgabe in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 [X.]: [X.], Urteil vom 17. Februar 2016 - [X.]-314/14 [[X.]:[X.]:[X.]:2016:89], [X.] - Rn. 29 ff.). Es muss also in einem ersten Schritt das programmlich-redaktionelle Konzept des [X.] für die jeweilige Sendung festgestellt und in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob nach Maßgabe dieses Konzepts die in die Sendung integrierte Darstellung von Werbung in ihrem Bezug zur Realität nachvollziehbar ist. Da sich nach einer solchen auf den Einzelfall bezogenen wertenden Gesamtbetrachtung die Grenze zwischen redaktionell gerechtfertigten und nach dem Schutzzweck des [X.] unzulässigen sendungsintegrierten werblichen Darstellungen regelmäßig als fließend darstellen wird, sind objektive Indizien, in denen eine Werbeabsicht des [X.] in der Regel ihren Ausdruck findet, in die Betrachtung einzubeziehen. An erster Stelle zu nennen ist insoweit die Intensität der jeweiligen Werbeaussagen. Danach kann gegebenenfalls eine Werbeaussage, sofern sie in zurückhaltender Form angebracht wird, als gerechtfertigt, bei einer gesteigerten Intensität dagegen als nicht mehr nachvollziehbar erscheinen (vgl. die Ansätze zu einer derartigen wertenden Gesamtbetrachtung: [X.], Urteil vom 22. Februar 1990 - [X.] - [X.]Z 110, 278 <287>; [X.], Urteil vom 15. Dezem[X.] 1998 - 10 L 3927/96 - NVwZ-RR 2000, 96; [X.], Beschluss vom 6. Juni 2007 - 11 N 2/07 - NVwZ-RR 2007, 681 <682>; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.] , [X.] Kommentar - Gesamtes Medienrecht, 3. Aufl. 2016, Abschnitt 26 Rn. 29, 148, 159 ff.).

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es für diese Prüfung prinzipiell unerheblich, ob es sich bei der von dem Rundfunkveranstalter ausgestrahlten Sendung um eine Eigen-, Auftrags- bzw. Koproduktion oder um eine Fremdproduktion handelt. Der Senat hat in seiner Rechtsprechung keinen Zweifel daran gelassen, dass die werbebezogenen Vorschriften des [X.]s an die Rundfunkveranstalter adressiert sind und sich [X.]eits aus diesem Umstand die Verantwortlichkeit eines Veranstalters für die von ihm verbreiteten Werbeinhalte ergibt ([X.], Urteil vom 17. Dezem[X.] 2014 - 6 [X.] 32.13 [[X.]:[X.]:[X.]:2014:171214U6[X.]32.13.0] - [X.] Rundfunkrecht Nr. 71 Rn. 21; der Sache nach ebenso: Urteil vom 6. Mai 2015 - 6 [X.] 11.14 - [X.]E 152, 122 Rn. 22). Hiernach ü[X.]nimmt ein Rundfunkveranstalter, der eine fremdproduzierte Sendung ausstrahlt, in [X.] Hinsicht deren Konzept ungeachtet der von ihm jeweils eingegangenen lizenzvertraglichen Verpflichtungen. Für die zur Feststellung seiner Werbeabsicht durchzuführende wertende Gesamtbetrachtung gelten damit grundsätzlich keine Besonderheiten.

(3) Der Verwaltungsgerichtshof hat der Sache nach unter Beachtung dieser Maßgaben und auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen in nicht zu beanstandender Weise auf eine Werbeabsicht der Klägerin geschlossen.

Der Verwaltungsgerichtshof ist unter dem Gesichtspunkt der sog. aufgedrängten Werbung von der Maßgeblichkeit einer programmlich-redaktionellen Rechtfertigung von sendungsintegrierter Werbung ausgegangen. Wie sein Verweis auf ein insoweit aussagekräftiges Urteil des [X.] ([X.], Urteil vom 22. Februar 1990 - [X.] - [X.]Z 110, 278 <287>) belegt, hat er ferner erkannt, dass bei der zu treffenden Entscheidung die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Programmfreiheit des [X.] Berücksichtigung finden muss. In tatsächlicher Hinsicht bedeutsam sind seine Feststellungen, dass die Produktion "[X.]" allein zur Ü[X.]tragung im Fernsehen inszeniert worden war, und dass die werbende Hervorhebung von "[X.]" von ihrer Intensität her die gesamte ausgestrahlte Sendung prägte. Diese tatsächlichen Feststellungen hat die Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen. Sie hat ihnen nur ihr für die revisionsgerichtliche Entscheidung nicht erhebliches abweichendes Verständnis des Sendungsverlaufs entgegengesetzt. Den Verwaltungsgerichtshof konnte eine wertende Gesamtbetrachtung der Sendung "[X.]" vor dem von ihm festgestellten tatsächlichen Hintergrund zu keinem anderen Ergebnis als der Annahme einer Werbeabsicht der Klägerin führen. Nach dem von der Klägerin mit der Ausstrahlung ü[X.]nommenen programmlich-redaktionellen Konzept eines inszenierten Unterhaltungsformats mit Tipps zur Vervollkommnung des Pokerspiels - einer Art Pokerschule - bestand kein nachvollziehbares Bedürfnis für die in die Sendung integrierte, praktisch stets gegenwärtige Präsentation des Logos von "[X.]".

[X.]. Schließlich steht auch die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, dass mit der werbenden Präsentation von "[X.]" [X.]eits wegen ihrer nicht gekennzeichneten Integration in die Sendung "[X.]" eine Irreführung der Allgemeinheit ü[X.] den von der Klägerin beabsichtigten Werbezweck drohte, im Einklang mit dem rundfunkstaatsvertraglichen Begriff der Schleichwerbung. Der Senat hat in seiner Rechtsprechung einen Grundsatz mit einem entsprechenden allgemeinen Inhalt anerkannt ([X.], Urteil vom 23. Juli 2014 - 6 [X.] 31.13 - [X.]E 150, 169 Rn. 26). Die Offensichtlichkeit des werblichen [X.]harakters einer Darstellung ändert an der Anwendung dieses Grundsatzes nichts.

3. Dass die Beklagte das ihr im Hinblick auf die Auswahl des Aufsichtsmittels eingeräumte Ermessen mit der Wahl der Beanstandung fehlerfrei ausgeübt hat, hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht nicht in Frage gestellt.

4. [X.] [X.]uht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

6 C 9/15

22.06.2016

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 9. März 2015, Az: 7 B 14.1605, Urteil

Art 5 Abs 1 S 2 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 2 Abs 2 Nr 8 RdFunkStVtr BY 2001, § 7 Abs 3 RdFunkStVtr BY 2001, § 7 Abs 7 S 1 RdFunkStVtr BY 2001, § 35 Abs 9 RdFunkStVtr BY 2001, § 38 Abs 2 RdFunkStVtr BY 2001, § 39 S 1 RdFunkStVtr BY 2001, § 46 RdFunkStVtr BY 2001, § 48 RdFunkStVtr BY 2001, § 63 RdFunkStVtr BY 2001

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.06.2016, Az. 6 C 9/15 (REWIS RS 2016, 9530)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 9530

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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7 B 14.1605 (VGH München)

Staatsvertrag, Werbeabsicht


7 BV 13.2153 (VGH München)

Schleichwerbe- und Gücksspielwerbeverbot


M 17 K 17.5395 (VG München)

Medienrechtliche Beanstandung wegen Schleichwerbung


6 C 31/13 (Bundesverwaltungsgericht)

Privatfernsehen; Zulässigkeit von Produktplatzierung


B 3 K 18.764 (VG Bayreuth)

Missbilligung einer Rundfunksendung als Schleichwerbung


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