Bundesfinanzhof, Beschluss vom 07.01.2010, Az. VII B 118/09

7. Senat | REWIS RS 2010, 10638

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Gegenstand

Kein insolvenzrechtliches Aufrechnungsverbot zwischen Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung


Leitsatz

NV: Restschuldbefreiung erlangt der Insolvenzschuldner nicht mit dem Ablauf der sog. Wohlverhaltensphase, sondern erst mit dem die Restschuldbefreiung erteilenden Beschluss des Insolvenzgerichts. Solange dieser aussteht, kann das FA gegen einen Erstattungsanspruch des Insolvenzschuldners die Aufrechnung mit Steuerforderungen erklären .

Tatbestand

1

I. Über das Vermögen des [X.] und Beschwerdeführers (Kläger) wurde im Mai 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet. Im Schlusstermin wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 12. August 2003 das Insolvenzverfahren aufgehoben und zugleich die Restschuldbefreiung für den Kläger angekündigt, falls dieser während der Laufzeit der Abtretungserklärung gemäß § 287 Abs. 2 der Insolvenzordnung --[X.]-- (sog. Wohlverhaltensphase) --die am 28. Mai 2008 endete-- seinen Obliegenheiten nachkomme und keine Versagungsgründe vorlägen.

2

Aus der Veranlagung des [X.] zur Einkommensteuer für das [X.] ergab sich laut Steuerbescheid vom 14. Juli 2008 wegen [X.] Lohnsteuer ein Erstattungsanspruch des [X.] in Höhe von … €. Gegen diesen Anspruch erklärte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Aufrechnung mit einer Steuerforderung aus der Einkommensteuerveranlagung 1995 und erließ auf Antrag des [X.] einen entsprechenden Abrechnungsbescheid.

3

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) ab. Das [X.] urteilte, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine Aufrechnung vorlägen. Im Zeitpunkt der [X.] habe eine Aufrechnungslage bestanden, da die Restschuldbefreiung nicht schon mit dem Ablauf der sog. Wohlverhaltensphase, sondern erst mit der Rechtskraft des die Restschuldbefreiung erteilenden Beschlusses des Insolvenzgerichts vom 4. Dezember 2008 erteilt worden sei. Insolvenzrechtliche Vorschriften stünden nicht entgegen. § 294 Abs. 3 [X.] hindere die Aufrechnung gegen auf [X.] Lohnsteuer beruhende Erstattungsansprüche des Schuldners nicht; der vom Kläger geltend gemachte Verstoß gegen § 287 Abs. 2 [X.] sei nicht erkennbar.

4

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.], welche er auf die Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der [X.]sordnung --[X.]O--) stützt.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe schon nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.

6

Es bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, sondern ergibt sich eindeutig aus § 300 und § 301 [X.], dass der Insolvenzschuldner nicht bereits mit dem Ende der sog. Wohlverhaltensphase von seinen restlichen Schulden befreit wird, sondern erst mit dem die Restschuldbefreiung erteilenden Beschluss des Insolvenzgerichts.

7

Zu dem Zeitpunkt, als das [X.] im Streitfall die Aufrechnung erklärte, hatte es daher nach wie vor eine Forderung gegen den Kläger, mit der es die Aufrechnung gegen dessen Erstattungsanspruch erklären konnte, da das Insolvenzverfahren bereits aufgehoben war und insolvenzrechtliche [X.] somit nicht entgegenstanden.

8

Nach den von der Beschwerde angeführten Urteilen des beschließenden Senats (Urteile vom 21. November 2006 [X.], [X.], 1, [X.], 272, und [X.], [X.], 1066) sowie des [X.] (Urteil vom 21. Juli 2005 [X.], [X.], 391) besteht in der Wohlverhaltensphase kein allgemeines Aufrechnungsverbot für Insolvenzgläubiger und hindert auch § 294 Abs. 3 [X.] nicht die Aufrechnungserklärung des [X.] als Insolvenzgläubiger gegen einen [X.]. Weshalb nach dem Ende der Wohlverhaltensphase --solange Restschuldbefreiung nicht erteilt ist-- eine solche Aufrechnung unzulässig sein soll und worauf die Beschwerde ihre entsprechende Rechtsauffassung meint stützen zu können, ist nicht ersichtlich. Aus den vorgenannten Urteilen lässt sich jedenfalls nichts für diese Ansicht herleiten.

Meta

VII B 118/09

07.01.2010

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 18. März 2009, Az: 2 K 1682/08, Urteil

§ 294 Abs 3 InsO, § 300 InsO, § 301 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 07.01.2010, Az. VII B 118/09 (REWIS RS 2010, 10638)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 10638

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