Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.08.2017, Az. 4 B 38/17

4. Senat | REWIS RS 2017, 6582

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Gegenstand

Wiedereinsetzung; Verschulden bei unrichtiger Fristberechnung durch Rechtsunkundigen


Gründe

1

Die [X.]eschwerde ist unzulässig.

2

1. Dies gilt bereits deshalb, weil der Kläger die [X.]eschwerdefrist nicht eingehalten hat.

3

Nach § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist die [X.]eschwerde bei dem Gericht, gegen dessen Urteil Revision eingelegt werden soll, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen. Da das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs den damaligen Prozessbevollmächtigten des [X.] - ausweislich des [X.] - am 24. Mai 2017 zugestellt worden ist, hätte die [X.]eschwerde spätestens am Montag, dem 26. Juni 2017, eingelegt werden müssen. Tatsächlich ist die [X.]eschwerde aber erst am 3. Juli 2017 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen.

4

Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist gemäß § 60 Abs. 1 VwGO scheidet aus. Der Kläger war nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert.

5

Nach der Rechtsprechung des [X.] setzt eine Wiedereinsetzung voraus, dass das unverschuldete Hindernis notwendigerweise zur Versäumung der Frist geführt hat, für die Versäumung also die eigentliche Ursache war (vgl. [X.], Urteil vom 20. Februar 1980 - 8 C 19.79 - [X.] 310 § 67 VwGO Nr. 52 S. 16 und [X.]eschluss vom 14. September 1998 - 8 [X.] - [X.] 310 § 60 VwGO Nr. 218 [X.]). Die [X.]üroangestellte Frau S. hat eidesstattlich versichert, sie habe das Schreiben der damaligen Prozessbevollmächtigten des [X.] vom 29. Mai 2017 mit der Information, dass ihnen das Urteil am 24. Mai 2017 zugestellt worden sei und die [X.]eschwerdefrist am 24. Juni 2017 ende, abgeheftet, ohne es dem Kläger zuvor vorgelegt zu haben. Dieses Hindernis ist unverschuldet, weil der Kläger mit dem Fehler seiner ansonsten zuverlässig arbeitenden [X.]üroangestellten nicht zu rechnen brauchte (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 26. Februar 2004 - 6 [X.] - [X.] 448.6 § 10 [X.] Nr. 1 S. 2). Es ist für die Versäumung der [X.]eschwerdefrist aber nicht kausal geworden. Der Kläger hat nach eigenen Angaben am 13. Juni 2017 und damit 13 Tage vor Ablauf der [X.]eschwerdefrist (26. Juni 2017) eine Ausfertigung des Urteils per Post erhalten. In der Rechtsmittelbelehrung heißt es, dass die [X.]eschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Verwaltungsgerichtshof einzulegen ist. Der Kläger hat dies dahingehend missverstanden, dass das Datum der Zustellung dasjenige sei, an dem er das Urteil in Empfang genommen habe. Dieser Irrtum hat einen neuen Kausalverlauf in Gang gesetzt, der den von der [X.]üroangestellten Frau S. ausgelösten Kausalverlauf überholt hat. Er ist deshalb der wahre Grund für die Versäumung der [X.]eschwerdefrist.

6

Die Fehlvorstellung des [X.] über den Zeitpunkt der Zustellung ist nicht unverschuldet. In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass mangelnde [X.] eine Fristversäumnis in aller Regel nicht entschuldigen kann ([X.], [X.]eschluss vom 9. Januar 1970 - 4 [X.] 71.69 - [X.] 310 § 60 Nr. 58). [X.]erechnet nämlich ein - wie hier - Rechtsunkundiger den Ablauf einer Rechtsmittelfrist selbst, so läuft er Gefahr, die Rechtsmittelfrist zu versäumen und muss daher die Folgen einer unrichtigen [X.]erechnung der Rechtsmittelfrist auf sich nehmen. Gleiches gilt für die Frage, wann eine Rechtsmittelfrist zu laufen beginnt ([X.], [X.]eschluss vom 9. Januar 1970 a.a.[X.] 36).

7

2. Die [X.]eschwerde ist außerdem unzulässig, weil die jetzigen Prozessbevollmächtigten des [X.] die Frist für die [X.]egründung der [X.]eschwerde versäumt haben. Ihr Verschulden ist dem Kläger gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zuzurechnen.

8

Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist die [X.]eschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Frist lief vorliegend am 24. Juli 2017, einem Montag, ab. Die [X.]eschwerdebegründung ist aber erst am 25. Juli 2017 zu Papier gebracht und per Fax an den Verwaltungsgerichtshof übersandt worden.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 38/17

15.08.2017

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 3. Mai 2017, Az: 3 S 1401/15, Urteil

§ 60 Abs 1 VwGO, § 133 Abs 2 S 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.08.2017, Az. 4 B 38/17 (REWIS RS 2017, 6582)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6582

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